Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 101 IV 245



101 IV 245

54. Urteil des Kassationshofes vom 16. Mai 1975 i.S. Statthalteramt Meilen
gegen S. und Konsorten Regeste

    Art. 3 Abs. 6 ANAV. Bewilligungsfreie Nebenbeschäftigung.

    Der Ausländer, der eine Bewilligung zum Stellenantritt hat, darf
bei gleichbleibender Art der Tätigkeit ohne neue Bewilligung einer
Nebenbeschäftigung nachgehen; er muss auch dann keine neue Bewilligung
einholen, wenn er eine Nebenbeschäftigung zwar anderer Art, jedoch
unregelmässig ausübt.

Sachverhalt

    A.- Im August 1973 beschäftigte S. für die Errichtung einer Gartenmauer
vier ausländische Maurer und Hilfsarbeiter. Einer war Jahresaufenthalter,
die drei andern Saisonniers. Jeder der vier arbeitete rund 60 Stunden in
der Freizeit oder abends.

    Das Bezirksgericht Meilen büsste S. und die vier Arbeiter wegen
Übertretung des ANAG und der ANAV. Es legte ihnen Beschäftigung von nicht
niedergelassenen Ausländern bzw. Stellenantritt ohne fremdenpolizeiliche
Arbeitsbewilligung zur Last.

    Das Obergericht des Kantons Zürich sprach alle fünf frei.

    Das Statthalteramt Meilen führt Nichtigkeitsbeschwerde mit dem
sinngemässen Antrag auf Rückweisung der Sache an das Obergericht zur
Verurteilung gemäss dem bezirksgerichtlichen Entscheid.

Auszug aus den Erwägungen:

             Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

    Das Statthalteramt bringt vor, die Beschäftigung der vier Ausländer
durch S. sei bewilligungspflichtig gewesen und mangels Bewilligung sei
Art. 3 Abs. 3 ANAG in Verbindung mit Art. 13 Abs. 4 ANAV übertreten worden.

    Nach Art. 3 Abs. 6 ANAV bedarf der Ausländer, der eine andere als die
ihm bewilligte Tätigkeit ausüben will, einer neuen Bewilligung; ebenso,
wenn er ohne den Beruf zu wechseln mit einer gewissen Regelmässigkeit eine
Nebenbeschäftigung anderer Art aufnehmen will. Durch Umkehrschluss aus
dieser Bestimmung folgt einerseits, dass der Ausländer, der bereits über
eine Bewilligung zum Stellenantritt verfügt, bei gleichbleibender Art der
Tätigkeit ohne neue Bewilligung einer Nebenbeschäftigung nachgehen darf;
anderseits ergibt sich daraus, dass der Ausländer auch dann keine neue
Bewilligung einholen muss, wenn er eine Nebenbeschäftigung zwar anderer
Art, jedoch unregelmässig ausübt (Urteil der verwaltungsrechtlichen Kammer
des Bundesgerichts vom 26. September 1974 i.S. Nüssli).

    Das Obergericht erklärt, darüber, dass die vier Ausländer eine
Nebenbeschäftigung anderer Art als die ihnen (bei der Bauunternehmung
Martelosio) bewilligte Tätigkeit ausgeübt hätten, enthalte das
bezirksgerichtliche Urteil nichts und auch aus den Akten ergäben sich
dafür keine Anhaltspunkte. Diese Feststellung tatsächlicher Natur
bindet den Kassationshof (Art. 277bis Abs. 1 BStP); sie kann mit
der Nichtigkeitsbeschwerde nicht angefochten werden (Art. 273 Abs. 1
lit. b BStP). Das Obergericht schliesst aus ihr zu Recht, dass die
Nebenbeschäftigung bei S. nicht bewilligungspflichtig war. Bundesrecht
ist nicht verletzt.

Entscheid:

              Demnach erkennt das Bundesgericht:

    Die Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen.