Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 102 IB 300



102 Ib 300

51. Auszug aus dem Urteil vom 29. Oktober 1976 i.S. Genossenschaft
Hotelplan, Schweizerischer Reisebüro-Verband und Reisebüro A.K. Bieri AG
gegen Eidg. Verkehrs- und Energiewirtschaftsdepartement Regeste

    Beschaffung von Flugscheinen im Ausland.

    1. Art. 6 Abs. 2 LFG. Zulässigkeit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde
gegen einen Beschwerdeentscheid des EVED, mit welchem eine Verfügung
des Eidg. Luftamtes geschützt worden ist (E. 1).

    2. Art. 99 lit. b OG. Zulässigkeit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde
gegen eine Verfügung, die in Anwendung eines Tarifs im Einzelfall ergangen
ist (E. 3).

    3. Die gemäss Art. 30 LFG vom Eidg. Luftamt genehmigten Tarife sind
für die konzessionierten Luftfahrtsunternehmen verbindlich. Darüber hinaus
stellt Art. 30 LFG keine Grundlage dar: - für eine umfassende, auch auf
Dritte anwendbare Preiskontrolle für Flugscheine; - für ein Verbot der
Beschaffung von Flugscheinen im Ausland (E. 6a und b).

    4. Die genehmigten Flugtarife in Schweizerfranken haben nicht den
Charakter von Rechtssätzen (E. 6c).

    5. Zwischenstaatliche Abkommen auferlegen der Schweiz keine
Verpflichtung, dafür zu sorgen, dass Beförderungen, die in der
Schweiz beginnen, stets in der Schweiz zum genehmigten Flugtarif in
Schweizerfranken bezahlt werden (E. 7).

Sachverhalt

    A.- Die Fluglinienunternehmen sind in der International Air Transport
Association (IATA) zusammengeschlossen. Im Rahmen der IATA werden
regelmässig Empfehlungen über die allgemeinen Beförderungsbedingungen
für Fluggäste und Gepäck ausgearbeitet. Die Berechnung des von den
nationalen Behörden zu genehmigenden Tarifs der Flugpreise beruht auf
den Empfehlungen der IATA. Diese Organisation legt auch fest, wie die
Flugpreise in die verschiedenen Währungen umzurechnen sind. Die von der
IATA angewendeten Umrechnungskurse haben sich in den letzten Jahren bei
den aussergewöhnlichen Veränderungen der Währungen teilweise stark von den
offziellen Wechselkursen entfernt, mit der Folge, dass ein in ausländischer
Währung (z.B. in französischen Francs oder italienischen Lire) fakturiertes
Flugbillet wesentlich billiger zu stehen kommt als ein in der Schweiz nach
dem IATA-Schweizerfrankentarif erworbenes. Diese Situation führte dazu,
dass schweizerische Reisebüros auf den Wunsch ihrer Kundschaft begannen,
Flugscheine im Ausland zu beschaffen. Um dieser Entwicklung Einhalt zu
gebieten, erliess das Eidg. Luftamt am 30. Dezember 1974 an die Adresse der
Linienverkehrsunternehmen, die Flüge von und nach der Schweiz ausführen,
an die Linienverkehrsunternehmen mit Vertretungen in der Schweiz sowie
an die Reisebüros in der Schweiz die folgende Verfügung:

    "1. Für Flugscheinverkäufe in der Schweiz sind ausnahmslos die vom

    Eidgenössischen Luftamt genehmigten und von den Luftverkehrsunternehmen
   veröffentlichten Tarife in Schweizerfranken und zugehörige Bedingungen
   anzuwenden.

    2. Ist kein Tarif in Schweizerfranken publiziert, so muss der in einer
   anderen Währung veröffentlichte Tarif gemäss den Regeln der

    IATA-Resolutionen in Schweizerfranken umgerechnet werden. Die vom

    Eidgenössischen Luftamt genehmigten IATA-Resolutionsserien 021 und 022
   sowie der schweizerische Vorbehalt dazu sind strikte zu befolgen.

    3. Nicht gestattet sind insbesondere:

    a) der Verkauf oder die Anerkennung von Flugscheinen für Beförderungen,
   die in der Schweiz beginnen, wenn diese Flugscheine im Ausland zu
   einem anderen als dem in der

    Schweiz in Schweizerfranken publizierten und gemäss den Bestimmungen
der

    IATA-Resolutionsserien 021 und 022 in die Verkaufswährung umgerechneten

    Tarif ausgestellt wurden;

    b) der Verkauf oder die Anerkennung von Flugscheinen, die den
Reisebeginn
   ausserhalb der Schweiz vorsehen, in Wirklichkeit jedoch für eine

    Beförderung von der Schweiz aus benützt werden sollen, sofern diese

    Flugscheine im Ausland zu einem anderen als dem in Schweizerfranken
   publizierten und gemäss den Bestimmungen der IATA-Resolutionsserien
   021 und

    022 in die Verkaufswährung umgerechneten Tarif ausgestellt wurden.

    ...

    Wer vorsätzlich oder fahrlässig in Ungehorsam gegen diese Verfügung den

    Bestimmungen der IATA-Resolutionsserien 021 und 022 und des
schweizerischen

    Vorbehaltes dazu zuwiderhandelt, wird gemäss Artikel 91 des

    Luftfahrtgesetzes mit Haft oder mit Busse bis 20'000 Franken bestraft."

    Gegen diese Verfügung reichten verschiedene Reisebüros und
der Schweizerische Reisebüro-Verband beim Eidg. Verkehrs- und
Energiewirtschaftsdepartement (EVED) Beschwerde ein. Durch Entscheid vom
24. März 1976 wies das EVED sämtliche Beschwerden ab.

    Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragen die Genossenschaft
Hotelplan, der Schweizerische Reisebüro-Verband und das Reisebüro
A.K. Bieri AG im wesentlichen, der Entscheid des EVED vom 24. März
1976 und die Verfügung des Luftamtes vom 30. Dezember 1974 betreffend
Flugscheinverkäufe in der Schweiz seien aufzuheben. Das EVED stellt
den Antrag, auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerden sei wegen der
Endgültigkeit seines Entscheides nicht einzutreten, eventuell seien
sie abzuweisen. Der Präsident der verwaltungsrechtlichen Kammer hat den
Beschwerden aufschiebende Wirkung zuerkannt.

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 1

    1.- In Art. 6 Abs. 1 LFG wird eine Reihe von Entscheidungen aufgezählt,
die durch Beschwerde auf dem ordentlichen Instanzenwege an den Bundesrat
weitergezogen werden können, soweit sie nicht seit 1. Okt. 1969 (Neufassung
der Art. 97 ff. OG) der Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht
unterliegen. Abs. 2 von Art. 6 LFG hat folgenden Wortlaut:

    "Das Eidgenössische Verkehrs- und Energiewirtschaftsdepartement
   entscheidet endgültig über alle übrigen auf Grund dieses Gesetzes
   erhobenen

    Beschwerden:

    a) gegen erstinstanzliche Verfügungen des Eidgenössischen Luftamtes;

    b)..."

    Im vorliegenden Fall geht es um die Anfechtung eines Entscheides,
der formell auf Art. 30 LFG gestützt wird. Entscheide auf Grund von
Art. 30 LFG sind in Art. 6 Abs. 1 LFG nicht als auf dem ordentlichen
Instanzenweg anfechtbar erwähnt. Daraus schliesst das EVED, es handle
sich hier um eine der unter Abs. 2 von Art. 6 zu subsumierenden übrigen
Beschwerden und die Entscheidung des Departementes sei endgültig.

    Durch die Revision der Art. 97 ff. OG, die im Bundesgesetz vom
20. Dezember 1968 vorgenommen wurde und am 1. Oktober 1969 in Kraft
getreten ist, wurde die Zulässigkeit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde
in umfassender Weise neu geregelt. Dass unter der frühern Ordnung in
einem Spezialgesetz Departementalentscheide als endgültig bezeichnet
Waren, um den Weiterzug an den Bundesrat auszuschliessen hat nicht
auch die Unzulässigkeit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde gemäss den
neuen Bestimmungen von Art. 97 ff. OG zur Folge, sofern gemäss diesen
neuen Vorschriften kein Ausschlussgrund besteht. Im gleichen Sinne
wurde schon in bezug auf die frühere Fassung von Art. 24 Abs. 2 SVG
entschieden, dass die dort seinerzeit vorgesehene Endgültigkeit des
Beschwerdeentscheides des EJPD der Verwaltungsgerichtsbeschwerde gemäss
Art. 97 ff. OG nicht entgegenstehen könne (BGE 96 I 769/770; vgl. zur
analogen Frage im Landwirtschaftsgesetz: BGE 97 I 474). Es besteht
kein Grund, dem Art. 6 Abs. 2 LFG eine weitergehende, auch die heutige
Verwaltungsgerichtsbeschwerde von vornherein ausschliessende Wirkung
beizumessen. - Selbst wenn gestützt auf Art. 30 LFG getroffene Verfügungen
durch eine ausdrückliche Bestimmung der Art. 97 ff. OG vom Weiterzug
mit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde ausgenommen wären, so müsste ein
Betroffener wohl trotzdem mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde rügen können,
Art. 30 LFG sei auf ihn gar nicht anwendbar und die Verwaltungsbehörden
stützten die getroffene Verfügung missbräuchlich auf das LFG. Zu dieser
Frage braucht aber nicht abschliessend Stellung genommen zu werden, weil
auf jeden Fall nach dem geltenden Recht Art. 6 Abs. 2 LFG dem Eintreten
auf die Beschwerden nicht entgegensteht.

Erwägung 3

    3.- Von den im OG umschriebenen Ausschlussgründen bedarf lediglich
Art. 99 lit. b im vorliegenden Zusammenhang einer nähern Prüfung.
Nach dieser Vorschrift ist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde unzulässig
gegen "Verfügungen über Tarife, ausser über Tarife auf dem Gebiete der
Privatversicherung und der Verwertung von Urheberrechten".

    Der angefochtene Entscheid des EVED bezieht sich auf die Einhaltung
des Tarifs der Flugpreise. Das Bundesgericht hat im (nicht publizierten)
Urteil vom 22. Dezember 1972 i.S. Serapharm S.A. Art. 99 lit. b OG in
dem Sinne interpretiert, dass dadurch Verwaltungsgerichtsbeschwerden
gegen Verfügungen ausgeschlossen seien, die einen Tarif als Ganzen
zum Gegenstand haben, insbesondere gegen Verfügungen über die
Genehmigung von Tarifen; hingegen ist nach dieser Rechtsprechung gegen
Verfügungen, die in Anwendung eines Tarifs im Einzelfall ergehen, die
Verwaltungsgerichtsbeschwerde zulässig (BGE 101 Ib 72 f., 100 Ib 330; im
gleichen Sinne das Eidg. Versicherungsgericht zu Art. 129 Abs. 1 lit. b OG:
BGE 100 V 3 f.). Diese Praxis stimmt mit dem Sinn und Zweck von Art. 99
lit. b OG überein. Die besondern technischen und Bewertungsfragen, die
sich bei der Aufstellung und Genehmigung eines Tarifes stellen, wurden
vom Gesetzgeber als nicht justiziabel betrachtet. Für die Anwendung
des Tarifs im Einzelfall und insbesondere auch für die Frage, ob ein
bestimmter Tarif überhaupt auf den konkreten Fall anwendbar ist, trifft
diese Begründung des Ausschlusses der Verwaltungsgerichtsbeschwerde nicht
zu. Art. 99 lit. b OG entzieht sinngemäss die Frage der Anwendung eines
Tarifs der Verwaltungsgerichtsbarkeit nicht.

    Da im vorliegenden Fall nicht eine Verfügung über den Tarif als Ganzen,
sondern ein Entscheid über dessen Anwendbarkeit und Tragweite in bezug auf
die Tätigkeit der Reisebüros weitergezogen wird, steht nach unangefochten
gebliebener Rechtsprechung Art. 99 lit. b der Verwaltungsgerichtsbeschwerde
nicht entgegen. Auf die beiden Beschwerden ist daher einzutreten.

Erwägung 6

    6.- In Art. 29 Abs. 1 LFG (Inhalt der Konzession) wird vorgeschrieben,
dass in die Konzession von Luftverkehrsunternehmen u.a. Bestimmungen
über die Tarifpflicht aufzunehmen sind. Art. 30 LFG erwähnt sodann unter
dem Marginale "Pflichten des Konzessionärs", dass die Konzessionäre die
Tarife dem Eidgenössischen Luftamt zur Genehmigung vorzulegen haben. In
Ausführung dieser gesetzlichen Vorschriften wird in Art. 107 Abs. 1
der Verordnung über die Luftfahrt vom 14. November 1973 (SR 748.01 LFV)
wiederum unter dem Titel "Pflichten des Konzessionärs" nochmals gesagt,
dass Tarife der Genehmigung durch das Eidgenössische Luftamt unterliegen
und es wird überdies festgelegt, dass der Konzessionär die Tarife der
Öffentlichkeit in geeigneter Weise zugänglich zu machen habe (vgl. auch
Art. 4 des vom Bundesrat erlassenen und von der Bundesversammlung
genehmigten Lufttransportreglementes vom 3. Oktober 1952, SR 748.411).

    a) Nach dem Wortlaut und nach der systematischen Einordnung
betreffen diese Bestimmungen die Pflichten der Konzessionäre. Die
Luftverkehrsunternehmen sind an die genehmigten Tarife gebunden. Ob
die Tarife nur die zulässigen Höchstpreise angeben oder ob auch eine
Unterschreitung der Tarifpreise verboten ist, wie das EVED mit guten
Argumenten annimmt, ist hier nicht zu untersuchen (vgl. VEB 1955 S. 323);
denn streitig ist nicht das Ausmass der Bindung der Konzessionäre an den
genehmigten Tarif, sondern die Frage der Drittwirkung der Tarifpreise für
Reisebüros. Das EVED leitet aus Art. 30 LFG ab, dem Eidgenössischen Luftamt
komme die Befugnis zu einer umfassenden Preiskontrolle zu, soweit es sich
um Flugscheine für Beförderungen von der Schweiz aus handle. In einem
Gutachten, welches die Justizabteilung 1955 dem Eidg. Luftamt erstattete
und in welchem zur Hauptsache die Frage einer Unterbietung des IATA-Tarifs
durch ausländische Luftverkehrsunternehmungen behandelt wurde, erklärte
die Justizabteilung ohne weitere Erörterung der Frage, auch Reisebüros
seien an die genehmigten Tarife gebunden (VEB 1955 S. 325). Zur Begründung
der Pflicht zur Einhaltung bestimmter Wechselkurse wurde damals auch auf
zwischenstaatliche Zahlungsabkommen Bezug genommen. Ob zwischenstaatliche
Abkommen heute für die hier interessierende Frage von Bedeutung sein
können, wird in der folgenden Erwägung zu prüfen sein.

    b) Die innerstaatliche schweizerische Gesetzgebung enthält keine
Bestimmung, aus welcher sich im Sinne der Argumentation des EVED
ableiten liesse, dass für Flugpreise eine generelle Preiskontrolle
bestehe und dass keine zu günstigern Bedingungen im Ausland erworbenen
Flugscheine für Flüge von der Schweiz aus benützt werden dürfen.
Selbstverständlich kann das Luftamt gegen Machenschaften einschreiten,
welche eine Umgehung der Pflichten der Konzessionäre zur Einhaltung
der genehmigten Tarife darstellen. Im vorliegenden Verfahren geht
es aber nicht darum, dass den Reisebüros vorgeworfen werden könnte,
sie veranlassten die Luftverkehrsunternehmen zu konzessionswidrigen
Preisunterbietungen oder nützten solches konzessionswidriges Verhalten
aus. Die in Frage stehenden Flugscheine werden im Ausland zu den dort
geltenden Bedingungen, d.h. zum dort gültigen IATA-Tarif erworben und in
die Schweiz eingeführt. Das Luftverkehrsunternehmen erhält den für das
Land, in dem der Flugschein gekauft wird, nach Tarif geltenden Preis,
hingegen nicht den Preis in Schweizerfranken, der nach IATA-Tarif in
der Schweiz zu bezahlen wäre. Weil der IATA-Umrechnungskurs nicht
dem wirklichen Wechselkurs entspricht, ergibt sich eine Differenz,
welche beim Kauf des Flugscheines zum offiziellen Tarif in der Schweiz
dem Luftverkehrsunternehmen zugute kommt, beim Kauf im Ausland zum
dort gültigen Tarif dem Kunden. Es ist offensichtlich, dass wegen der
fehlenden Übereinstimmungen zwischen dem IATA-Umrechnungskurs und den
effektiven Wechselkursen ein nach Schweizerfranken-Tarif bezahlter Flug
dem Luftverkehrsunternehmen mehr einbringt als ein gleicher Flug, der in
Frankreich oder Italien nach den dortigen Tarifen bezahlt wird. Jedes
Luftverkehrsunternehmen hat also ein wirtschaftliches Interesse
daran, dass möglichst viele Flüge in der Schweiz nach dem genehmigten
Schweizerfranken-Tarif gebucht werden. Die Verfügung des Eidg. Luftamtes
vom 30. Dezember 1974 würde also vor allem der Swissair, aber auch den
andern Linienverkehrsunternehmen finanzielle Vorteile bringen. Obschon
die Tarifgenehmigung im Rahmen der Konzession (Art. 30 LFG) sinngemäss
auch der Schaffung einer genügenden wirtschaftlichen Basis für einen
lebensfähigen, den technischen Anforderungen genügenden Linienflugbetrieb
dienen soll, Art. 101-103 LFG die Förderung der Luftfahrt zur Bundessache
erklären und die Beteiligung des Bundes an einer gemischtwirtschaftlichen
schweizerischen Luftverkehrsgesellschaft ausdrücklich vorschreiben,
bilden diese Bestimmungen doch keine gesetzliche Grundlage, um
mit Verfügungen gegenüber Reisebüros den Kauf von Flugscheinen im
Ausland zu verhindern und für Flüge mit Beginn in der Schweiz einen den
effektiven Währungsverhältnissen nicht entsprechenden, im Vergleich zum
Ausland überhöhten Flugtarif durchzusetzen. Eine solche währungs- und
preispolitische Massnahme, die ja nicht nur die Swissair, sondern allen
in der Schweiz tätigen Luftverkehrsunternehmungen zugute käme, lässt sich
nicht auf Art. 30 LFG stützen; denn es geht dabei nicht um die Durchsetzung
des genehmigten Tarifs - mit der Genehmigung der IATA-Umrechnungskurse
wurden implicite auch die im Ausland anwendbaren Tarife genehmigt -,
sondern um einen Schutz des schweizerischen Flugscheinmarktes vor der
Konkurrenz durch die billigeren IATA-Preise in benachbarten Staaten. Dieser
Schutz wird zudem nur partiell angestrebt, indem die Verfügung sich
zwar an die Fluggesellschaften und Reisebüros richtet, nicht aber an die
Flugkunden selber. Bei strikter Anwendung müsste sich die Verfügung vom
30. Dezember 1974 allerdings auch auf Kunden, die ihre Billets selber im
Ausland besorgt haben, auswirken, da die Anerkennung solcher Flugscheine
für Beförderungen, die in der Schweiz beginnen, verboten werden soll. Aus
Art. 30 LFG ergibt sich die Pflicht der Konzessionäre zur Einhaltung
der genehmigten Tarife im Interesse eines einwandfreien, wirtschaftlich
leistungsfähigen Betriebes. Diese Vorschrift bildet aber keine Grundlage,
um die Vermittlung von Flugscheinen, die in einem ausländischen Staat
zum dort geltenden Tarifpreis erworben wurden, für Flüge, die in der
Schweiz beginnen, zu untersagen. Eine solche Massnahme, welche praktisch
die Einfuhr von Flugscheinen verbietet und eine strikte Preiskontrolle
für Käufe in der Schweiz schaffen muss, mag bei der heutigen Diskrepanz
zwischen den IATA-Umrechnungskursen und den effektiven Wechselkursen
naheliegend sein, geht aber über die im Rahmen der Konzession notwendige
Genehmigung der Flugtarife hinaus. Zu einer solchen wirtschaftspolitischen
Intervention wird das Eidgenössische Luftamt durch Art. 30 LFG nicht
ermächtigt.

    c) Das EVED begründet die direkte Verbindlichkeit der genehmigten
Tarife in Schweizerfranken für die Flugscheinverkäufe der Reisebüros
mit der Feststellung, diese Tarife seien nicht nur für den Konzessionär
verbindlich, sondern es handle sich dabei um Rechtssätze, die folglich
von jedermann einzuhalten seien.

    Aus dem Wortlaut von Art. 30 LFG lässt sich nicht ableiten, dass
der vom Konzessionär vorgelegte Tarif mit der Genehmigung durch das
Eidg. Luftamt zum allgemein verbindlichen Rechtssatz werde. Wie bereits
dargelegt wurde, schreibt Art. 30 lediglich vor, dass der Konzessionär
auf Einhaltung eines bestimmten Tarifs zu verpflichten ist. Hinweise auf
irgendeine Drittwirkung sind in der Gesetzgebung nicht zu finden. Die
Tarife werden auch nicht amtlich publiziert. Dass Art. 107 LFV den
Konzessionär anhält, die Tarife wie die Flugpläne "in geeigneter Weise"
der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, kann nicht als Ersatz für die
bei Rechtssätzen unerlässliche amtliche Publikation betrachtet werden,
sondern umschreibt lediglich die Pflicht des Konzessionärs, dafür zu
sorgen, dass die Flugkunden über die Leistungen, die er kraft seiner
Konzession zu erbringen hat, hinreichend orientiert sind. Wenn der
Gesetzgeber beabsichtigt hätte, den genehmigten Flugtarifen den Charakter
von Rechtssätzen zu verleihen, müsste dies deutlich zum Ausdruck kommen;
insbesondere wäre die amtliche Publikation unerlässlich. Das Argument,
die Tarife seien Rechtssätze, ist somit nicht stichhaltig und kann nicht
als Grundlage für die an die Reisebüros gerichtete Verfügung herangezogen
werden.

Erwägung 7

    7.- Es bleibt zu prüfen, ob zwischenstaatliche Abkommen der Schweiz
die Verpflichtung auferlegen, dafür zu sorgen, dass Beförderungen, die
in der Schweiz beginnen, stets in der Schweiz zum genehmigten Flugtarif
in Schweizerfranken bezahlt werden.

    a) Wie im angefochtenen Entscheid zutreffend ausgeführt wird,
hat die Schweiz mit zahlreichen Staaten Abkommen über den regelmässigen
Luftverkehr geschlossen. Diese zwischenstaatlichen Vereinbarungen enthalten
auch Bestimmungen über die Festsetzung der Tarife (vgl. z.B. BBl
1975 II S. 35 f., vier Abkommen über den Luft-Linienverkehr mit
Ecuador, Jordanien, Jamaika und Kanada, insbesondere S. 40 Art. 10,
S. 50 Art. 10, S. 60 Art. 10, S. 71 Art. 11). In den vertraglichen
Abmachungen wird das Verfahren der Tariffestsetzung unter den beteiligten
Luftverkehrsunternehmen und die Genehmigung durch die Luftfahrtbehörden der
Vertragsparteien geregelt. Es wird auch bestimmt, wie bei Schwierigkeiten
- fehlende Einigung unter den Unternehmen, Nichtgenehmigung durch
die Luftfahrtbehörden - vorzugehen ist (direkte Verhandlungen durch
die Behörden, eventuell Schiedsgericht). Über die Frage, ob die in
einem Land beginnenden Flüge stets dort zu den in jener Landeswährung
geltenden Preisen zu bezahlen sind, lässt sich den zwischenstaatlichen
Abkommen nichts entnehmen. Die Vertragstexte gehen in dieser Beziehung
nicht über Art. 30 LFG hinaus, ergänzen aber das Gesetz insofern, als sie
im Prinzip für das Zustandekommen eines Tarifes die Einigung unter den
beteiligten Luftverkehrsunternehmen der beiden Staaten und die nachfolgende
(mindestens stillschweigende) Genehmigung durch die zuständigen Behörden
beider Staaten vorschreiben. Über spezielle Umrechnungskurse für die
Flugpreise und über ein Verbot, Flugscheine in einem andern Staat als dem
Staat des Beförderungsbeginns und in einer andern Währung zu beziehen,
wurde in zwischenstaatlichen Abkommen nichts vereinbart. Das EVED nennt
keine Vertragsklausel, aus welcher die Befugnis oder gar die Pflicht zu
derartigen wirtschaftspolitischen Schutzmassnahmen hervorginge. Zwar
bestätigen diese zwischenstaatlichen Abkommen - wie im angefochtenen
Entscheid hervorgehoben wird -, dass sich die Tariffestsetzungen nicht
auf rein privatrechtlicher Basis abwickeln, sondern unter Mitwirkung
der Behörden in Beachtung öffentlichrechtlicher Richtlinien erfolgen;
diese öffentlichrechtliche Komponente ergibt sich aber schon aus Art. 30
LFG. Dass durch zwischenstaatliche Abmachungen der Handel mit Flugscheinen
über die Grenze unterbunden und die Vermittlung von Flugbillets strikte an
die im Lande des Beginns des Fluges geltenden Preise in der Landeswährung
gebunden werden sollte, lässt sich den Texten der zwischenstaatlichen
Vereinbarungen nicht entnehmen.

    b) Die IATA ist nicht eine zwischenstaatliche Organisation, sondern ein
internationaler Verband der Luftverkehrsgesellschaften (vgl. SCHWEICKHARDT,
Schweizerisches Lufttransportrecht S. 2 f.; ALEX MEYER, Internationale
Luftfahrtabkommen, Köln-Berlin 1953/1955 Bd. I S. 147, Bd. II S. 4;
Zeitschrift für Luftrecht und Weltraumrechtsfragen, 1971, S. 153 ff.,
Text der Allgemeinen Beförderungsbedingungen S. 214 ff.).

    Obschon die IATA völkerrechtlich eine gewisse Anerkennung gefunden hat
und in zwischenstaatlichen Abkommen ausdrücklich oder sinngemäss erwähnt
wird als eine Institution, deren Vorschläge und Verfahrensformen bei der
Tariffestsetzung zu beachten sind, binden ihre Empfehlungen die Staaten
nicht. Durch die behördliche Genehmigung der die Tarife betreffenden
IATA-Resolutionen werden dieselben zwar nicht staatliche Rechtssätze,
aber sie werden zum Inhalt der Konzessionen und bilden dann die gemäss
Art. 30 LFG massgebende Tariffestsetzung. Die IATA hat in den Resolutionen
021, 021a und 021b die für die Umrechnung der in den IATA-Tarifen
festgesetzten Preise anzuwendenden Kurse fixiert. Diese Resolutionen über
die IATA-Umrechnungskurse sind dem Eidg. Luftamt als der zuständigen
Tarifgenehmigungsbehörde von der Swissair vorgelegt worden. Das Luftamt
hat die in Frage stehenden IATA-Resolutionen genehmigt, aber folgenden
Vorbehalt angebracht:

    "Veröffentlichung in der Schweiz

    - alle Luftverkehrsunternehmen oder ihre Generalagenten haben die

    Tarife/Frachtraten für Flugreisen/Luftfrachttransporte, welche in der

    Schweiz beginnen, in Schweizerfranken zu veröffentlichen. Diese in

    Schweizerfranken publizierten Tarife und Frachtraten werden von den

    Basistarifen und Basisraten zu den in der Resolution 217/021b
enthaltenen

    Umrechnungskursen abgeleitet.

    - Für zusätzliche Veröffentlichungen in irgend einer anderen Währung
muss
   ein spezielles Gesuch an das Eidgenössische Luftamt in Bern gerichtet
   werden.

    Verkauf in der Schweiz

    - Für jeden in der Schweiz getätigten Verkauf von Flugreisen oder

    Luftfrachttransporten müssen die zur Veröffentlichung genehmigten

    Tarife/Frachtraten in Schweizerfranken angewendet werden, egal ob
die Reise
   oder der Transport innerhalb oder ausserhalb der Schweiz beginnt. Ist
   kein

    Tarif oder keine Frachtrate in Schweizerfranken veröffentlicht,
muss der in
   irgend einer anderen Währung veröffentlichte oder konstruierte

    Tarif/Frachtrate gemäss den Regeln der Resolutionen 217/021,
217/021a und

    217/021b in Schweizerfranken umgerechnet werden.

    - Erfolgt die Zahlung für einen in der Schweiz getätigten Verkauf in
   irgend einer anderen Währung als Schweizerfranken, muss der Tarif
   oder die

    Frachtrate in Schweizerfranken zum lokalen Bankkurs in die
Verkaufswährung
   umgerechnet werden (Checkkurs für Checks, Notenkurs für Banknoten)."

    Aus der Beifügung dieses Vorbehalts lässt sich folgern, dass die
IATA-Resolutionen als solche - auch nach Auffassung des Eidg. Luftamtes
- nicht verbieten, dass Flugscheine ausserhalb des Staates, in welchem
der Flug beginnt, und in einer andern Währung gekauft werden. Die
IATA-Resolutionen enthalten zwar gewisse, teilweise recht komplizierte
Beschränkungen in bezug auf die Verwendbarkeit einzelner Währungen für
Flugscheinkäufe. Ein Anliegen der Verfasser der Resolution 021 dürfte es
gewesen sein, den Anwendungsbereich jener Flugtarife, welche auf einem für
den ausländischen Flugkunden besonders günstigen Umrechnungskurs beruhen,
grundsätzlich auf die im betreffenden Land beginnenden oder endenden
Flüge zu begrenzen (Res. 021 Ziff. 8 und 9). Hingegen fehlt eine Regel,
welche den zu bezahlenden Flugpreis strikte an den am Startort geltenden
Tarif in der Landeswährung binden würde. Der wesentliche Inhalt der hier
in Frage stehenden Anordnungen des Eidgenössischen Luftamtes ergibt sich
also nicht aus den IATA-Resolutionen, sondern aus dem Vorbehalt, welchen
das Luftamt bei der Genehmigung dieser Resolutionen anbrachte. Es braucht
daher nicht untersucht zu werden, ob eine IATA-Resolution, welche nicht
nur die IATA-Mitglieder, d.h. die Luftverkehrsunternehmen, sondern auch
alle Reisebüros verpflichten würde, Flugreisen in der Schweiz nur zum
IATA-Schweizerfranken-Tarif zu verkaufen, durch die Genehmigung seitens
des Eidg. Luftamtes für alle Betroffenen verbindlich würde. Die Frage,
ob das Luftamt durch die Genehmigung einer IATA-Resolution über Art. 30
LFG hinaus eine generelle Kontrolle für alle Verkäufe und Vermittlungen
von Flugreisen in der Schweiz rechtsgültig einführen könnte, stellt
sich nicht. Auf dem Wege eines Vorbehalts bei der Genehmigung von
IATA-Resolutionen kann das Eidg. Luftamt nicht eine wirtschafts- und
währungspolitische Massnahme anordnen, zu welcher ihm gemäss Art. 30
LFG die Befugnis fehlt. Offenbar hat das Luftamt bei der Genehmigung
der IATA-Resolutionen über die verbindlichen Umrechnungskurse erkannt,
dass mit der derart festgelegten Umrechnung der Anreiz für günstigere
Flugschein-Käufe im benachbarten Ausland sehr gross werden könnte. Das
Amt wollte aus verständlichen Gründen die Umgehung des für die Swissair
günstigen IATA-Tarifs in Schweizerfranken nach Möglichkeit verhindern. Da
aber das LFG keine Grundlage für eine solche währungspolitische Massnahme
bildet, ist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde gutzuheissen.

Erwägung 8

    8.- a) Auf welchem Wege bei der heutigen Währungssituation eine
für alle Beteiligten befriedigende Lösung gefunden werden könnte, ist
nicht vom Bundesgericht abzuklären. Es muss hier auch offen bleiben, ob
die Reisebüros durch ihr Vorgehen etwa vertragliche Verpflichtungen als
Agenten der IATA verletzten; denn selbst wenn dies zutreffen sollte, so
dürften sie nicht ohne gesetzliche Grundlage durch eine Verwaltungsbehörde
zu einem vertragskonformen Verhalten gezwungen werden. Eine Untersuchung
der zivilrechtlichen Stellung der IATA-Agenturen erübrigt sich in diesem
Verfahren.

    b) Durch die zu beurteilenden Verwaltungsgerichtsbeschwerden
wurde geltend gemacht, die angefochtene Massnahme sei gegenüber den
Reisebüros mangels gesetzlicher Grundlage unzulässig. Ob das Luftamt die
Luftverkehrsunternehmen als Konzessionäre zur strikten Anwendung des
IATA-Tarifs in Schweizerfranken bei Verkäufen von Flugscheinen in der
Schweiz verpflichten kann, ist hier nicht zu entscheiden. Die sich aus
der Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde ergebende Aufhebung der
Verfügung vom 30. Dezember 1974 bezieht sich ausschliesslich auf deren
Wirksamkeit für die Reisebüros.

Entscheid:

              Demnach erkennt das Bundesgericht:

    Die Beschwerden werden gutgeheissen und der Entscheid des EVED vom
24. März 1976 und die Verfügung des Eidg. Luftamtes vom 30. Dezember 1974,
soweit sie die Reisebüros betrifft, aufgehoben.