Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 101 V 94



101 V 94

17. Auszug aus dem Urteil vom 18. Februar 1975 i.S. Lauchenauer gegen
Ausgleichskasse des Kantons Thurgau und Rekurskommission des Kantons
Thurgau für die AHV Regeste

    Begriff der Gewinnungskosten gemäss Art. 9 Abs. 2 lit. a AHVG
(Erw. 3). Darunter fallen nicht Pfrundleistungen als Gegenwert für die
Abtretung eines Betriebes.

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 3

    3.- In masslicher Hinsicht ist zu prüfen, ob die dauernden Leistungen
aus dem Verpfründungsvertrag zu den Gewinnungskosten gemäss Art. 9 Abs. 2
lit. a AHVG zu zählen sind, nachdem der Beschwerdeführer geltend macht,
es handle sich dabei um "Lohn für eine Leistung".

    Gewinnungskosten sind Aufwendungen, die mit der Erzielung des
für die Beitragsbemessung massgebenden Einkommens der entsprechenden
Berechnungsjahre in unmittelbarem und direktem Zusammenhang stehen. Dabei
handelt es sich um allgemeine Unkosten, welche der Erhaltung der
Einkommensquelle dienen, nicht aber um Aufwendungen, die getätigt
werden, um eine Einkommensquelle zu erwerben. Diese sogenannten
Anlagekosten ermöglichen allgemein erst die Einkommenserzielung oder
deren Erweiterung. Wird bei der Übernahme eines Betriebes die Bezahlung
des Kaufpreises ganz oder teilweise in Form einer wiederkehrenden
Leistung vereinbart, so stellt diese eine Aufwendung zum Erwerb der
Einkommensquelle dar. Dadurch unterscheidet sich diese Leistung von den
weitern Aufwendungen, die notwendig sind, um aus dem bereits erworbenen
Betrieb einen Gewinn zu erzielen. Sind die periodischen Leistungen
die Gegenleistung für die Übergabe des Betriebsvermögens, d.h. für die
Schaffung der Erwerbsgrundlage, so bilden sie eine spezielle Form der
Kapitalzahlung. Ein Abzug vom Roheinkommen gemäss Art. 9 Abs. 2 lit. a AHVG
ist deshalb ausgeschlossen; denn Aufwendungen für eine Betriebsübernahme,
ob sie nun durch einmalige Zahlung oder aber ratenweise erfolgen, sind
von den im Interesse der Erhaltung des Geschäftsertrages erforderlichen
Gewinnungskosten grundsätzlich zu unterscheiden (EVGE 1950 S. 54).

    Nach dem Wortlaut des zwischen Vater und Sohn
Lauchenauer abgeschlossenen Überlassungsvertrages bilden die
Verpfründungsverpflichtungen einen Teil der vom Beschwerdeführer für
den Erwerb der Liegenschaft versprochenen Gegenleistung und nicht etwa
"Lohn für eine Leistung". Damit sind sie ein Teil der Aufwendungen zur
Schaffung einer Einkommensquelle, die auf unbestimmte Zeit hinaus die
Erzielung eines Einkommens ermöglichen soll. Daher können sie nicht unter
die abzugsfähigen Gewinnungskosten im Sinne von Art. 9 Abs. 2 lit. a AHVG
subsumiert werden (EVGE 1950 S. 57 und 1959 S. 239).

Erwägung 4

    4.- Wenn der Beschwerdeführer verlangt, es seien bei der Ermittlung
des massgebenden Einkommens die gleichen Grundsätze anzuwenden wie bei
der Wehrsteuerveranlagung, so ist dies prinzipiell zwar richtig (vgl. Art.
23 Abs. 1 AHVV). Allein er übersieht dabei folgendes:

    Nach Art. 22 Abs. 1 lit. d WStB sind vom rohen Einkommen abzuziehen
"die Renten und dauernden Lasten, die auf besondern gesetzlichen,
vertraglichen oder durch letztwillige Verfügung begründeten
Verpflichtungen beruhen". Insbesondere beim Abzug von Renten handelt es
sich um einen solchen spezieller Natur, weil es auf den Zusammenhang
mit der Erwerbstätigkeit nicht ankommt. Der in Art. 22 Abs. 1 lit. d
WStB angeordnete Gesamtabzug der ausgerichteten Rente durchbricht
die allgemeine Vorschrift des Art. 23 WStB, wonach Aufwendungen für
Schuldentilgung nicht vom Roheinkommen abgezogen werden dürfen (BGE 76 I
216 und 222). Aus dieser Rechtsprechung hat das Eidg. Versicherungsgericht
in ständiger Praxis den Schluss gezogen, dass bei Fehlen der Spezialnorm
die einzelnen Rentenraten, soweit sie nicht Zinsfunktion erfüllen, nach
allgemeiner Regel als Aufwendungen für Schuldentilgung nicht abgezogen
werden dürfen. Einer Übertragung der auf Art. 22 Abs. 1 lit. d WStB
gegründeten Lösung auf das Gebiet der AHV steht entgegen, dass das AHVG
keine entsprechende Spezialnorm enthält, wie es auch die in Art. 25 WStB
vorgesehenen besondern Abzüge nicht kennt. Diese Praxis gilt nicht nur
für das Verbot, eigentliche Renten vom Roheinkommen abzuziehen, sondern
auch für Pfrundleistungen (EVGE 1950 S. 56, 1951 S. 237 und 1959 S. 240).