Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 104 IA 305



104 Ia 305

47. Urteil vom 1. November 1978 i.S. Escher gegen Staatsrat des Kantons
Wallis Regeste

    Art. 4 BV und Gewaltentrennung; Numerus-clausus bei der Zulassung zu
einem staatlichen Lehrerseminar.

    1. Legitimation zur Anfechtung von Erlassen; Voraussetzungen (E. 1).

    2. Zulässigkeit der Gesetzesdelegation: die gesetzliche Ermächtigung
an die Exekutive, quantitative Zulassungsbeschränkungen einzuführen,
muss als "Grundzüge der Regelung" zumindest Art und Zweck der Massnahmen,
die für deren Durchführung zuständige Behörde und die Auswahlkriterien in
der Delegationsnorm nennen. Art. 66 des Unterrichtsgesetzes des Kantons
Wallis erfüllt diese Anforderungen nicht (E. 3).

    3. Gewohnheitsrecht als gesetzliche Grundlage: Erfordernis einer
Lücke des geschriebenen Rechts und eines unabweislichen Bedürfnisses,
sie zu füllen; in casu verneint (E. 4).

Sachverhalt

    A.- Gestützt auf die Art. 66 ff. und 130 des kantonalen Gesetzes
vom 4. Juli 1962 über das öffentliche Unterrichtswesen (im folgenden:
UntG) beschloss der Staatsrat des Kantons Wallis am 30. November 1977
ein Reglement über die Lehrerseminarien (kurz: Reglement), das ein
entsprechendes früheres Reglement vom 21. April 1964 ersetzt. Das neue
Reglement wurde vom Grossen Rat des Kantons Wallis am 30. Januar 1978
als Ganzes gebilligt und im Amtsblatt des Kantons Wallis vom 24. Februar
1978 veröffentlicht.

    Art. 66 UntG lautet in deutscher Fassung:

    "Das Lehrerseminar bereitet auf den Beruf des Primarlehrers vor.

    Es ist jedem Schüler zugänglich, der die im Reglement vorgesehenen

    Bedingungen erfüllt."

    Nach Art. 130 Abs. 1 UntG werden die in diesem Gesetz erwähnten
Reglemente vom Staatsrat erlassen, wenn dafür nicht ausdrücklich eine
andere Behörde bezeichnet ist.

    Gemäss Art. 10 Abs. 2 lit. d des Reglementes setzt das
Erziehungsdepartement alljährlich die Zahl der ins Lehrerseminar
aufzunehmenden Kandidaten fest. Art. 36 des Reglementes führt hiezu
weiter aus:

    "Das Departement bestimmt alljährlich die Zahl der Kandidaten,
   welche in die verschiedenen Abteilungen und in die Spezialkurse
   aufgenommen werden.

    Wenn die Zahl der Kandidaten, welche die Prüfungen bestanden
   haben, die Bedürfnisse der Schule übersteigt, werden jene von ihnen
   berücksichtigt, die hinsichtlich ihrer Eigenschaften als Erzieher, ihrer

    Vorbildung und ihrer beruflichen Eignung am besten ausgewiesen
   sind."

    Die beiden Bestimmungen entsprechen Art. 11 Abs. 2 lit. d und Art. 37
des früheren Reglementes von 1964.

    Der in Brig-Glis wohnhafte und stimmberechtigte Stefan Escher ficht
mit staatsrechtlicher Beschwerde an sich das ganze Reglement von 1977,
sinngemäss jedoch nur die in den Art. 10 Abs. 2 lit. d und Art. 36
enthaltene quantitative Beschränkung der Zulassung zum Lehrerseminar
an. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut, soweit auf sie eingetreten
werden konnte, aus folgenden

Auszug aus den Erwägungen:

                          Erwägungen:

Erwägung 1

    1.- Es stellt sich zunächst die Frage, ob der Beschwerdeführer zur
Beschwerde legitimiert ist (Art. 88 OG) und welche Rügen er unter diesem
Gesichtspunkt erheben kann.

    a) Zur Anfechtung eines allgemeinverbindlichen Erlasses oder einer
Anordnung mit Rechtssatzcharakter wegen Verletzung verfassungsmässiger
Rechte (Art. 84 Abs. 1 lit. a OG) ist jeder legitimiert, auf den die als
verfassungswidrig bezeichneten Vorschriften künftig einmal angewandt werden
könnten. Es genügt ein virtuelles Betroffensein, und die diesbezüglichen
Anforderungen sind nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung gering. Nur wo
es nach der vom Erlass geregelten Materie von vornherein als ausgeschlossen
erscheint, dass der Beschwerdeführer von den angefochtenen Normen einmal
berührt werden könnte, wird das erforderliche praktische Interesse an der
Beschwerdeführung verneint; es braucht lediglich eine gewisse minimale
Wahrscheinlichkeit, einmal betroffen werden zu können (BGE 102 Ia 205 E. 3,
103 Ia 371 E. 1, mit Hinweisen).

    Im vorliegenden Fall ist der Beschwerdeführer im Kanton Wallis
wohnhaft, 31jährig, verheiratet und Vater bisher eines Kindes. Es ist
zwar wenig wahrscheinlich, dass er als praktizierender Anwalt und Notar
sich selbst noch um die Zulassung zum kantonalen Lehrerseminar bewerben
wird, doch ist nicht ausgeschlossen, dass dies einmal sein jetziges oder
ein späteres Kind tun wird. Dies genügt, um dem Beschwerdeführer die
Legitimation zuzuerkennen.

    b) Im Zusammenhang mit dem Vorwurf, die mangelnde Bestimmtheit der
Delegationsnorm (Art. 66 UntG) verletze den Grundsatz der Gewaltentrennung,
macht der Beschwerdeführer summarisch auch eine Beeinträchtigung des
Stimmrechts "im Hinblick auf das obligatorische Gesetzesreferendum
gemäss Art. 30 der Verfassung des Kantons Wallis" geltend. Diese beiden
Rügen können nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung zusammenfallen,
jedoch nur in bestimmten Fällen, etwa wenn eine Delegationsnorm, durch die
angeblich eine referendumspflichtige Materie künftig der Volksabstimmung
entzogen wird, unmittelbar nach ihrem Erlass angefochten wird (vgl. BGE
103 Ia 372 E. 1 und 98 Ia 108 E. 1b). Hier wird indessen der Exekutive
vorgeworfen, sie habe ihre Rechtssetzungskompetenz überschritten, indem
sie durch Verordnung eine schwerwiegende Massnahme eingeführt habe, die
durch das Gesetz nicht gedeckt sei. Diese Frage betrifft die Grundsätze
der Gesetzmässigkeit und der Gewaltentrennung, nicht aber das politische
Stimmrecht des Beschwerdeführers. Soweit in BGE 103 Ia 401 E. 3 (am
Anfang) und in der nicht veröffentlichten E. 1a, bb jenes Urteils etwas
anderes gesagt sein sollte, kann daran nicht festgehalten werden.

    Der Beschwerdeführer legt auch nicht dar, inwiefern der angefochtene
Erlass in anderer Weise sein politisches Stimmrecht verletzen sollte
(zu dessen Inhalt vgl. BGE 101 Ia 254 E. 3a, mit Verweisungen). Art. 85
lit. a OG kann hier daher keine Anwendung finden.

Erwägung 2

    2.- In der Beschwerde rügte der Beschwerdeführer zur Hauptsache,
die im Reglement vorgesehene jährliche Festsetzung der ins Lehrerseminar
aufzunehmenden Kandidaten sei an sich willkürlich und verletze die
persönliche Freiheit. Ob in der fraglichen Zulassungsbegrenzung ein
Eingriff in den Kernbereich der Persönlichkeitsentfaltung und damit in
die persönliche Freiheit liegt, lässt sich indessen erst im konkreten
Anwendungsfall entscheiden, weshalb die Frage hier nicht zu untersuchen ist
(BGE 101 Ia 389 E. 7d, bb und 401 E. 2d, 102 Ia 324 f., mit Hinweisen).
Zulassungsbeschränkungen sind ferner grundsätzlich mit Art. 4 BV vereinbar;
entgegen der Behauptung des Beschwerdeführers müssen sie sich nicht
zwingend aus der Person des Kandidaten (insbesondere dessen Eignung)
ergeben, sondern lassen sich auch mit den Grenzen der Aufnahmefähigkeit
der staatlichen Bildungseinrichtungen begründen (BGE 103 Ia 373 E. 2
und 399 E. 2b). Inwiefern sie im konkreten Fall sonst gegen Art. 4 BV
verstossen sollten, legt der Beschwerdeführer nicht dar, weshalb auch
diese Rüge nicht weiter geprüft zu werden braucht. Im übrigen erwecken
die Ausführungen in der Beschwerdeergänzung ohnehin den Anschein, dass
an den Rügen der Verletzung von Art. 4 BV und der persönlichen Freiheit
nicht mehr festgehalten wird.

Erwägung 3

    3.- Der Beschwerdeführer macht geltend, die in den Art. 10 Abs. 2
lit. d und Art. 36 Abs. 1 des Reglementes dem Erziehungsdepartement
eingeräumte Befugnis, die Zahl der ins Lehrerseminar aufzunehmenden
Kandidaten alljährlich zu bestimmen, finde keine Stütze in Art. 66 UntG
und widerspreche dieser Bestimmung sogar. Mit den nach Art. 66 Abs. 2
UntG vom Kandidaten zu erfüllenden Bedingungen seien nur solche gemeint,
die sich aus der Person des Kandidaten - namentlich dessen sittlichen,
geistigen und körperlichen Fähigkeiten (vgl. Art. 29 des Reglementes)
- ergäben, nicht aber die vom Erziehungsdepartement festgelegte
Höchstzahl. Jedenfalls fehle es der Delegationsnorm an der nach
bundesgerichtlicher Rechtsprechung erforderlichen Bestimmtheit.

    Der Staatsrat entgegnet, Art. 66 UntG enthalte eine allgemeine
Delegation an die Exekutive, die Zulassung zum Lehrerseminar
zu regeln. Diese Delegation sei nicht beschränkt auf die von den
Kandidaten in ihrer Person zu erfüllenden Bedingungen. Aus dem amtlichen
Sitzungsprotokoll des Grossen Rates vom Mai 1962 ergebe sich klar, dass
ein blosses Rahmengesetz geschaffen und sämtliche Zulassungsbedingungen
durch ein Reglement geordnet werden sollten. Den von verschiedenen
Grossräten geäusserten Bedenken gegen die allgemeine Ermächtigung habe
der damalige Vorsteher des Erziehungsdepartementes entgegengehalten,
dass ein blosses Rahmengesetz nicht alle Einzelheiten enthalten könne,
ein detailliertes Gesetz aber nicht in Frage komme, da es sonst nach seiner
Annahme sogleich wieder den inzwischen veränderten Verhältnissen angepasst
werden müsste. Die auf Art. 66 UntG gestützten Ausführungsbestimmungen
dürften daher auch objektive Zulassungsvoraussetzungen enthalten.

    a) Gemäss BGE 103 Ia 376 ff und 402 E. 3a gelten der Gesetzesvorbehalt
und die zu ihm entwickelten Grundsätze über die Zulässigkeit der
Gesetzesdelegation im Prinzip auch in der Leistungsverwaltung. Da sich im
vorliegenden Fall die Frage der Gesetzmässigkeit und der Zulässigkeit der
Gesetzesdelegation im Bereich der leistenden Verwaltung (Bildungswesen)
stellt, sind die vom Bundesgericht entwickelten Grundsätze hier anzuwenden.

    b) Nach Art. 66 Abs. 2 UntG ist das Lehrerseminar "jedem Schüler
zugänglich, der die im Reglement vorgeschriebenen Bedingungen erfüllt". Vom
Wortlaut her gesehen kann diese Bestimmung kaum als Ermächtigung zur
Einführung auch quantitativer Begrenzungen bei der Zulassung zum Seminar
verstanden werden. Die Formulierung bezieht sich offenbar auf die in
Art. 29 des Reglementes aufgestellten "Bedingungen für die Aufnahme
in das Probejahr" und kann nur mit Mühe auch auf die in Art. 36 des
Reglementes enthaltene Voraussetzung bezüglich "Zahl der Aufnahmen
in die Lehrerseminare" ausgedehnt werden. Der Staatsrat macht unter
Hinweis auf die Gesetzesberatungen geltend, der Gesetzgeber habe ihn
ausdrücklich allgemein ermächtigt, die Zulassung zum Seminar zu regeln. Er
behauptet nicht, dass die Befugnis zu quantitativen Zulassungsbegrenzungen
Gegenstand der Beratungen gewesen wäre. Diese Befugnis war auch nicht
selbstverständlich: Zwar hatte Art. 127 Abs. 2 des früheren Gesetzes vom
16. November 1946 über das Primar- und Haushaltungsschulwesen eine solche
enthalten, doch fiel diese Bestimmung mit Inkrafttreten des neuen Gesetzes
vom 4. Juli 1962 dahin und wurde erst mit dem Reglement vom 21. April 1964
wieder ausdrücklich eingeführt. Zudem fragt es sich, ob eine Massnahme wie
der Numerus-clausus, der tiefgreifend in die Persönlichkeitsentwicklung
des Einzelnen eingreifen kann, nicht einer ausdrücklichen gesetzlichen
Grundlage bedarf (vgl. BGE 103 Ia 387 E. 7d und 403 E. 3b).

    Die Frage, ob Art. 66 Abs. 2 UntG als gesetzliche Grundlage der
angefochtenen Massnahme ausreicht, kann jedoch offen bleiben, weil die
Bestimmung so oder so den verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht
genügt, die an eine Delegationsnorm zu stellen sind.

    c) Nach feststehender bundesgerichtlicher Rechtsprechung ist die
Delegation rechtssetzender Befugnisse an Verwaltungsbehörden zulässig,
wenn sie nicht durch das kantonale Recht ausgeschlossen wird, wenn sie
auf ein bestimmtes Gebiet beschränkt wird und das Gesetz die Grundzüge
der Regelung selbst enthält, soweit sie die Rechtsstellung der Bürger
schwerwiegend berührt, und wenn sie in einem der Volksabstimmung
unterliegenden Gesetz enthalten ist. Ob die Delegationsnorm diesen
verfassungsrechtlichen Anforderungen genügt, prüft das Bundesgericht frei
(BGE 103 Ia 374 E. 3a und 404 ff. mit Verweisungen).

    Im vorliegenden Fall macht der Beschwerdeführer nicht geltend, der
Delegation von Rechtssetzungsbefugnissen an die Exekutive stehe eine
Norm des kantonalen Rechts entgegen. Die Delegation beschränkt sich auf
den Gegenstand der Bedingungen für die Zulassung zum Seminar, und die
Delegationsnorm ist in einem der Volksabstimmung unterliegenden Gesetz
enthalten (Art. 30 Ziff. 3 KV Wallis). Da Zulassungsbeschränkungen
an einem staatlichen Lehrerseminar wie jene an einer Universität die
Rechtsstellung der Bürger in schwerwiegender Weise berühren können (BGE
103 Ia 389 und 405/6), muss die Delegationsnorm ferner die "Grundzüge der
Regelung" selber enthalten. Dieser Anforderung genügt nun Art. 66 Abs. 2
UntG in keiner Weise. Die Bestimmung nennt - wie jene im vergleichbaren
Fall Beeli (BGE 103 Ia 394 ff.) - weder die angefochtene Massnahme als
solche (Zulassungsbegrenzung) noch deren Zielsetzung (Steuerung nach den
"Bedürfnissen der Schule", d.h. nach dem Bedarf an Lehrern; vgl. Art.
36 Reglement). Art und Zweck der Massnahme müssen jedoch in jedem
Falle im Gesetz selber genannt sein (BGE 103 Ia 407). Zudem sollte -
wie im Falle Wäffler - das zu verfolgende Verfahren ebenfalls im Gesetz
aufgeführt werden (vgl. BGE 103 Ia 384 E. 7a-c); mindestens muss die für
die Durchführung der Massnahme zuständige Behörde bestimmt werden, wie es
in BGE 103 Ia 394 ff. (Urteil Beeli) der Fall war. Die Delegation darf
sich nicht wie hier in einer blossen Ermächtigung im Sinne der Schaffung
einer Verordnungskompetenz erschöpfen (BGE 103 Ia 376 E. 3b).

    Im vorliegenden Fall müssen schliesslich auch die Auswahlkriterien
bei der Durchführung des Numerus-clausus in ihren wesentlichen Zügen
gesetzlich verankert werden. Im Gegensatz etwa zu den Universitäten
erfordert der Zugang zum Lehrerseminar keinen qualifizierten
Tauglichkeitsausweis (vgl. die Zulassungsbedingungen in Art. 29 des
Reglementes); durch den Numerus-clausus könnte also eine Vielzahl von
Bewerbern, die zur Ausbildung als Lehrer durchaus geeignet wären, von
dieser allgemein zugänglichen Bildungseinrichtung ausgeschlossen werden;
dies wäre - vor allem in Hinblick auf die Wahrung der Rechtsgleichheit -
verfassungsrechtlich bedenklich (vgl. BGE 103 Ia 388 f.). Im genannten
Urteil Wäffler, das den Numerus-clausus bei der Zulassung zur Universität
Basel betraf, hat das Bundesgericht die mangelnde gesetzliche Verankerung
der Auswahlkriterien allerdings hingenommen, und zwar aus folgenden
Gründen: die in jenem Fall zu treffende Lösung hänge von einer Vielzahl
noch nicht geklärter tatsächlicher Umstände ab und müsse allenfalls
wegen inzwischen gesammelter Erfahrungen oder infolge veränderter
Verhältnisse rasch verbessert oder gar neu gestaltet werden; zudem hätten
die Hochschulkantone eine zumindest moralische Pflicht zur Zusammenarbeit
und zur Vereinheitlichung der verschiedenen Bestrebungen im Hochschulwesen,
um auf Landesebene eine Aufgabe von nationaler Bedeutung mit Hilfe des
Bundes und der Nichtuniversitätskantone bestmöglich bewältigen zu können;
diese Ziele könnten besser durch Verhandlungen auf Regierungsebene als
im schwerfälligen Gesetzgebungsverfahren erreicht werden (BGE 103 Ia 391
f. E. 7d, ee). Diesen Argumenten kann indessen bei einem staatlichen
Lehrerseminar, das im wesentlichen Lehrer für den kantonalen Bedarf
ausbildet, kein oder bedeutend weniger Gewicht zukommen als bei einer
Universität von nationaler Bedeutung (BGE 103 Ia 406). Interkantonale
Bestrebungen zur Koordination der Lehrerausbildung sind nicht im Gange,
und in Anbetracht der Tatsache, dass im Wallis zumindest seit 1946 die
Zahl der aufzunehmenden Kandidaten jährlich festgelegt worden ist,
kann auch nicht angenommen werden, viele tatsächliche Verhältnisse
seien noch ungeklärt und es müssten zuerst noch Erfahrungen gesammelt
werden. Schliesslich wird keine eigentliche Notlage (Erschöpfung der
Aufnahmekapazität) geltend gemacht (vgl. BGE 103 Ia 407 oben), welche
1962 bei Erlass des Gesetzes noch nicht bestanden hätte, aber 1964 bei
Erlass des ersten Reglementes zwingend die sofortige (Wieder-) Einführung
der Aufnahmebegrenzung erfordert hätte.

    Die Anforderung, Art und Zweck der Massnahme sowie die für ihre
Durchführung zuständige Behörde und die Auswahlkriterien (in ihren
wesentlichen Zügen) im Gesetz selbst aufzuführen, war dem Gesetzgeber
durchaus zuzumuten. Es ist nicht einzusehen, weshalb die in Art. 37
des früheren und in Art. 36 des neuen Reglementes getroffene Regelung
nicht hätte ins Gesetz von 1962 aufgenommen werden können, zumal schon
das frühere Gesetz von 1946 in Art. 127 Abs. 2 wenigstens die Art der
Massnahme und die für ihre Durchführung zuständige Behörde genannt hatte.

    Art. 66 Abs. 2 UntG genügt somit den verfassungsrechtlichen
Anforderungen nicht, die an die Bestimmtheit einer Delegationsnorm zu
stellen sind. Die Art. 10 Abs. 2 lit. d und 36 des Reglementes sind
daher aufzuheben.

Erwägung 4

    4.- a) Der Staatsrat bringt eventualiter vor, die Zulassungsbegrenzung
beruhe auch auf Gewohnheitsrecht. Dieses ist eine originäre Rechtsquelle,
die trotz eines gewissen Vorranges des formell zustandegekommenen Gesetzes
Gesetzesrang hat (BGE 94 I 308 E. 1, 83 I 248), soweit sie nicht bloss der
Verordnungsstufe zuzurechnen ist (vgl. GRISEL, Droit administratif suisse,
S. 38). Im vorliegenden Fall wird gesetzesergänzendes Gewohnheitsrecht
geltend gemacht. Damit indessen Gewohnheitsrecht einem formellen Gesetz,
d.h. einer dem Referendum unterstellten Rechtsnorm, gleichgestellt
werden kann, bedarf es einer Lücke des geschriebenen Rechts und eines
unabweislichen Bedürfnisses, sie zu füllen (BGE 94 I 308 E. 2, 96 V 51 E.
4; GRISEL, aaO S. 37; mit weiteren Hinweisen). Diese Voraussetzung ist
im vorliegenden Fall nicht erfüllt, unabhängig davon, welcher Begriff der
Lücke zugrundegelegt wird (echte oder auch unechte Lücke sowie planwidrige
Unvollständigkeit; vgl. hiezu GRISEL, aaO S. 37/38, BGE 94 I 308 E. 2):
Nachdem die fragliche Zulassungsbegrenzung nach Darstellung des Staatsrates
ursprünglich Verwaltungsgebrauch gewesen war, wurde sie 1947 ins Gesetz
aufgenommen und 1962/64 auf Verordnungsstufe zurückverwiesen. Unter
diesen Umständen kann keine Lücke des geschriebenen Rechts und kein
unabweisliches Bedürfnis nach einer Regelung mehr angenommen werden;
für ergänzendes Gewohnheitsrecht bleibt hier kein Raum. Bei diesem
Ergebnis erübrigt sich die Prüfung, ob die weiteren Voraussetzungen
für die Entstehung von Gewohnheitsrecht (vgl. BGE 96 V 51 E. 4, 102 Ib
300 E. f) erfüllt gewesen wären; immerhin scheint fraglich, ob hier die
erforderliche Rechtsüberzeugung (opinio iuris et necessitatis) der von
den angewandten Normen Betroffenen angenommen werden könnte.

    b) Schliesslich ändert auch nichts, dass der Grosse Rat des Kantons
Wallis das fragliche Reglement des Staatsrats als Ganzes genehmigt
hat. Eine solche Genehmigung verändert nämlich den rechtlichen Charakter
dieser unselbständigen Verordnung nicht; diese bleibt eine Verordnung
des Staatsrates (BGE 100 Ia 69). Weder das Reglement selbst noch der
Genehmigungsbeschluss unterlagen dem Referendum, weshalb auch hier keine
gesetzliche Grundlage zu finden ist.