Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 102 IB 245



102 Ib 245

40. Urteil der II. Zivilabteilung vom 5. November 1976 i.S. von
Andrian-Werburg gegen Justizdepartement des Kantons Basel-Stadt Regeste

    Eintragung des Namens in die Zivilstandsregister

    Die Partikel "Freiherr von" kann in die schweizerischen
Zivilstandsregister nicht eingetragen werden, auch wenn sie im Ausland
als Bestandteil des Namens gilt.

Sachverhalt

    A.- Friedrich Karl Richard Martin Freiherr von Andrian-Werburg,
deutscher Staatsangehöriger, und Charlotte Maria Sibylla Burckhardt,
Bürgerin von Basel, heirateten am 20. Februar 1976 in Lörrach (BRD). Die
Ehefrau hat das Schweizer Bürgerrecht beibehalten. Im Familienregister
der Gemeinde Basel wurde dem Ehemann ein Blatt eröffnet, wobei der
Familienname lediglich mit "von Andrian-Werburg", ohne die Bezeichnung
"Freiherr", eingetragen wurde.

    Ein Gesuch um Eintragung des vollen Familiennamens "Freiherr
von Andrian-Werburg" bzw. "Freifrau von Andrian-Werburg-Burckhardt"
wurde am 12. März 1976 vom Zivilstandsamt Basel-Stadt abgewiesen. Das
Justizdepartement des Kantons Basel-Stadt bestätigte am 12. Mai 1976 die
Verfügung des Zivilstandsbeamten.

    Der Entscheid spricht dem Ehemann die Legitimation zur Beschwerde
ab, weil er als Ausländer dadurch, dass er alle Zivilstandsdokumente in
seiner Heimat anfordern müsse, in keiner Weise durch den Eintrag im Basler
Familienregister beschwert sei. In der Sache selbst erklärt die kantonale
Aufsichtsbehörde, die Führung schweizerischer Zivilstandsregister richte
sich ausschliesslich nach schweizerischem Recht. Schweizerisches Recht
sei ebenfalls massgebend für die Frage, welchen Familiennamen eine in der
Schweiz wohnhafte Schweizerin führe. Der vom deutschen Recht ausdrücklich
als Namensbestandteil deklarierte Adelstitel "Freiherr" bzw. "Freifrau"
gelte nach schweizerischem Recht nach wie vor als Adelstitel und daher
nicht als Bestandteil des Familiennamens. Das Verbot, Adelstitel in die
schweizerischen Zivilstandsregister einzutragen, leite sich zudem direkt
aus Art. 4 BV ab.

    Die Ehegatten von Andrian-Werburg führen Verwaltungsgerichtsbeschwerde
an das Bundesgericht. Sie stellen die Anträge:

    "1. Der vorinstanzliche Entscheid sei aufzuheben und das Zivilstandsamt
   des Kantons Basel-Stadt über den Beschwerdegegner anzuweisen, die

    Beschwerdeführer mit ihrem vollständigen Familiennamen, nämlich
Freiherr
   von Andrian-Werburg bzw. Freifrau von Andrian-Werburg-Bruckhardt in die

    Zivilstandsregister einzutragen.

    2. Unter Kosten- und Entschädigungsfolge zulasten des

    Beschwerdegegners."

    Sowohl das Justizdepartement des Kantons Basel-Stadt als auch
das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement beantragen in ihren
Vernehmlassungen die Abweisung der Beschwerde.

Auszug aus den Erwägungen:

             Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Entgegen der Auffassung der kantonalen Instanzen, aber in
Übereinstimmung mit dem Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement
ist die Beschwerdelegitimation des ausländischen Ehemannes im Sinne von
Art. 103 lit. a OG zu bejahen. Gemäss Art. 115 Ziff. 1 lit. b ZStV wird
im Familienregister dem ausländischen Ehemann, dessen Ehefrau bei der
Eheschliessung das Schweizer Bürgerrecht beibehalten hat, ein Blatt
eröffnet. Er hat deshalb, obwohl bloss mittelbarer Blattinhaber, ein
schutzwürdiges Interesse daran, dass die Eintragung namentlich auch mit
Rücksicht auf die Kinder, die gemäss der gleichen Vorschrift ebenfalls
einzutragen sind, mit dem richtigen und vollständigen Namen erfolge.

Erwägung 2

    2.- Die Führung des Namens richtet sich nach Heimatrecht (Art. 8
NAG; vgl. BGE 60 II 388), für den Beschwerdeführer somit nach deutschem
Recht. Nach der vom Bundesgericht nicht überprüfbaren Auslegung des
deutschen Rechts durch die Vorinstanz hat Art. 109 Abs. 3 der Weimarer
Verfassung die Adelsbezeichnungen zu Teilen des Namens erklärt. (Dass
die Partikel "Freiherr" keine Adelsbezeichnung darstelle, da der
entsprechende Titel hiefür "Baron" laute, ist eine unbelegte Behauptung
der Beschwerdeführer.)

    Wie das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement indessen
hervorhebt, wird der deutsche Adelstitel "Freiherr von" auch jetzt noch
nicht als unveränderlicher Bestandteil des Familiennamens behandelt,
sondern, obwohl auch in Deutschland im übrigen der Familienname als
starr gilt, nach dem Geschlecht und allenfalls auch nach dem Zivilstand
seines Trägers abgewandelt. So ist die Ehefrau eines Freiherrn als
"Freifrau", seine ledige Tochter als "Freiin" zu bezeichnen. Die
Übertragung erfolgt nicht nach namensrechtlichen Regeln. Die Partikel
"Freiherr von" erscheint somit in der Tat nicht (oder nicht nur) als
Teil eines zusammengesetzten Familiennamens, sondern wird (auch) als
Standesbezeichnung verwendet. Bezeichnungen, welche auf den Adel als
Stand hinweisen, werden aber in der Schweiz, von den Partikeln "von" und
"de" abgesehen, als Adelstitel angesehen, verstossen nach schweizerischer
Rechtsauffassung gegen den in Art. 4 BV verkörperten Gleichheitsgrundsatz
und dürfen in die Zivilstandsregister, denen sie fremd sind (Art. 39 ZStV),
nicht eingetragen werden. Adelstitel und Adelsbezeichnungen gelten nicht
als Bestandteil des Namens (FLEINER/GIACOMETTI, Schweiz. Bundesstaatsrecht,
S. 410 N. 50; EGGER N. 5 zu Art. 29 ZGB; GROSSEN, Das Recht der
Einzelperson, S. 337, und GÖTZ, Die Beurkundung des Personenstandes,
S. 400 f., beide in Schweiz. Privatrecht, Bd. II. Auf dem gleichen
Standpunkt steht seit der Einführung des staatlichen Zivilstandswesens
die Registerpraxis und namentlich die bundesgerichtliche Praxis: nicht
veröffentlichter Entscheid vom 7. Februar 1963 i.S. Branca).

    Trotz der bei der Namensführung grundsätzlichen Massgeblichkeit des
Heimatrechts des Beschwerdeführers stehen somit der Eintragung des nach
Heimatrecht zugelassenen und zum Teil des Namens erklärten Standesprädikats
zwingende Vorschriften des schweizerischen Bundesstaatsrechts
entgegen. Dabei wird dem Beschwerdeführer die Führung seines nach
Heimatrecht gebildeten Namens nicht untersagt. Verweigert wird nur dessen
Eintragung in die schweizerischen Zivilstandsregister (vgl. etwa BGE 40
II 433).

Erwägung 3

    3.- Für die Beschwerdeführerin Sibylla von Andrian-Werburg-Buckhardt,
welche das Schweizer Bürgerrecht beibehalten hat und in der Schweiz Wohnt,
gilt ausschliesslich schweizerisches Recht. Gemäss Art. 161 Abs. 1
ZGB erhält bei der Verheiratung die Ehefrau den Familiennamen des
Ehemannes. Sie verliert ihren angestammten Familiennamen (BGE 98 Ia
452; LEMP, N. 1 zu Art. 161 ZGB). Schon deshalb ist das Begehren, dem
Familiennamen des Ehemannes den Mädchennamen (Burckhardt) beizufügen,
abzuweisen. Die schweizerische Ehefrau kann nicht mit einem aus dem
Familiennamen des Mannes und dem Mädchennamen gebildeten Doppelnamen in
die schweizerischen Zivilstandsregister eingetragen werden. Dass sie im
privaten Verkehr den aus dem Ehenamen und dem Mädchennamen gebildeten
Allianznamen verwenden darf, ändert daran nichts.

    Aber auch das Begehren um Eintragung des Familiennamens "Freifrau von
Andrian-Werburg" ist abzuweisen. Nach Massgabe des schweizerischen Rechts
hat die Ehefrau den unveränderten Familiennamen ihres Ehemannes zu führen
(vgl. BGE 98 Ia 452 f. E. 3). Das Erfordernis der Unveränderlichkeit ist
selbst in der Schreibweise zu beachten (EGGER, N. 9 zu Art. 29 ZGB). Die
Beschwerdeführerin beruft sich im übrigen selber auf die Einheit des
Familiennamens. Sie müsste deshalb, wie das Eidgenössische Justiz- und
Polizeidepartement zutreffend bemerkt, sofern man das Prädikat "Freiherr"
als Teil des Familiennamens ansieht, mit dem unveränderten Namen ihres
Ehemannes, somit als "Freiherr von Andrian-Werburg" bezeichnet werden. Das
wäre unsinnig und wird in der Beschwerde auch nicht beantragt. Gilt
hingegen die Partikel "Freiherr" mit der Abwandlung "Freifrau" als
Adelstitel, so kann sie in der Schweiz nicht eingetragen werden.

    Die Beschwerdeführer weisen auf angebliche Schwierigkeiten hin, welche
beim Vorlegen von Ausweisschriften und mit Bezug auf den Familiennamen
der Kinder aus der Nichteintragung der Prädikate "Freiherr" und
"Freifrau" entstehen könnten. Aber gerade eine solche Eintragung würde
zu unterschiedlich zusammengesetzten Familiennamen führen, nämlich im
Verhältnis unter den Ehegatten, zwischen den Eltern und einer ehelichen
Tochter (Freiherr, Freifrau, Freiin) und zwischen Bruder und Schwester
(Freiherr, Freiin).

Erwägung 4

    4.- Man könnte sich fragen, ob das Zivilstandsamt berechtigt war,
lediglich die Partikel "von" einzutragen, und ob diese Partikel nicht mit
dem Titel "Freiherr" untrennbar verbunden ist (vgl. den bereits erwähnten
Entscheid des Bundesgerichts i.S. Branca E. 4). Es steht nicht fest,
ob der Beschwerdeführer jemals den Familiennamen "von Andrian-Werburg"
getragen hat. In der Beschwerde wird sogar vorgebracht, die Familiennamen
"Freiherr von Andrian-Werburg" und "von Andrian-Werburg" stellten in
Deutschland zwei verschiedene Namen dar. Die Frage bildet indessen nicht
Gegenstand des Beschwerdeverfahrens, und das Bundesgericht kann nicht von
Amtes wegen und ohne entsprechende Begehren die Eintragung abändern und
berichtigen. Es bleibt den Beschwerdeführern unbenommen, wenn sie Wert
darauf legen, im Zivilstandsregister nur mit dem vollen Titel ("Freiherr
von") oder überhaupt mit keinem Titel zu erscheinen, die Berichtigung der
Eintragung durch die Aufsichtsbehörde oder durch den Richter (Art. 45 ZGB,
Art. 51 ZStV) zu verlangen.

Erwägung 5

    5.- Da sich die Beschwerde nicht auf Art. 19, sondern auf Art. 20
ZStV stützt, gelten für die Kostenpflicht entgegen der Ansicht der
Beschwerdeführer die Bestimmungen des OG.

Entscheid:

              Demnach erkennt das Bundesgericht:

    Die Beschwerde wird abgewiesen.