Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 104 II 58



104 II 58

10. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 12. Mai 1978
i.S. Griner gegen Singer Nähmaschinen Co. AG Regeste

    Art. 1 und Art. 2 UWG. Unzulässiger Eintrag im Telefonbuch.

Sachverhalt

    A.- Heinrich Griner ist im Telefonbuch für die Stadt Zürich, Ausgabe
1977/78, wie folgt eingetragen:

    "Singer Nähmaschinen

    - Griner Heinrich Rep.

    Birchdörfli 66

    28 17 88 und 60 39 92."

    Die Singer Nähmaschinen Co. AG machte deshalb im Juli 1977 gegen Griner
verschiedene Befehlsbegehren aus Wettbewerbs- und Namensrecht anhängig,
worauf der Einzelrichter im summarischen Verfahren des Bezirkes Zürich
am 4. August 1977 unter anderem verfügte:

    "1. Dem Beklagten wird unter Androhung von Zwangsvollzug und

    Ordnungsbusse im Unterlassungsfalle befohlen, sich innert 5 Tagen ab

    Erhalt dieser Verfügung von der Telefondirektion Zürich statt der
Nummern

    28 17 88 und 60 39 92 neue Nummern zuteilen zu lassen und Anrufe
   an die alten Nummern an den Auskunftsdienst umleiten zu lassen.

    2. Die Telefondirektion Zürich wird bei Einreichung dieses Begehrens
   durch den Beklagten eingeladen, den Auskunftsdienst anzuweisen:

    - Anrufenden, die die Firma Singer Nähmaschinen Co. AG bzw.

    Singer Nähmaschinen wünschen, die Nummern der Firma Singer Nähmaschinen

    Co. AG bekanntzugeben;

    - Anrufenden, die den Beklagten persönlich oder unter einer anderen

    Bezeichnung wünschen, die neuen Nummern des Heinrich Griner
   bekanntzugeben.

    3. Dem Beklagten wird sodann unter Androhung von Zwangsvollzug
   und Ordnungsbusse im Unterlassungsfall verboten:

    a) sich unter dem Stichwort (Singer Nähmaschinen) oder dgl. inskünftig
   im Telefonbuch eintragen zu lassen;

    b) und c)...".

    Gegen diese Anordnungen erhob der Beklagte Rekurs, den das Obergericht
des Kantons Zürich am 21. Dezember 1977 abwies. Die hiegegen eingelegte
Nichtigkeitsbeschwerde wies das Kassationsgericht des Kantons Zürich am 22.
Februar 1978 ab, soweit es auf sie eintrat.

    B.- Gegen den obergerichtlichen Beschluss hat der Beklagte die
Berufung erklärt. Er verlangt Abweisung der vor Obergericht noch streitig
gewesenen klägerischen Begehren, allenfalls Rückweisung der Sache an die
Vorinstanz. Die Klägerin trägt auf Abweisung der Berufung an.

Auszug aus den Erwägungen:

             Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 2

    2.- Der Beklagte wiederholt auch vor Bundesgericht den Einwand, die
Telefondirektion habe den umstrittenen Eintrag im Telefonbuch eigenmächtig
und abweichend von seinem Begehren festgesetzt. Dem hält das Obergericht
entgegen, der Beklagte selber habe die Telefondirektion ermächtigt,
den von ihm gewünschten Eintrag notfalls "sinngemäss abzuändern". Dass
darin ein Verschulden liege, unterstellt es nicht. Ein solches ist unter
dem Gesichtspunkt des unlauteren Wettbewerbs auch nicht nötig (BGE 97
II 160). Keine Rolle spielen kann alsdann, ob sich der Beklagte auf eine
"rechtmässige Eintragung" seitens der Telefondirektion habe verlassen
dürfen. Der fragliche Eintrag beruht im übrigen auf seinen eigenen
Angaben, wie das Obergericht feststellt. Die PTT-Betriebe sind aber nicht
verpflichtet, solche Angaben auf ihre Richtigkeit zu überprüfen. Hat sich
der Beklagte unter dem ins Telefonbuch übernommenen Stichwort "Singer
Nähmaschinen" eintragen lassen wollen, wie das Obergericht feststellt und
das Kassationsgericht bestätigt, so kommt nichts darauf an, wie sonst der
ursprünglich verlangte Eintrag lautete und weshalb ihn die Telefondirektion
ablehnte. Eine Verletzung von Art. 8 ZGB wegen Nichterhebung bezüglicher
Beweise scheidet daher aus; die Annahme des Obergerichts, der Beklagte
sei unabhängig von der Verschuldensfrage für den beanstandeten Eintrag
verantwortlich, verletzt Bundesrecht nicht.

Erwägung 3

    3.- Damit erweist sich auch das als unbehelflich, was die Berufung
weiter aus der Praxis der Telefondirektion und aus der Art und Weise, wie
diese das Eintragungsgesuch des Beklagten behandelte, abzuleiten versucht.
Zu prüfen ist ohnehin nur, wie es sich mit dem tatsächlichen Eintrag
verhält, nicht ob der Eintrag so, wie er vom Beklagten ursprünglich gefasst
wurde, zulässig wäre. Darüber, in welcher Weise die Telefondirektion
die für sie massgeblichen Vorschriften handhabt, ist ebenfalls nicht zu
befinden. Es obliegt ihr jedenfalls nicht, darüber zu wachen, dass ein
diesen Vorschriften entsprechender Eintrag auch vor Bundesprivatrecht
standhalte. Wenn sie "Rubriken" für Marken- oder Brancheneinträge öffnet,
so sagt das noch nichts aus über die Befugnis des einzelnen Abonnenten,
sich unter einer solchen Rubrik eintragen zu lassen. Selbst ein objektiv
wahrer Eintrag kann im übrigen unlauter sein, wenn er bei Dritten
unrichtige Vorstellungen weckt und damit irreführend wirkt (VON BÜREN,
Kommentar zum Wettbewerbsgesetz, Zürich 1957, S. 72).

Erwägung 4

    4.- In der Würdigung des bestehenden Eintrags des Beklagten im
Telefonbuch stimmt das Obergericht der Auffassung des Einzelrichters
zu. Zwar sei es dem Beklagten nicht verwehrt, der Allgemeinheit
mitzuteilen, dass er Singer-Nähmaschinen repariere. Doch dürfe er sich
nur insoweit auf fremde Marken beziehen, als es zur Bekanntmachung
seiner Tätigkeit unerlässlich sei. Insbesondere müsse er verhindern,
dass beim unvoreingenommenen Betrachter der Eindruck entstehe, er arbeite
im Interesse der Klägerin und sei hiezu von ihr ermächtigt. In diesem
Belange gehe der Eintrag unter dem Stichwort "Singer-Nähmaschinen" zu
weit, indem er vortäusche, der Beklagte sei mit der Klägerin geschäftlich
verbunden, betreibe eine Offizielle oder doch autorisierte Verkaufsstelle
oder Reparaturwerkstätte, welche die im Mutterhaus üblichen und von
diesem anerkannten Leistungen anbiete. Dergestalt vergrössere er seine
Konkurrenzfähigkeit gegenüber der Klägerin. Der unbefangene Interessent,
der von den Parteien gleichwertige fachliche Leistung erwarte, werde dann
seine Wahl nach anderen Kriterien treffen, so etwa nach dem Standort.

    Dem weiss die Berufung, ausser der bereits erörterten Praxis der
Telefondirektion, kaum mehr als Bestreitungen und widersprechende
Behauptungen entgegenzusetzen. Die dem Namen des Beklagten beigefügte
Abkürzung "Rep." ändert nichts. Sie verhindert insbesondere nicht, dass aus
dem darüber stehenden Stichwort "Singer-Nähmaschinen" die vom Obergericht
umschriebenen irrigen Folgerungen gezogen werden. Die Verwendung einer
fremden Marke oder Firma in einer Art, die derlei Fehlschlüsse über die
eigene Stellung und Tätigkeit ermöglicht, ist unvereinbar mit Treu und
Glauben, daher missbräuchlich und unlauter.

Erwägung 5

    5.- Unangemessenheit der vom Einzelrichter getroffenen und vom
Obergericht geschützten Anordnungen ist weder dargetan noch ersichtlich.
Vorab gilt das nach dem Gesagten für das dem Beklagten auferlegte Verbot,
sich unter dem Stichwort "Singer-Nähmaschinen" in das Telefonbuch eintragen
zu lassen. Die übrigen streitigen Vorkehren mögen für den Beklagten hart
sein, ändern aber nichts daran, dass die Klägerin Anspruch auf Beseitigung
des rechtswidrigen Zustandes hat.

Entscheid:

              Demnach erkennt das Bundesgericht:

    Die Berufung wird abgewiesen und der Beschluss des Obergerichts (II.
Zivilkammer) des Kantons Zürich von 21. Dezember 1977 bestätigt.