Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 104 IA 487



104 Ia 487

72. Auszug aus dem Urteil vom 28. November 1978 i.S. X. gegen
Bezirksanwaltschaft Zürich und Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich
Regeste

    Art. 84 ff. OG; Zulässigkeit der staatsrechtlichen Beschwerde.

    Wurde ein Haftbefehl im Laufe des kantonalen Verfahrens zurückgezogen,
so kann er nicht mit staatsrechtlicher Beschwerde angefochten werden;
keine Beurteilung abstrakter Rechtsfragen.

Sachverhalt

    A.- Die Bezirksanwaltschaft Zürich erliess gegen X. einen Haftbefehl
zum Vollzug einer in einen Tag Haft umgewandelten Busse. X. rekurrierte
dagegen an die Staatsanwaltschaft mit der Begründung, er habe gegen die
Umwandlung der Busse Kassationsbeschwerde eingelegt, weshalb der Vollzug
einstweilen zu unterbleiben habe; ferner hätte die Bezirksanwaltschaft
keinen Haftbefehl erlassen dürfen, sondern es hätte ein Strafantrittsbefehl
ergehen müssen. Die Bezirksanwaltschaft zog den Haftbefehl in der Folge
zurück, und die Staatsanwaltschaft erklärte den Rekurs als gegenstandslos,
soweit er den Vollzug des Umwandlungsbeschlusses betraf. Die weitere
Rüge erklärte sie als unbegründet. X. verlangt mit staatsrechtlicher
Beschwerde die Feststellung, dass der Erlass eines Bussenverhaftsbefehls
verfassungswidrig sei. Das Bundesgericht tritt auf die Beschwerde
nicht ein.

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 2

    2.- Ist davon auszugehen, dass die Bezirksanwaltschaft den
Bussenverhaftsbefehl in der Vernehmlassung an die Staatsanwaltschaft
zurückzog, so kann auf die Rüge nicht eingetreten werden, der
Erlass eines Bussenverhaftsbefehls sei mit § 23 StVG und Art. 7 der
zürcherischen Kantonsverfassung unvereinbar. Zwar trifft es zu, dass
eine staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung verfassungsmässiger
Rechte ausnahmsweise auch dann zulässig ist, wenn ein aktuelles und
praktisches Interesse an der Aufhebung des angefochtenen Entscheids
oder der angefochtenen Verfügung fehlt. Dies ist dann der Fall, wenn der
gerügte Eingriff sich jederzeit wiederholen könnte und eine rechtzeitige
verfassungsrechtliche Überprüfung im Einzelfall kaum je möglich ist, so
dass das Erfordernis des aktuellen praktischen Interesses eine Kontrolle
der Verfassungsmässigkeit faktisch verhindern würde (BGE 100 Ia 394
E. 1b mit Hinweisen). Diese Rechtsprechung setzt jedoch voraus, dass
sich der Eingriff (Verbot einer Versammlung, Verhaftung, usw.) überhaupt
ereignet hat. Ist das nicht der Fall, weil die entsprechende Verfügung
vor dem Vollzug widerrufen worden ist, so tritt das Bundesgericht auf
die dagegen gerichtete Beschwerde nicht ein. Andernfalls hätte es über
eine abstrakte Rechtsfrage zu urteilen, was Sinn und Zweck des in Art. 84
Abs. 1 lit. a OG vorgesehenen Rechtsbehelfs widerspricht.