Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 102 IA 279



102 Ia 279

41. Auszug aus dem Urteil vom 30. Juni 1976 i.S. Minelli gegen
Regierungsrat des Kantons Zürich. Regeste

    Persönliche Freiheit; Untersuchungshaft

    1. Legitimation zur Anfechtung allgemeinverbindlicher Erlasse (hier:
einer kantonalen Verordnung über die Polizeigefängnisse) (E. 1).

    2. Bedeutung der

    - Garantie der persönlichen Freiheit und weiterer Grundrechte der
Bundesverfassung,

    - Europäischen Menschenrechtskonvention,

    - Mindestgrundsätze für Behandlung der Gefangenen für die Prüfung
einer Gefängnisordnung (E. 2).

    3. Prüfung einzelner Vorschriften der angefochtenen Gefängnisordnung:

    - Mitnahme persönlicher Effekten in die Zellen (E. 3);

    - Hochklappen der Betten (E. 4);

    - Gaben Dritter (E. 6);

    - Spaziergänge, körperliche Betätigung (E. 7);

    - Bezug von Zeitungen, Zeitschriften und Büchern (E. 8);

    - Mitnahme von Radioapparaten in die Zellen (E. 9);

    - Korrespondenz (E. 11).

Sachverhalt

    A.- Der Regierungsrat des Kantons Zürich erliess am 19. April 1972 eine
Verordnung über die Bezirksgefängnisse (BezGV). Eine gegen diesen Erlass
gerichtete Beschwerde wies das Bundesgericht mit Urteil vom 4. April 1973
(BGE 99 Ia 262 ff.) im Sinne der Erwägungen ab.

    Am 25. Juni 1975 erliess der Regierungsrat des Kantons Zürich eine
Verordnung über die kantonalen Polizeigefängnisse (PVO). Polizeigefängnisse
werden von der Kantonspolizei in der kantonalen Polizeikaserne und im
Kriminalpolizeigebäude geführt. Sie dienen gemäss § 1 PVO der Aufnahme der
Gefangenen, mit denen sich die Kantonspolizei und die Kriminalabteilung
der Stadtpolizei im Rahmen ihrer Aufgabenerfüllung zu befassen haben. In
die Polizeigefängnisse werden gemäss § 1 PVO aufgenommen:

    "a) Gefangene im Polizeiverhaft;

    b) Untersuchungsgefangene für die Dauer des polizeilichen

    Ermittlungsverfahrens;

    c) Sicherheitsgefangene;

    d) Auslieferungsgefangene;

    e) Administrativ festgenommene Personen bis zu ihrer Überführung
in eine
   entsprechende Anstalt;

    f) Strafgefangene auf Anordnung der Strafvollzugsbehörden bis zur

    Zuführung
   an eine Vollzugsanstalt oder ausnahmsweise zur Erstehung kurzfristiger

    Haftstrafen."

    Die Polizeigefängnisse weisen derzeit 56 Plätze auf. Im
Jahre 1974 waren in diesen Anstalten 6801 Personen inhaftiert,
davon 53% Untersuchungs-, 9% Straf- und 38% übrige Gefangene. Die
Untersuchungsgefangenen hielten sich im Durchschnitt während 4,2, die
Strafgefangenen während 1,2 und die übrigen Gefangenen während 1,8 Tagen
in diesen Anstalten auf. Im Jahre 1975 waren von insgesamt 7035 Gefangenen
3127 bis zu 24 Stunden, 3074 bis zu 3 Tagen, 561 bis zu 10 Tagen, 202
bis zu einem Monat und 71 über einen Monat in den Polizeigefängnissen
inhaftiert. Die längeren Haftdauern ergaben sich insbesondere bei
Auslieferungsgefangenen.

    Das Bundesgericht hat eine von Ludwig A. Minelli gegen die Verordnung
über die Polizeigefängnisse eingereichte staatsrechtliche Beschwerde
teilweise gutgeheissen und die §§ 16 und 18, 23, 31, 33, 36 PVO aufgehoben.

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 1

    1.- Gemäss Art. 84 Abs. 1 OG ist die staatsrechtliche Beschwerde sowohl
gegen Verfügungen (Entscheide) als auch gegen allgemeinverbindliche Erlasse
zulässig. Zur Anfechtung von Erlassen ist jeder legitimiert, auf den die
als verfassungswidrig bezeichneten Vorschriften künftig einmal angewendet
werden könnten. Es genügt, dass der Beschwerdeführer virtuell unter den
Erlass fällt; er braucht nicht bereits praktisch davon betroffen zu sein
(BGE 99 Ia 264 E. 1). Der Beschwerdeführer, der im Kanton Zürich wohnt,
ist daher befugt, die Verordnung über die kantonalen Polizeigefängnisse
mit staatsrechtlicher Beschwerde anzufechten.

Erwägung 2

    2.- Die angefochtene Verordnung enthält in den §§ 1-11 Bestimmungen
über die Organisation der kantonalen Polizeigefängnisse; die §§ 12-49
regeln die Hausordnung. Sie enthalten Grundsätze über den Eintritt und
die Entlassung der Gefangenen, ihre Effekten, ihre Unterbringung, über
Tagesordnung und Arbeit, Verpflegung, Gesundheitspflege, Besuche und
Briefe, Disziplin und Disziplinarmassnahmen sowie das Rekursrecht.

    Zahlreiche dieser Vorschriften stimmen mit denen der Verordnung
über die Bezirksgefängnisse zum Teil wörtlich überein. Andere
weichen davon ab, vor allem mit Rücksicht auf den besonderen Zweck der
Polizeigefängnisse. Das Bundesgericht hat die Verfassungsmässigkeit der
Verordnung über die Bezirksgefängnisse - soweit entsprechende Rügen erhoben
worden waren - in BGE 99 Ia 262 ff. im Sinne der Erwägungen bejaht. Dies
schliesst eine nochmalige Beurteilung der damals streitigen Fragen
nicht aus, da die Beschwerde sich gegen einen neuen Erlass richtet. Es
stände selbst einer erneuten (und dann vorfrageweisen) Überprüfung der
Verordnung über die Bezirksgefängnisse nichts entgegen, wenn die Beschwerde
einen Anwendungsakt jener Verordnung zum Gegenstand hätte. Wird die
Verfassungsmässigkeit eines Erlasses auf eine staatsrechtliche Beschwerde
hin bejaht, so kommt dieser Beurteilung für spätere Entscheide keine
Rechtskraft zu.

    a) Die Verfassungsmässigkeit einer Gefängnisordnung beurteilt
sich vorab nach Massgabe der Garantie der persönlichen Freiheit. Diese
gewährleistet als ungeschriebenes Grundrecht der Bundesverfassung die
Bewegungsfreiheit und die körperliche Integrität des Menschen. Sie schützt
darüber hinaus alle elementaren Erscheinungen menschlicher Persönlichkeit,
die nicht durch andere Grundrechte der Bundesverfassung gewährleistet
sind. Die Garantie der persönlichen Freiheit schliesst Beschränkungen
der geschützten Fähigkeiten und Tätigkeiten nicht aus. Solche sind
jedoch nur zulässig, wenn sie auf einer gesetzlichen Grundlage beruhen,
im öffentlichen Interesse liegen und dem Gebot der Verhältnismässigkeit
entsprechen. Zudem darf die persönliche Freiheit weder völlig unterdrückt
noch ihres Gehalts als fundamentale Institution der Rechtsordnung entleert
werden (BGE 97 I 49 E. 3; vgl. 101 Ia 345 E. 7a mit Hinweisen). Eine
Gefängnisordnung ist mit dem Grundrecht der persönlichen Freiheit demnach
nicht vereinbar, wenn den Gefangenen Freiheitsbeschränkungen auferlegt
werden, die dem Gebot eines menschenwürdigen, von schikanösen und
sachlich nicht begründeten Eingriffen freien Vollzugs widersprechen (dazu
im einzelnen: BGE 99 Ia 266 ff. E. II und III; 97 I 842 E. 4-6). Werden
durch die Gefängnisordnung weitere Grundrechte der Bundesverfassung, wie
etwa die Meinungsäusserungsfreiheit, beschränkt, so sind die Vorschriften
auch an diesen Gewährleistungen zu messen (vgl. BGE 101 Ia 148 ff.).

    b) Die Freiheitsbeschränkungen müssen überdies mit den
Gewährleistungen der Europäischen Menschenrechtskonvention vereinbar sein
(vgl. J.P. MÜLLER, Die Anwendung der Europäischen Menschenrechtskonvention
in der Schweiz, ZSR 94/19751 S. 383 ff.; TRECHSEL, Die europäische
Menschenrechtskonvention, ihr Schutz der persönlichen Freiheit und die
schweizerischen Strafprozessrechte, S. 144 ff.). Ob das zutrifft,
prüft das Bundesgericht im Unterschied zu den Konventionsorganen
nicht lediglich im konkreten Einzelfall, sondern - im Hinblick auf die
Bestimmungen, welche die Grundlage für solche Eingriffe bilden - auch
im Verfahren der abstrakten Normenkontrolle (Art. 84 Abs. 1 lit. c OG;
vgl. auch BGE 100 Ia 69 E. 2c).- Die Garantie der persönlichen Freiheit,
die zum ungeschriebenen Verfassungsrecht des Bundes gehört, verlangt nach
dem soeben Gesagten einen menschenwürdigen, von schikanösen und sachlich
nicht begründeten Eingriffen freien Vollzug der Untersuchungshaft sowie von
Strafen und Massnahmen. Über diesen Schutz reichen die Gewährleistungen
der Menschenrechtskonvention nach der bisherigen Rechtsprechung der
Konventionsorgane nicht hinaus (vgl. zur Übersicht: Les droits de l'homme
dans les prisons, hrsg. von der Europäischen Kommission für Menschenrechte,
Strassburg 1971; GANTER, Die Spruchpraxis der Europäischen Kommission für
Menschenrechte auf dem Gebiet des Strafvollzugs, Bonn 1974; WILDHABER,
Die materiellen Rechte der Konvention mit Ausnahme des Art. 5 und 6,
ZSR 94/1975 I S. 516 ff., 529 ff.). Die Haftbedingungen der Gefangenen
sind daher in erster Linie an den Grundrechten der Bundesverfassung zu
messen. Bei deren Konkretisierung sind jedoch die Garantien der Konvention
und die Rechtsprechung der Europäischen Kommission und des Europäischen
Gerichtshofes für Menschenrechte zu berücksichtigen.

    c) Am 19. Januar 1973 beschloss das Ministerkomitee des Europarates
die Resolution (73) 5 betreffend Mindestgrundsätze für die Behandlung
der Gefangenen. Die Entschliessung enthält eine Empfehlung an die
Mitgliedstaaten - zu denen auch die Schweiz zählt -, sich bei ihrer
innerstaatlichen Gesetzgebung und Praxis von den Grundsätzen leiten zu
lassen, die der Resolution als Anhang beigefügt sind, mit dem Ziel, die
Grundsätze in zunehmendem Masse zu verwirklichen. Dem Generalsekretär
des Europarates ist alle fünf Jahre Bericht darüber zu erstatten, welche
Schritte unternommen worden sind. Die der Entschliessung beigefügten
Mindestgrundsätze sind eine Europäische Fassung der Mindestgrundsätze
für die Behandlung der Gefangenen, die vom Wirtschafts- und Sozialrat
der Vereinten Nationen im Jahre 1957 verabschiedet wurden. Diese gehen
ihrerseits auf Vorarbeiten und Entschliessungen des Völkerbundes zurück
(vgl. zur Entstehungsgeschichte und zum Text: Mindestgrundsätze für
die Behandlung der Gefangenen, Europäische Fassung, Karlsruhe 1975,
bes. S. 12 ff.; JESCHECK/KRÜMPELMANN, Die Untersuchungshaft im deutschen,
ausländischen und internationalen Recht, Bonn 1971, S. 891 ff.).

    Die Mindestgrundsätze enthalten keine die Mitgliedstaaten des
Europarates völkerrechtlich bindende Vorschriften. Ihre Nichtbeachtung
kann daher auch nicht mit staatsrechtlicher Beschwerde gerügt werden. Da
sie - wie die Europäische Menschenrechtskonvention - ihre Grundlage in der
gemeinsamen Rechtsüberzeugung der Mitgliedstaaten des Europarates finden,
sind die bei der Konkretisierung der Grundrechtsgewährleistungen der
Bundesverfassung gleichwohl zu berücksichtigen. Wo den Mindestgrundsätzen
der Charakter eigentlicher Grundrechtsverbürgungen zukommt, wird sich das
Bundesgericht zu ihnen nicht leichthin in Gegensatz stellen. Soweit die
Grundsätze mehr kriminalpolitischer Natur sind, obliegt ihre Verwirklichung
nicht der Verfassungsrechtsprechung, sondern den politischen Behörden
des Bundes und der Kantone, in deren Kompetenz die Gesetzgebung und
Rechtsanwendung hinsichtlich des Strafvollzugs gehört.

    d) Nach § 29 des zürcherischen Gesetzes vom 30. Juni 1974 über das
kantonale Strafrecht und den Vollzug von Strafen und Massnahmen (StVG)
vollzieht der Regierungsrat die Vorschriften des Bundesrechts und die
Anordnungen der Bundesbehörden. Er bestimmt die Anstalten für die einzelnen
Strafen und Massnahmen. § 30 StVG beauftragt den Regierungsrat, auf dem
Verordnungsweg Bestimmungen über die Führung der Anstalten, die Rechte
und Pflichten der Eingewiesenen und den Vollzug von Freiheitsstrafen
und Massnahmen zu treffen. Er hat sich dabei an die Vorschriften des
Bundesrechts sowie an die in § 30 Ziff. 1-7 und § 31 StVG geregelten
Grundsätze zu halten. § 30 Ziff. 2 und 6 StVG lauten:

    "2. Die menschliche würde des Eingewiesenen ist zu achten und zu
   schützen.

    Beim Vollzug sind unnötige Einschränkungen, die sich nicht aus dem

    Freiheitsentzug selbst ergeben, zu unterlassen.

    6. Der Verkehr mit der Aussenwelt, insbesondere mit Ehegatten,

    Angehörigen
   und anderen geeigneten Personen, ist zu fördern; wenn es verantwortbar
   ist, wird er ohne Überwachung gestattet.

    Behördemitglieder, Vormünder und Sozialarbeiter können mit dem

    Eingewiesenen in der Regel unbeaufsichtigt verkehren."

    § 30 Ziff. 2 StVG wiederholt lediglich Grundsätze, die sich bereits
aus der verfassungsmässigen Garantie der persönlichen Freiheit ergeben
(oben E. 2a) und bietet insofern den Eingewiesenen keinen zusätzlichen
Rechtsschutz. Ziff. 6, auf die sich der Beschwerdeführer vor allem im
Zusammenhang mit seinen Rügen bezüglich des Besuchsrechts beruft, bezieht
sich gleich wie der ganze Abschnitt des Gesetzes grundsätzlich auf den
Strafvollzug. Die Verfassungsmässigkeit der einzelnen Bestimmungen der
angefochtenen Verordnung ist somit nicht an § 30 Ziff. 2 und 6 StVG
zu messen.

Erwägung 3

    3.- Die Beurteilung der gegen die einzelnen Verordnungsbestimmungen
gerichteten Rügen führt zu folgenden Ergebnissen:

    a) Gemäss § 16 PVO werden dem eintretenden Gefangenen alle Gegenstände
abgenommen, welche nicht zu seiner persönlichen Ausrüstung gehören. Diese
umfasst nach § 18 PVO die eigene Kleidung und Leibwäsche sowie die
zugelassenen Toilettenartikel. § 18 Abs. 2 PVO setzt fest, dass der
Gefangenenwart im Einverständnis mit der zuständigen Stelle die Mitnahme
weiterer Gegenstände der persönlichen Habe in die Zelle gestatten kann.

    Der Beschwerdeführer beanstandet, dass nach dieser Regelung der
Gefangene seine Uhr, Schreibzeug, Notizen, Fotos von Angehörigen und
weitere Gegenstände - wie Brieftaschen, Ringe, usw. - in die Zelle nur
dann mitnehmen dürfe, wenn dies vom Gefangenenwart gestattet werde. Nach
den Ausführungen des Regierungsrates findet die in den §§ 16 und 18
PVO getroffene Ordnung ihre Rechtfertigung darin, dass die Effekten der
Gefangenen gesichtet und unter Umständen zu den Akten genommen werden
müssten. Der Ehering werde den Gefangenen nicht abgenommen; andere
Wertgegenstände (wie Uhren, Schmuck) müssten durch den Fahndungsdienst
darauf überprüft werden, ob sie gestohlen seien. Eine zeitweilige
Wegnahme dieser Gegenstände sei daher nicht zu vermeiden. Doch würden
sie sobald als möglich zurückgegeben. Schreibzeug könne den Gefangenen
deshalb nicht überlassen werden, weil damit "Kassiber" hergestellt werden
könnten. Wenn der Gefangene jedoch "im Interesse der Untersuchung - auch
zu seiner Verteidigung" schriftliche Aufzeichnungen zu erstellen habe,
so werde ihm das nötige Schreibzeug zur Verfügung gestellt.

    b) Zur Verhinderung unerlaubter Verbindungen mit anderen Gefangenen
und mit der Aussenwelt sowie als Vorkehr gegen Ausbruchsversuche,
Selbstmordversuche oder Angriffe auf das Anstaltspersonal ist eine
übersichtliche und leicht kontrollierbare Ordnung in den Zellen
notwendig. Das Bundesgericht gelangte daher in BGE 99 Ia 272 E. V Ziff. 1
zur Auffassung, es stehe mit der Garantie der persönlichen Freiheit nicht
in Widerspruch, wenn die Mitnahme der persönlichen Habe in die Zellen
grundsätzlich untersagt sei und wenn die Gefängnisverwaltung bestimme,
welche Gegenstände die Gefangenen ausser Kleidern und Toilettenartikeln
bei sich in der Zelle haben dürften. Das Bundesgericht hielt fest, dass
die in den §§ 23 und 25 BezGV getroffene Regelung - mit welcher die in
der PVO enthaltene Ordnung fast wörtlich übereinstimmt - eine flexible,
die verfassungsmässigen Rechte und die Besonderheiten des jeweiligen
Einzelfalls berücksichtigende Praxis ermögliche. Es sei selbstverständlich,
dass die Gefängnisverwaltung nicht in schikanöser Weise ungefährliche
Objekte, die für einen Gefangenen einen erheblichen Affektionswert hätten
(wie Bilder oder Bücher), von der Mitnahme ausschliessen dürfe. Gestützt
auf diese Erwägungen hielt das Bundesgericht im genannten Entscheid die
Rüge, die §§ 23 und 25 BezGV schränkten die persönliche Freiheit der
Gefangenen über Gebühr ein, für unbegründet.

    An dieser Rechtsprechung kann nicht im ganzen Umfang festgehalten
werden. Zwar besteht kein Anlass, vom eingangs erwähnten Grundsatz
abzugehen. In den Polizei- wie in den anderen Gefängnissen
ist eine übersichtliche und leicht kontrollierbare Zellenordnung
unerlässlich. Einschränkungen, die sich für die Gefangenen daraus ergeben,
sind sachlich begründet und verletzen die Verfassung nicht. Die in den §§
16 und 18 PVO nach dem Vorbild der Verordnung über die Bezirksgefängnisse
getroffene Regelung kann bei einer erneuten Überprüfung aber nicht als
sachgerechte gesetzgeberische Lösung bezeichnet werden, welche selber die
mögliche und gebotene Gewähr für eine verfassungsmässige Rechtsanwendung
bietet.

    Die §§ 16 und 18 PVO unterscheiden Sachen der "persönlichen
Ausrüstung", die in die Zellen ohne besondere Erlaubnis mitgenommen werden
dürfen, und übrige Gegenstände der persönlichen Habe, deren Besitz den
Gefangenen ohne besondere Erlaubnis des Gefangenenwartes nicht gestattet
ist. Die Aufzählung der Gegenstände, die zur "persönlichen Ausrüstung"
gehören, ist angesichts der gewählten Systematik zu eng. Sie hat zur
Folge, dass Gegenstände einem Verbot mit Erlaubnisvorbehalt unterstellt
sind, deren Besitz den Gefangenen (vom Vorliegen akuter Suizidgefahr
abgesehen) kaum je verwehrt werden kann. Zu diesen Gegenständen gehören
die Uhr, Schreibmaterial und der Ehering. Es ist auch nicht regelmässig
der Fall, dass einem Gefangenen solche Gegenstände im Interesse der
Strafuntersuchung abgenommen werden müssen. Die Verordnung bringt mit der
blossen "kann-Formel" überdies nicht mit der wünschbaren Deutlichkeit
zum Ausdruck, dass die Mitnahme anderer Gegenstände als derjenigen der
"persönlichen Ausrüstung" vom Gefangenenwart gestattet werden muss, wenn
die Sachen für den Gefangenen einen hohen Affektionswert besitzen oder
wenn sie der Selbstbeschäftigung dienen (vgl. BGE 97 I 51 ff. E. 4 und
5), sofern ihr Vorhandensein mit dem Erfordernis einer übersichtlichen
und leicht kontrollierbaren Zellenordnung vereinbar ist und dem Zweck
der Haft nicht zuwiderläuft.

    Da die §§ 16 und 18 PVO diesen Grundsätzen nicht entsprechen, sind
sie aufzuheben.

Erwägung 4

    4.- § 23 PVO schreibt vor, dass die Betten in den Zellen tagsüber
hochzuklappen sind. Der Gefangenenwart bewilligt Ausnahmen bei Krankheiten,
Gebrechlichkeit und Unpässlichkeit sowie bei einer Haftdauer von mehr
als einer Woche als Belohnung für Reinlichkeit und gute Führung.

    Die Verordnung über die Bezirksgefängnisse enthält keine entsprechende
Bestimmung. § 23 PVO soll nach der Darstellung des Regierungsrates die
gute Ordnung in den Zellen sicherstellen. In den recht engen Räumen werde
durch das Hochklappen der Betten Bewegungsraum geschaffen. Erfahrungsgemäss
hätten die wenigsten Gefangenen das Bedürfnis, sich tagsüber hinzulegen,
weil sie sonst nachts nicht mehr schlafen könnten. Zudem seien unter den
in § 23 genannten Voraussetzungen Ausnahmen möglich.

    Diese Überlegungen vermögen die angefochtene Vorschrift nicht
zu rechtfertigen. Wenn das Bett tagsüber hochgeklappt werden muss,
so hat der Inhaftierte lediglich noch die Wahl, auf dem in der Zelle
vorhandenen Stuhl zu sitzen oder sich, wenn er nicht stehen will, auf
den blanken Boden zu legen. Die Möglichkeit, sich tagsüber auf sein
Bett zu legen, ist eine der elementarsten Freiheiten, die ein Gefangener
in Einzelhaft beanspruchen kann. Sie ihm zu verweigern, lässt sich mit
sachlichen Gründen schlechterdings nicht rechtfertigen. Dass die dafür
vorgebrachten Gründe nicht stichhaltig sind, belegt schon die angefochtene
Vorschrift selber, kann doch den Gefangenen das Herabklappen der Betten
"als Belohnung" für Reinlichkeit und gute Führung gestattet werden. Die
Verpflichtung, das Bett in der Zelle tagsüber hochzuklappen, mag aus
Gründen der Anstaltsordnung im Einzelfall gerechtfertigt sein, wenn ein
Gefangener sich unreinlich benimmt. In seiner allgemeinen Fassung aber
widerspricht § 23 PVO dem verfassungsmässigen Gebot eines menschenwürdigen,
von schikanösen und sachlich nicht begründeten Beschränkungen freien
Vollzugs. Die Vorschrift ist deshalb aufzuheben.

Erwägung 6

    6.- § 31 PVO bestimmt, dass die Gefangenen pro Woche eine Gabe von
Dritten erhalten dürfen. Es sind nur folgende Artikel zulässig:

    2 Kilogramm Obst,

    250 Gramm Käse oder Dauerwurst,

    200 Gramm Schokolade,

    250 Gramm Stärkungsmittel (Ovomaltine oder dergleichen) oder Zucker
oder Konfitüre.

    § 31 PVO stimmt wörtlich mit § 42 BezGV überein. Das Bundesgericht
bezeichnete jene Vorschrift in BGE 99 Ia 279 E. V Ziff. 7 als sehr
eng. Zwar anerkannte es die Notwendigkeit einer klaren und leicht
anwendbaren Regelung. Es vertrat jedoch die Auffassung, diesem
Erfordernis sei Genüge getan, wenn die Aufzählung in der Verordnung als
Richtlinie betrachtet werde mit der Möglichkeit, auf Gesuch hin anstelle
einer ausdrücklich genannten Ware eine entsprechende Quantität eines
gleichwertigen anderen Produkts zu bewilligen. Derart als Richtlinie im
Sinne einer Minimalvorschrift verstanden, verstosse die Bestimmung nicht
gegen einen verfassungsrechtlichen Grundsatz.

    Der Regierungsrat schliesst sich in seiner Vernehmlassung
diesen Erwägungen des Bundesgerichts nicht an. Er führt zur Rüge des
Beschwerdeführers, in der neuen Verordnung müsste klar zum Ausdruck
kommen, dass es sich bei § 31 PVO um eine Minimalvorschrift handle,
folgendes aus: Die in § 31 PVO genannten Waren seien im Handel in den
entsprechenden Mengen verpackt; eine eingehende Kontrolle ihres Inhalts
sei deshalb entweder nicht nötig oder leicht möglich. Zwar kämen unter
dem Gesichtspunkt der Kontrolle auch andere Produkte als zulässige Gaben
Dritter in Frage, doch sei eine klare Regelung und eine abschliessende
Aufzählung notwendig, wenn Schwierigkeiten vermieden werden sollten.

    Der Regierungsrat lehnt nach dem Gesagten die Erwägungen des
Bundesgerichts zur Handhabung der beanstandeten Vorschrift ab. Er tut
in seiner Vernehmlassung jedoch nicht dar, inwiefern der Haftzweck
oder die Anstaltsordnung ausschliessen, dass die Gefangenen auch andere
als die in § 31 PVO aufgezählten Gaben erhalten dürfen, wenn die Waren
leicht zu kontrollieren sind oder wegen ihrer Verpackung überhaupt nicht
kontrolliert werden müssen. Die Einwendung des Regierungsrates vermag daher
ein Abgehen von der dargelegten Rechtsprechung nicht zu rechtfertigen. Die
vom Regierungsrat vertretene enge Auslegung von § 31 PVO kann sich auf den
Wortlaut der Bestimmung stützen. Wenn die Vorschrift jede Wahlmöglichkeit
ausschliesst, hält sie vor der Verfassung jedoch nicht stand. § 31 PVO
ist aus diesem Grunde aufzuheben.

Erwägung 7

    7.- a) § 33 PVO setzt fest, dass die Gefangenen nach Ablauf einer
Woche "in der Regel jeden dritten Tag eine halbe Stunde" unter Aufsicht
spazieren dürfen. In § 44 BezGV ist demgegenüber bestimmt, dass in den
Bezirksgefängnissen mit abgeschlossenem Hof die Gefangenen, die nicht im
Freien beschäftigt werden, nach Ablauf einer Woche "wöchentlich mindestens
dreimal eine halbe Stunde" unter Aufsicht spazieren können.

    Das Bundesgericht gelangte in BGE 99 Ia 280 E. V Ziff. 8 zur
Auffassung, dass § 44 BezGV "zur Zeit und mit Rücksicht auf die
praktischen Schwierigkeiten", den Gefangenen einen täglichen Spaziergang zu
ermöglichen, noch als verfassungsmässig bezeichnet werden könne. Überdies
war zu berücksichtigen, dass die damals streitige Vorschrift ihrem
Wortlaut nach eine Minimalregel enthielt und dass demnach den Gefangenen
eine tägliche Bewegungsmöglichkeit eingeräumt werden musste, wo dies
praktisch durchführbar war. Auf diesen Umstand hatte in der Vernehmlassung
zur damaligen staatsrechtlichen Beschwerde für den Regierungsrat des
Kantons Zürich auch die Direktion der Justiz hingewiesen und ausgeführt,
es sei vorgesehen, durch ergänzende Richtlinien den Gefangenen vermehrte
Bewegungsmöglichkeiten zu gewähren, soweit Bauten und Personalbestand es
zuliessen. Das Bundesgericht stellte bei seinem Entscheid vom 4. April
1973 sodann darauf ab, dass bis zu jenem Zeitpunkt für die Kantone
noch keine Richtlinien aufgestellt worden waren, die als Regel einen
täglichen Spaziergang von einer gewissen Mindestdauer vorsahen. In
den Urteilserwägungen wurde aber darauf hingewiesen, es sei nicht
ausgeschlossen, "dass in Zukunft auf Grund der neuern Auffassung über die
Stellung der Gefangenen ohne Rücksicht auf die praktischen Verhältnisse
ein verfassungsmässiger Anspruch auf ein gewisses Minimum an täglicher
Bewegung anerkannt" werde (BGE 99 Ia 281 E. V Ziff. 8 lit. d).

    b) § 33 der neuen Verordnung über die Polizeigefängnisse sieht vor,
dass die Gefangenen nach Ablauf einer Woche Haft "in der Regel jeden
dritten Tag eine halbe Stunde" spazieren dürfen. Der Regierungsrat
begründet die getroffene Regelung damit, der grösste Teil der Gefangenen
halte sich weniger als eine Woche in den Polizeigefängnissen auf. Diese
Anstalten besässen keine geschlossenen Gefängnishöfe und die personellen
Mittel zur Überwachung der Gefangenen seien äusserst beschränkt. Ein
halbstündiger Spaziergang jeden dritten Tag sei daher das Äusserste,
was die Bewachungsorgane zu bewältigen vermöchten.

    Die Verordnung über die Polizeigefängnisse dehnt die Möglichkeiten
körperlicher Betätigung, die den Gefangenen eingeräumt sind, im Vergleich
zur Verordnung vom 19. April 1972 über die Bezirksgefängnisse nicht aus,
sondern schränkt sie ein. Ein halbstündiger Spaziergang ist nicht mehr
"wöchentlich mindestens dreimal" vorgesehen. Den Gefangenen wird lediglich
"in der Regel jeden dritten Tag" Gelegenheit zum Spaziergang gegeben. Dabei
ist die Vorschrift offenbar so zu verstehen, dass Abweichungen von
der Regel eher gegen unten als gegen oben zu erwarten sind. Dies ist
angesichts der Erwägungen des Bundesgerichts in BGE 99 Ia 280 E. V Ziff. 8
nur schwer verständlich.

    c) An der Regelung von § 33 PVO kann bei einer verfassungsrechtlichen
Überprüfung nicht beanstandet werden, dass die Gefangenen in
der ersten Haftwoche vom Spaziergang ausgeschlossen sind. Diese
zusätzliche Beschränkung der persönlichen Freiheit lässt sich für
die neu in die Anstalt eingetretenen Gefangenen mit sachlichen Gründen
rechtfertigen. Verhaltensweisen und Besonderheiten der Neueintretenden sind
dem Anstaltspersonal noch nicht bekannt. Zudem ist in Rechnung zu stellen,
dass die Gefangenen in der ersten Haftwoche durch Verhöre und durch die
erkennungsdienstliche Behandlung stark in Anspruch genommen werden. Auch
kann nicht gesagt werden, diese vorübergehende Freiheitsbeschränkung
gefährde die Gesundheit der Gefangenen. Wenn es sich im Einzelfall dennoch
so verhalten sollte, so versteht sich von selbst, dass dem betreffenden
Gefangenen Gelegenheit zur notwendigen körperlichen Bewegung im Freien
gegeben werden muss. Die Rüge, § 23 PVO sei insoweit mit der Verfassung
nicht vereinbar, als er das Spazierrecht während der ersten Haftwoche
ausschliesse, ist daher nicht begründet. § 23 PVO verletzt insoweit
auch die Europäische Menschenrechtskonvention nicht. Der Ausschluss des
Spazierrechts in der ersten Haftwoche steht wohl auch nicht in Gegensatz
zum Mindestgrundsatz Nr. 20 für die Behandlung der Gefangenen, auch wenn
diese Einschränkung dort nicht ausdrücklich vorgesehen ist.

    Die angefochtene Bestimmung ist mit der Verfassung jedoch nicht
vereinbar, soweit sie nach Ablauf der ersten Haftwoche nur jeden dritten
Tag einen halbstündigen Spaziergang vorsieht. Wegen der vorrangigen
Bedeutung der körperlichen Betätigung für die physische und psychische
Gesundheit ist aus dem ungeschriebenen Grundrecht der persönlichen
Freiheit heute abzuleiten, dass den Gefangenen, die nicht im Freien
arbeiten, nach mehr als einer Woche Haftdauer Gelegenheit gegeben
werden muss, unter Aufsicht täglich eine halbe Stunde an der frischen
Luft zu spazieren. Ob von diesem Grundsatz in Ausnahmefällen für eine
Übergangszeit noch abgewichen werden darf, kann hier offenbleiben, da
seiner Verwirklichung jedenfalls im hier zu beurteilenden Fall keine
unüberwindlichen Hindernisse entgegenstehen. Falls sich der Zürcher
Kasernenhof für einen täglichen Spaziergang der Häftlinge nicht eignet,
so sind die Gefangenen nach Ablauf der ersten Haftwoche in das ca. 500
m entfernte Bezirksgefängnis zu überführen, sei es für den ganzen Rest
der Haft, sei es für die tägliche Bewegung im Freien. Soweit zusätzliches
Bewachungspersonal erforderlich ist, muss es rekrutiert werden.

    In den Mindestgrundsätzen für die Behandlung der Gefangenen wird
gefordert, dass jeder Häftling, der nicht im Freien beschäftigt ist,
das Recht auf "täglich mindestens eine Stunde Bewegung oder geeignete
Leibesübungen im Freien" hat (Nr. 20 Abs. 1). Für junge Gefangene und
andere Gefangene geeigneten Alters und entsprechender körperlicher
Verfassung sind für die Zeit der Bewegung im Freien organisatorische
Massnahmen für die Leibeserziehung und Erholung zu treffen. Zu diesem
Zweck sind Plätze, Einrichtungen und Ausrüstungen zur Verfügung zu
stellen (Nr. 20 Abs. 2). Mit Rücksicht auf die praktischen Verhältnisse
kann aus der persönlichen Freiheit kein solcher Grundsatz abgeleitet
werden. Es muss indessen Ziel der kantonalen Behörden und des Bundes sein,
künftig den Gefangenen diejenigen Möglichkeiten zu verschaffen, die dem
Mindestgrundsatz Nr. 20 in der Art und wöchentlich im Umfang entsprechen.

Erwägung 8

    8.- a) § 36 PVO lautet:

    "Die Kantonspolizei unterhält eine Gefängnisbibliothek, aus welcher den

    Gefangenen nach Wunsch Bücher ausgeliehen werden. Die Gefangenen
haben die
   verabreichte Lektüre sorgfältig zu behandeln. Die Bücher können
   wöchentlich ausgetauscht werden.

    Lehrbücher unterliegen keiner Beschränkung. Sie sind vom Gefangenen auf
   eigene Kosten zu beschaffen.

    Zeitungen oder Zeitschriften dürfen den Gefangenen erst nach einer

    Haftzeit
   von einer Woche zugestellt werden. Die Zeitungen oder Zeitschriften sind
   dem Gefangenen vom Verlag oder einer Zeitungsagentur auf seine Kosten
   zuzusenden. Sie werden nach der Entlassung oder Versetzung von der

    Kantonspolizei nicht nachgeschickt.

    Bei Untersuchungs-, Sicherheits- und Auslieferungsgefangenen bedarf die

    Beschaffung von Lehrbüchern und das Abonnieren von Zeitungen und

    Zeitschriften der Zustimmung der für den Gefangenen zuständigen
Stelle".

    Der Beschwerdeführer beanstandet, dass den Gefangenen gemäss § 30
Abs. 3 PVO Zeitungen und Zeitschriften erst nach einer Haftdauer von
einer Woche zugestellt werden dürfen. Den Gefangenen müsse sodann auch
erlaubt sein, eine Zeitung oder Zeitschrift zu erhalten, wenn dies nicht
"auf seine Kosten" geschehe, sondern wenn ein Dritter das Abonnement
bezahle. Sodann sei die in § 36 Abs. 4 enthaltene Beschränkung des
Informationsrechts der Gefangenen unzulässig.

    b) § 36 PVO entspricht weitgehend - aber nicht vollständig - dem §
48 BezGV. § 48 BezGV bestimmt, dass die Gefangenen nach einer Woche
Haftdauer das Recht haben, von der Gefängnisverwaltung abonnierte Zeitungen
oder Zeitschriften zu beziehen oder eine Zeitung oder Zeitschrift auf
eigene Kosten zu abonnieren. Für Untersuchungs- und Sicherheitsgefangene
ist hiefür die Zustimmung des Untersuchungsbeamten erforderlich. Das
Bundesgericht hat bei der Beurteilung dieser Bestimmung in BGE 99 Ia
282 E. V Ziff. 10a ausgeführt, dass das Verteilen der Zeitungen und
Zeitschriften - auch der von der Gefängnisverwaltung abonnierten -
gewisse Umtriebe mit sich bringe. Unter diesem Gesichtspunkt lasse sich
die einwöchige Zeitungssperre "zur Not" rechtfertigen. Ob es mit der
Verfassung vereinbar ist, dass die Häftlinge der Polizeigefängnisse - im
Gegensatz zu den Gefangenen, die in den Bezirksgefängnissen inhaftiert
sind - keine von der Gefängnisverwaltung abonnierte Zeitung beziehen
können, ist hier nicht zu prüfen, da eine entsprechende Rüge nicht
erhoben worden ist. Zu beurteilen ist einzig, ob den Häftlingen in den
Polizeigefängnissen verwehrt werden kann, in der ersten Haftwoche eine
Zeitung oder Zeitschrift von einem Verlag oder einer Zeitungsagentur
zu beziehen. Dies kann - wenn auch hier nicht ohne Bedenken bejaht
werden. Selbst wenn nämlich der Auftrag, einem Gefangenen eine Zeitung
oder Zeitschrift zuzustellen, bereits am ersten Hafttag aufgegeben wird,
so können bis zur ersten Zustellung leicht einige Tage verstreichen, bis
der Auftrag vom Verlag oder von der Zeitungsagentur ausgeführt wird. Auch
wenn § 36 PVO demnach die beanstandete Beschränkung nicht enthielte,
so verstriche wegen der praktischen Gegebenheiten gleichwohl ein Teil
der ersten Haftwoche, bevor der Häftling in den Besitz der abonnierten
Zeitung oder Zeitschrift gelangen würde. Die Beschränkung wirkt sich
zudem für einen grossen Teil der Häftlinge überhaupt nicht aus, waren
doch im Jahre 1975 von insgesamt 7035 Gefangenen 6021 nicht länger als
drei Tage in den Polizeigefängnissen inhaftiert.

    Wenngleich die hier beanstandete Beschränkung für sich allein als
nicht sehr einschneidend erscheinen mag, so ergeben sich Bedenken daraus,
dass den Gefangenen in der ersten Haftwoche insgesamt Einschränkungen
auferlegt werden, die an der Grenze des Zulässigen liegen. Die Gefangenen
werden nicht nur von der Lektüre einer Zeitung oder Zeitschrift, sondern
auch vom Spaziergang (§ 33 PVO) sowie vom Empfang von Besuchen (§ 38
PVO) ausgeschlossen. Auch besteht in den Polizeigefängnissen offenbar
keine Gelegenheit, über anstaltseigene Anlagen Radio zu hören. Die
Mitnahme eigener Radioapparate in die Zellen ist untersagt (§ 37 PVO,
vgl. hinten E. 9). Bei dieser Sachlage droht die Verordnung in Widerspruch
zum verfassungsmässigen Grundsatz zu geraten, dass die Haft nicht als
psychisches Druckmittel verwendet werden darf (BGE 99 Ia 282).

    c) Nach § 36 Abs. 1 PVO steht den Gefangenen eine Gefängnisbibliothek
zur Verfügung. Es können einmal wöchentlich Bücher ausgeliehen werden. Von
auswärts dürfen, wie sich aus § 36 Abs. 2 und 3 sowie aus § 41 Abs. 4
PVO ergibt, keine Bücher bezogen werden. Eine Ausnahme gilt gemäss §
36 Abs. 2 für "Lehrbücher". Diese können von den Gefangenen auf eigene
Kosten beschafft werden.

    Die Verordnung über die Bezirksgefängnisse enthält im wesentlichen
die gleiche Regelung. Das Bundesgericht hat deren Verfassungsmässigkeit
in einem Anwendungsfall verneint, weil sie den Lesestoff der
Untersuchungsgefangenen mehr beschränkt, als der Untersuchungszweck
und eine vernünftige Anstaltsordnung erfordern (Urteil i.S. Schlegel
vom 3. Dezember 1975, veröffentlicht in EuGRZ 3/1976, S. 86 f.). Von
Verfassungs wegen gelten für den Bücherbezug in der Untersuchungshaft
folgende Grundsätze: Werden einem Untersuchungsgefangenen Bücher von einer
Privatperson zugestellt, so kann die Aushändigung wegen der Möglichkeit
unerlaubter Mitteilungen und des erheblichen Kontrollaufwandes in der
Regel verweigert werden. Die Aushändigung eines Buches, das einem
Untersuchungsgefangenen direkt von einer Buchhandlung zugestellt
wird, darf dann unterbleiben, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass
unzulässige Verbindungen zwischen dem Gefangenen und der Aussenwelt
aufgenommen werden sollen. Die Gefängnisverwaltung hat in diesem Fall dem
Untersuchungsgefangenen jedoch auf dessen Begehren und auf dessen Kosten
das gewünschte Buch - sei es ein Lehr-, ein Sachbuch oder ein Werk der
Unterhaltungsliteratur - bei einer Buchhandlung ihrer Wahl zu besorgen,
wenn der Untersuchungsbeamte der Anschaffung zustimmt. Der Bücherbezug von
auswärts (direkt von einer Buchhandlung oder durch die Gefängnisverwaltung)
kann - wie das Korrespondenzrecht des Untersuchungsgefangenen (vgl. BGE
99 Ia 286 f.) - beschränkt werden, wenn davon ein übermässiger Gebrauch
gemacht wird. Die Zustimmung des Untersuchungsbeamten darf von dieser
Beschränkung abgesehen nur verweigert werden, wenn der Besitz des Buches
den Haftzweck gefährden würde.

    Da die in § 36 PVO für den Bücherbezug von auswärts getroffene
Regelung den dargelegten Grundsätzen nicht entspricht, ist die Bestimmung
aufzuheben.

    d) § 36 Abs. 4 PVO sieht vor, dass bei Untersuchungs-, Sicherheits-
und Auslieferungsgefangenen für die Beschaffung von Lehrbüchern (künftig:
Büchern) und das Abonnieren von Zeitungen und Zeitschriften die Zustimmung
der für den Gefangenen zuständigen Stelle erforderlich ist. Diese
Zustimmung darf nach den soeben dargelegten Grundsätzen nur verweigert
werden, wenn der Besitz des Buches oder der Zeitung den Haftzweck gefährden
würde oder wenn ein Gefangener von diesem Recht einen übermässigen Gebrauch
machen würde. Die Rüge, § 36 Abs. 4 PVO schränke die persönliche Freiheit
der Gefangenen in unzulässiger Weise ein, ist daher unbegründet.

    Dass schliesslich einem Gefangenen der Bezug von Büchern und Zeitungen
oder Zeitschriften auch dann erlaubt ist, wenn nicht er, sondern ein
Dritter für die Kosten aufkommt, ist selbstverständlich und bedarf keiner
besonderen Erwähnung in der Verordnung.

Erwägung 9

    9.- § 37 PVO verbietet die Mitnahme von Radioapparaten, Tonbandgeräten
und Fernsehgeräten in die Zellen. Für besondere Verhältnisse kann der
kantonale Polizeikommandant Ausnahmen gestatten. Der Beschwerdeführer
macht geltend, den Gefangenen müsse gestattet sein, eigene Radio- und
Fernsehgeräte und ähnliche Apparate in die Zelle mitzunehmen, sofern
ein Fachgeschäft festgestellt habe, dass sich keine "geräte-fremden"
Gegenstände in den Apparaten befänden und nachdem diese plombiert
worden seien. Dies könne umso weniger verweigert werden, als in den
Polizeigefängnissen keine anstaltseigenen Radioanlagen mit Höreinrichtungen
in den Zellen vorhanden seien.

    In BGE 99 Ia 283 E. V Ziff. 11 wurde ausgeführt, das grundsätzliche
Verbot, private Empfangs- und Wiedergabegeräte in die Zelle mitzunehmen,
könne nicht als verfassungswidrig bezeichnet werden. Das Bundesgericht
ging jedoch davon aus, dass den Gefangenen über eine anstaltseigene
Radioanlage mit Zellenanschlüssen ein von der Gefängnisverwaltung
ausgewähltes Radioprogramm übermittelt wird (§ 49 BezGV). Dies ist in den
Polizeigefängnissen - wie der Beschwerdeführer unwidersprochen geltend
macht - nicht der Fall.

    Wenn eine Anstalt lediglich dazu dient, Gefangene für eine sehr kurze
Zeit aufzunehmen, ist das Fehlen anstaltseigener Radioanlagen und das
Verbot, Radiogeräte in die Zellen mitzunehmen, verfassungsrechtlich nicht
zu beanstanden. Werden in einer solchen Anstalt Gefangene jedoch auch
für längere Zeit inhaftiert, so kann ihnen ohne Verletzung der Verfassung
nicht verwehrt werden, eigene, kontrollierte und plombierte Apparate in
den Zellen zu benutzen.

    § 37 Satz 2 PVO sieht vor, dass der kantonale Polizeikommandant für
besondere Verhältnisse Ausnahmen vom Verbot, Ton- und Bildwiedergabegeräte
in die Zellen mitzunehmen, gestatten kann. Diese Bestimmung ist einer
verfassungskonformen Auslegung zugänglich. Sofern - wie dies an sich
wünschbar wäre - nicht auch in den Polizeigefängnissen die Möglichkeit
geschaffen wird, über anstaltseigene Anlagen Radiosendungen zu empfangen,
ist § 37 Abs. 2 PVO so auszulegen, dass den Gefangenen nach mehr als
einer Woche Haftdauer der Gebrauch eines kontrollierten und plombierten
Radioapparates gestattet wird. So ausgelegt steht § 37 PVO mit der
Verfassung nicht in Widerspruch.

Erwägung 11

    11.- a) § 40 PVO lautet:

    "Die Gefangenen dürfen pro Woche zwei Briefe schreiben. Briefe an den

    Verteidiger und an Behörden werden auf die Zahl der zulässigen
Briefe nicht
   angerechnet. Der Gefangenenwart kann ausnahmsweise weitere Briefe
   gestatten, wenn eine dringende persönliche oder geschäftliche
   Angelegenheit dies erfordert.

    Bei Untersuchungs-, Sicherheits- und Auslieferungsgefangenen kann die
   zuständige Stelle den Briefverkehr beschränken, wenn sein Umfang eine
   genügende Kontrolle verunmöglicht."

    Gemäss § 41 Abs. 1 PVO unterliegen die ein- und ausgehenden Briefe
der Kontrolle. Die dafür zuständige Stelle kann verlangen, dass die Kosten
für die Übersetzung fremdsprachiger Briefe vorgeschossen werden.

    Der Beschwerdeführer beanstandet. dass § 40 Abs. 1 PVO das
Korrespondenzrecht für alle in den Polizeigefängnissen untergebrachten
Häftlinge unterschiedslos auf zwei Briefe pro Woche beschränkt. Er rügt
sodann, die Vorschusspflicht für die Übersetzungskosten widerspreche
der Europäischen Menschenrechtskonvention und dem Mindestgrundsatz
Nr. 93. Gegen diesen verstosse auch, dass die Korrespondenz des Gefangenen
mit seinem Anwalt kontrolliert werde.

    b) In der Verordnung über die Bezirksgefängnisse wird in §
52 Abs. 1 bestimmt, dass die Strafgefangenen pro Woche zwei Briefe
schreiben dürfen. Im übrigen stimmt die dort getroffene Ordnung des
Korrespondenzrechts mit § 40 PVO überein. Bei der Beurteilung von § 52
Abs. 1 BezGV war das Bundesgericht in BGE 99 Ia 286 E. V Ziff. 13 zum
Ergebnis gelangt, die Vorschrift bilde einen vernünftigen Kompromiss
zwischen dem legitimen Anspruch der im Strafvollzug Befindlichen
auf Korrespondenz und dem Interesse der Gefängnisverwaltung an
einer Begrenzung des mit der Briefkontrolle verbundenen Aufwands. Das
Bundesgericht hielt auch die in § 52 Abs. 2 BezGV geregelte Beschränkung
des Korrespondenzrechts der Untersuchungs- und Sicherheitsgefangenen für
verfassungsmässig. Eine Beschränkung, die lediglich dazu diene, die mit
der Briefkontrolle betraute Behörde vor einer übermässigen Beanspruchung
zu schützen, belasse den Gefangenen jene Korrespondenzmöglichkeit, welche
das Grundrecht der persönlichen Freiheit gewährleistet. Die in § 52 Abs. 2
BezGV vorgesehene Regelung stehe mit dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit
in Einklang.

    Der Regierungsrat macht in seiner Vernehmlassung geltend, die
Beschränkung des Korrespondenzrechts der Gefangenen auf zwei Briefe
pro Woche entspreche der für die Bezirksgefängnisse geltenden und vom
Bundesgericht als verfassungsmässig bezeichneten Regelung. Diese Auffassung
ist nach dem Gesagten nicht richtig, soweit die Beschränkung auch andere
Gefangene als solche im Straf- oder Massnahmenvollzug betrifft. Es ist kein
sachlicher Grund ersichtlich, das Korrespondenzrecht der Untersuchungs-,
Sicherheits- und Auslieferungsgefangenen anders zu regeln, wenn sie in
den Polizeigefängnissen und nicht in den Bezirksgefängnissen inhaftiert
sind. Da § 40 PVO der Regelung des § 52 BezGV entsprechend ausgelegt werden
kann, muss die Bestimmung nicht aufgehoben werden. Indessen ist auch hier
wünschenswert, dass ihr Sinn bei einer Revision im Verordnungstext selber
klargestellt wird.

    c) Ein- und ausgehende Briefe, die in einer fremden, den
Kontrollbehörden nicht ohne weiteres zugänglichen Sprache geschrieben sind,
müssen übersetzt werden. Die Bestimmung, dass dafür ein Kostenvorschuss
verlangt werden kann, ist nicht verfassungswidrig. Zwar sind Fälle denkbar,
wo eine Pflicht zur Vorschussleistung mit der Verfassung nicht vereinbar
wäre. Dies träfe dann zu, wenn wegen dieser Verpflichtung der Kontakt
eines Gefangenen zu seinen nächsten Angehörigen verunmöglicht würde
(vgl. BGE 101 Ia 153 E. 5). Die angefochtene Vorschrift leistet zu einer
solchen Handhabung jedoch keinen Vorschub. Für ihre verfassungsmässige
Anwendung bietet ausreichende Gewähr, dass die Einforderung eines
Vorschusses nicht einmal als Regelfall vorgesehen ist, sondern mit einer
kann-Formel dem pflichtgemässen Ermessen der Behörde übertragen wird. Die
angefochtene Bestimmung steht auch mit der Nr. 93 der Mindestgrundsätze
für die Behandlung der Gefangenen nicht in Widerspruch. Dort wird einzig
festgehalten, dass dem Gefangenen die kostenlose Hilfe eines Dolmetschers
für alle wichtigen Kontakte mit der Verwaltung und für seine Verteidigung
zu gewährleisten ist. Sie verstösst auch nicht gegen die Europäische
Menschenrechtskonvention (vgl. Les droits de l'homme dans les prisons,
S. 25 f.).

    d) Gemäss § 41 Abs. 1 PVO unterliegen die ein- und ausgehenden
Briefe und andere Sendungen der Kontrolle. Beschwerden gegen das
Gefängnispersonal oder gegen die für den Gefangenen zuständige Stelle
sind von der Kontrolle ausgenommen (§ 41 Abs. 2 PVO). Hingegen ist ihr die
Korrespondenz zwischen dem Gefangenen und seinem Anwalt unterstellt. Diese
zuletzt genannte Beschränkung hält, wie das Bundesgericht in BGE 99 Ia 287
ausgeführt hat, im Hinblick darauf vor der Verfassung stand, dass sich
der Untersuchungsgefangene gemäss § 18 Abs. 2 StPO jedenfalls mündlich
unbeaufsichtigt mit seinem Verteidiger beraten kann, sofern dem nicht
besondere Gründe, insbesondere Kollusionsgefahr, entgegenstehen und sofern
der Verhaft vierzehn Tage gedauert hat. Der Mindestgrundsatz Nr. 93 sieht
vor, dass der Gefangene im Zusammenhang mit seiner Verteidigung Besuche
von seinem Rechtsberater empfangen, vertrauliche Mitteilungen vorbereiten,
ihm übergeben und von ihm entgegennehmen darf. Berücksichtigt man die
Regelung von § 18 Abs. 2 StPO, so lässt sich die Auffassung vertreten,
die Kontrolle des Briefverkehrs mit dem Anwalt widerspreche dem
Mindestgrundsatz Nr. 93 nicht.