Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 102 II 401



102 II 401

59. Urteil der I. Zivilabteilung vom 21. Dezember 1976 i.S. Boejti gegen
Metro Bank AG Regeste

    Art. 20 OR. Vertrag mit widerrechtlichem Inhalt.

    1. Art. 3 Abs. 1 der Verordnung vom 10. Januar 1973 über die
Kleinkredit- und Abzahlungsgeschäfte. Zweck des Verbotes, vor der vollen
Rückzahlung eines älteren Darlehens ein neues zu gewähren (Erw. 1).

    2. Ein diesem Verbot widersprechender Darlehensvertrag ist nach dem
Sinn und Zweck der Norm als nichtig zu betrachten. Auslegung des Verbotes
nach den Gesetzesmaterialien und der Entstehungsgeschichte ähnlicher Normen
(Erw. 2 und 3).

    3. Art. 66 OR. Umstände, die eine Rückforderung der Darlehenssumme
nicht zulassen (Bestätigung der Rechtsprechung; Erw. 4 und 5).

Sachverhalt

    A.- Die Metro Bank AG gewährte Laszlo Boejti am 7. November 1973
Fr. 3'000.--, am 4. April 1974 Fr. 10'000.-- und am 19. April 1974 Fr.
15'000.-- als Darlehen, die er in monatlichen Raten zurückzahlen sollte,
das erste in zehn Raten zu Fr. 324.50, das zweite in 24 Raten zu Fr. 494.75
und das dritte in 24 Raten zu Fr. 742.15. Die Kreditbelastung, bestehend
aus Zins, Gebühren, Verwaltungskosten und Risikoprämie, betrug jeweils
18%. Falls Boejti den Termin für eine Rate versäumte, sollte das ganze
Restdarlehen fällig und ein Verzugszins von 12% bezahlt werden.

    Als die ab 1. Juni 1974 vereinbarten Rückzahlungen ausblieben,
betrieb die Bank den Schuldner für die Fr. 15'000.-- aus dem dritten
Darlehen nebst Zins und Spesen. Boejti erhob Rechtsvorschlag.

    Am 29. April 1975 erwirkte die Bank die provisorische Rechtsöffnung
für Fr. 15'000.-- nebst 18% Darlehenszins vom 19. April bis 21. August
1974, 12% Verzugszins auf Fr. 15'000.-- ab 22. August 1974 und 12%
Verzugszins auf dem Darlehenszins ab 22. August 1974; dazu kamen die
Kosten des Zahlungsbefehls und der Rechtsöffnung, während Fr. 800.--
als Zahlung vom 21. November 1974 abzuziehen waren.

    Im Juni 1975 klagte Boejti gegen die Metro Bank AG auf Aberkennung
dieser Forderungen. Er machte insbesondere geltend, die Bank habe bei der
Gewährung der Darlehen Vorschriften der Verordnung vom 10. Januar 1973 über
Kleinkredit- und Abzahlungsgeschäfte missachtet, was die Beklagte bestritt.

    Das Bezirksgericht Zürich und auf Appellation hin am 4. Juni 1976 auch
das Obergericht des Kantons Zürich wiesen die Klage ab und erklärten die
Rechtsöffnung als definitiv.

    Der Kläger hat Berufung eingelegt. Er beantragt, das Urteil des
Obergerichtes aufzuheben und die Klage gutzuheissen; eventuell seien die
in Betreibung gesetzten Darlehenszinse von 18% und die Verzugszinse von
mehr als 5% abzuerkennen.

    Die Beklagte beantragt, die Berufung abzuweisen und das angefochtene
Urteil zu bestätigen.

Auszug aus den Erwägungen:

            Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Als die Beklagte dem Kläger das streitige Darlehen von
Fr. 15'000.-- gewährte, war die Verordnung vom 10. Januar 1973 über
Kleinkredit- und Abzahlungsgeschäfte (VKA) mit den Änderungen vom 16.
Januar 1974 (AS 1973 S. 88, 1974 S. 235) noch in Kraft. Sie stützte sich
auf Art. 6 des Bundesbeschlusses vom 20. Dezember 1972 über Massnahmen
auf dem Gebiete des Kreditwesens (KB), wonach der Bundesrat insbesondere
den Abschluss von Kleinkreditgeschäften erschweren konnte (AS 1972
S. 3068). Zu diesem Zwecke bestimmte der Bundesrat in der Verordnung, dass
die Höchstdauer für die Rückzahlung eines Kleinkredites 24 Monate betrage
(Art. 2 Abs. 1), ein neuer Kredit weder versprochen noch ausbezahlt werden
dürfe, solange ein früher gewährter nicht vollständig zurückbezahlt ist
(Art. 3 Abs. 1), und dass die Kreditkosten im Vertrag in Franken und
Prozenten anzugeben seien (Art. 4). Bei Widerhandlungen hatte die Bank
Verwaltungsmassnahmen und der Täter Haft oder Busse bis zu 100'000 Franken
zu gewärtigen (Art. 9 und 10 KB).

    Der Kreditbeschluss ist am 19. Dezember 1975 erneuert (AS 1975
S. 2568) und in der Abstimmung vom 5. Dezember 1976 von Volk und Ständen
angenommen worden. Die VKA ist dagegen am 1. Mai 1975 teilweise und auf
den 1. Januar 1976 ganz aufgehoben worden. Vorher begangene Widerhandlungen
gegen die Verordnung bleiben jedoch strafbar und sind nach den zur Zeit
ihrer Begehung geltenden Vorschriften zu ahnden (AS 1975 S. 838 und 2420).

Erwägung 2

    2.- Der Kläger macht geltend, die Beklagte habe die VKA insbesondere
dadurch verletzt, dass sie ihm vor der vollen Rückzahlung des älteren
Darlehens ein neues gewährt und dabei die Restforderung verrechnet
habe. Die Beklagte behauptet dagegen, der Kläger habe jeweils vor Erhalt
des neuen Darlehens den Restbetrag aus dem älteren zurückbezahlt. Ihre
Buchungsbelege stimmen damit überein. Danach hat der Kläger z.B. das
Darlehen vom 4. April 1974 am 19. April mit Fr. 10'075.-- zurückbezahlt
und am gleichen Tage ein neues von Fr. 15'000.-- in Empfang genommen.

    a) Das Obergericht lässt ausdrücklich offen, welche der beiden
Darstellungen zutrifft, da so oder anders eine allfällige Verletzung der
VKA den Darlehensvertrag über Fr. 15'000.-- nicht im Sinne von Art. 20
Abs. 1 OR nichtig gemacht habe. Nach der Auffassung der Vorinstanz dürfte
die Beklagte den Betrag selbst dann zurückfordern, wenn Nichtigkeit des
Vertrages wegen Widerrechtlichkeit oder Sittenwidrigkeit anzunehmen wäre,
weil Art. 66 OR im vorliegenden Fall nicht anwendbar sei.

    Damit unterstellt das Obergericht, dass das Vorgehen der Beklagten
nach der Sachdarstellung des Klägers widerrechtlich gewesen wäre. Das
lässt sich im Ernst denn auch nicht bestreiten. Die Beklagte verletzte
Art. 3 Abs. 1 VKA, wenn sie ein neues Darlehen mit der Restforderung aus
einem früheren verrechnete, und zwar selbst dann, wenn dabei formell eine
Rückzahlung mit der Auszahlung verbunden wurde. Zulässig wäre bloss ein
Kredit zur Überbrückung einer unvorhersehbaren Notlage gewesen (Art. 3
Abs. 1 VKA). Dass ein solcher hier vorliege, wird von der Beklagten indes
nicht behauptet und ist angesichts der angeblichen Rückzahlung in bar
auch nicht anzunehmen.

    b) Nichtig im Sinne von Art. 20 Abs. 1 OR ist ein Vertrag jedoch
nur, wenn sein Inhalt widerrechtlich ist. Es genügt nicht, dass nur die
subjektive Beteiligung eines Vertragspartners verboten ist (BGE 62 II
111, 80 II 48). Ein solcher Fall liegt hier aber nicht vor. Art. 3 Abs. 1
VKA untersagte schlechthin, neue Kleindarlehen zu gewähren, bevor ältere
zurückbezahlt waren. Das Verbot betraf somit nicht bloss die Beteiligung
einer Partei, sondern den Vertrag als solchen, auch wenn es nach seinem
Wortlaut bloss gegen den Darlehensgeber gerichtet war (vgl. BGE 80 II 330;
OFTINGER, ZSR 57 S. 552a).

    Die Widerrechtlichkeit macht zudem einen Vertrag nur dann nichtig,
wenn diese Rechtsfolge vom Gesetz ausdrücklich vorgesehen wird oder sich
aus dem Sinn und Zweck der verletzten Norm ergibt (statt vieler: BGE
34 II 686, 45 II 551, 60 II 315, 80 II 47 und 329, 95 II 538, 96 II 20;
OSER/SCHÖNENBERGER, N. 22 zu Art. 20; ENGEL, Traité des obligations en
droit suisse, S. 189). Das erstere ist weder dem Kreditbeschluss noch
der VKA zu entnehmen, und das letztere wird vom Obergericht vor allem
gestützt auf Gesetzesmaterialien verneint.

Erwägung 3

    3.- Die Vorinstanz versucht den Sinn und Zweck der VKA nach dem
mutmasslichen Willen des Gesetzgebers zu ermitteln. Sie schliesst aus
der Botschaft des Bundesrates zu fünf dringlichen Bundesbeschlüssen über
zusätzliche Massnahmen zur Dämpfung der Überkonjunktur sowie aus ähnlichen
Erlassen, dass der Gesetzgeber sich über die Folgen widerrechtlicher
Darlehensverträge durchaus Gedanken gemacht, sich aber bewusst mit Strafen
begnügt habe.

    a) Rechtsnormen sind in erster Linie aus sich selbst, d.h. nach
ihrem Wortlaut, Sinn und Zweck sowie nach den ihnen zugrunde liegenden
Wertungen auszulegen. Lassen diese Auslegungsmethoden Zweifel offen oder
vermag ihr Ergebnis sachlich nicht zu befriedigen, so können auch die
Gesetzesmaterialien beigezogen werden, wenn sie auf die streitige Frage
eine klare Antwort geben und dem Richter damit weiterhelfen (BGE 100 II 57
und 232 mit Zitaten). Von einer solchen Antwort kann hier aber nicht die
Rede sein. Die vom Obergericht angeführte Botschaft zu Beschlussesentwürfen
über zusätzliche Massnahmen zur Dämpfung der Überkonjunktur vom 4. Dezember
1972 (BBl 1972 II 1541 ff.) äussert sich weder über die zivilrechtlichen
Auswirkungen von Verstössen, noch lässt sie erkennen, dass oder gar in
welchem Sinne man dieser Frage bei den Vorarbeiten Beachtung geschenkt
habe. Auch der Hinweis auf die Möglichkeit, Preiserhöhungen zeitweise zu
verweigern (S. 1572), besagt nichts über die zivilrechtliche Gültigkeit
oder Nichtigkeit widerrechtlicher Erhöhungen. Dass mit den Strafandrohungen
zivilrechtliche Rechtsfolgen ausgeschlossen werden sollten, ist dieser
Botschaft so wenig zu entnehmen wie derjenigen über den Schutz der
Währung vom 8. September 1971 (BBl 1971 II 837 ff.), auf die in der ersten
verwiesen wird (S. 1561).

    Richtig ist dagegen, dass andere Wirtschaftsrechtliche Erlasse
des Bundes ausdrücklich die zivilrechtliche Nichtigkeit verbotener
Rechtsgeschäfte vorsehen. Das ist z.B. der Fall nach Art. 11 des
Bundesbeschlusses vom 23. März 1961 über die Bewilligungspflicht für den
Erwerb von Grundstücken durch Ausländer (BewB, Fassung vom 21. März 1973
Art. 20; AS 1961 S. 206, 1974 S. 89), nach Art. 23 des Bundesbeschlusses
vom 30. Juni 1972 über Massnahmen gegen Missbräuche im Mietwesen (BMM,
AS 1972 S. 1507) sowie nach Art. 4 des Bundesratsbeschlusses vom 26. Juni
1972 betreffend das Verbot der Anlage ausländischer Gelder in inländischen
Grundstücken (AS 1972 S. 1063). In der Botschaft des Bundesrates wurde
dazu jedoch bemerkt, die Nichtigkeit ergebe sich aus Art. 20 OR (BBl 1960
II 1285 zu Art. 11 BewB) oder die Vorschrift solle klare Verhältnisse
schaffen (BBl 1972 I 1244 zu Art. 23 BMM).

    b) Daraus darf entgegen der Auffassung des Obergerichtes aber
nicht gefolgert werden, die Verletzung eines Gebotes oder Verbotes
führe nur dann zur Nichtigkeit des Vertrages, wenn sich diese Folge aus
dem Erlass selber ergebe. Im Entscheid 93 II 106 hat das Bundesgericht
vielmehr die Nichtigkeit eines Pachtvertrages wegen Verstosses gegen die
Pachtzinskontrolle bejaht, obschon das Bundesgesetz vom 21. Dezember
1960 über die Kontrolle landwirtschaftlicher Pachtzinse diese Folge
im Gegensatz zur vorausgehenden Verordnung vom 28. Dezember 1956
(Art. 7 Abs. 2; AS 1956 S. 1646) nicht vorsah; in der Botschaft zum
Gesetz wurde das u.a. mit dem Hinweis auf Art. 19 und 20 OR begründet
(BBl 1960 II 506). Ebenso hat das Bundesgericht im Entscheid 82 II 132
Erw. 3 Verträge, die gegen den Bundesratsbeschluss vom 28. März 1949 über
das Kriegsmaterial verstiessen, als nichtig erklärt, obwohl der Beschluss
sich mit Strafandrohungen und Verwaltungsmassnahmen begnügt hat. Es kann
deshalb auch hier nicht entscheidend sein, dass der Kreditbeschluss und
die VKA sich darüber ausschweigen, wie es sich mit der zivilrechtlichen
Gültigkeit verbotener Rechtsgeschäfte verhält.

    Sinn und Zweck einer Verbotsnorm ergeben sich aus der Bedeutung
des zu bekämpfenden Erfolges (BGE 81 II 619, 82 II 132 Erw. 3, 95
II 538, 96 II 20); die Folge der Nichtigkeit muss dem Zweck der Norm
angemessen sein (vgl. OFTINGER, ZSR 57 S. 549a, VON BÜREN, OR Allg. Teil
S. 113). Das Bundesgericht hielt diese Folge für verbotene Geschäfte
mit Kriegsmaterial für gerechtfertigt, weil es widersinnig wäre, solchen
Verträgen den Rechtsschutz des Landes zu gewähren, dessen lebenswichtige
Interessen sie gefährden (BGE 82 II 132 Erw. 3). Das muss namentlich in
Ausnahmezeiten auch für andere öffentliche Interessen gelten. Dass man
mit den Massnahmen zur Dämpfung der Überkonjunktur vor allem allgemeine
Interessen volkswirtschaftlicher Art schützen wollte, erhellt aus der
Botschaft, in der der Bundesrat abschliessend ausführte, die Teuerung
erfordere einschneidende Massnahmen, ansonst die Zukunft unserer Wirtschaft
sowie unsere sozialen und staatspolitischen Einrichtungen gefährdet würden
(BBl 1972 II 1574).

    c) Zum gleichen Ergebnis wie diese allgemeinen Interessen führt die
sinngemässe Auslegung des vorliegenden Erlasses. Für die Nichtigkeit
spricht insbesondere, dass Art. 3 VKA die Gewährung von Kleinkrediten
grundsätzlich verbot (Abs. 1); daran ändert nichts, dass der Kreditgeber
sich auf die schriftliche Bestätigung des Darlehensnehmers verlassen durfte
(Abs. 2), soweit es sich nicht um eigene frühere Kredite handelte. Es war
nicht etwa ein Bewilligungsverfahren vorgesehen; die Möglichkeit eines
solchen spräche eher gegen die Folge der Nichtigkeit (vgl. OFTINGER, ZSR
57 S. 549a; LEHNER, SJZ 52 S. 234). Das wird vom Obergericht übersehen,
wenn es die Bundesbeschlüsse über Missbräuche im Mietwesen und über
Grundstückverkäufe an Ausländer heranzieht; denn diese Beschlüsse kennen
die Bewilligung. Richtig ist dagegen, dass Art. 3 Abs. 1 VKA den Fall
einer unvorhersehbaren Notlage ausdrücklich vorbehielt, also sogar ohne
Bewilligung rechtmässig machte, wie die Beklagte einwendet.

    Eine ausdrückliche zivilrechtliche Regel war in Art. 2 Abs. 2
VKA enthalten, der bestimmte, dass der Anspruch auf den bei Ablauf
der Höchstdauer von 24 Monaten noch ausstehenden Betrag erlosch, wenn
der Darlehensnehmer nicht innert 30 Tagen betrieben wurde. Auch daraus
darf jedoch nicht gefolgert werden, für Verstösse gegen Art. 3 Abs. 1
sei eine zivilrechtliche Folge bewusst ausgeschlossen worden. In Art. 2
bedurfte es einer besonderen Vorschrift, weil es sich nicht aus Art. 20
OR ergäbe, dass ein vorerst gültig auf 24 Monate abgeschlossener Vertrag
durch blosse Säumnis des Darlehensnehmers nachträglich teilweise ungültig
werden könnte. Dass man für solche Fälle, die unter dem Gesichtspunkt der
Konjunkturdämpfung kaum ins Gewicht fallen, die zivilrechtliche Verwirkung
vorsah, spricht ebenfalls deutlich gegen die Annahme, dass Verträge trotz
schwerwiegender Verstösse gegen Art. 3 Abs. 1 gültig sein sollten.

    Welche Bedeutung der Gesetzgeber einem Verstoss gegen die Vorschrift
beimessen wollte, die Kreditkosten im Vertrag anzugeben (Art. 4), ist
der Verordnung nicht zu entnehmen und kann offen bleiben. Dagegen ist
auf Art. 4a VKA hinzuweisen, womit auch für Kleinkreditinstitute eine
Beschränkung des jährlichen Kreditzuwachses eingeführt wurde. Hier begnügte
der Gesetzgeber sich mit Verwaltungszwang gemäss Art. 9 KB. Ein Verstoss
gegen die Beschränkung könnte nach dem Sinn und Zweck der Norm nicht
zur Nichtigkeit des Vertrages führen, denn es wäre unhaltbar, dessen
Gültigkeit davon abhängig zu machen, ob der Kreditgeber zur Zeit des
Vertragsabschlusses die jährliche Zuwachsrate bereits überschritten habe.

    d) Wollte man mit Art. 3 Abs. 1 VKA aus konjunkturpolitischen Gründen
ein neues Darlehen verbieten, bevor ein älteres zurückbezahlt war,
so muss nach dem Sinn und Zweck der Norm die Nichtigkeit des Vertrages
bejaht werden, wenn eine Bank sich über das Verbot hinwegsetzte. Dass die
Verletzung mit Haft oder Busse bis Fr. 100'000.-- bestraft werden kann,
steht dem nicht entgegen. Es wäre gegenteils nicht zu verstehen, wenn man
Verträge, deren Abschluss bei Strafe verboten ist, zivilrechtlich dennoch
dulden und gerichtlich schützen würde (vgl. OFTINGER, ZSR 57 S. 550a). Die
Nichtigkeit des Vertrages ist in einem solchen Falle nicht bloss sachlich
gerechtfertigt, sondern auch das geeignete Mittel, Verstössen vorzubeugen.

    Entgegen der Auffassung der Vorinstanz ist die Rechtsprechung (BGE 96
II 20 mit Zitaten) zudem nicht dahin zu verstehen, dass Nichtigkeit bei
widerrechtlichen Verträgen nur dann anzunehmen sei, wenn der Wortlaut der
Norm oder der zu bekämpfende Erfolg sie geradezu verlangen, mögen einzelne
Entscheide (z.B. BGE 95 II 538) auch diese Meinung aufkommen lassen. Dass
Sinn und Zweck einer Norm neben oder gar gegen ihren Wortlaut zu beachten
sind, ist ein allgemein anerkannter Rechtssatz (BGE 88 II 482/3, 93 II
398, 97 II 237, 100 II 189/90). Nichtigkeit ist daher zu verneinen, wo
sie dem Sinn und Zweck des Gesetzes zuwiderliefe, was aber nicht heisst,
diese Folge müsse sich nach dem Grundgedanken der Norm aufdrängen, um sie
bejahen zu können; diesfalls wäre Art. 20 OR, wie der Kläger mit Recht
einwendet, für widerrechtliche Verträge bedeutungslos.

    Man braucht keineswegs so weit zu gehen wie OFTINGER in ZSR 57 S. 550a,
der jeden widerrechtlichen Vertrag für nichtig hält. Es ist unerlässlich,
aber auch ausreichend, Art. 20 Abs. 1 OR immer anzuwenden, wenn Sinn
und Zweck der verletzten Norm keine andere Rechtsfolge nahelegen; die
allgemeine Bestimmung enthält dann eine Vermutung für die Nichtigkeit
(vgl. OSER/SCHÖNENBERGER, N. 22 und 24 zu Art. 20 OR; GUHL/MERZ/KUMMER, OR
S. 67; VON TUHR/SIEGWART, OR I S. 237). Gleich verhält es sich nach dem
deutschen Recht. § 134 BGB bestimmt, dass ein Rechtsgeschäft, das gegen
ein gesetzliches Verbot verstösst, nichtig ist, wenn sich nicht aus dem
Gesetz anderes ergibt. Auf diese Bestimmung hat das Bundesgericht sich im
Entscheid 41 II 485 denn auch ausdrücklich berufen. Wird Art. 20 Abs. 1
OR so verstanden, so wäre im vorliegenden Fall auch dann auf Nichtigkeit
zu schliessen, wenn diese Wirkung sich nicht schon aus dem Sinn und Zweck
der VKA ergäbe.

Erwägung 4

    4.- Hat die Beklagte dem Kläger, wie dieser behauptet, einen neuen
Kredit gewährt, bevor ein älterer zurückbezahlt worden ist, so muss der
Vertrag über das Darlehen von Fr. 15'000.-- nicht bloss als widerrechtlich,
sondern nach dem Gesagten als nichtig bezeichnet werden. Diesfalls ergibt
sich für die Beklagte gemäss Art. 62 Abs. 2 OR ein Bereicherungsanspruch,
der nach der Auffassung des Obergerichtes auf jeden Fall zu bejahen und
zuzusprechen ist, weil Art. 66 OR hier nicht anwendbar sei.

    a) Nach Art. 66 OR kann trotz ungerechtfertigter Bereicherung nicht
zurückgefordert werden, was in der Absicht gegeben worden ist, einen
rechtswidrigen oder unsittlichen Erfolg herbeizuführen. Das Obergericht
legt diese Bestimmung einschränkend aus. Sie gilt nach seiner Ansicht
nur für Leistungen, die zur Belohnung einer zugesagten oder in Aussicht
gestellten verbotenen oder unsittlichen Handlung gemacht werden, d.h. für
den sog. Gaunerlohn, nicht aber für Zuwendungen, die nach Vertrag an den
Leistenden zurückzugeben sind. Das Obergericht kann sich dafür insbesondere
auf VON TUHR/SIEGWART (OR I S. 413) und VON BÜREN (OR Allg. Teil S. 302
und SJZ 58 S. 226) berufen.

    Es nimmt jedoch zu Unrecht an, das Bundesgericht lege Art. 66 OR
ebenfalls einschränkend aus. Eine solche Auslegung wurde vielmehr schon
unter der Herrschaft von Art. 75 aOR (= Art. 66 OR) als unbefriedigend
verworfen (BGE 37 II 67). In BGE 53 II 41 wurde sie beiläufig übernommen,
dann aber erneut mit der Begründung abgelehnt, ausgeschlossen von
der Rückforderung sei nicht nur der sog. Gaunerlohn, sondern jede zur
Herbeiführung des rechtswidrigen oder unsittlichen Erfolges gemachte
Leistung (BGE 66 II 258, 74 II 27). An dieser Rechtsprechung wurde seitdem
trotz der Kritik GUHLS in ZBJV 86 S. 99 und 88 S. 365 festgehalten
(BGE 82 II 75, 84 II 183, 95 II 41). Daran änderten auch Entscheide
nichts, nach denen Art. 66 OR entfiel, weil ein nachträgliches gültiges
Zahlungsversprechen vorlag (BGE 75 II 297) oder die Leistung durch
Drohung erwirkt wurde (BGE 76 II 370). Ebensowenig kann die Vorinstanz
aus BGE 79 II 204 und 99 Ia 418 etwas für eine einschränkende Auslegung
ableiten. Im ersten Entscheid war die Sondervorschrift von Art. 42
Abs. 2 des Bundesratsbeschlusses vom 19. Januar 1940 über Massnahmen
gegen die Bodenspekulation (BS 9 S. 165) zu beachten, und im zweiten
entfiel Art. 66 OR schon mangels ungerechtfertigter Bereicherung. Von
anderen Autoren ist die Rechtsprechung des Bundesgerichtes zu Art. 66
OR gebilligt worden, wenn auch häufig unter Kritik an der gesetzlichen
Regelung (vgl. insbes. NIEDERLÄNDER, Festschrift für Max Gutzwiller S. 635;
MERZ/KUMMER, SJK Karte 1040; GUHL/MERZ/KUMMER, OR S. 205; MERZ, ZBJV 107
S. 122; ENGEL, aaO S. 401; SECRETAN, Journées juridiques et économiques
franco-suisses 1951 S. 47; RUSCH, SJZ 47 S. 369).

    b) Die Vorinstanz beruft sich auf BGE 74 II 29/30, wo eingeräumt
worden ist, dass auch bei beidseitiger widerrechtlicher oder unsittlicher
Absicht besondere Umstände vorliegen können, welche die Verweigerung des
Rückforderungsanspruches als unerträglich und missbräuchlich erscheinen
lassen. Sie stützt sich ferner auf GUHL/MERZ/KUMMER (OR S. 205),
die den Ausschluss der Rückforderung dann mit Treu und Glauben nicht
vereinbar halten, wenn der Empfänger der Leistung ebenfalls unredlich
gehandelt hat. In diesem Sinne wirft das Obergericht dem "sicher nicht
geschäftsungewandten" Kläger vor, dass er mit der Unterzeichnung des
Darlehensvertrages vom 19. April 1974 bestätigt habe, keine anderen
Verpflichtungen gegenüber Kleinkreditinstituten zu haben; das sei bewusst
falsch gewesen, wenn die Beklagte frühere Kredite, wie er behaupte,
durch blosse Verrechnung getilgt habe. Nach seinen eigenen Angaben habe
er somit an der Widerhandlung gegen die VKA teilgenommen und vom Darlehen
profitiert.

    Letzteres ist nicht zu bestreiten, jedoch unerheblich, weil das
zur ungerechtfertigten Bereicherung gehört, die von Art. 66 OR ja
stets vorausgesetzt wird. Zu Recht wendet der Kläger sich auch gegen den
Vorwurf unredlichen Handelns. Gewiss bezog seine Unterschrift sich auf die
vorgedruckte Klausel, dass er im Zeitpunkt der Kreditgewährung angeblich
keine anderen Verpflichtungen gegenüber Kreditinstituten hatte. Ob der
Kläger die früheren Kredite der Beklagten davon ausnehmen durfte, kann
offen bleiben. Die Beklagte konnte die Klausel jedenfalls nicht in guten
Treuen auf Kredite beziehen, die sie selbst gewährt hatte und deren Betrag,
soweit er noch ausstand, nach der Behauptung des Klägers mit dem neuen
Darlehen verrechnet wurde.

    Abgesehen davon verbot Art. 3 Abs. 1 VKA aus guten Gründen nur das
Versprechen und Auszahlen von Darlehen, nicht deren Entgegennahme. Der
Kläger wäre als sog. notwendiger Teilnehmer nur strafbar, "wenn das Gesetz
auch ihn zum Täter" gestempelt hätte (BGE 80 IV 32 Erw. 2). Das traf nicht
zu. Auch dies lässt sein Verhalten im vornherein als weniger tadelnswert
erscheinen. Zudem ist zu bedenken, dass Art. 66 OR den Ausschluss der
Rückforderung allein von der Absicht des Leistenden, nicht von jener des
Empfängers abhängig macht (BGE 74 II 27, 95 II 41; OSER/SCHÖNENBERGER, N. 3
zu Art. 66 OR; GUHL/MERZ/KUMMER, OR S. 205). Dass auf Seiten der Beklagten
diese Absicht aber bestanden hat, wenn der Vertrag so abgeschlossen worden
ist, wie der Kläger behauptet, lässt sich im Ernst nicht bestreiten.

    c) Das Obergericht meint freilich, es verstiesse gegen Treu und
Glauben, wenn der Kläger den streitigen Darlehensbetrag behalten
könnte. Auch das Bundesgericht behält bei seiner strengen Anwendung
des Art. 66 OR Fälle vor, in denen der Ausschluss der Rückforderung,
namentlich wegen des eigenen unredlichen Verhaltens des Empfängers,
missbräuchlich wäre (BGE 74 II 29, 76 II 370; ebenso GUHL/MERZ/KUMMER,
OR S. 205; MERZ, N. 568-572 zu Art. 2 ZGB und ZBJV 107 S. 122). Hier sind
indes keine Umstände ersichtlich, die den Kläger mehr als die Beklagte
oder auch nur gleich stark belasten würden, ganz abgesehen davon, dass
die Beklagte die finanziellen Schwierigkeiten ihrer Kunden ausgenützt
hat. Die Tatsache allein, dass der Kläger eine Leistung behalten
kann, die er abredegemäss zurückerstatten müsste, begründet keinen
Rechtsmissbrauch. Das ist vielmehr der Wille des Gesetzes, das pönalen
Charakter hat und keine Klage auf Rückforderung des Geleisteten zulässt,
weil die Forderung des staatlichen Schutzes nicht würdig ist (BGE 66 II
259, 74 II 27, 95 II 41; ebenso VON TUHR/SIEGWART, OR I S. 413). Dass
sich eine stossende Begünstigung einer Vertragspartei ergeben kann, ist
daher entsprechend dem Grundgedanken des Art. 66 OR, der rechtswidrigen
und unsittlichen Geschäften vorbeugen will, solange in Kauf zu nehmen,
als das Gesetz selber keine bessere Lösung vorsieht (BGE 84 II 184).

Erwägung 5

    5.- Die Rückforderung der Beklagten wäre somit gestützt auf Art. 66
OR zu verweigern, wenn die Beklagte dem Kläger, wie dieser behauptet, vor
der vollen Rückzahlung des zweiten Darlehens ein neues gewährt und die
Restanz aus dem zweiten mit dem dritten verrechnet haben sollte. Wie es
sich damit verhält, hat das Obergericht ausdrücklich offen gelassen, ist
für das Schicksal der Aberkennungsklage aber entscheidend. Das angefochtene
Urteil ist daher gestützt auf Art. 64 Abs. 1 OG aufzuheben und die Sache
zur weiteren Abklärung des Sachverhaltes und zu neuer Entscheidung an
die Vorinstanz zurückzuweisen.

Entscheid:

             Demnach erkennt das Bundesgericht:

    Die Berufung wird dahin gutgeheissen, dass das Urteil des Obergerichtes
(II. Zivilkammer) des Kantons Zürich vom 4. Juni 1976 aufgehoben und die
Sache zur neuen Entscheidung im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz
zurückgewiesen wird