Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 102 IV 26



102 IV 26

8. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 6. Februar 1976 i.S.
Staatsanwaltschaft des Kantons Thurgau gegen X. und Konsorten. Regeste

    Art. 237 Ziff. 1 Abs. 1 StGB. Öffentlicher Luftverkehr.

    Start und Landung von Luftfahrzeugen fallen nur dann unter den
öffentlichen Verkehr, wenn das Flugfeld vom Halter einem unbestimmbaren
Benützerkreis für den Flugverkehr zur Verfügung gestellt worden ist.

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

    Die Beschwerdeführerin hält entgegen der Auffassung des Obergerichts
daran fest, dass es sich beim Flugverkehr vom und zum Flugfeld Lommis um
öffentlichen Verkehr im Sinne des Art. 237 StGB handle, unabhängig davon,
ob am Flugfeld private oder öffentliche Interessen bestünden oder ob es in
privatem oder öffentlichem Eigentum stehe. Auch wenn kein luftrechtlicher
Zulassungszwang bestehe, sei in der Praxis das Flugfeld Lommis nicht nur
den dort stationierten Flugzeugen der Motorfluggrupppe Thurgau, sondern
grundsätzlich auch jedem anderen Flugzeug offen, das dort landen könne.

    a) Der Verkehr zu Land gilt als öffentlich im Sinne des Art. 237
Ziff. 1 Abs. 1 StGB, wenn er sich auf Strassen, Strassenverzweigungen
und Plätzen abwickelt, die nicht bloss dem privaten Gebrauch, sondern dem
allgemeinen Verkehr, mit anderen Worten, einem unbestimmbaren Personenkreis
dienen (BGE 101 IV 175 mit Verweisungen). Diese Begriffsumschreibung
gilt grundsätzlich auch für den öffentlichen Verkehr in der Luft, auch
wenn den Besonderheiten des dem Flugverkehr zur Verfügung stehenden
Luftraumes Rechnung zu tragen ist. So steht der Luftraum, der im
Flugrecht als frei von Privateigentum, d.h. im Gemeingebrauch stehend
betrachtet wird, dem Flugverkehr allgemein offen. Dieser ist dort auch
ein öffentlicher im Sinne des Art. 237 StGB (vgl. Art. 1 LFG; BAI,
Luftrecht und Grundeigentum, Diss. Zürich 1955, S. 115/118; GULDIMANN,
Cuius est solum, eius est usque ad coelum, Zeitschrift für Luftrecht,
1952, S. 219; KÖPFLI, Schweizerisches Flugplatzrecht, Diss. Zürich 1947,
S. 3). Im Bereiche des erdnahen, bei Start und Landung der Luftfahrzeuge
beanspruchten Luftraumes ist dagegen zwischen Flughäfen und Flugfeldern
zu unterscheiden. Flugplätze, die nach Art. 37 LFG dem öffentlichen
Verkehr dienen, bedürfen einer Konzession und unterstehen dem allgemeinen
Zulassungszwang. Sie sind ihrer Natur nach einem unbestimmbaren Kreis
von Benützern zugänglich, so dass auch der An- und Wegflug zu solchen
Flugplätzen als öffentlicher Verkehr nach Art. 237 StGB zu gelten
hat. Anders verhält es sich bei den Flugfeldern, die nach Art. 31 LFV nicht
dem öffentlichen Verkehr dienen, nur bewilligungspflichtig sind und in
der Regel keinem Zulassungszwang unterliegen (Art. 44 Abs. 4 LFV). Hier
bestimmt grundsätzlich der über das Flugfeld Verfügungsberechtigte,
wer es zur Landung und zum Start benützen darf (BAI, aaO S. 91; KÖPFLI,
aaO S. 8). In diesen Fällen ist auf Grund der tatsächlichen Verhältnisse
zu prüfen, ob der Flugfeldhalter einem unbestimmbaren oder bestimmbaren
Kreis die Benützung des Geländes für den Flugverkehr bewilligt hat.

    b) Das Obergericht hat zutreffend nicht auf die Tatsache, dass das
Flugfeld Lommis im Privateigentum steht, sondern darauf abgestellt, ob
der Benützerkreis bestimmbar sei oder nicht. In dieser Beziehung stellt
es fest, dass das Flugfeld Lommis keinem Zulassungszwang unterstehe und
auch die Betriebsbewilligung mit keiner Auflage zugunsten des allgemeinen
Luftverkehrs verbunden worden sei. Die Benützung des Flugfeldes sei im
Gegenteil nur auf Grund einer besondern Ermächtigung der Flugfeldhalterin
zulässig. Zudem fehle jeder Beweis dafür, dass die Motorfluggruppe
Thurgau das Flugfeld der Öffentlichkeit zum Landen und Starten freigegeben
habe, und wäre es auch nur für bestimmte Luftfahrzeugkategorien. Diese
Feststellungen sind tatsächlicher Natur und binden den Kassationshof
(Art. 273 Abs. 1 lit. b und Art. 277bis Abs. 1 BStP). Die Behauptung der
Beschwerdeführerin, das Flugfeld Lommis stehe praktisch jedem Flugzeug
offen, kann daher nicht gehört werden. Auch wenn es zutreffen sollte,
dass andern Flugzeugen das Landen und Starten auf Gesuch hin jeweils
erlaubt wird, so macht diese von Fall zu Fall erteilte Bewilligung
den Benützerkreis nicht zu einem unbestimmbaren und wird das Flugfeld
auch nicht der Allgemeinheit geöffnet. Unerheblich ist auch, dass die
Motorfluggruppe Thurgau die Bewilligung für die Ausübung gewerbsmässiger
Flüge im nicht regelmässigen Flugverkehr besitzen soll (vgl. Art. 114
LFV). Das Flugfeld wird dadurch nicht zu einem dem öffentlichen Verkehr
dienenden Flughafen; dazu wäre eine Konzession nötig, welche die
Flugfeldhalterin nicht besitzt.

    Die Vorinstanz hat daher das Merkmal des öffentlichen Verkehrs,
das in Art. 237 StGB gefordert wird, zu Recht verneint.