Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 102 IB 227



102 Ib 227

37. Auszug aus dem Urteil vom 11. Juni 1976 i.S. Thommen & Co. gegen Eidg.
Zollrekurskommission Regeste

    Verfahren: Art. 100 lit. h OG.

    Zulässigkeit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen einen Entscheid
der Eidg. Zollrekurskommission betreffend die Bewilligungspflicht
auszuführender Eisenwaren.

Auszug aus den Erwägungen:

                         Erwägungen:

    Gemäss Art. 1 der Verordnung über die Warenausfuhr vom 20. Februar
1974 (Warenausfuhr-V), die sich auf Art. 1 und 4 des Bundesbeschlusses vom
28. Juni 1972 über aussenwirtschaftliche Massnahmen stützt, ist die Ausfuhr
von "Schrott und Alteisen", Zolltarif Nr. 7303.20, nur mit einer besonderen
Bewilligung der Sektion für Ein- und Ausfuhr der Handelsabteilung des
Eidg. Volkswirtschaftsdepartements zulässig. Der Bewilligungspflicht
unterliegen auch alle Halbfabrikate und Fabrikate aus Eisen, die
infolge Abnutzung, Alter oder aus andern Gründen ausser Gebrauch gesetzt
sind. Sie sind bei der Ausfuhr unter dieser Nummer zu deklarieren. Wird
eine Eisenwarenladung bei einem Zollamt zur Ausfuhr angemeldet,
haben die Zollbehörden festzustellen, unter welche Tarifposition die
auszuführende Ware fällt. Gelangen sie dabei zum Schluss, dass die
Tarif-Nr. 7303.20 zutrifft und kann keine Ausfuhrbewilligung vorgelegt
werden, so verfügen die Zollbehörden, dass die Ware nur bei Vorlage einer
entsprechenden Bewilligung ausgeführt werden dürfe. Diese Verfügung kann
der Betroffene erst bei der Oberzolldirektion und anschliessend bei der
Eidg. Zollrekurskommission anfechten. Zu beurteilen ist, ob der Entscheid
der Eidg. Zollrekurskommission mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim
Bundesgericht angefochten werden kann.

    Das Bundesgericht beurteilt nach Art. 97 Abs. 1 OG letztinstanzlich
Verwaltungsgerichtsbeschwerden gegen Verfügungen im Sinne von Art. 5
VwVG. Als solche gelten Anordnungen der Behörden im Einzelfall, die sich
auf öffentliches Recht des Bundes stützen und u.a. Begründung, Änderung,
Aufhebung oder Feststellung von Rechten und Pflichten zum Gegenstand
haben. Der angefochtene Entscheid der Eidg. Zollrekurskommission
stellt eine Verfügung im Sinne dieser Bestimmung dar. Er stützt sich
auf die eidgenössische Zollgesetzgebung und stammt von einer der in
Art. 98 OG genannten Vorinstanzen (eidgenössische Rekurskommission,
Art. 98 lit. e). Streitig ist aber, ob einer der in den Art. 99 bis
102 OG aufgezählten Ausnahmegründe, nämlich Art. 100 lit. h, zutrifft.
Diese Bestimmung schliesst die Verwaltungsgerichtsbeschwerde aus,
wenn es sich beim angefochtenen Entscheid um eine Verfügung über die
Veranlagung von Zöllen handelt, soweit diese von der Tarifierung oder
von der Gewichtsbemessung abhängt.

    a) Der Wortlaut des Art. 100 lit. h OG lässt den Schluss zu,
dass keineswegs sämtliche Entscheide der Eidg. Zollrekurskommission
der Überprüfung durch das Bundesgericht entzogen sind, sondern eben
nur jene über die Veranlagung von Zöllen, die von der Tarifierung oder
Gewichtsbemessung abhängen. Das bringt auch Art. 109 Abs. 1 lit. e ZG (in
der Fassung gemäss Ziff. I des Bundesgesetzes vom 6. Oktober 1972) zum
Ausdruck. Zulässig sind Verwaltungsgerichtsbeschwerden gegen Entscheide
der Eidg. Zollrekurskommission über Zollveranlagungen, die nicht von der
Tarifierung oder Gewichtsbemessung abhängen; beispielsweise der Entscheid
darüber, ob eine Zollforderung verjährt ist (BGE 100 Ib 277); ferner
jene Entscheide, die nicht das "Gebiet der Zölle" beschlagen. Hierunter
fallen namentlich Entscheide über die Tarifierung zu andern Zwecken als
jene der Zollerhebung im Sinne von Art. 109 Abs. 1 lit. c ZG.

    Ein solcher Fall liegt hier vor. Die Gegenstand des Rechtsstreites
bildende Verfügung hat die Feststellung zum Inhalt, dass die Ausfuhr der
drei Eisenwarenladungen bewilligungspflichtig sei. Die zollrechtliche
Tarifierung erfolgte im Hinblick auf die Frage, ob die Ausfuhr
bewilligungspflichtig ist oder nicht.

    b) Was die Oberzolldirektion an Gegenargumenten vorbringt, dringt
nicht durch.

    Sie hält dafür, dass in allen Zolltarifstreitigkeiten, auch ausserhalb
des Gebietes der Zölle, die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ausgeschlossen
sei. Die Gründe, die zum Ausschluss der Verwaltungsgerichtsbeschwerde
"auf dem Gebiete der Zölle" (Art. 100 lit. h OG) geführt hätten, gälten
in gleicher Weise auch dann, wenn die Tarifierung "für andere Zwecke
als die Zollerhebung" vorgenommen werde. Der Ausschluss nach Art. 100
lit. h OG sei erfolgt mit Rücksicht auf den "technischen Charakter" des
Zolltarifs, der die abschliessende Beurteilung durch ein Spezialgericht
rechtfertige. Die Eidg. Zollrekurskommission habe deshalb auch zu Recht
keine Rechtsmittelbelehrung erteilt.

    Die Oberzolldirektion beruft sich für ihre Auffassung auf die
"Entstehungsgeschichte und den Grund und Zweck des Art. 100 lit. h
OG". Sie anerkennt, dass der Katalog der Ausschlussgründe im Laufe
der parlamentarischen Beratungen starke Änderungen erlitten habe; aus
der ursprünglich vom Bundesrat vorgeschlagenen Fassung - entsprechende
Neufassung des Art. 111 ZG (BBl 1965 II 1342) - glaubt sie den Schluss
ziehen zu können, der Gesetzgeber habe in allen Tarifstreitigkeiten
den Rechtsweg der Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht
ausschliessen wollen. Auch die Rückweisung einer Ware, die nicht ohne
Bewilligung ausgeführt werden dürfe, stelle eine "negative Verfügung über
eine Zollveranlagung dar, weil damit die Vornahme der Veranlagung, in casu
die Feststellung des Rechtes auf abgabefreie Ausfuhr, verweigert wird".

    Dieser Argumentation ist nicht beizupflichten. Schon der vom
Bundesrat anlässlich der Revision des OG vorgeschlagene neue Art. 111
ZG sah die Anrufung des Bundesgerichts vor "bei andern Verfügungen als
der Festsetzung des Zollbetrages". Diese Bestimmung fiel dann fort. Der
Art. 100 lit. h OG erhielt seine heutige Fassung im wesentlichen in der
nationalrätlichen Kommission. Diese hatte zunächst den Ausschluss der
Verwaltungsgerichtsbeschwerde beschlossen "Auf dem Gebiet der öffentlichen
Abgaben: Gegen Verfügungen über den Erlass und die Stundung und über
die Festsetzung des Zollbetrages, soweit sie die Zolltarifierung zum
Gegenstand haben" (Protokoll 6./7. September 1966, S. 74 betreffend
Art. 99 lit. k OG). Nachträglich wurde im Plenum vorgeschlagen,
die Verwaltungsgerichtsbeschwerde sei unzulässig "Auf dem Gebiet der
Zölle: Gegen deren Festsetzung, soweit es sich um die Zolltarifierung
handelt" (Amtl.Bull. 1967 N S. 35). Im Ständerat wurde dann noch die
Gewichtsbemessung der Tarifierung gleichgestellt (Amtl.Bull. 1967 S
S. 5.351 f.).

    Nichts deutet darauf hin, dass auch die Abgrenzung der aus-
und einfuhrbewilligungspflichtigen Waren, also Verfügungen, welche
den freien Warenverkehr und damit die Handels- und Gewerbefreiheit
beschränken, der letztinstanzlichen Überprüfung durch das Bundesgericht im
verwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren entzogen werden sollte. Die
Feststellung der Bewilligungspflicht beschlägt als solche keine Frage des
Zollrechts, sondern es geht im wesentlichen einzig um die Handhabung
des Bundesbeschlusses über aussenwirtschaftliche Massnahmen. Die
bundesrechtskonforme Handhabung dieses Erlasses unterliegt aber -
gleich wie die Handhabung anderer Bundesgesetze, die sich mit Ein-
und Ausfuhrbeschränkungen von Gütern befassen (so beispielsweise
das Landwirtschaftsgesetz) - der bundesgerichtlichen Kontrolle im
Beschwerdeverfahren. Daran vermag der Umstand, dass die Umschreibung
der bewilligungspflichtigen Güter unter Heranziehung des schweizerischen
Zolltarifs vorgenommen wird, nichts zu ändern.

    Richtig ist, dass bei Verletzung von Ausfuhrbeschränkungen
gegebenenfalls der Tatbestand des Bannbruchs (Art. 76 ZG) erfüllt sein
kann und alsdann die Oberzolldirektion zur Strafverfolgung zuständig wäre
(Art. 87 ZG, Art. 6 Abs. 3 des Bundesbeschlusses über aussenwirtschaftliche
Massnahmen sowie Art. 20 VStrR). Es trifft auch durchaus zu, dass der
schweizerische Zolltarif einen Abschnitt C "Ausfuhrzolltarif" kennt, in dem
die Position "Schrott und Alteisen" aufgeführt ist mit dem ausdrücklichen
Vermerk (zoll)"frei". Im Rahmen der Verfügung über die Bewilligungspflicht
der Ausfuhr sind dies jedoch Nebenumstände. Massgebend ist, dass die
Ausfuhrbeschränkung wirtschaftspolitischen und nicht fiskalischen
Charakter hat, die Feststellung der Bewilligungspflicht somit keine
Verfügung betreffend Veranlagung auf dem Gebiete der Zölle ist. Der
Ausschlussgrund des Art. 100 lit. h OG findet demnach - wie bereits erwähnt
- auf eine derartige Verfügung keine Anwendung. Das Bundesgericht hat
letztinstanzlich darüber zu befinden, ob zu Recht oder zu Unrecht auf
die Bewilligungspflicht der Ausfuhr erkannt worden ist.