Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 104 IB 337



104 Ib 337

54. Auszug aus dem Urteil vom 28. November 1978 i.S. Burgergemeinden
Saas-Almagell, Saas-Balen, Saas-Fee und Saas-Grund gegen Kraftwerke
Mattmark AG und Staatsrat des Kantons Wallis Regeste

    Art. 46, 71 WRG; Art. 7, 39, 55 Abs. 2 EntG.

    Zuständigkeit zur Erteilung des Enteignungsrechtes für den Bau und
Betrieb von Wasserwerken (E. 2a).

    Voraussetzungen der Zulassung von nachträglichen Einsprachen im Sinne
von Art. 39 EntG; im vorliegenden Falle nicht erfüllt (E. 3a-c).

    Möglichkeit der Aufhebung eines mit schweren Mängeln behafteten
Enteignungsverfahrens von Amtes wegen (E. 3d).

    Zuständigkeit des Walliser Staatsrates zum Entscheid über die Frage,
ob zusammen mit der Wasserrechtskonzession eine Bodennutzungskonzession
verliehen worden sei, die das eingeleitete Enteignungsverfahren als
gegenstandslos erscheinen liesse (E. 4).

    Enteignung von Grundstücken, die einem öffentlichen Zweck dienen
(E. 6a).

Sachverhalt

    A.- Am 10. Juni 1954 unterzeichneten die Vertreter der Munizipal- sowie
der Burgergemeinden Saas-Almagell, Saas-Balen, Saas-Fee und Saas-Grund
einen Konzessionsvertrag, mit welchem der Elektro-Watt AG zu Handen einer
noch zu gründenden Gesellschaft das Recht verliehen wurde, die Wasserkraft
der Saaser Vispe und ihrer Zuflüsse auf dem Gebiet der Talgemeinschaft
Mattmark für die Dauer von 80 Jahren ab Inbetriebnahme der Anlagen zu
nutzen. Der Konzessionsvertrag enthält u.a. folgende Bestimmungen:

    "Art. 10 Bodenabtretungen

    Die Munizipalgemeinden und die Burgergemeinden von Saas-Almagell,

    Saas-Fee, Saas-Grund und Saas-Balen treten der Beliehenen den
   für die Erstellung und den Betrieb der Kraftwerkanlagen, der damit in

    Zusammenhang stehenden Nebenanlagen und der Leitungen für Zu- und

    Abtransport von der Energie, sowie für die Erstellung von
Kommunikationen,

    Transporteinrichtungen, Materialdeponien usw. erforderlichen
   unproduktiven Gemeindeboden unentgeltlich und produktiven

    Gemeindeboden gegen angemessene Entschädigung ab. Sie räumen ihr
   auch die erforderlichen Durchleitungsrechte auf Gemeindeboden
   unentgeltlich ein.

    Art. 26

    Die Munizipal- und die Burgergemeinden von Saas-Almagell, Saas-Fee,

    Saas-Grund und Saas-Balen haben je die gleiche Verwaltung. Die
   nachstehenden Unterschriften der Vertreter der Munizipalgemeinden
   verpflichten daher auch die Burgergemeinden, soweit diese von der
   vorliegenden Verleihung betroffen werden."

    Der Verleihungsvertrag wurde am 28. Juni 1955 vom Staatsrat des Kantons
Wallis genehmigt. In seinem Genehmigungsbeschluss setzte der Staatsrat
gestützt auf das Bundesgesetz über die Nutzbarmachung der Wasserkräfte
vom 22. Dezember 1916 (WRG) und auf das damals geltende kantonale Gesetz
über die Konzessionierung von Wasserkräften vom 27. Mai 1896 den Umfang
des verliehenen Nutzungsrechtes fest und gewährte der Beliehenen das
Enteignungsrecht für die Vorbereitungs- und Ausführungsarbeiten.

    Zwischen den vier Burgergemeinden und der Kraftwerke Mattmark
AG - der Rechtsnachfolgerin der Elektro-Watt AG - fanden in der Folge
langwierige Verhandlungen über die Entschädigung für den Boden statt, der
für die Errichtung des Staudammes und des Beckens benötigt wurde. Nach
dem Scheitern dieser Verhandlungen leitete die Kraftwerke Mattmark AG
beim Präsidenten der Eidg. Schätzungskommission, (damals) Kreis II, ein
Enteignungsverfahren gegen die vier Burgergemeinden als Eigentümerinnen der
Alp Mattmark ein. Innert der Einsprachefrist, nämlich am 18. Juli 1963,
wandten die Burgergemeinden gegen das Begehren der Kraftwerke Mattmark
AG ein, für den Bau des Werkes sei die von der Enteignerin verlangte
Übertragung des Grundeigentums nicht notwendig; es genüge, wenn zu Gunsten
der Kraftwerke Mattmark AG ein Baurecht gemäss Art. 675 ZGB errichtet
werde. Da der Streit über diese Frage an den Einigungsverhandlungen nicht
beigelegt werden konnte, überwies der Schätzungskommissionspräsident die
Akten an den Bundesrat zum Entscheid über die Einsprache.

    Als das Verfahren vor Bundesrat bereits hängig war, erhoben die
Burgergemeinden mit Eingabe vom 10. Juni 1964 einen neuen Einwand gegen
die Enteignung, und zwar in dem Sinne, dass die Frage der Abtretung
des Gemeindebodens an die Kraftwerke Mattmark AG im Konzessionsakt
(Art. 10) geregelt worden sei, der Streit daher ein solcher zwischen
Verleihungsbehörde und Beliehenem über die aus dem Verleihungsverhältnis
entspringenden Rechte und Pflichten sei, über welchen nach Art. 71 WRG
die zuständige kantonale Gerichtsbehörde zu entscheiden habe.

    Nach einer - mehrere Jahre dauernden - Sistierung des Verfahrens
erklärte sich der Bundesrat für unzuständig und stellte die Akten dem
Walliser Staatsrat zu. Dieser wies am 6. Juli 1977 die Einsprache der
vier Burgergemeinden vollumfänglich ab und ermächtigte die Kraftwerke
Mattmark AG, das Enteignungsverfahren fortzuführen.

    Gegen den Entscheid des Walliser Staatsrates haben die vier
Burgergemeinden sowohl eine Verwaltungsgerichts- wie auch eine
staatsrechtliche Beschwerde eingereicht. Sie machen im wesentlichen
geltend, der Staatsrat sei zum Entscheid nicht zuständig, da die
Streitsache gemäss Art. 71 WRG vom Kantonsgericht beurteilt werden
müsse. Die Burgergemeinden hätten der Kraftwerke Mattmark AG mit dem
Konzessionsakt bereits ein Sondernutzungsrecht am umstrittenen Boden
verliehen, weshalb das eingeleitete Enteignungsverfahren gegenstandslos
sei. Selbst wenn aber eine Enteignung zulässig wäre, so verletzte
das Begehren der Enteignerin um Übertragung des Grundeigentums das
Verhältnismässigkeitsprinzip, da es für den von der Kraftwerke Mattmark
AG verfolgten Zweck durchaus genüge, wenn dieser ein Baurecht eingeräumt
werde.

    Das Bundesgericht weist beide Beschwerden ab.

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 2

    2.- a) Das in Art. 1 EntG umschriebene Enteignungsrecht kann
entweder vom Bunde selbst ausgeübt oder an Dritte übertragen werden
(Art. 2 EntG). Zur Übertragung des Enteignungsrechtes an Dritte genügt,
falls die Werke im Interesse der Eidgenossenschaft oder eines grossen
Teiles des Landes liegen, ein Bundesbeschluss; für andere im öffentlichen
Interesse liegende Zwecke muss das Enteignungsrecht durch Bundesgesetz
eingeräumt werden (Art. 3 Abs. 2 lit. a und b EntG). Für den Bau und
den Betrieb von Wasserwerken, welche dem öffentlichen Wohl dienen, ist
das Enteignungsrecht dem Beliehenen in jedem Falle ausdrücklich von der
Verleihungsbehörde zu erteilen (Art. 46 Abs. 1 WRG). Diese Regelung ist
bei der Revision des Enteignungsgesetzes vom 18. März 1971 bestätigt
bzw. für die Konzessionen allgemein festgehalten worden (Art. 3 Abs. 3
EntG; vgl. BBl 1970 I 1018 Ziff. 4.5).

    Die Kompetenz für die Verleihung von Wasserrechten an innerkantonalen
Gewässern bestimmt sich nach kantonalem Recht (Art. 38 Abs. 1 WRG). Steht
die Verfügung über die Wasserkraft auf Grund des kantonalen Rechtes
Bezirken, Gemeinden oder Körperschaften zu, so bedarf die Verleihung von
Wasserrechten nach Art. 4 WRG der Genehmigung der kantonalen Behörde. Aus
dieser Bestimmung hat der Bundesrat in ständiger Rechtsprechung -
in Übereinstimmung mit der Lehre - den Schluss gezogen, dass bei
Wasserrechtsverleihungen durch Bezirke, Gemeinden oder Korporationen
ausschliesslich die kantonale Genehmigungsbehörde befugt sei, das
Enteignungsrecht im Sinne von Art. 46 Abs. 1 WRG (und nunmehr auch von
Art. 3 Abs. 3 EntG) zu erteilen (HESS, Das Enteignungsrecht des Bundes,
N. 8 zu Art. 38 WRG, S. 449, und dort zitierte Literatur). Dementsprechend
wird in der Walliser Wasserrechtsgesetzgebung der Staatsrat sowohl für
die Genehmigung der von den Gemeinden erteilten Konzessionen als auch
für die Gewährung des Enteignungsrechtes als zuständig erklärt (Art. 11
Abs. 3 und Art. 34 Abs. 1 KWRG).

    c) (Zuständigkeit des Walliser Staatsrates zur Beurteilung
von Einsprachen gegen das von der Kraftwerke Mattmark AG gestellte
Enteignungsbegehren.)

Erwägung 3

    3.- a) Einsprachen im engeren Sinne (Art. 35 lit. a EntG) und Begehren
nach Art. 7 und 10 EntG (Art. 35 lit. b EntG) müssen schriftlich und
begründet innerhalb der Eingabefrist beim Gemeinderat eingereicht werden
(Art. 35 EntG). Nach Ablauf der Eingabefrist können Einsprachen gegen
die Enteignung nur noch geltend gemacht werden, wenn die Ausführung
des Werkes noch nicht in Angriff genommen worden ist und die Einhaltung
der Frist wegen unverschuldeter Hindernisse nicht möglich war. In diesem
Falle kann innert 30 Tagen nach Wegfall des Hindernisses beim Präsidenten
der Schätzungskommission nachträgliche Einsprache erhoben werden (Art. 39
EntG). Diese im Gesetz vorgesehenen Fristen zur Einreichung von Einsprachen
sind, wie sich aus Art. 30 Abs. 1 Art. 34 Abs. 1 lit. f, Art. 35 Abs. 1
und Art. 39 Abs. 2 EntG ergibt, Verwirkungsfristen; bei der Prüfung, ob
sie eingehalten worden sind, sind strenge Kriterien anzuwenden (HESS, aaO,
N. 16 zur Art. 35 EntG, S. 107, N. 6 und 7 zu Art. 39 EntG, S. 112; HEINZ
HESS, Probleme des enteignungsrechtlichen Einspracheverfahrens aus der
Sicht des Eidgenössischen Verkehrs- und Energiewirtschaftsdepartementes,
ZBl 74/1973 S. 394, N. 8).

    b) Die Burgergemeinden haben innerhalb der Eingabefrist, nämlich
am 18. Juli 1963, zwar Einsprache erhoben, doch beschränkten sie sich
damals darauf, gestützt auf Art. 1 Abs. 2 EntG geltend zu machen,
die Enteignung dürfe nicht das Eigentum am fraglichen Grundstück
betreffen, sondern es sei lediglich ein Nutzungsrecht zugunsten der
Enteignerin auf dem Expropriationswege zu bestellen. Die Zulässigkeit
des Enteignungsverfahrens an sich wurde in der Einsprache vom 18. Juli
1963 überhaupt nicht in Frage gestellt. Sie wurde vielmehr indirekt
anerkannt, indem die Burgergemeinden nicht nur Entschädigungsforderungen,
sondern ausdrücklich auch Begehren im Sinne von Art. 7 und 10 EntG
stellten. Dagegen findet sich in der damaligen Eingabe keine einzige
Bemerkung darüber, dass die Enteignerin das, was sie enteignen wolle,
auf anderem Wege bereits erworben habe. Dieser Einwand wurde auch an
den Einigungsverhandlungen vom 9. September und 13. November 1963 -
jedenfalls gemäss den Protokollen - nicht erhoben, sondern erst im Juni
1964, nachdem die Akten vom Präsidenten der Schätzungskommission bereits
dem Bundesrat überwiesen worden waren.

    c) Daraus ergibt sich, dass die gegen die Enteignung an sich
gerichtete Einsprache nur dann als rechtzeitig betrachtet werden
könnte, wenn die in Art. 39 EntG umschriebenen Voraussetzungen erfüllt
wären. Dies trifft offensichtlich nicht zu. Einerseits behaupten die
Beschwerdeführerinnen nicht einmal, noch tun sie dar, dass sie - etwa
in Verkennung der Rechtslage - ohne ihr Verschulden daran gehindert
worden wären, die grundsätzliche Zulässigkeit der Enteignung innerhalb
der Eingabefrist zu bestreiten. Sie waren übrigens schon im Zeitpunkt
des Planauflageverfahrens von einem Rechtsanwalt vertreten, dem das hier
behandelte Problem nicht entgehen konnte. Andererseits ist auch nicht
ersichtlich, was die Burgergemeinden gerade am naheliegendsten Einwand
hätte hindern können, es sei kein Enteignungsobjekt mehr vorhanden, weil
dieses der Enteignerin bereits durch privates Rechtsgeschäft oder durch
einseitige behördliche Verfügung übertragen worden sei. Der Zulassung der
nachträglichen Einsprache im Sinne von Art. 35 EntG steht somit das eigene
Verschulden der Beschwerdeführerinnen an der Fristversäumnis entgegen.

    d) Die Einsprache wäre allerdings trotz ihrer Verspätung zu prüfen,
wenn der geltend gemachte Mangel so schwerwiegend wäre, dass er das
Enteignungsverfahren geradezu als nichtig erscheinen liesse. Das
Bundesgericht hat in seiner Eigenschaft als Aufsichtsbehörde (Art. 63
EntG) schon verschiedentlich Enteignungsverfahren, die mit schweren
Mängeln behaftet waren, von Amtes wegen aufgehoben. So hat es zum
Beispiel in einem Streit über die Höhe der Enteignungsentschädigung
für eine Starkstromleitung festgestellt, dass es der Präsident der
Schätzungskommission unterlassen hatte, der Eigentümerin der Leitung
von der zuständigen Verwaltungsbehörde das Enteignungsrecht erteilen
zu lassen. Das ganze Verfahren wurde hierauf von Amtes wegen kassiert
(BGE 96 I 192 E. 3). Ebenfalls aufgehoben wurde der Entscheid einer
Schätzungskommission in einer Streitigkeit, die nach Eisenbahngesetz
vom Bundesgericht als einziger Instanz zu beurteilen war (BGE 99 Ib
483 ff.). Ein solcher oder ähnlicher Fall liegt hier jedoch nicht
vor. Einerseits steht fest, dass der Kraftwerke Mattmark AG das
Enteignungsrecht gültig verliehen wurde. Andererseits müsste sowohl
das Verfahren nach Enteignungsgesetz wie auch jenes nach Art. 71 WRG
vor dem Kantonsgericht praktisch zum selben Resultat führen, sofern
die Beschwerdeführerinnen mit ihrem - noch zu prüfenden - Standpunkt,
der Beliehenen sei lediglich ein Baurecht einzuräumen, durchdringen
könnten. Übrigens kann im Anschluss an beide Verfahren die staats-
und verwaltungsrechtliche Abteilung des Bundesgerichtes angerufen werden
(Art. 71 Abs. 1 WRG; Art. 12 Abs. 1 lit. a OG; Art 46 Abs. 2 WRG; Art. 55
Abs. 2 EntG; Art. 98 lit. g und 99 lit. c OG).

    Auch als Aufsichtsinstanz hätte das Bundesgericht demnach
auf die verspätet erhobenen, grundsätzlichen Einwendungen gegen
das Enteignungsverfahren nicht einzutreten. Die Einwände der
Beschwerdeführerinnen sind im übrigen unbegründet; wie der Vollständigkeit
halber zu zeigen ist, hat sich der Staatsrat zu Recht für zuständig
gehalten, über das Bestehen und die Gültigkeit einer die Enteignung
hindernden Bodennutzungskonzession zu befinden (vgl. E. 4), und hat
die materiellen Vorbringen der Burgergemeinden ohne Gesetzesverletzung
abgewiesen (vgl. E. 5).

Erwägung 4

    4.- Die Frage, ob der Staatsrat die Akten dem Kantonsgericht hätte
zustellen müssen, damit dieses über die Zuständigkeit bzw. über das
Bestehen einer Bodennutzungskonzession entscheide und die Sache danach
allenfalls wieder zurückweise, ist aus verschiedenen Gründen zu verneinen.

    a) Die Burgergemeinden machen geltend, sie hätten als den
Konzessionsakt mitunterzeichnende Partei der Kraftwerke Mattmark AG ein
Sondernutzungsrecht am Boden verliehen. Die von den Munizipalgemeinden
erteilte Wasserrechts- und die von den Burgergemeinden erteilte
Bodennutzungskonzession bildeten eine Einheit, ein einziges
Verleihungsverhältnis, das nach Art. 71 WRG der ausschliesslichen
Gerichtsbarkeit des Kantonsgerichtes unterstehe. Diese Auffassung kann
nicht geteilt werden.

    Hätte tatsächlich eine Verleihung von Bodennutzungsrechten
stattgefunden, so wäre diese mit der Wasserrechtskonzession
keineswegs identisch, sondern etwas Eigenes, Verschiedenes. Die
Beschwerdeführerinnen bestreiten denn auch nicht, dass weder
die Konzessionsobjekte noch die Verleihungsbehörden die gleichen
sind. Werden aber zwei verschiedene Konzessionen uno actu übertragen, so
bedeutet das nicht, dass dadurch nur ein einziges Verleihungsverhältnis
entstünde. Die von den Beschwerdeführerinnen aufgestellte Behauptung,
ohne die Bodennutzungskonzession hätte der Wasserrechtsverleihung die
"zureichende Substanz" gefehlt, so dass letztere sogar hätte verweigert
werden müssen, ist offensichtlich unrichtig. Die "zureichende Substanz"
der Wasserrechtskonzession, nämlich der zum Bau und Betrieb des
Wasserwerkes benötigte Boden, hätte von der Kraftwerke Mattmark
AG ohne weiteres durch privates Rechtsgeschäft oder notfalls durch
Enteignung erworben werden können. Auf diesem Wege hätte ohnehin
vorgegangen werden müssen, wenn das fragliche Grundstück im Eigentum
irgendeines Privaten gestanden hätte. Ebenfalls unzutreffend ist die
These der Burgergemeinden, dass sie ein von der Wasserrechtskonzessionärin
eingeleitetes Enteignungsverfahren hätten verhindern können, indem sie der
Konzessionärin die Bodennutzungsrechte verliehen oder ihr den Abschluss
eines entsprechenden verwaltungsrechtlichen Vertrages angeboten hätten. Ein
solches auf Umgehung des eidgenössischen Rechtes hinzielendes Verhalten
wäre unvereinbar mit dem Vorrang des öffentlichen Rechts des Bundes vor
dem kantonalen Recht, ganz abgesehen davon, dass niemandem eine Konzession
oder ein Vertrag aufgezwungen werden kann. Bilden also die Bodennutzungs-
und die Wasserrechtskonzession nicht ein einziges Verleihungsverhältnis,
so kann der Streit zwischen den Burgergemeinden und der Kraftwerke Mattmark
AG über die Nutzung des Bodens unmöglich ein solcher im Sinne von Art. 71
WRG sein und hat daher über diesen nicht das in Art. 71 WRG vorgesehene
kantonale Gericht, sondern der Walliser Staatsrat zu entscheiden.

    b) Selbst unter der Annahme, die Wasserrechts- und die
Bodennutzungskonzession bildeten eine unteilbare Einheit, fiele es dem
Staatsrat zu, über Bestehen und Gültigkeit der Bodennutzungskonzession
zu urteilen.

    Die Einsprache der Burgergemeinden gegen die Durchführung eines
Enteignungsverfahrens und gegen das Objekt der Enteignung war auf Grund
von Art. 46 Abs. 2 WRG in Verbindung mit Art. 55 Abs. 2 EntG klarerweise
vom Walliser Staatsrat zu behandeln. Im Rahmen des Einsprachenentscheides
bildete die Frage, ob eine Bodennutzungskonzession bestehe und welche
Tragweite sie gegebenenfalls habe, eine reine Vorfrage. Über diese
Vorfrage war damals und ist heute beim Walliser Kantonsgericht kein
Prozess anhängig, noch hat sich das Gericht bereits früher darüber
ausgesprochen. Unter diesen Voraussetzungen schliesst gemäss Lehre
und ständiger Rechtsprechung die Zuständigkeit des Staatsrates zum
Einsprachenentscheid, sofern keine abweichenden Vorschriften bestehen,
die Befugnis mit ein, über Vorfragen anderer Rechtsgebiete zu befinden
(BGE 98 Ia 120 E. 6b, 89 I 338, 429 E. 4, 88 I 105, 85 IV 70, 79 I 284;
GRISEL, Droit administratif suisse, S. 93, mit Literaturhinweisen). Dass
eine Sonderbestimmung im vorliegenden Fall die Überprüfung der Vorfragen
verbiete, behaupten die Beschwerdeführerinnen zu Recht nicht.

    Die gleiche Lösung ergibt sich übrigens direkt aus Art. 71 WRG. Nach
dieser Bestimmung sind zwar die Streitigkeiten zwischen dem Beliehenen und
der Verleihungsbehörde über die aus dem Verleihungsverhältnis entstehenden
Rechte und Pflichten von der zuständigen kantonalen Gerichtsbehörde
(hier gemäss Art. 3 KWRG das Kantonsgericht) zu beurteilen, jedoch nur,
sofern das WRG oder die Verleihung nichts anderes bestimmen. Nun wird
aber in Art. 46 Abs. 2 WRG der Entscheid über Streitigkeiten betreffend
die Abtretungspflicht ausdrücklich der Verleihungsbehörde, hier also
dem Staatsrat (vgl. E. 2a), übertragen. Diese Kompetenz umfasst auch
die Prüfung aller mit der Abtretungspflicht im Zusammenhang stehenden
Vorfragen, eingeschlossen jener, ob die Enteignung infolge vorangegangener
privatrechtlicher Vereinbarungen zwischen den Parteien oder durch
eine Verleihung der fraglichen Rechte an die Enteignerin allenfalls
gegenstandslos geworden sei.

    Der Systematik des Enteignungsgesetzes lässt sich ausserdem entnehmen,
dass der Gesetzgeber die Fälle, in denen die Prüfung einer Vorfrage zur
Unterbrechung des Enteignungsverfahrens führen sollte, ausdrücklich
vorgesehen hat. So ist nach Art. 69 EntG das Enteignungsverfahren
auszusetzen, wenn der Bestand des Rechtes, für das der Enteignete eine
Entschädigung verlangt, bestritten wird. Das Schweigen des Gesetzgebers zur
hier umstrittenen Frage ist deshalb als qualifiziertes und der Staatsrat
als zum Entscheid von Vorfragen befugt zu betrachten.

Erwägung 5

    5.- (Der Konzessionsakt hat der Kraftwerke Mattmark AG die von ihr
nunmehr auf dem Enteignungswege verlangten Rechte am Grundstück, welches
für den Bau und Betrieb des Werkes benötigt wird, nicht verschafft;
der Akt steht daher dem Enteignungsverfahren nicht entgegen).

Erwägung 6

    6.- Es bleibt noch über die Einwendungen zu befinden, die die
Burgergemeinden in der rechtzeitig eingereichten Einspracheschrift vom
18. Juli 1963 gegen das Enteignungsbegehren der Kraftwerke Mattmark AG
vorgebracht haben, nämlich zunächst über die Frage, ob der Enteignerin nur
ein Baurecht einzuräumen oder ihr das Eigentum am benötigten Grundstück
zu übertragen sei.

    Nach Art. 1 Abs. 2 EntG kann der Enteignungsanspruch nur insoweit
geltend gemacht werden, als es zur Erreichung des Zweckes notwendig
ist. Mit dieser Bestimmung wird der sich schon aus der Verfassung
ergebende Grundsatz der Verhältnismässigkeit für das Enteignungsrecht noch
ausdrücklich statuiert (vgl. BGE 104 Ib 31 E. 3a). Unverhältnismässig wäre
es nach Auffassung der Beschwerdeführerinnen, wenn der Enteignerin mehr
als ein Baurecht für die Errichtung des Staudammes und des Staubeckens
übertragen würde. Die Beschwerdeführerinnen betonen in diesem Zusammenhang,
dass sie ein legitimes Interesse daran hätten, die "nuda proprietas" des
Grundstückes zu behalten, welches ihrer Meinung nach Bestandteil ihres
Verwaltungsvermögens bildet. - Die Auffassung der Beschwerdeführerinnen
kann jedoch nicht geteilt werden.

    a) Ob das fragliche Grundstück zum Verwaltungsvermögen zu zählen
sei, wie in der Beschwerde behauptet wird, oder zum Finanzvermögen,
wie der Staatsrat glaubt, braucht nicht näher untersucht zu werden. Die
Beschwerdeführerinnen zweifeln zu Unrecht an der Möglichkeit, öffentlichen
Boden zu expropriieren. Nach klarer Bestimmung von Art. 7 EntG können
auch Rechte an Grundstücken, die einem öffentlichen Zweck dienen,
enteignet werden, soweit nicht durch Gesetz etwas anderes bestimmt wird
(vgl. BGE 71 I 492). Für die Anwendung von Art. 7 EntG ist es unerheblich,
ob sich ein Enteignungsbegehren auf privates oder öffentliches Eigentum
beziehe und wer Eigentümer sei; massgebend ist einzig die Bestimmung
der betreffenden Grundstücke, ihr öffentlicher Zweck (vgl. Sten.
Bull. N. 1928 S. 616; HESS, aaO N. 2 zu Art. 7 EntG, S. 21). Selbst wenn
man also den Beschwerdeführerinnen darin folgen wollte, dass die Alp
Mattmark unmittelbar der Erfüllung öffentlicher Zwecke der Burgergemeinden
diente und daher Verwaltungsvermögen bildete, müsste die Möglichkeit der
Enteignung grundsätzlich bejaht werden.

    Allerdings ist nach Art. 7 Abs. 2 EntG die Enteignung von Grundstücken,
die öffentlichen Zwecken dienen, nur zulässig, falls der Enteigner die
Fortbenützung bestehender öffentlicher Einrichtungen sicherstellt,
soweit dies durch das öffentliche Interesse gefordert wird. Die
Beschwerdeführerinnen räumen nun aber selbst ein, dass das öffentliche
Interesse an der Benützung der Alpweiden dem gewichtigeren Interesse
am Bau und Betrieb des Kraftwerkes weichen müsse. Indessen machen sie
geltend, sie selbst hätten dem Grundstück den neuen öffentlichen Zweck
verliehen, der Errichtung des Werkes zu dienen. Dabei scheinen sie zu
übersehen, dass die Kraftwerke Mattmark AG als Wasserrechtskonzessionärin
diesen Zweck gesetzt hat und ihr dessen Erfüllung obliegt. Die
Beschwerdeführerinnen können nicht die von der Kraftwerke Mattmark
AG verfolgten öffentlichen Interessen als eigene ausgeben und sie der
Enteignerin entgegenhalten, so wenig sie das Interesse der Enteignerin
am Erwerb der Grundstücke bei der Bemessung der Enteignungsentschädigung
in die Waagschale werfen können (vgl. DUBACH, Die Berücksichtigung der
besseren Verwendungsmöglichkeit und der werkbedingten Vor- und Nachteile
bei der Festsetzung der Enteignungsentschädigung nach Bundesrecht, ZBl
79/1978 S. 2). - Dass irgendeine andere in Art. 7 Abs. 1 EntG vorbehaltene
Gesetzesbestimmung der Enteignung der Alp Mattmark entgegenstünde, machen
die Beschwerdeführerinnen zu Recht nicht geltend.

    b) (Bestätigung der in BGE 99 Ia 475 ff E. 4 begründeten
Rechtsprechung. Der Enteignerin ist demnach das von ihr verlangte
Grundeigentum zu übertragen.)