Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 104 IA 415



104 Ia 415

62. Auszug aus dem Urteil vom 24. Mai 1978 i.S. Degen und Mitbeteiligte
gegen Grosser Rat des Kantons Basel-Stadt Regeste

    Art. 85 lit. a OG; Ungültigerklärung der basel-städtischen
Volksinitiative "Wohnliche Stadt".

    1. Zuständigkeit des kantonalen Parlaments zur Erteilung eines
Planungsauftrags an die Regierung (E. 4).

    2. Ein Grossratsbeschluss, der die Regierung mit der Ausarbeitung
einer umfassenden Verkehrsplanung beauftragt, kann Gegenstand einer
Volksinitiative gemäss Art. 28 KV-BS sein (E. 5).

    3. Inhaltliche Vereinbarkeit der Volksinitiative "Wohnliche Stadt"
mit dem Bundes- und dem kantonalen Recht (E. 6).

Sachverhalt

    A.- Im Herbst 1971 wurde dem Grossen Rat des Kantons Basel-Stadt
eine mit 2386 Unterschriften versehene Volksinitiative eingereicht,
die den Titel "Wohnliche Stadt" trug und folgenden Wortlaut hatte:

    "Zur Verbesserung der Lebensbedingungen in der Region Basel, zur

    Erhaltung der wohnlichen Stadt Basel für alle Einwohner, insbesondere
   aber für die Lohnabhängigen der unteren Einkommensklassen, reichen
   die unterzeichneten in Basel-Stadt stimmberechtigten Einwohner die
   vorliegende unformulierte Gesetzesinitiative, gemäss Art. 28 der

    Kantonsverfassung, ein:

    Die Regierung des Kantons Basel-Stadt erhält den Auftrag, für eine

    Verkehrsplanung mit dem Schwergewicht auf dem öffentlichen
Verkehrsmittel
   und zur Verwirklichung bzw. Verbesserung des öffentlichen

    Grobverteilers, des Mittelverteilers und des Feinverteilers, und zwar
   wie folgt:

    1. In Zusammenarbeit mit den SBB und den Nachbarkantonen ist
   ein S-Bahnsystem als Grobverteiler einzurichten, wobei weitgehend
   bestehende SBB-Anlagen ausgenützt werden können. Dieses System soll
   die Wohngebiete des Rheintals bis Stein-Säckingen, des Ergolztals bis

    Gelterkinden und des Birstals bis Laufen mit den

    Arbeitsplatzkonzentrationen in Grossbasel, Kleinbasel und im Rheinhafen
   verbinden. Zu diesem Zweck ist der Geleisering Elsässerbahn,
   Wolfbahnhof,

    Verbindungsbahn, Badischer Bahnhof, Hafenbahn durch eine
Eisenbahnbrücke
   im Gebiet des Hafens St. Johann zu schliessen.

    Die Ausdehnung des S-Bahnnetzes auf das Elsass und nach Südbaden
   ist in Zusammenarbeit mit den betreffenden Staaten und

    Eisenbahngesellschaften voranzutreiben.

    2. Als Mittelverteiler sind in Zusammenarbeit mit den Nachbarkantonen
   und den zuständigen Bahngesellschaften die folgenden Strecken zu
   verbessern bzw. zu erneuern: Basel-Pratteln, Basel-Aesch, Basel-Dornach,

    Basel-Flüh. Der Ausbaugrad der Geleise- und Signalanlagen
   sowie das Rollmaterial haben unter anderem folgenden Anforderungen
   zu genügen: Möglichkeit von Frequenzen bis zu 3 Minuten, Möglichkeit
   eines starren Fahrplans.

    3. Die Bequemlichkeit, Zuverlässigkeit, Sicherheit und reibungslose

    Zirkulation der Feinverteiler Tram, Bus und Trolleybus müssen unter
   anderem durch folgende Massnahmen wiederhergestellt bzw. gesichert
   werden:

    - Der Warteraum linksabbiegender Privatfahrzeuge darf nicht auf
   der Fahrbahn des schienengebundenen öffentlichen Verkehrsmittels liegen;

    - Ist rechts vom Tramgeleise nur eine einzige Fahrbahn, so darf in
   dieser nicht parkiert werden;

    - Die Haltestellen des Feinverteilers haben wie bis anhin über Tag
   und auf der Ebene der Fussgänger angeordnet zu bleiben;

    - Solange der taxfreie Betrieb nicht verwirklicht ist, sind die

    Fahrkartenautomaten im Wageninnern anzubringen;

    - Auf allen Kreuzungen mit automatischer Lichtsignal-Anlage ist
   der Feinverteiler gegenüber dem Privatverkehr bevorzugt zu behandeln.

    4. Jährlich auf die erste Sitzung nach den Sommerferien hat der

    Regierungsrat dem Grossen Rat von Basel-Stadt einen Bericht über den
   technischen Fortschritt auf dem Gebiet des öffentlichen Verkehrs
   und über die Einsatzmöglichkeiten der Neuerungen in der Region Basel
   vorzulegen.

    Die unterzeichneten Stimmberechtigten bevollmächtigen die folgenden

    Mitglieder der Progressiven Organisationen Basel (POB) zum

    Rückzug der Initiative, sofern der Grosse Rat durch eine
Gesetzesänderung
   dem Begehren der Initiative entspricht: G. Degen, T. Heilmann,

    K. Witschi, R. Tschumi."

    Der Grosse Rat des Kantons Basel-Stadt erklärte das Initiativbegehren
mit Beschluss vom 17. März 1977 als ungültig, da es gegen Bundes- und
kantonales Recht verstosse.

    Das Bundesgericht heisst die dagegen erhobene Beschwerde gut.

Auszug aus den Erwägungen:

                          Erwägungen:

Erwägung 2

    2.- a) Gemäss § 28 Abs. 1 der Verfassung des Kantons Basel-Stadt vom
2. Dezember 1889 (KV) sind 4000 (in der hier noch massgebenden Fassung
vom 2. Juni 1955: 2000) Stimmbürger befugt, "jederzeit beim Grossen
Rate das Begehren um Erlass, Abänderung oder Aufhebung eines Gesetzes
oder Grossratsbeschlusses zu stellen (Initiative)". Das Begehren kann in
der Form der allgemeinen Anregung (unformulierte Initiative) oder in der
Form des ausgearbeiteten Gesetzes- oder Beschlussesentwurfs (formulierte
Initiative) eingereicht werden (§ 28 Abs. 2 und 3 KV; § 1 des Gesetzes
betreffend das Verfahren bei Ausübung der Initiative und des kantonalen
Referendums vom 16. November 1875).

    b) Das vorliegende Volksbegehren wird im Initiativtext ausdrücklich
als unformulierte Initiative bezeichnet. Das Justizdepartement behauptet
nicht, dass diese Bezeichnung unrichtig sei und dass in Tat und Wahrheit
eine formulierte Initiative vorliege. Das Departement macht auch nicht
geltend, dass das Volksbegehren die Formen der allgemeinen Anregung und des
ausgearbeiteten Entwurfs in unzulässiger Weise vermische oder das Gebot der
Einheit der Materie verletze. Die Einwendungen des Justizdepartementes
beziehen sich allein darauf, dass die Forderungen der Initianten in
formeller Hinsicht nicht Gegenstand einer Initiative gemäss § 28 KV sein
könnten und dass sie inhaltlich mit übergeordnetem Recht in Widerspruch
ständen. Darauf ist im folgenden näher einzugehen.

Erwägung 3

    3.- Gegenstand des Initiativrechts sind nach § 28 der Verfassung des
Kantons Basel-Stadt Gesetze und Grossratsbeschlüsse, d.h. Rechtsakte,
die vom kantonalen Parlament ausgehen. Rechtsakte des Regierungsrates
können mit der Initiative dagegen nicht verlangt werden. Das folgt nicht
nur aus dem Wortlaut der erwähnten Verfassungsvorschrift, sondern gilt
im Staatsrecht der Kantone ganz allgemein. Das Justizdepartement scheint
der Auffassung zu sein, dass die vorliegende Initiative schon deshalb
ungültig sei, weil sie sich nicht an den Grossen Rat, sondern an die
Regierung richte. Dem kann nicht beigepflichtet werden.

    Das Initiativbegehren "wohnliche Stadt" weist drei Absätze auf. Der
erste Absatz umschreibt einleitend die Zielsetzungen der Initianten
und enthält die Feststellung, dass das Volksbegehren als unformulierte
Gesetzesinitiative zu verstehen sei. Im zweiten Absatz wird ausgeführt,
was Inhalt des verlangten Gesetzes sein soll, nämlich der Auftrag an
die Regierung, eine Verkehrsplanung auszuarbeiten. Sodann wird die grobe
Zielrichtung dieser Planung festgehalten (Einrichtung bzw. Verbesserung
der öffentlichen Verkehrsmittel auf den Stufen des Grob-, Mittel-
und Feinverteilers), und anschliessend wird in drei detaillierten
Ziffern ausgeführt, welchen Zustand das vorgeschlagene Verkehrskonzept
verwirklichen soll. In einer vierten Ziffer wird verlangt, dass der
Regierungsrat dem Grossen Rat über die Probleme des öffentlichen Verkehrs
jährlich Bericht erstatte. Der letzte Absatz der Initiative enthält
eine Rückzugsklausel für den Fall, dass der Grosse Rat den Begehren der
Initianten durch eine Gesetzesänderung entsprechen sollte.

    Dieser Text ist nicht so zu verstehen, dass die Initiative unmittelbar
ein Tätigwerden des Regierungsrates verlange. Zwar wird im Hauptabschnitt
der Initiative gesagt, der Regierungsrat erhalte den Auftrag zur Schaffung
der im folgenden näher umschriebenen Verkehrsplanung. Das mag zunächst
den Eindruck zu erwecken, Adressat des Volksbegehrens sei die kantonale
Regierung. Aus dem Gesamtzusammenhang geht indes in klarer Weise hervor,
dass sich die Initiative an den Grossen Rat richtet und dass das kantonale
Parlament verpflichtet werden soll, ein Gesetz zu erlassen und darin dem
Regierungsrat den Auftrag zur Ausarbeitung der skizzierten Verkehrsplanung
zu erteilen. Das ergibt sich auch daraus, dass das Begehren beim Grossen
Rat eingereicht und als Gesetzesinitiative im Sinne von § 28 KV bezeichnet
worden ist. Es kann deshalb nicht gesagt werden, die Initiative sei
ungültig, weil sie sich in formeller Hinsicht nicht an den Grossen Rat,
sondern an die Regierung richte.

Erwägung 4

    4.- a) Die Planungsaufgaben von Bund, Kantonen und Gemeinden sind eine
verhältnismässig neue Erscheinung. Sie sind heute nicht mehr auf einzelne
Zweige der staatlichen Tätigkeit beschränkt, sondern umfassen immer weitere
Lebensbereiche (Verkehr, Energie, Nutzung und Besiedelung des Bodens,
Gesundheitswesen, Bildung). In welchen Formen die Planungsaufgaben zu
erfüllen sind und welche Kompetenzen dabei den einzelnen Staatsorganen
zukommen, wird zum Teil einlässlich im Gesetzesrecht geregelt (so vor
allem hinsichtlich der Raumplanung; vgl. ferner für die globale politische
Planung auf der Ebene des Bundes: Art. 45bis des Geschäftsverkehrsgesetzes
vom 3. März 1962; für die Finanzplanung: Art. 29 Abs. 2 des
Finanzhaushaltgesetzes vom 18. Dezember 1968; dazu LANZ, Politische
Planung und Parlament, Diss. Bern 1977, S. 42, 102). Im Verfassungsrecht
der einzelnen Gemeinwesen finden sich dagegen noch kaum ausdrückliche
Bestimmungen. Erst in neueren Verfassungsentwürfen wird versucht, die
Planungsaufgaben auf Verfassungsebene zu verankern und die Kompetenzen
der einzelnen Staatsorgane festzulegen (vgl. z.B. Art. 82 Abs. 2 des
Verfassungsentwurfs der Expertenkommission für die Vorbereitung einer
Totalrevision der Bundesverfassung; Schlussbericht der Expertenkommission,
Bern 1977, S. 159; ferner § 43 des Verfassungsentwurfs für den Kanton
Aargau, Vorlage zur 2. Beratung; Schlussbericht der Sachkommission 4,
1974, S. 23 ff.).

    Die geltende Verfassung des Kantons Basel-Stadt vom 2. Dezember 1889
enthält keine Bestimmung, die sich ausdrücklich mit der staatlichen Planung
befasst, und sie sieht deshalb auch nicht vor, welches die Zuständigkeiten
des Grossen Rates im Bereich der Planung sind. Bei dieser Rechtslage
ist es geboten, auf § 30 KV abzustellen, wonach dem Grossen Rat unter
Vorbehalt der Rechte der Stimmberechtigten und nach Massgabe der Verfassung
die höchste Gewalt zukommt. Diese Generalkompetenz ist im kantonalen
Staatsrecht in dem Sinne zu verstehen, dass der Grosse Rat nicht nur
die Gesetzgebungskompetenz besitzt, sondern daneben alle staatsleitenden
Funktionen ausüben kann, die nicht ausdrücklich einem anderen Staatsorgan
übertragen sind (vgl. GIACOMETTI, Das Staatsrecht der schweizerischen
Kantone, S. 335). Ein Verkehrsplan, wie er nach dem Willen der Initianten
auszuarbeiten ist, besitzt eine erhebliche Tragweite, denn er legt die
mittel- und langfristige Entwicklung der Staatstätigkeit im Bereich des
öffentlichen Verkehrs in den Grundzügen fest. Der Auftrag zur Ausarbeitung
eines solchen Plans ist als Akt der Staatsleitung zu betrachten, den der
Grosse Rat aufgrund von § 30 KV treffen kann. Die vorliegende Initiative
beschlägt mithin eine Materie, welche in die Zuständigkeit des Grossen
Rates fällt, und es erscheint richtig, dass der verlangte Planungsauftrag
in die rechtliche Form des Grossratsbeschlusses gekleidet wird.

    b) Das hier streitige Volksbegehren wurde von den Initianten nicht
als Beschlusses-, sondern als Gesetzesinitiative bezeichnet. Ob mit
einem Volksbegehren der Erlass, die Abänderung oder die Aufhebung eines
Gesetzes oder eines Grossratsbeschlusses verlangt wird, macht nach dem
basel-städtischen Recht hinsichtlich der erforderlichen Unterschriftenzahl,
der zu befolgenden Verfahrensvorschriften und der Volksabstimmung
keinen Unterschied aus. Es obliegt dem Grossen Rat, im Falle einer
unformulierten Initiative zu bestimmen, ob dem Begehren durch die
Ausarbeitung eines Gesetzes oder eines Beschlusses nachzukommen sei. Die
Initianten müssen ihr Begehren deshalb nicht ausdrücklich als Gesetzes-
oder als Beschlussesinitiative bezeichnen, und es schadet ihnen nicht,
wenn sie es dennoch tun und sich für die falsche Erlassform entscheiden.
Im vorliegenden Fall ist somit nicht wesentlich, dass das Volksbegehren
als "Gesetzesinitiative" bezeichnet worden ist.

    c) Nach dem Wortlaut von § 28 KV können die Stimmbürger mit der
Volksinitiative den Erlass irgendeines Grossratsbeschlusses verlangen,
der in die Zuständigkeit des kantonalen Parlamentes fällt. Es herrscht
indes die Auffassung, dass trotz des Fehlens einer ausdrücklichen
Einschränkung jedenfalls diejenigen Grossratsbeschlüsse nicht Gegenstand
einer Volksinitiative sein könnten, die nach § 29 KV dem Referendum
entzogen sind, nämlich nicht endgültige Beschlüsse sowie solche
persönlicher oder dringlicher Natur. Ferner wird in der Literatur die
Auffassung vertreten, Verfahrensbeschlüsse seien dem Initiativrecht ganz
allgemein entzogen, und zwar selbst dann, wenn sie endgültiger Natur seien
(was z.B. für den Beschluss auf Nichtweiterbehandlung eines Geschäfts
zutrifft). Überdies könnten sogenannte Genehmigungsbeschlüsse (z.B. des
Budgets und der Staatsrechnung) nicht Gegenstand einer Volksinitiative
bilden (vgl. dazu BACHER, Die Volksinitiative nach dem Recht des Kantons
Basel-Stadt, Diss. Basel 1953, S. 85 f.). Für eine solche Auslegung
von § 28 KV sprechen gewichtige Gründe. Welchen Beschränkungen die
Beschlussesinitiative unterliegt, braucht im vorliegenden Fall jedoch
nicht abschliessend erörtert zu werden, da ein Grossratsbeschluss,
welcher der Regierung den Auftrag zur Ausarbeitung einer umfassenden
Verkehrsplanung erteilt, unter keine der in Betracht fallenden Ausnahmen
eingereiht werden kann. Insbesondere ist er nicht zur Kategorie der nicht
endgültigen Beschlüsse zu zählen. Als nicht endgültig werden diejenigen
Beschlüsse erachtet, die ein Geschäft noch nicht erledigen (BACHER,
aaO, S. 85; vgl. ferner die nicht veröffentlichte Erwägung 5 von BGE
74 I 172 ff.). Zwar stellt ein Planungsauftrag, wie ihn die Initianten
verlangen, bloss den ersten Schritt eines allenfalls langwierigen und
mehrstufigen Planungsprozesses dar. Für die Realisierung der Planung
müssen Staatsverträge abgeschlossen werden und allenfalls sind neue
Rechtsvorschriften zu erlassen sowie besondere Kreditbeschlüsse zu fassen
(dazu unten E. 5b und 6). Es besteht zudem keine Gewähr dafür, dass das
Planungskonzept verwirklicht werden kann. Das ist bei einer umfassenden
Planung jedoch unvermeidlich, und es ist daraus nicht abzuleiten, dass
der verlangte Grossratsbeschluss nicht endgültig sei. Massgebend muss
in einem solchen Falle sein, dass der Planungsauftrag nicht bedingt,
sondern in verbindlicher und definitiver Form erteilt wird. Das trifft
hier zu. Dass der Erlass eines entsprechenden Grossratsbeschlusses
mit der Volksinitiative verlangt werden kann, erscheint auch sachlich
gerechtfertigt, und zwar insbesondere im Hinblick darauf, dass heute einer
stärkeren und früheren Beteiligung der Stimmbürger am Planungsprozess
besonderes Gewicht beigemessen wird (vgl. BGE 104 Ia 233).

    Ob ein Planungsauftrag, wie ihn die Initianten verlangen, allenfalls
auch in die Rechtsform des Gesetzes gekleidet werden könnte, braucht bei
dieser Sachlage nicht untersucht zu werden. Näher zu prüfen ist dagegen
noch, ob die Initiative wegen des konkreten Inhalts des anbegehrten
Planungsauftrages unzulässig sei.

Erwägung 5

    5.- a) Das Justizdepartement macht in dieser Hinsicht geltend,
die Ziff. 1 und 2 der Initiative enthielten Begehren (Verbesserung
des Grob- und Mittelverteilers), die einzig auf dem Vertragsweg
erfüllt werden könnten. Die abzuschliessenden Verträge müssten als
"wichtig" im Sinne von § 39 lit. f KV erachtet werden, mit der Folge,
dass ihre Ratifikation dem kantonalen Parlament obliege. Eine Ausnahme
sei nach dieser Verfassungsvorschrift nur bei Vorliegen besonderer
Gründe zulässig. Solche Gründe seien hier nicht ersichtlich. Soweit
die Initiative den Grossen Rat auffordere, den Regierungsrat mit dem
Abschluss der notwendigen Verträge zu beauftragen, verletze sie deshalb
die verfassungsmässige Kompetenzverteilung. Das Justizdepartement erhebt
ferner den Einwand, die in Ziff. 2 enthaltene Forderung, dass bestimmte
Bahnlinien ausserhalb des Kantons zu verbessern oder zu erneuern seien,
verstosse gegen das Gesetz betreffend Organisation und Verwaltung der
Basler Verkehrsbetriebe vom 16. Dezember 1971. In bezug auf die Ziff. 1
und 2 beanstandet das Justizdepartement schliesslich, die Initiative
greife in die Kompetenz anderer Kantone und des Auslandes ein. Der dem
Regierungsrat zu erteilende Auftrag gehe nämlich nicht lediglich dahin, auf
den Abschluss der erforderlichen Verträge hinzuwirken; dem Regierungsrat
solle vielmehr der unbedingte Auftrag zum Aufbau, zur Verbesserung und
zur Erneuerung der aufgeführten Verkehrslinien erteilt werden. Das sei
rechtlich nicht möglich.

    Hinsichtlich der Ziff. 3 beanstandet das Justizdepartement vor allem,
dass der Regierungsrat mit dem Erlass von allgemeinen Vorschriften auf
dem Gebiet des Strassenverkehrs (Linksabbiegen, Parkieren) beauftragt
werde. Das sei mit dem Bundesrecht nicht vereinbar. Gegen andere
Forderungen (Aufstellen von Fahrkartenautomaten im Wageninnern) wird
eingewendet, sie griffen in die verfassungsmässige Vollzugskompetenz des
Regierungsrates ein.

    b) Diese Einwendungen sind nicht begründet. Wie bereits dargelegt wurde
(E. 3), verlangt die Initiative, dass der Grosse Rat die Regierung mit
der Schaffung einer Verkehrsplanung beauftrage. Das Justizdepartement
versteht die Initiative dagegen so, dass die Regierung nicht nur das
Konzept auszuarbeiten, sondern dieses in der Folge auch selbständig zu
verwirklichen habe. In der Tat wird im zweiten Absatz des Volksbegehrens
gesagt, dass die Regierung den Auftrag erhalte "für eine Verkehrsplanung
mit dem Schwergewicht auf dem öffentlichen Verkehr und zur Verwirklichung
bzw. Verbesserung des öffentlichen Grobverteilers, des Mittelverteilers und
des Feinverteilers...". Daraus muss jedoch nicht gefolgert werden, dass die
Verwirklichung des Planungskonzepts der Regierung ohne die Mitwirkung des
Parlaments und allenfalls des Volkes obliege. Die Initiative lässt sich
nach den anerkannten Interpretationsmethoden ohne weiteres so verstehen,
dass sie einerseits die Erteilung eines Planungsauftrags verlangt und
anderseits die Ziele der Planung umschreibt, ohne über deren Realisierung
bereits etwas Näheres zu sagen. Bei dieser Auslegung verpflichtet der
Auftrag des Grossen Rates die Regierung, dem Parlament das anbegehrte
Planungskonzept mit den dazugehörigen Realisierungsvorschlägen zu
unterbreiten. Dabei wird der Regierungsrat in erster Linie abzuklären
haben, welche Zielsetzungen sich bereits aufgrund des geltenden Rechts
durch blosse Exekutivmassnahmen verwirklichen lassen. Hinsichtlich der
übrigen Zielsetzungen, welche den vorherigen Abschluss von Verträgen mit
Nachbarkantonen und dem Ausland, die Verständigung mit den verschiedenen
Trägern des öffentlichen Verkehrs, den Erlass neuer Rechtsvorschriften
oder die Bewilligung von Krediten erfordern, wird der Regierungsrat die
nötigen Vorbereitungen zu treffen und dem Parlament die entsprechenden
Anträge zu stellen haben. Das entspricht dem Vorgehen, welches bei
der Ausarbeitung und Verwirklichung eines umfassenden Planungskonzepts
üblicherweise befolgt wird.

Erwägung 6

    6.- a) Geht man von dieser Auslegung der Initiative aus, so entfällt
hinsichtlich der Ziff. 1 und 2 der Vorwurf, dass das Volksbegehren die
verfassungsmässige Kompetenzverteilung verletze, indem der Regierungsrat
mit dem Abschluss wichtiger Verträge beauftragt werden solle. Dem
Regierungsrat ist lediglich aufgetragen, die Vertragsverhandlungen zu
führen und die Verträge unter dem Vorbehalt der Ratifikation durch den
Grossen Rat abzuschliessen. Ein Verstoss gegen § 39 lit. f KV liegt bei
dieser Sachlage nicht vor.

    Es kann auch nicht gesagt werden, dass die Initiative in die
Zuständigkeit anderer Kantone oder des Auslandes eingreife. Es ist den
Kantonen nicht verwehrt, in ihr Verkehrskonzept ausserkantonale oder
ausländische Gebiete einzubeziehen und sich im Rahmen der kantonalen
Zuständigkeiten für die Verwirklichung des Konzepts einzusetzen. In
Abs. 2 Ziff. 1 und 2 der Initiative wird ausdrücklich erklärt, die
vorgesehenen Verkehrseinrichtungen sollten "in Zusammenarbeit" mit den
zuständigen Bahngesellschaften, Nachbarkantonen und dem Ausland geschaffen
oder verbessert werden. Damit wird klar zum Ausdruck gebracht, dass die
Verwirklichung des Planungskonzepts auf dem Verhandlungs- und Vertragsweg
zu erfolgen hat, nicht jedoch unter Verletzung der Kompetenzen des Bundes,
der Nachbarkantone oder des Auslandes. Bei der geschilderten Auslegung
der Initiative liegt auch kein Verstoss gegen die bundesstaatliche
Kompetenzverteilung im Eisenbahnwesen (Art. 26 BV) vor.

    Es trifft ferner der Einwand nicht zu, dass die Initiative wegen
Verstosses gegen § 3 des Gesetzes betreffend Organisation und Verwaltung
der Basler Verkehrsbetriebe ungültig sei. Nach dieser Bestimmung kann
der Kanton Basel-Stadt ausserhalb seines Gebiets gelegene Linien des
öffentlichen Nahverkehrs zum Betrieb übernehmen, wenn ihm die Selbstkosten
erstattet werden. Sollte sich das in Aussicht genommene Verkehrskonzept
nicht ohne Änderung dieser Bestimmung verwirklichen lassen, so wird es
Sache des Regierungsrates sein, dem Grossen Rat einen entsprechenden
Antrag zu stellen.

    b) In Ziff. 3 der Initiative wird verlangt, dass zugunsten des
Feinverteilers bestimmte Massnahmen zu treffen seien. So dürfe der
Warteraum linksabbiegender Privatfahrzeuge nicht auf der Fahrbahn des
schienengebundenen öffentlichen Verkehrsmittels liegen, ferner dürfe rechts
vom Tramgeleise nicht parkiert werden, wenn sich dort nur eine einzige
Fahrbahn befinde. Das Justizdepartement ist der Auffassung, die Initiative
verlange damit den Erlass genereller Vorschriften über das Linksabbiegen
und das Parkieren im Bereich der Tramlinien. Das sei mit Art. 3 Abs. 2
SVG nicht vereinbar, da die Kantone lediglich zuständig seien, für
bestimmte Strassen Fahrverbote, Verkehrsbeschränkungen und Anordnungen zur
Regelung des Verkehrs zu erlassen. Die verlangten Vorschriften ständen
zudem inhaltlich mit den Art. 19 und 25 VRV in Widerspruch. Auch diese
Einwendungen sind nicht begründet. Zwar ist richtig, dass der Kanton
Basel-Stadt nicht befugt wäre, für das Linksabbiegen und das Parkieren im
Bereich der Tramlinien generell-abstrakte Vorschriften zu erlassen. Das
verlangt die Initiative bei richtiger Auslegung aber auch gar nicht. Sie
geht lediglich dahin, dass im Rahmen des auszuarbeitenden Verkehrskonzepts
Massnahmen getroffen werden, damit der Warteraum linksabbiegender Fahrzeuge
nicht auf der Fahrbahn des schienengebundenen öffentlichen Verkehrsmittels
liegt und und damit rechts vom Tramgeleise nicht parkiert wird, wenn
dort nur eine einzige Fahrspur besteht. Diese Ziele lassen sich ohne
weiteres durch Massnahmen der örtlichen Verkehrsregelung (Anordnung
konkreter Abbiege- und Parkverbote) oder durch Vorkehren baulicher Art
erreichen. Es besteht deshalb kein Grund zur Annahme, dass die Initiative
in diesem Punkt gegen das Bundesrecht verstosse.

    Das Justizdepartement beanstandet schliesslich die Forderung, dass
die Fahrkartenautomaten für Tram und Bus im Wageninnern aufzustellen
seien. Eine solche Anweisung des Grossen Rates an die Regierung sei mit der
verfassungsmässigen Kompetenzverteilung unvereinbar. Auch dem kann nicht
beigepflichtet werden, da das streitige Begehren durchaus als Randbedingung
für die Ausarbeitung eines umfassenden Verkehrskonzepts aufgestellt
werden kann. Ob es für sich allein Gegenstand eines Grossratsbeschlusses
und damit einer Volksinitiative sein könnte, kann bei dieser Sachlage
dahingestellt bleiben.

Erwägung 7

    7.- Es ergibt sich demnach, dass die Initiative "wohnliche Stadt"
gültig ist. Sofern der Grosse Rat auf sie eintreten will, hat er einen
entsprechenden Grossratsbeschluss zu erlassen und ihn den Stimmbürgern
vorzulegen. Sofern er auf die Initiative nicht eintreten will, hat er
sie der Volksabstimmung zu unterbreiten.