Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 104 IA 105



104 Ia 105

20. Urteil vom 8. März 1978 i.S. Eckert gegen Iselin, Zivilgericht und
Obergericht des Kantons Glarus Regeste

    Art. 4 BV und Art. 2 ÜbBest. BV; Fristversäumnis im Zivilprozess.

    1. Anfechtbarkeit von Zwischenentscheiden (E. 2b; Bestätigung der
Rechtsprechung).

    2. Eine kantonale zivilprozessuale Regelung, die bloss wegen
Nichtleistung des Kostenvorschusses eine erneute gerichtliche
Geltendmachung des Klageanspruchs ausschliesst, verstösst gegen den
Grundsatz der derogatorischen Kraft des Bundesrechts (E. 4) und wegen
Unverhältnismässigkeit und überspitztem Formalismus auch gegen Art. 4 BV
(E. 5).

Sachverhalt

    A.- Richard Eckert machte mit Leitschein vom 15. Januar 1975 beim
Zivilgericht des Kantons Glarus gegen Christoph Iselin eine Klage
für geleistete Architekturarbeiten geltend. Der Zivilgerichtspräsident
verlangte einen Kostenvorschuss von Fr. 1000.- unter der Androhung, dass
im Nichtleistungsfalle endgültige Verzichtleistung auf die gerichtliche
Geltendmachung des Anspruchs angenommen werde. Die Androhung stützte
sich auf Art. 27 Abs. 2 der Zivilprozessordnung für den Kanton Glarus
vom 2. Mai 1965 (ZPO), der folgenden Wortlaut hat:

    "Die Frist zur Leistung des Vorschusses oder zu dessen Ergänzung
   beträgt 20 Tage vom Datum der Zustellung der vorgenannten Weisung
   an. Wird diese Frist nicht eingehalten, so setzt der Gerichtspräsident
   eine Nachfrist von höchstens 10 Tagen an, mit der Androhung, dass beim
   unbenutzten Ablauf der Nachfrist Rückzug der Klage im Sinne des

    Art. 47 unter endgültiger Verzichtleistung auf die gerichtliche

    Geltendmachung des Anspruchs angenommen würde."

    Art. 47 Abs. 2 ZPO, auf den hier verwiesen wird, bestimmt:

    "Die Wiederaufnahme eines durch Abstandserklärung erledigten

    Prozesses ist unstatthaft. Gegen die Abstandserklärung ist kein
   ordentliches Rechtsmittel zulässig."

    Richard Eckert leistete den Vorschuss auch während der ihm angesetzten
Nachfrist nicht. Das Zivilgericht schrieb darauf am 11. März 1975 den
Prozess ohne Parteiverhandlung zufolge Abstandes des Klägers ab. Mit
Leitschein vom 18. Dezember 1975 klagte Richard Eckert die nämliche
Forderung wieder ein. Der Beklagte beantragte vorfrageweise, er sei von
einem einlässlichen Vernehmen zur Klage zu entbinden, da die Forderung
nicht ein zweites Mal eingeklagt werden könne. Mit Urteil vom 15. Oktober
1976 hiess das Zivilgericht diesen Antrag gut und entband den Beklagten
vom einlässlichen Vernehmen. Eine hiegegen gerichtete Appellation wies das
Obergericht des Kantons Glarus am 20. Juni 1977 ab. Mit staatsrechtlicher
Beschwerde ficht Richard Eckert diesen Entscheid an.

Auszug aus den Erwägungen:

                          Erwägungen:

Erwägung 2

    2.- a) Der Beschwerdeführer beruft sich in erster Linie auf Art. 4
BV; daneben behauptet er, die angefochtenen Bestimmungen der ZPO
seien mit Art. 6 ZGB nicht vereinbar. Damit macht er sinngemäss eine
Verletzung des Grundsatzes der derogatorischen Kraft des Bundesrechts
geltend. Dieser Grundsatz gewährleistet dem Bürger nach der Rechtsprechung
des Bundesgerichtes ein verfassungsmässiges Recht, das in Art. 2 ÜbBest. BV
seinen Niederschlag gefunden hat.

    b) Der angefochtene obergerichtliche Entscheid ist von der letzten
kantonalen Instanz gefällt worden; ein ordentliches Rechtsmittel ist
dagegen nicht gegeben. Er ist aber ein blosser Zwischenentscheid
in Form eines Entscheids über eine Vorfrage und besagt nur, dass
der Beklagte sich zur Klage nicht einlässlich zu äussern braucht,
weil die Klage nachher als unzulässig abgewiesen würde (zum Begriff
des Zwischenentscheides vgl. LUDWIG, Endentscheid, Zwischenentscheid
und Letztinstanzlichkeit im staatsrechtlichen Beschwerdeverfahren,
ZBJV 110/1974, S. 170). Staatsrechtliche Beschwerden, die sich unter
Berufung auf Art. 4 BV gegen einen Zwischenentscheid wenden, sind nur
dann zulässig, wenn der Zwischenentscheid für den Beschwerdeführer einen
nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirkt (Art. 87 OG). Beschwerden,
die sich auf andere verfassungsmässige Rechte stützen, sind aber auch gegen
Zwischenentscheide ohne Beschränkung zulässig (Art. 86 OG). Werden neben
der Verletzung von Art. 4 BV noch weitere Beschwerdegründe vorgebracht,
ist auf die Beschwerde in vollem Umfang einzutreten, unbekümmert darum,
ob der Zwischenentscheid geeignet ist, den Beschwerdeführer in nicht mehr
gutzumachender Weise zu treffen, sofern der neben Art. 4 BV vorgebrachte
Beschwerdegrund nicht mit der Willkürrüge zusammenfällt (BGE 99 Ia 250
E. 1). Im zu beurteilenden Zusammenhang ist letzteres offensichtlich
nicht der Fall. Auf die Beschwerde ist daher einzutreten, soweit mit
ihr die Aufhebung des obergerichtlichen Urteils verlangt wird; dagegen
kann auf das Begehren, Art. 27 und 47 ZPO seien als verfassungswidrig
zu erklären, wegen der in diesem Fall bloss kassatorischen Natur der
staatsrechtlichen Beschwerde (BGE 103 Ia 235 E. 1, 101 Ia 439 E. 2)
nicht eingetreten werden. Wäre der Entscheid ein Endentscheid, mit
dem auf die Klage zufolge der Einrede der abgeurteilten Sache - auf
sie läuft die glarnerische Ordnung hinaus - nicht eingetreten oder die
Klage abgeschrieben würde, wäre gegen den Entscheid die Berufung an das
Bundesgericht möglich (BGE 93 II 369 E. 1).

Erwägung 3

    3.- Der Beschwerdeführer behauptet nicht, der Zwischenentscheid
verletze die Vorschriften der ZPO und diese sei ihm gegenüber unrichtig
angewandt worden. Dagegen hält er die ihm gegenüber angewandte Norm
für verfassungswidrig. Dabei bestreitet er nicht, dass seine erste
Klage zu Recht wegen Säumnis zufolge Nichtleistung des Kostenvorschusses
abgeschrieben wurde. Die Ordnung, die der Kanton Glarus in Art. 27 ZPO mit
der Fristansetzung und der Ansetzung einer Nachfrist für die Leistung des
Vorschusses getroffen hat, hält vor der Verfassung stand (vgl. BGE 95 I 5
E. 2b). Streitig ist einzig, ob zufolge Nichtleistung des Kostenvorschusses
eine erneute gerichtliche Geltendmachung des Klageanspruches ausgeschlossen
werden darf.

Erwägung 4

    4.- a) Nach Art. 64 Abs. 1 und 2 BV steht dem Bund die Gesetzgebung
auf dem Gebiete des ganzen Zivilrechts zu. Gemäss Abs. 3 verbleiben
indessen die Organisation der Gerichte, das gerichtliche Verfahren und die
Rechtsprechung wie bis anhin den Kantonen. Die Kantone sind danach auch
verpflichtet, die Organisation der Gerichte und das Verfahren vor ihnen
so zu regeln, dass das Bundeszivilrecht tatsächlich durchgesetzt werden
kann. Dabei dürfen die Kantone keine Vorschriften aufstellen, die dem
Privatrecht oder dem öffentlichen Recht des Bundes widersprechen. Sodann
können die Kantone auch keine Normen erlassen, welche die Verwirklichung
des Bundeszivilrechts verunmöglichen (HUBER, N. 47 zu Art. 6 ZGB). Wenn sie
dies dennoch tun, verstossen sie gegen den Grundsatz der derogatorischen
Kraft des Bundesrechts. Insofern hat das kantonale Zivilprozessrecht
eine der Durchsetzung des Bundeszivilrechts dienende Funktion (HUBER, aaO,
N. 48); es darf nicht zum Selbstzweck werden. Zum gleichen Ergebnis führt
die Anwendung von Art. 6 ZGB. Nach seinem Abs. 1 werden die Kantone
in ihren öffentlich-rechtlichen Befugnissen nicht beschränkt. Nach
herrschender Meinung gehört das kantonale Zivilprozessrecht zum
öffentlichen Recht im Sinne von Art. 6 ZGB (a. M. HUBER, aaO, N. 45 und
48). Die Kantone verstossen jedoch gegen den Grundsatz des Vorranges
des Bundesrechts vor dem kantonalen öffentlichen Recht, wenn sie dort
legiferieren, wo der Bundesgesetzgeber ein Gebiet selber abschliessend
geregelt hat, wenn die Normen nicht durch ein wesentliches öffentliches
Interesse gedeckt sind oder wenn das kantonale öffentliche Recht das
Bundeszivilrecht beeinträchtigt und seinem Sinn oder Geist widerspricht
oder es geradezu vereitelt (BGE 101 Ia 505 E. 2b und 580 E. 4a mit
Hinweisen).

    Die Grenzziehung zwischen dem Bundeszivilrecht und dem kantonalen
Zivilprozessrecht kann nicht ein für allemal bestimmt werden. Sie
ist weitgehend eine Frage des Ausgleichs zweier sich widerstrebender
Gesichtspunkte (KUMMER, Das Klagerecht und die materielle Rechtskraft
im schweizerischen Recht, S. 9). Bei der Grenzziehung ist zu beachten,
dass das Bundeszivilrecht möglichst unverkürzt durchgesetzt werden soll;
andererseits ist dem föderalistischen Aufbau der Eidgenossenschaft Rechnung
zu tragen. Das schliesst aus, eine kantonale Regelung schon darum für
verfassungswidrig zu erklären, weil sie vielleicht nur in einem oder in
einigen wenigen Kantonen gilt.

    b) Soweit nicht die Bundesgerichtsbarkeit in Frage steht,
ist die Ordnung des Prozessverfahrens den Kantonen übertragen. Im
Interesse einer geordneten Prozessführung dürfen sie an die Unterlassung
prozessualer Vorkehren Säumnisfolgen knüpfen (GULDENER, Schweizerisches
Zivilprozessrecht, 2. A. S. 67 und 217 ff.). Diese können darin bestehen,
dass auf eine Klage nicht eingetreten wird, wenn dem Gericht ein von ihm
einverlangter Kostenvorschuss nicht fristgemäss geleistet wird (GULDENER,
aaO, S. 378; ders. in ZSR 80 II 405). Wenn dem Kläger gestattet ist,
die Klage daraufhin neu anzubringen, begegnet eine solche Regelung
keinen Bedenken. Der Kläger erleidet einen Rechtsnachteil, der in einem
tragbaren Verhältnis zur Grösse seiner Nachlässigkeit liegt, sofern ihm
die Nichtleistung des Vorschusses anzulasten ist.

    Art. 27 Abs. 2 der glarnerischen ZPO geht indessen darüber
hinaus. Er setzt die Nichtleistung des Vorschusses innert Frist und
Nachfrist einem Klagerückzug im Sinne von Art. 47 ZPO gleich mit der
Folge, dass die Klage nicht noch einmal angebracht werden kann. Wenn
das kantonale Prozessrecht dem Klagerückzug die Wirkung beilegt,
dass die Klage nicht noch einmal angehoben werden kann, ist das zwar
nicht in allen Fällen befriedigend, aber es ist nicht schon deswegen
bundesrechtswidrig. Anders ist es indessen, wenn der Rückzug der Klage nur
auf gesetzlicher Fiktion beruht wie in Art. 27 Abs. 2 ZPO. Das bedeutet,
dass eine nach Bundesrecht zulässige und schutzwürdige Forderung nicht mehr
eingeklagt werden kann, weil der Kläger es unterlassen hat, rechtzeitig
einen Kostenvorschuss zu leisten. Damit verhindert die Prozessordnung
die gerichtliche Geltendmachung bundeszivilrechtlicher Ansprüche aus
einem Grund, dessen Gewicht in keinem Verhältnis zu dem Nachteil steht,
den der Kläger durch die Anwendung des kantonalen Zivilprozessrechtes
erleidet und der - was entscheidend ist - mit der materiellen Seite des
klägerischen Anspruches in keinem sachlichen Zusammenhang steht. Die
Gründe der nicht fristgemässen Leistung des Kostenvorschusses mögen
verschiedenster Natur sein (blosse Nachlässigkeit oder Abwesenheit der
Partei oder ihres Vertreters, mangelhafte Überweisung des Vorschusses,
Meinungsverschiedenheiten zwischen Partei und ihrem Vertreter usw.),
haben aber - im Unterschied allenfalls zu bestimmten andern Säumnissen
im Verfahren (etwa bei der Leistung einer Beweiskaution) - jedenfalls
nichts mit der materiellen Forderung zu tun.

    Die glarnerische Regelung hat allerdings nur die Verwirkung des
Klagerechtes und nicht auch des Anspruchs überhaupt zur Folge; denn
der wegen nicht fristgemässer Leistung des Kostenvorschusses unklagbar,
d.h. zur blossen Naturalobligation gewordene Anspruch könnte allenfalls
wenigstens noch zur Verrechnung gestellt oder einredeweise geltend gemacht
werden. Da diese beiden Möglichkeiten aber in den seltensten Fällen gegeben
sein dürften, läuft die Verwirkung des Klagerechtes in der Regel - wie
auch im vorliegenden Fall - doch auf einen Untergang der Forderung hinaus.

    c) Entstehung und Untergang von zivilrechtlichen Forderungen
werden durch das Bundesprivatrecht abschliessend geregelt. Dieses
soll im Regelfall auch durchgesetzt werden können. Wenn das kantonale
Prozessrecht die Forderung durch Anwendung von Verwirkungsfristen
hinfällig werden lässt, so müssen dafür gewichtige Gründe vorliegen. Die
Nichtleistung eines Kostenvorschusses genügt indessen nicht. Die meisten
kantonalen Prozessordnungen haben eine entsprechende Folgerung aus
diesem Sachverhalt gezogen und lassen allgemein eine neue Klage zu,
wenn der Prozess nicht mit einem Sachentscheid beendet worden ist
(vgl. z.B. LEUCH, Die Zivilprozessordnung für den Kanton Bern, 3. A.
Nr. 2 zu Art. 76). Damit ist selbstverständlich nicht gesagt, dass
die glarnerische Regelung bereits deswegen, weil sie davon abweicht,
unhaltbar wäre. Obschon die Kantone an sich frei sind, die Anforderungen
an die Prozesshandlungen der Parteien zu bestimmen, dürfen sie doch nur
solche Rechtsnachteile an eine ordnungswidrige Prozessführung knüpfen,
die sich verfahrensrechtlich rechtfertigen lassen. Konnte die Klage
mangels Leistung des Kostenvorschusses materiell überhaupt nicht beurteilt
werden, so geht es nicht an, das Sachurteil und damit den Rechtsschutz
endgültig zu versagen (vgl. GULDENER, Bundesprivatrecht und kantonales
Zivilprozessrecht, ZSR 80 II 58). Eine andere Ordnung vereitelt ohne
hinreichenden zwingenden Grund das Bundesprivatrecht, widerspricht
dessen Geist und verstösst damit gegen den Grundsatz der derogatorischen
Kraft des Bundesrechtes. Anders wäre die Frage nur zu beurteilen, wenn
angenommen werden müsste, die Leistung des Kostenvorschusses werde in
der Regel unterlassen, weil der Kläger auf seinen Anspruch verzichte. Es
mag vorkommen, dass es Prozesshandlungen gibt, deren Unterlassung auf
einen derartigen Willen der Partei schliessen lässt. Aus der blossen
Nichtleistung eines Kostenvorschusses jedoch kann dieser Verzicht ohne
Willkür nicht angenommen werden.

    d) Wieweit andere Prozessmängel, die der Kläger zu verantworten hat,
dazu führen können, eine Klage abzuschreiben oder sie als zurückgezogen
zu behandeln mit der Wirkung, dass sie nachher nicht mehr neu eingereicht
werden kann, dem Beklagten somit die Einrede der abgeurteilten Sache
zusteht, kann vorliegend offen bleiben (vgl. dazu GULDENER, in ZSR 80 II
405, gegen VOYAME, Droit privé fédéral et procédure civile cantonale,
in ZSR 80 II 102 ff.). In BGE 93 II 371 E. 5 hat das Bundesgericht
allgemein ausgeführt, die Nichtbeachtung einer prozessualen Frist durch
eine Partei könne zwar den Verlust des Prozesses zur Folge haben, nicht
aber den Verlust des Anspruches nach Zivilrecht; das kantonale Prozessrecht
könne nicht einen durch das Bundesrecht geordneten Anspruch untergehen
lassen. Diese Auffassung ist zu bestätigen. Das Urteil wurde zwar von
FISCHLI, Notfrist und Nachfrist, BJM 1969, S. 110 ff. und von HASENBÖHLER,
Säumnis und Säumnisfolgen im basellandschaftlichen Zivilprozess, BJM 1973,
S. 24 ff. kritisiert, und zwar im Hinblick auf § 85 der Zivilprozessordnung
für den Kanton Baselland, der ebenfalls eine Anspruchsverwirkung im Falle
eines Prozessmangels vorsieht; zutreffend ist die Kritik aber höchstens
insoweit, als sich das Urteil auf BGE 67 II 72 beruft, in dem tatsächlich
das Bundesgericht noch gegenteilig entschieden hat. Im übrigen ist die
Kritik unbegründet.

Erwägung 5

    5.- Müsste die Beschwerde nicht bereits auf Grund von Art. 2 ÜbBest. BV
gutgeheissen werden, d.h. verstiesse die glarnerische Ordnung nicht schon
gegen den Grundsatz der derogatorischen Kraft des Bundesrechtes, wäre das
angefochtene Urteil dennoch aufzuheben, weil es den verfassungsmässigen
Grundsatz der Verhältnismässigkeit verletzt. Dieses Prinzip ergibt sich
unmittelbar aus der Verfassung und gilt für die Rechtsanwendung wie für
die Rechtssetzung (BGE 96 I 242 E. 5, IMBODEN/RHINOW, Schweizerische
Verwaltungsrechtsprechung, Bd. I, Nr. 58 III). Es ist, wie ausgeführt,
zwar von Verfassungs wegen zulässig, die Anhandnahme eines Zivilprozesses
von der Leistung eines Kostenvorschusses abhängig zu machen und diese
Leistung innert bestimmter Frist zu verlangen mit der Androhung, dass
die Klage nicht an die Hand genommen werde; wird der Vorschuss nicht
geleistet, kann die Klage ohne Bundesrechtsverletzung abgeschrieben oder
durch Prozessurteil erledigt werden. Doch darüber hinaus die Nichtleistung
des Kostenvorschusses mit dem Verlust des materiellen Rechtes des Klägers
zu verbinden, ist unverhältnismässig und bedeutet einen sachlich in keiner
Weise gerechtfertigten, d.h. überspitzten Formalismus (vgl. BGE 101 Ia
114, 96 I 318 und 523). Eine solche Regelung kann den Kläger aus einem
Grunde, der mit seinem materiellen Anspruch in keinem Zusammenhang steht,
und in einem Masse, das mit seinem allfälligen prozessualen Verschulden
in keinem vernünftigen Verhältnis steht, treffen und den Beklagten im
gleichen Umfang aus einem Grunde, der mit dem materiellen Rechtsverhältnis
ebenfalls in keinem Zusammenhang steht, begünstigen. Der Kostenvorschuss
hat auch im Kanton Glarus den Zweck, dem Staat Sicherheit für die ihm
allenfalls erwachsenden Prozesskosten zu sichern. Dafür genügt es, wenn
bei Nichtleistung des Kostenvorschusses keine weitern Prozesshandlungen
mehr vorgenommen werden und der Prozess abgeschrieben wird. Der Nachteil,
der dem Beklagten erwächst, indem die erste Klage schon im Anfangsstadium
abgeschrieben und dann neu eingereicht wird, ist demgegenüber geringfügig
und vermag den Verlust des klägerischen Anspruches nicht zu rechtfertigen.

    Die undurchbrochene Anwendung der beanstandeten Rechtsvorschrift würde
schliesslich zu einem Ergebnis führen, das dem Gerechtigkeitsgedanken in
stossender Weise zuwiderläuft, damit willkürlich ist (BGE 100 Ia 468)
und nicht aufrechterhalten werden kann. Eine Norm, die bei richtiger
Anwendung zu einem Ergebnis führt, das vor dem Willkürverbot nicht zu
bestehen vermag, ist selbst willkürlich. Die Beschwerde ist auch aus
diesem Grunde gutzuheissen.