Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 104 IV 62



104 IV 62

20. Urteil des Kassationshofes vom 3. August 1978 i.S. S. gegen
Staatsanwaltschaft des Kantons Thurgau Regeste

    Art. 47 StGB. Schutzaufsicht.

    Neben der Betreuung kann auch die Beaufsichtigung Zweck der
Schutzaufsicht sein.

Auszug aus den Erwägungen:

             Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Der wegen Sachentziehung und Hausfriedensbruch zu einer 2monatigen,
bedingt vollziehbaren Gefängnisstrafe verurteilte Beschwerdeführer macht in
seiner Nichtigkeitsbeschwerde lediglich geltend, die Voraussetzungen für
die Anordnung einer Schutzaufsicht während der ihm auferlegten 3jährigen
Probezeit seien nicht gegeben. Eine Schutzaufsicht sei nur zulässig, um
den Täter in ein geordnetes Leben zurückzuführen, namentlich um ihm bei
der Beschaffung von Arbeit und Unterkunft zu helfen. Er gehe aber seit
geraumer Zeit einer regelmässigen Erwerbstätigkeit nach und geniesse einen
untadeligen Leumund. Er neige nicht zu Rückfällen, sei weder süchtig, noch
leide er an Gebrechen. Auch das der Verurteilung zugrunde liegende Delikt
deute nicht auf eine führungsbedürftige Persönlichkeit. Der Staatsanwalt
habe vor der 1. Instanz keine Schutzaufsicht beantragt, Anlass zu deren
Anordnung habe auch das Obergericht nicht gehabt.

Erwägung 2

    2.- Wie die Nichtigkeitsbeschwerde richtig hervorhebt, bezweckt
die in Art. 47 StGB vorgesehene Schutzaufsicht vor allem, dem zu einer
bedingt vollziehbaren Strafe Verurteilten oder dem bedingt aus einer
Anstalt Entlassenen das ehrliche Fortkommen zu erleichtern, indem sie ihm
z.B. bei der Beschaffung von Unterkunft und Arbeit hilft oder dafür sorgt,
dass er, sofern er besonders rückfallsgefährdet ist, in einer geeigneten
Umgebung untergebracht und, wenn nötig, ärztlich betreut wird.

    Entgegen der Meinung des Beschwerdeführers erschöpft sich der Zweck
der Schutzaufsicht aber nicht darin. Sie darf auch angeordnet werden,
wenn der Richter eine unauffällige Beaufsichtigung des Verurteilten
während des bedingten Strafaufschubes für notwendig hält (Art. 47
Abs. 2 StGB). Im Rahmen der letzten Revision von Art. 47 StGB war zwar
ursprünglich in Aussicht genommen worden, die Schutzaufsicht auf die
Betreuung des Schützlings zu beschränken und auf die ausdrückliche Nennung
der Beaufsichtigung im Gesetz zu verzichten. Der Gesetzgeber lehnte diese
Streichung jedoch im Laufe der Beratungen mit dem Hinweis darauf ab, es
überwache sonst niemand, ob sich der Verurteilte während der Probezeit auch
wirklich bewähre, namentlich ob er die ihm erteilten Weisungen befolge
(Amtliches Bulletin der Bundesversammlung, StR März 1970 S. 102/103,
NR September 1970 S. 525).

Erwägung 3

    3.- Die Vorinstanz hat die Schutzaufsicht gerade wegen dieser
Beaufsichtigungsmöglichkeit angeordnet. Sie berücksichtigt bei der
Gewährung des bedingten Strafvollzuges die günstige Entwicklung des
Beschwerdeführers in der jüngsten Zeit, hält aber andrerseits angesichts
der ernsten Bedenken, zu denen seine frühere Lebensführung Anlass
gab, seine Beaufsichtigung für geboten. Sie hat entgegen der Meinung
der Nichtigkeitsbeschwerde die Wendung zum Bessern nicht verkannt. Sie
zweifelt aber aufgrund früherer Erfahrungen an deren Dauer und hält deshalb
eine Überwachung des Beschwerdeführers, welche im Bedarfsfall auch seine
Beeinflussung und Führung ermöglichen soll, für notwendig. Diese Erwägungen
rechtfertigen die Anordnung der Schutzaufsicht. Daran ändert weder das
Fehlen eines diesbezüglichen Antrages des Staatsanwaltes vor der 1. Instanz
etwas, noch der Einwand des Beschwerdeführers, er habe nur relativ
geringfügige Delikte begangen. Das Obergericht ist bei der Anordnung der
Schutzaufsicht von richtigen rechtlichen Voraussetzungen ausgegangen und
hat weder sein Ermessen überschritten, noch sonst Bundesrecht verletzt.

Entscheid:

              Demnach erkennt das Bundesgericht:

    Die Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen.