Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 104 II 15



104 II 15

4. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 23. Februar 1978 i.S.
Einwohnergemeinde Biel und Mitbeteiligte gegen Zuckerfabrik & Raffinerie
Aarberg AG und Mitbeteiligte Regeste

    Art. 679 ZGB; Schadenersatzklage wegen Beeinträchtigung bzw.
Gefährdung von Grundwasserfassungen durch versickerte Betriebsabwässer

    1. Aktivlegitimation der Eigentümer der Wasserfassungen (E. 1)

    2. Passivlegitimation
   a) im allgemeinen (E. 2);

    b) des Unternehmens, das seine Abwässer in selbst angelegten Becken
versickern lässt (E. 3);

    c) der Eigentümer der Grundstücke, auf denen sich die Sickerbecken
befinden (E. 4).

Sachverhalt

    A.- Die Einwohnergemeinden Biel und Lyss und die Seeländische
Wasserversorgung (SWG), ein Gemeindeverband mit dem Zweck, eine
gemeinsame Wasserversorgung zu betreiben, sind Eigentümerinnen von
Grundwasserfassungen im Berner Sceland. Das Pumpwerk der SWG und die
beiden Pumpwerke der Einwohnergemeinde Biel befinden sich auf dem Gebiet
der Gemeinde Worben, die beiden Pumpwerke der Einwohnergemeinde Lyss auf
dem eigenen Gemeindegebiet.

    Die Zuckerfabrik & Raffinerie Aarberg AG (ZRA), die in ihrem Betrieb
Wasser für den Transport und das Waschen der angelieferten Rüben, für deren
Verarbeitung und für die Reinigung ihrer Einrichtungen und Räume benötigt,
liess bis und mit Kampagne (Hauptverarbeitungszeit) des Jahres 1963 grosse
Mengen in Sickerbecken geleiteten Abwassers versickern. Weiteres Abwasser
versickerte überdies aus sogenannten Deponieteichen. Für die Anlage dieser
Sickerbecken und Deponieteiche waren der ZRA neun Parzellen - vorerst
pachtweise und ab 4. Dezember 1954 aufgrund einer Personaldienstbarkeit -
durch die Einwohnergemeinde Aarberg und drei weitere Parzellen - pachtweise
- durch die Burgergemeinde Kappelen zur Verfügung gestellt worden.

    Im Jahre 1967 schlossen sich die Einwohnergemeinden Biel und Lyss
und die SWG zur Wasserverbund Seeland AG zusammen mit dem Zweck, im Raume
Hagneckkanal - Walperswil (Gimmiz) - Kappelen eine neue Grundwasserfassung
zu erstellen.

    B.- Am 6. Juli 1966 hatten die Einwohnergemeinden Biel und Lyss
und die SWG beim Appellationshof des Kantons Bern (III. Zivilkammer)
eine Schadenersatzklage eingereicht, mit dem Begehren, die ZRA,
die Burgergemeinde Kappelen und die Einwohnergemeinde Aarberg seien
solidarisch, allenfalls nach vom Gericht zu bestimmenden Anteilen, zu
verpflichten, jeder der drei Klägerinnen einen vom Richter festzusetzenden
Betrag nebst 5% Zins seit Klageeinreichung zu zahlen. Sie begründeten
ihre Klage damit, dass das Grundwasser im Gebiet von Worben und Lyss durch
die versickerten ZRA-Abwässer verschmutzt worden sei und sie sich deshalb
veranlasst gesehen hätten, in Gimmiz eine neue Wasserfassung zu erstellen.

    Mit Urteil vom 7. März 1977 wies der Appellationshof des Kantons
Bern (III. Zivilkammer) die Klage der SWG vollumfänglich und jene der
Einwohnergemeinden Biel und Lyss insoweit ab, als sie die Burgergemeinde
Kappelen und die Einwohnergemeinde Aarberg betraf. Die gegen die ZRA
gerichtete Klage der Einwohnergemeinden Biel und Lyss hiess er teilweise
gut, wobei er jene verpflichtete, der Einwohnergemeinde Biel 1,2 Mio. und
der Einwohnergemeinde Lyss 600'000 Franken zu bezahlen.

    In seinen Erwägungen hält der Appellationshof unter Hinweis
auf die Art. 679 und 684 ZGB fest, die von der ZRA verursachte
Gewässerverschmutzung stelle eine gemäss Nachbarrecht unerlaubte
übermässige Einwirkung dar. Die Aktivlegitimation der Klägerinnen sei
zu bejahen. Das gleiche gelte für die Passivlegitimation der ZRA, und
zwar unabhängig davon, ob diese als Pächterin der ihr für die Anlage
der Sickerbecken und Deponieteiche zur Verfügung gestellten Parzellen
aufgetreten sei oder als Dienstbarkeitsberechtigte; dagegen seien
die Burgergemeinde Kappelen und die Einwohnergemeinde Aarberg nicht
passivlegitimiert. Bei der Prüfung der einzelnen Haftungsvoraussetzungen
gelangt der Appellationshof aufgrund der eingeholten Gutachten unter
anderem zum Ergebnis, die von der ZRA verursachte Grundwasserverschmutzung
habe nur die Wasserfassungen der Einwohnergemeinden Biel und Lyss
beeinträchtigt bzw. gefährdet, nicht aber das Pumpwerk der SWG, deren
Klage deshalb abzuweisen sei.

    C.- Gegen dieses Urteil haben die Klägerinnen Berufung erhoben
mit dem Antrag, alle drei Beklagten seien zu verpflichten, ihnen
unter solidarischer Haftung, allenfalls anteilmässig, einen Betrag von
Fr. 23'574'457.10 nebst 5% Zins seit 1. Januar 1974 zu bezahlen; eventuell
sei die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen.

    Die Burgergemeinde Kappelen und die Einwohnergemeinde Aarberg
schliessen auf Abweisung der Berufung.

    Die ZRA hat eine Anschlussberufung eingereicht und verlangt, die
gegen sie gerichteten Klagen der Einwohnergemeinde Biel und der SWG seien
abzuweisen; die Klage der Einwohnergemeinde Lyss sei insoweit abzuweisen,
als ein Betrag gefordert werde, der 150'000 Franken übersteige.

    Die Klägerinnen stellen den Antrag, die Anschlussberufung sei
abzuweisen.

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 1

    1.- Gemäss Art. 679 ZGB kann derjenige, der dadurch geschädigt oder
mit Schaden bedroht wird, dass ein Grundeigentümer sein Eigentumsrecht
überschreitet, auf Beseitigung der Schädigung oder auf Schutz gegen
drohenden Schaden und auf Schadenersatz klagen. Daraus könnte geschlossen
werden, jedermann sei klageberechtigt, der geltend machen wolle, er habe
dadurch einen Schaden erlitten, dass ein Grundeigentümer seine Befugnisse
überschritten habe. Indessen hat sich in Lehre und Rechtsprechung die
Auffassung durchgesetzt, dass der Anwendungsbereich von Art. 679 ZGB auf
das nachbarliche Verhältnis beschränkt sei. Verantwortlichkeitsansprüche
kann nur erheben, wer in der Nutzung, Benutzung oder Bewirtschaftung
eines benachbarten Grundstücks beeinträchtigt wird. Erforderlich ist
somit eine nicht bloss zufällige und momentane Beziehung zum betroffenen
Grundstück. Klageberechtigt ist jedoch nicht nur dessen Eigentümer,
sondern namentlich auch der Inhaber beschränkter dinglicher oder
obligatorischer Rechte, d.h. unter anderem der Dienstbarkeitsberechtigte,
Mieter oder Pächter (dazu BGE 88 II 263 mit Hinweisen; 83 II 379 f. E. 1
mit Hinweisen; MEIER-HAYOZ, N. 38-43 zu Art. 679 und N. 186 f. zu Art. 684
ZGB; LIVER, N. 118 zu Art. 737 ZGB; LIVER, Das Eigentum, in Schweizerisches
Privatrecht, Bd. V/1 S. 234 f.).

    Für den vorliegenden Fall ergibt sich daraus, dass die
Aktivlegitimation der Klägerinnen zu bejahen ist. Diese sind
Eigentümerinnen der Grundstücke, auf denen sie gemäss einer vom
Regierungsrat des Kantons Bern erteilten Konzession bzw. Bewilligung
Grundwasser fördern. Soweit sie geltend machen, dieses Grundwasser werde
durch übermässige und daher unzulässige Einwirkungen beeinträchtigt,
die von den fraglichen Grundstücken der Burgergemeinde Kappelen und
der Einwohnergemeinde Aarberg ausgingen, sind sie insbesondere auch als
Nachbarn zu betrachten, denn Nachbar im Sinne des Art. 679 ZGB ist nicht
nur der Anstösser, sondern jeder, der als Eigentümer oder Besitzer eines
Grundstückes von den beanstandeten Immissionen betroffen wird (vgl. BGE
91 II 190 E. 4; 81 II 443 E. 1; MEIER-HAYOZ, N. 44 zu Art. 679 und N. 184
f. zu Art. 684 ZGB).

    Mit dem in der Anschlussberufung erhobenen Einwand, an den im Eigentum
der Klägerinnen stehenden Grundstücken und Anlagen sei kein Schaden
entstanden und jene hätten jedenfalls gegenüber der ZRA keinen Anspruch auf
eine bestimmte Menge und Qualität des von ihnen geförderten Grundwassers
gehabt, lässt sich deren Aktivlegitimation nicht verneinen. Die
Grundstücke der Klägerinnen und die darauf errichteten Wasserfassungen und
Pumpwerke dienten ausschliesslich der Gewinnung von Trinkwasser. Durch
eine Verschlechterung der Wasserqualität wurden die Klägerinnen in der
bestimmungsgemässen Verwendung ihrer Grundstücke beeinträchtigt, was als
Schädigung zu werten ist. Eine Verschmutzung von Grundwasservorkommen, die
auf eine Überschreitung der Grundeigentümerbefugnisse zurückging, wurde
vor Einführung des im neuen Gewässerschutzgesetz (SR 814.20) enthaltenen
Kausalhaftungstatbestandes (Art. 36 denn auch allgemein als Anwendungsfall
von Art. 679 ZGB betrachtet (dazu STARK, Probleme der Vereinheitlichung
des Haftpflichtrechts, in ZSR 86/1967 II S. 124; SCHINDLER, Rechtsfragen
des Gewässerschutzes in der Schweiz, in ZSR 84/1965 II S. 509 ff.).

Erwägung 2

    2.- Nach dem Wortlaut des Art. 679 ZGB fallen als Haftpflichtige
nur die Eigentümer von Grundstücken in Betracht. In Rechtsprechung und
Lehre wurden indessen auch Inhaber beschränkter dinglicher Rechte als
passivlegitimiert bezeichnet (BGE 88 II 264; 68 II 373 E. 2; WIELAND,
N. 7 zu Art. 679 ZGB; HAAB, N. 12 zu Art. 679 ZGB; STARK, Das Wesen der
Haftpflicht des Grundeigentümers nach Art. 679 ZGB, S. 206; GUISAN,
in JdT 1951 I S. 141; MEIER-HAYOZ, N. 58 f. zu Art. 679 ZGB; LIVER,
N. 107 ff. zu Art. 737 ZGB; LIVER, Das Eigentum, in Schweizerisches
Privatrecht, Bd. V/1 S. 234). Ob auch obligatorisch Berechtigte zum
Kreis der möglichen Haftpflichtigen zu zählen seien, wird im Schrifttum
unterschiedlich beurteilt (für deren Passivlegitimation sprechen sich
unter anderem aus: WIELAND, N. 7 zu Art. 679 ZGB; ROSSEL/MENTHA, Manuel
du droit civil suisse, 2. Aufl., 2. Bd. S. 353; GUISAN, aaO; STARK,
aaO, S. 207; die gegenteilige Auffassung vertreten namentlich LEEMANN,
N. 29 zu Art. 679 ZGB; HAAB, N. 13 zu Art. 679 ZGB; MEIER-HAYOZ, N. 61
f. zu Art. 679 ZGB; LIVER, N. 115 zu Art. 737 ZGB; LIVER, Das Eigentum,
in Schweizerisches Privatrecht, Bd. V/1 S. 234). Das Bundesgericht hatte
diese Frage noch nie zu entscheiden (in BGE 44 II 37 oben hat es sie
angedeutet, aber offen gelassen).

    a) Die Haftung gemäss Art. 679 ZGB wird ausgelöst durch eine
Schädigung (oder drohende Schädigung) infolge Überschreitung der
dem Grundeigentümer von der Rechtsordnung gezogenen Schranken,
die namentlich im Nachbarrecht (Art. 684 ff. ZGB) umschrieben sind
(OFTINGER, Schweizerisches Haftpflichtrecht, 3. Aufl. Bd. II/1,
S. 15). Die Beeinträchtigung der Rechte des Nachbarn muss demnach auf
die Ausübung der tatsächlichen Herrschaft über das Grundstück, d.h. auf
dessen Bewirtschaftung oder sonstige Benützung, zurückgehen (BGE 93 II
234 mit Hinweisen). Anknüpfungspunkt ist also nicht etwa das formale
Kriterium des Eigentums als solchen (zur analogen Betrachtungsweise bei
der mit der Grundeigentümerhaftung verwandten Werkeigentümerhaftung nach
Art. 58 OR vgl. BGE 91 II 284 E. b, 290 E. 7.

    Die tatsächliche Herrschaft kann nicht nur der Eigentümer des
Grundstückes ausüben, sondern auch ein unselbständiger Besitzer, der
dieses zu einem beschränkten dinglichen oder zu einem persönlichen Recht
zugewiesen erhalten hat (Art. 919 und 920 ZGB), so beispielsweise der
Nutzniesser oder der Pächter. Ein solcher Besitzer hat gegenüber dem
Nachbarn keinen grösseren Duldungsanspruch als der Eigentümer. Vielmehr
unterliegt er den Regeln des Nachbarrechts genauso wie dieser
(vgl. STARK, aaO S. 206; MEIER-HAYOZ, N. 58 zu Art. 679 ZGB). Ist aber
im nachbarrechtlichen Verhältnis der blosse Besitzer mit Bezug auf die
Ausübung der tatsächlichen Herrschaft über das Grundstück dem Eigentümer
gleichgestellt, rechtfertigt es sich, ihn auch hinsichtlich der Haftung
aus Art. 679 ZGB nicht anders zu behandeln.

    b) Einen sachlichen Grund, die Passivlegitimation nur auf den
Inhaber eines beschränkten dinglichen Rechts auszudehnen, gibt es
nicht. Die Wirkungen des Besitzes - der für die Haftung massgebenden
Beziehung zum Grundstück - gegenüber Dritten sind nicht von der Art
des ihm zugrundeliegenden Rechtsverhältnisses abhängig. Es ist deshalb
folgewidrig, nebst dem Eigentümer nur Inhaber eines beschränkten dinglichen
Rechts zu den möglichen Passivlegitimierten zu zählen, mit der Begründung,
der Ausnahmecharakter von Art. 679 ZGB erlaube nicht, über diese hinaus
einen weiteren Personenkreis der strengen Kausalhaftung zu unterwerfen
(so MEIER-HAYOZ, N. 62 zu Art. 679 ZGB).

    Weiter wird etwa eingewendet, ein Mieter oder Pächter übe nicht ein
Dritten gegenüber wirksames eigenes Recht am Grundstück aus, sondern
nur die sich für ihn aus dem Vertrag mit dem Eigentümer ergebenden,
nach Inhalt und Umfang ganz individuell bestimmten Befugnisse, denen
jede Publizität fehle (LIVER, N. 116 zu Art. 737 ZGB). Entscheidend für
die Frage der Passivlegitimation ist indessen einzig das Verhältnis
zum Nachbarn; Art und Umfang des vom Eigentümer übertragenen Rechts
sind unerheblich. Gewiss lässt sich der Bestand beispielsweise eines
Pachtverhältnisses aus dem Grundbuch nicht entnehmen. Der Nachbar im
Sinne von Art. 679 ZGB wird jedoch in aller Regel erkennen können, wer
in Ausübung der tatsächlichen Herrschaft über ein Grundstück die Ursache
eines Schadens gesetzt hat. Jedenfalls ist es für ihn nicht schwieriger,
den möglichen Haftpflichtigen auszumachen, als etwa für den durch ein Tier
(Art. 56 OR) oder durch einen Werkmangel (Art. 58 OR) Geschädigten.

    Der in der Lehre vertretenen Auffassung, für eine Ausdehnung der
Haftung nach Art. 679 ZGB über Eigentümer und Träger von beschränkten
dinglichen Rechten hinaus bestehe kein Bedürfnis (LEEMANN, N. 29
zu Art. 679 ZGB; MEIER-HAYOZ, N. 62 zu Art. 679 ZGB), kann nicht
beigepflichtet werden. Dem Geschädigten wird es nämlich nicht in allen
Fällen gelingen, sich am Eigentümer schadlos zu halten, und es kann für
ihn dort, wo der Schaden durch einen finanzstarken Pächter verursacht oder
mitverursacht wurde, wichtig sein, auch diesen gestützt auf Art. 679 ZGB
ins Recht fassen zu können.

Erwägung 3

    3.- Die Sickerteiche, über die die schädlichen Abwässer in den
Grundwasserstrom gerieten, wurden nicht von den Eigentümerinnen der
Parzellen angelegt, sondern von der ZRA selbst, die auch für den Unterhalt
besorgt war. Damit übte die ZRA eine selbständige tatsächliche Herrschaft
über die Grundstücke aus. Nach den vorstehenden Erwägungen kann sie daher
auch für jene Verschmutzung gestützt auf Art. 679 ZGB belangt werden,
die von den gepachteten Grundstücken ausging. Auch insofern ist die
Anschlussberufung demnach unbegründet.

    Es zeigt sich übrigens gerade am Beispiel der ZRA, dass es stossend
wäre, vom Kreis der aus Art. 679 ZGB möglichen Haftpflichtigen die
obligatorisch Berechtigten auszunehmen, würde doch - sollten die
Voraussetzungen erfüllt sein - die ZRA in jenem Fall nur für die
Versickerung auf denjenigen Parzellen kausal haften, die ihr von der
Einwohnergemeinde Aarberg ab Ende 1954 aufgrund einer Dienstbarkeit zur
Verfügung gestellt worden waren, während sie bezüglich der Versickerung
auf den von der Burgergemeinde Kappelen gepachteten Grundstücken
lediglich der Verschuldenshaftung des Art. 41 OR unterläge. Unbillig
wäre dieses Ergebnis vor allem auch deshalb, weil im zweiten Fall nur die
Grundeigentümerin kausal haften würde, obschon hauptsächlich die ZRA aus
der durch Art. 679 ZGB verpönten Versickerung, deren Urheberin sie war,
einen Vorteil zog, indem sie die Errichtung einer Anlage zur Beseitigung
ihrer Abwässer hinauszögern und während Jahren die Kosten des Unterhalts
einer solchen Anlage einsparen konnte. Für die Eigentümerin der Parzellen,
auf denen sich die Sickerbecken befanden, hätte der Nutzen bei einer
andern Bewirtschaftung dagegen nicht unbedingt geringer sein müssen.

Erwägung 4

    4.- Knüpft die Haftung des Art. 679 ZGB nicht an das formale
Kriterium des Eigentums als solchen an, beurteilt sich die Frage, ob
ausser der ZRA auch die Burgergemeinde Kappelen und die Einwohnergemeinde
Aarberg als Eigentümerinnen der Grundstücke passivlegitimiert seien,
nach den konkreten Verhältnissen. Es ist daher zu prüfen, ob die beiden
Eigentümerinnen den von den Klägerinnen behaupteten Schaden in Ausübung
ihrer tatsächlichen Herrschaft über die Grundstücke mitverursacht haben,
d.h. es ist abzuklären, ob die Verschmutzung des Grundwasserstroms auf
die von den beiden Gemeinden bestimmte Art der Ausübung der tatsächlichen
Herrschaft über ihre Grundstücke zurückzuführen ist (vgl. STARK, aaO
S. 209; dazu auch BGE 44 II 36 unten). Dies ist zu bejahen, denn nach den
Feststellungen der Vorinstanz haben die Burgergemeinde Kappelen und die
Einwohnergemeinde Aarberg der ZRA ihre Parzellen eigens zur Beseitigung
der Betriebsabwässer zur Verfügung gestellt. Entgegen der Ansicht
des Appellationshofes sind mithin auch die beiden Grundeigentümerinnen
hinsichtlich der auf Art. 679 ZGB beruhenden Klage passivlegitimiert.