Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 104 IV 263



104 IV 263

60. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 21. November 1978 i.S. M.
gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich Regeste

    Verordnung über die Arbeits- und Ruhezeit der berufsmässigen
Motorfahrzeugführer (Chauffeurverordnung; ARV).

    Auf selbständigerwerbende Fahrzeugführer, die daneben keine
Erwerbstätigkeit als Arbeitnehmer ausüben, sind die Bestimmungen über
die Arbeits- und Ruhezeit (Art. 4-9) nicht anwendbar (Art. 1 Abs. 3). Im
übrigen unterstehen sie im vollen Umfang der ARV, insbesondere den
Vorschriften über den Fahrtschreiber (Art. 11 ff).

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 5

    5.- Schliesslich ist der Beschwerdeführer der Auffassung, die ARV sei
auf ihn als Inhaber einer Reparaturwerkstätte für Nutzfahrzeuge, der den
eigenen Lastwagen zum Transport von Material für die Erstellung seiner
neuen Werkhalle geführt habe, überhaupt nicht anwendbar. Jedenfalls habe
er zureichende Gründe für diese Annahme gehabt.

    Der Beschwerdeführer ist nur insoweit gemäss ARV schuldig erklärt
und verurteilt worden, als er entgegen Art. 14 Abs. 2 und 3 ARV kein
neues Einlageblatt in den Fahrtschreiber eingelegt und das darin
befindliche alte Einlageblatt nicht beschriftet hatte. Sein Einwand,
die ARV sei auf ihn nicht anwendbar, könnte daher im vorneherein
nur diese Verurteilung abwenden. Er hält indessen nicht Stich. Die
ARV ist auf berufsmässige Motorfahrzeugführer und ihre Arbeitgeber
anwendbar; als berufsmässig gelten ohne jede Einschränkung selbständig
und unselbständig erwerbende Motorfahrzeugführer, die mit schweren
Motorwagen Personen- und Sachtransporte besorgen (Art. 1 Abs. 1 und 2
ARV). Ob das gewerbsmässig oder bloss zum eigenen Bedarf geschieht, ist
belanglos. Der Beschwerdeführer, der mit einem schweren Motorwagen einen
Sachtransport ausführte, untersteht für diesen daher der ARV (vgl. BGE 95 I
92 E. 2). Zwar sind auf ihn als selbständigen Fahrzeugführer, der daneben
keine Erwerbstätigkeit als Arbeitnehmer ausübt, die Bestimmungen über
die Arbeits- und Ruhezeit (Art. 4-9 ARV) nicht anwendbar (Art. 1 Abs. 3
ARV). Daraus ist jedoch nichts zu seinen Gunsten abzuleiten. Insbesondere
kann aus dieser Vorschrift nicht gefolgert werden, er unterstehe auch den
übrigen Bestimmungen der ARV nicht; denn der Fahrtschreiber dient nicht
nur der Kontrolle der Arbeits- und Ruhezeit, sondern ebenso der Abklärung
von Unfällen (Art. 33 Abs. 3 BAV), und er ist vom "Fahrzeugführer",
also nicht bloss von einer bestimmten Kategorie von Fahrzeugführern
ständig in Betrieb zu halten und richtig zu bedienen (Art. 3 Abs. 4 VRV).

    Die tatsächliche Behauptung des Beschwerdeführers, in seiner
Branche herrsche allgemein die Auffassung, die Bestimmungen der ARV
und insbesondere jene über den Fahrtschreiber seien für Inhaber oder
Mechaniker einer Reparaturwerkstätte für Nutzfahrzeuge nicht anwendbar,
wenn sie Fahrten mit schweren Motorwagen ausführten, ist neu und daher
unzulässig (Art. 273 Abs. 1 lit. b BStP). Als früherem langjährigem
Berufschauffeur musste dem Beschwerdeführer nicht nur die ARV, sondern
auch die Tatsache bekannt sein, dass ihre Anwendbarkeit in besonderen
Bestimmungen geregelt ist, nur ihnen und nicht dem Verordnungstitel
daher Schlüssiges und Abschliessendes hiefür entnommen werden kann. Ein
gewissenhafter Mensch hätte sich unter solchen Umständen, selbst wenn
der Verordnungstitel zu Missverständnissen Anlass geben konnte, dadurch
nicht irreführen lassen und nicht allein gestützt auf dessen allfällige
Mehrdeutigkeit einfach angenommen, er unterstehe der Verordnung nicht,
sondern, falls ihm die Bestimmungen über ihre Anwendbarkeit nicht mehr
geläufig waren, sich durch Nachschlagen oder Erkundigung von diesen
Kenntnis verschafft. Der behauptete Rechtsirrtum wäre bei der vom
Beschwerdeführer zu verlangenden Sorgfalt mithin vermeidbar gewesen;
er ist daher nach Art. 20 StGB unerheblich (BGE 99 IV 186 mit Hinweisen).