Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 102 V 8



102 V 8

3. Auszug aus dem Urteil vom 6. Februar 1976 i.S. Betriebskrankenkasse X.
gegen Girardet und Versicherungsgericht des Kantons Thurgau Regeste

    Kürzung der Leistungen wegen Überversicherung (Art. 26 KUVG).
Sinngemässe Anwendung von Art. 45 Abs. 1 IVG in der Krankenversicherung.

Auszug aus den Erwägungen:

       Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Nach Art. 26 Abs. 1 KUVG darf dem Versicherten aus der Versicherung
kein Gewinn erwachsen. Die Kassen haben ihre Leistungen höchstens in dem
Mass zu gewähren, als unter Berücksichtigung der Leistungen allfällig
weiterer leistungspflichtiger Versicherungsträger dem Versicherten kein
Gewinn erwächst (Art. 26 Abs. 3 KUVG).

    Als Versicherungsgewinn gelten nach Art. 16 Vo III über die
Krankenversicherung die Leistungen, welche die volle Deckung des
Erwerbsausfalles, der Krankenpflegekosten und anderer krankheitsbedingter,
nicht anderweitig gedeckter Kosten des Versicherten übersteigen.

    Im vorliegenden Fall veranschlagt die Beschwerdeführerin den
Erwerbsausfall des Versicherten in der Zeit vom 10. September 1973 bis
21. Juli 1974 auf Fr. 17'633.90. Diesen Betrag, der vom Beschwerdegegner
nicht bestritten ist, setzt die Beschwerdeführerin in Beziehung zu den
Ersatzeinkünften, die sie auf insgesamt Fr. 16'026.-- beziffert. Von diesem
Betrag entfallen Fr. 9'452.-- auf die während 10 1/3 Monaten bezogene
Ehepaar-Invalidenrente, von welcher der Versicherte und das Bundesamt
für Sozialversicherung 400 Franken - entsprechend der Höhe der frühern
Altersrente von Frau Girardet - nicht berücksichtigt wissen wollen. Ob
dieses Vorgehen richtig ist, lässt sich dem KUVG nicht ausdrücklich
entnehmen.

    Im Bereich der Invalidenversicherung gilt folgende Regelung:
Nach Art. 45 Abs. 1 IVG werden die Renten der Schweizerischen
Unfallversicherungsanstalt und der Militärversicherung gekürzt,
soweit diese zusammen mit der Rente der Invalidenversicherung den
entgangenen mutmasslichen Jahresverdienst übersteigen. Sinngemäss
hat die Beschwerdeführerin bereits im vorinstanzlichen Verfahren die
Auffassung vertreten, diese Ordnung sei im Krankenversicherungsrecht
analog anwendbar. In der Tat ist nicht einzusehen, weshalb bei der
Überversicherung in diesem Rechtsbereich eine vom Invalidenrecht
abweichende Lösung getroffen werden sollte. Daraus und aus dem
Umstand, dass das Eidg. Versicherungsgericht in BGE 100 V 83 erklärte,
im Rentenkürzungsverfahren gemäss Art. 45 IVG sei stets die ganze
Ehepaarrente anzurechnen, schliesst aber die Beschwerdeführerin, dass
auch bei der Bestimmung der Überversicherung in der Krankenversicherung
die Ehepaarrente stets in vollem Umfang zum Ersatzeinkommen gerechnet
werden müsse. Dabei übersieht sie jedoch die ausdrückliche Regelung des
Art. 39bis Abs. 3 lit. b IVV, wonach als Ersatzeinkommen nicht angerechnet
werden darf der Betrag, den die Ehefrau des Versicherten vor Entstehen der
Ehepaar-Invalidenrente als Invaliden- oder Altersrente unter Einschluss
allfälliger Zusatzrenten bezogen hat. In diesem Umfang ist die Aufteilung
der Ehepaarrente positiv-rechtlich ausdrücklich vorgesehen. Wenn schon
Art. 45 Abs. 1 IVG im Krankenversicherungsrecht sinngemäss anzuwenden ist,
dann gilt dies auch für die auf dieser Bestimmung beruhende Vorschrift
des Art. 39bis Abs. 3 lit. b IVV.

Erwägung 2

    2.- Schon bevor im September 1973 dem Beschwerdegegner ein Anspruch
auf Ehepaar-Invalidenrente von monatlich Fr. 915.-- entstanden war, hatte
seine Ehefrau eine einfache AHV-Altersrente von Fr. 400.-- erhalten. In
sinngemässer Anwendung von Art. 39bis Abs. 3 lit. b IVV ist daher die
Ehepaar-Invalidenrente lediglich im Betrag von (Fr. 915.-- - Fr. 400.--
=) Fr. 515.-- als Ersatzeinkommen anzurechnen.