Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 101 II 91



101 II 91

19. Urteil der I. Zivilabteilung vom 24. Februar 1975 i.S. Unitra AG
gegen Kölliker. Regeste

    Retentionsrecht des Vermieters an Sachen Dritter.

    1. Art. 273 Abs. 2 OR. Unterlässt der Vermieter die Kündigung, so
wird ein bereits entstandenes Retentionsrecht nicht rückwirkend aufgehoben
(Erw. 1).

    2. Art. 274 Abs. 2 OR. Heimliches Wegschaffen von
Retentionsgegenständen durch den Mieter oder den Dritten liegt schon
vor, wenn diese nicht mit der Zustimmung des Vermieters rechnen durften
(Erw. 2).

    3. Art. 284 SchKG. Der Vorbehalt zugunsten gutgläubiger Dritter
betrifft nur Rechte, die jemand nach dem Wegschaffen der Gegenstände aus
den Mieträumen erworben hat (Erw. 3).

    4. Ersatzpflicht des Dritten (Erw. 4).

Sachverhalt

    A.- Die Unitra AG verkaufte der Fachmessen AG am 5. Mai 1970
einen Gabelstapler und behielt sich bis zur vollständigen Bezahlung
des Kaufpreises das Eigentum an der Kaufsache vor. Diese wurde in der
Folge geliefert und in die Ausstellungshallen Zürich-Tor in Spreitenbach
eingebracht, die Otto Kölliker der Fachmessen AG vermietet hatte. Am
17. November 1970 liess die Unitra AG den Eigentumsvorbehalt beim
Betreibungsamt Spreitenbach registrieren.

    Am 25. November 1970 bewilligte das Bezirksgericht Baden der Fachmessen
AG eine Nachlassstundung. Der eingesetzte Sachwalter erklärte sich am
11. Dezember 1970 gegenüber der Unitra AG einverstanden, dass der Kauf
vom 5. Mai 1970 durch einen Mietvertrag ersetzt, die Mietzinsforderung
mit Gegenforderungen der Fachmessen AG verrechnet und der Stapler innert
fünf Tagen an die Unitra zurückgegeben werde. Am 14. Dezember 1970 liess
diese die Maschine ohne Wissen Köllikers aus den Räumen Zürich-Tor nach
Urdorf verbringen.

    Kölliker, der von der Fachmessen AG an im Jahre 1970 verfallenen
und an laufenden Mietzinsen Fr. 174'318.80 forderte, ersuchte am
23. Dezember 1970 das Betreibungsamt Spreitenbach, den Stapler als
Retentionsgegenstand aufzuzeichnen und ihn in die vermieteten Hallen
zurückschaffen zu lassen. Die Retentionsurkunde wurde am 5. Januar 1971
durch das Betreibungsamt Urdorf aufgenommen. Mit Schreiben vom 7. Januar
1971 an den Vertreter Köllikers bestritt die Unitra AG die Rechtmässigkeit
der Retention. Den Auftrag des Betreibungsamtes Spreitenbach vom
14. Januar 1971, den Stapler nach Spreitenbach zurückzuschaffen, konnte
das Betreibungsamt Urdorf am 15. Januar 1971 nicht vollziehen, weil die
Unitra AG die Maschine inzwischen an ihren Geschäftssitz Genf verbracht
hatte. Am 13./15. Januar 1971 beschwerte sich die Unitra AG gegen das
Betreibungsamt Spreitenbach mit dem Begehren, den Retentionsbeschlag
aufzuheben. Der Gerichtspräsident von Baden hiess die Beschwerde am
18. März 1971 gut. Kölliker zog die Sache an die Schuldbetreibungs- und
Konkurskommission des Obergerichts des Kantons Aargau weiter, unterlag
jedoch am 26. August 1971. Beide Instanzen beriefen sich auf BGE 68 III
3 ff.

    B.- Am 30. Dezember 1971 klagte Kölliker gegen die Unitra AG. Er
beantragte dem Bezirksgericht Baden: 1. festzustellen, dass der von
der Beklagten an die Fachmessen AG verkaufte Gabelstapler von dem
gemäss Retentionsurkunde Nr. 42/70 geltend gemachten Retentionsrecht
des Klägers erfasst werde; 2. die Beklagte zu verurteilen, den Stapler
auf eigene Kosten nach Spreitenbach, Zürich-Tor, zurückzuschaffen;
3. das Betreibungsamt Spreitenbach anzuweisen, den Stapler nach erfolgter
Rückschaffung in das Retentionsverzeichnis 42/70 aufzunehmen; 4. eventuell
die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger Fr. 30'000 nebst Zins zu 5%
seit 10. Januar 1971 zu zahlen.

    Am 18. Januar 1972 verkaufte die Beklagte den Stapler an die
Firma Buser & Cie. in Martigny. Der von der Beklagten eingereichten
Maschinenkarte ist zu entnehmen, dass er dieser Firma am 27. März 1972
geliefert wurde.

    Am 14. März 1974 wies das Bezirksgericht Baden die Klage ab.

    Der Kläger beschwerte sich beim Obergericht des Kantons Aargau. Dieses
hiess am 20. September 1974 die Klagebegehren gut, das Eventualbegehren nur
für den Fall, dass die Beklagte der Pflicht zur Rückschaffung des Staplers
nach Spreitenbach, Zürich-Tor, nicht innert dreissig Tagen nachkomme.

    C.- Die Beklagte hat Berufung eingelegt. Sie beantragt, das Urteil
des Obergerichtes aufzuheben und die Klage abzuweisen.

    Der Kläger beantragt, das angefochtene Urteil zu bestätigen.

Auszug aus den Erwägungen:

             Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Es ist unbestritten, dass der Gabelstapler zur Einrichtung oder
Benutzung der vom Kläger vermieteten Ausstellungshallen gehörte und daher
als Retentionsgegenstand die Mietzinsforderung des Klägers an sich sichern
konnte (Art. 272 Abs. 1 OR).

    Wie die Beklagte sodann einräumt, stellt das Obergericht in
tatsächlicher Hinsicht für das Bundesgericht verbindlich fest, dass der
Kläger vor dem 14. Dezember 1970 vom Eigentum der Beklagten am Stapler
nicht Kenntnis hatte. Ob er aber im Sinne des Art. 273 Abs. 1 OR um
dieses Eigentumsrecht hätte wissen müssen, weil er, wie die Beklagte
geltend macht, wegen seiner hohen Mietzinsforderungen das Register
der Eigentumsvorbehalte hätte einsehen sollen und einige Tage vor dem
14. Dezember 1970 tatsächlich eingesehen habe, ohne den zugunsten der
Beklagten eingetragenen Vorbehalt zu bemerken, kann offen bleiben. Als
die Beklagte am 17. November 1970 den Eigentumsvorbehalt eintragen liess,
bestand das Retentionsrecht des Klägers schon; es war mit dem Einbringen
des Staplers in die vermieteten Räume entstanden. Daher gilt Art. 273
Abs. 2 OR, wonach der Vermieter, der erst während der Dauer der Miete
erfährt, dass vom Mieter eingebrachte Sachen diesem nicht gehören, das
Retentionsrecht an ihnen nur verliert, wenn er den Mietvertrag nicht auf
das nächste offene Ziel kündigt.

    Diese Bestimmung hat nicht den Sinn, dass die Unterlassung der
Kündigung das Retentionsrecht rückwirkend aufhebe, wie offenbar die
Beklagte meint, ohne ihre Auffassung zu begründen. Sie betrifft nur
das Retentionsrecht für die vom nächsten offenen Ziel an auflaufenden
Mietzinse. Für die Raten, die für die Zeit vor diesem Ziel geschuldet
werden, bleibt auch der nicht kündigende Vermieter retentionsberechtigt
(BGE 42 II 585 Erw. 3; BECKER, Art. 273 N. 7; OSER/SCHÖNENBERGER, Art. 273
N. 9; VON BÜREN, Obligationenrecht, besonderer Teil S. 102 Anm. 115). Die
Beklagte behauptet nicht, die Mietzinsforderung von Fr. 174'318.80, für die
das Obergericht das Retensionsrecht des Klägers bejaht hat, schliesse auch
Beträge ein, die nach dem nächsten offenen Ziel aufgelaufen seien. Daher
brauchte das Obergericht nicht festzustellen, ob und auf wann der Kläger
den Mietvertrag gekündet habe.

Erwägung 2

    2.- Die Beklagte bestreitet die Pflicht zur Rückschaffung des Staplers
mit der Begründung, dieser sei nicht im Sinne von Art. 274 Abs. 2 OR und
Art. 284 SchKG heimlich fortgeschafft worden, denn der Kläger habe nicht
bewiesen, dass sie beabsichtigt habe, die Wegnahme zu verbergen.

    a) Die Fortschaffung des Retentionsgegenstandes erfolgt dann heimlich,
wenn der Mieter sie ohne Wissen des Vermieters vornimmt oder vornehmen
lässt und dabei nicht in guten Treuen annehmen kann, dieser würde sie
dulden, wenn er von ihr Kenntnis hätte (BGE 76 III 57 ff., 80 III 38
Erw. 2). Es ist also nicht nötig, dass der Mieter sich des Nichtwissens des
Vermieters bewusst war und die Fortschaffung vor diesem verbergen wollte;
blosses Wissenmüssen des Mieters um die mutmassliche Nichtbilligung der
Fortschaffung durch den Vermieter genügt.

    Das Schrifttum steht auf dem gleichen Boden (JAEGER, Art. 284 N. 2;
FRITZSCHE, Schuldbetreibung und Konkurs, 2. Auflage, II S. 264 f.;
OSER/SCHÖNENBERGER, Art. 274 N. 11; SCYBOZ/GILLIERON, Code des obligations
S. 114; GUHL/MERZ/KUMMER, Obligationenrecht 6. Auflage S. 360). BECKER,
Art. 274 N. 5, vertritt nur scheinbar eine abweichende Auffassung, wenn
er schreibt, es sei erforderlich, dass die Wegschaffung absichtlich
verborgen gehalten werde. Damit will er nicht sagen, der Mieter müsse
sich der mutmasslichen ablehnenden Haltung des Vermieters bewusst sein.
Denn er fügt bei, die erwähnte Absicht sei anzunehmen, wenn der Mieter
wegen der Mietzinsrückstände bestimmt damit rechnen müsse, der Vermieter
würde gegen die Wegschaffung Einsprache erheben, wenn er sie erführe. Auch
BECKER verlangt also vom Mieter, der mit den Zahlungen im Rückstand ist,
dass er sich bei der Wegschaffung überlege, ob der Vermieter sie billigen
würde oder nicht.

    b) Wie das Obergericht verbindlich feststellt, wurde der Stapler am 14.
Dezember 1970 ohne Wissen und Zustimmung des Klägers aus den Mieträumen
fortgeschafft. Ferner steht fest, dass in der Sitzung des Verwaltungsrates
der Fachmessen AG vom 9. Dezember 1970 vom Eigentumsvorbehalt der
Beklagten, von deren Begehren um Herausgabe der Maschine und vom
Retentionsrecht des Klägers gesprochen worden war; der Sachwalter hatte
damals einen anwesenden Rechtsberater über das Verhältnis der beiden
Ansprüche befragt. Als am 14. Dezember Angestellte der Beklagten in
Zürich-Tor erschienen, um den Stapler abzuholen, vergewisserte sich
der Geschäftsführer der Fachmessen AG beim Sachwalter, dass dieser die
Herausgabe gestatte, und erlaubte dann die Fortschaffung.

    Die Organe der Fachmessen AG wussten also, dass sich die Rückgabe der
Maschine an die Beklagte wegen des Retentionsrechtes des Klägers nicht von
selbst verstand. Sie kannten die hohe Mietzinsforderung des Klägers. Sie
konnten nicht in guten Treuen davon ausgehen, er würde sich der Herausgabe
des Staplers nicht widersetzen, wenn er von der Absicht der Beklagten
Kenntnis hätte. Dass der Sachwalter der Fortschaffung zustimmte, ohne den
Kläger um sein Einverständnis zu ersuchen, durfte sie nicht beruhigen. Es
konnte ihnen angesichts der gegensätzlichen Interessen und der Möglichkeit,
dass das Gesetz jene des Klägers schütze, zugemutet werden, sich beim
Kläger über seine Haltung zu erkundigen, und im Falle seiner Weigerung
den Rechtsweg zu beschreiten. Indem sie es vorzogen, ohne Fühlungnahme
mit ihm dem Begehren der Beklagten stattzugeben, handelten sie heimlich.

    c) Die Beklagte macht geltend, die Heimlichkeit der Fortschaffung
hänge nicht vom guten oder bösen Glauben der Fachmessen AG ab, sondern
werde durch den guten Glauben der Beklagten ausgeschlossen.

    Diese Frage ist entgegen der Auffassung der Vorinstanz durch BGE
76 III 55 ff. und 80 III 36 ff. nicht beantwortet, denn diese Entscheide
betreffen Fälle, in denen die Retentionsgegenstände dem Mieter bzw. Pächter
gehörten und von ihm selber weggeschafft wurden. Auch kann der Vorinstanz
nicht beigepflichtet werden, wenn sie sagt, die Wegschaffung könne trotz
guten Glaubens des Dritteigentümers heimlich sein, weil sonst der Mieter
oder Pächter sie nur durch einen gutgläubigen Dritten brauchte vornehmen
zu lassen, um das Retentionsrecht illusorisch zu machen. Die Beklagte hat
den Stapler nicht als unbeteiligte Dritte im Auftrage der Fachmessen AG
weggeschafft, sondern ihn als Eigentümerin im eigenen Interesse und aus
eigenem Antrieb abgeholt. Die Auffassung, dass in einem solchen Falle
die Heimlichkeit nicht oder jedenfalls nicht bloss vom Wissenmüssen des
Mieters, sondern ausschliesslich oder mindestens auch vom Wissenmüssen des
die Wegschaffung veranlassenden Dritteigentümers abhänge, ist vertretbar.

    Diese Frage kann jedoch offen gelassen werden, denn nicht nur die
Fachmessen AG, sondern auch die Beklagte konnte nach den Umständen
nicht in guten Treuen annehmen, der Kläger würde ihr die Wegschaffung
des Staplers erlauben, wenn er um sie wüsste. Die Beklagte hatte vom
Nachlassverfahren und folglich von den Zahlungsschwierigkeiten der
Fachmessen AG Kenntnis. Als das Gesuch um Nachlassstundung schon gestellt
war, beeilte sie sich am 17. November 1970, den Eigentumsvorbehalt
eintragen zu lassen. Am 11. Dezember erwirkte sie, dass der Sachwalter
der Umwandlung des Kaufes in einen Mietvertrag, der Verrechnung der
Mietzinsforderung mit Gegenforderungen der Fachmessen AG und der
Rückgabe der Maschine zustimmte, nachdem er sich zwei Tage vorher in
einer Sitzung des Verwaltungsrates der Fachmessen AG über das Verhältnis
des Retensionsrechtes des Klägers zum Herausgabebegehren der Beklagten
hatte beraten lassen. Sollte die Beklagte die Bedenken des Sachwalters
nicht gehabt haben, so hätten sie ihr jedenfalls aufsteigen müssen. Die
Beklagte hatte mit dem Retentionsrecht des Klägers ebenso zu rechnen, wie
der Sachwalter mit ihm gerechnet hat und die Fachmessen AG damit hätte
rechnen sollen. Sie will zwar nicht gewusst haben, dass die Fachmessen
AG nicht Eigentümerin der Ausstellungshallen war. Hierüber hätte sie sich
aber ohne Mühe beim Grundbuchamt, beim Sachwalter oder beim Geschäftsführer
der Fachmessen AG erkundigen können. Die Möglichkeit eines Widerstreites
ihrer Interessen mit den Interessen eines Retentionsberechtigten drängten
sich zu sehr auf, als dass die Beklagte dem Vorwurf des Verstosses gegen
die gute Treue entgehen könnte. Die rasche Wegschaffung der Maschine zur
Wahrung der Interessen der Beklagten ohne vorherige Fühlungnahme mit dem
Kläger erfolgte heimlich im Sinne der Art. 274 Abs. 2 OR und 284 SchKG.

Erwägung 3

    3.- Die Beklagte beruft sich auf Art. 284 SchKG, wonach gegenüber
dem Anspruch des Vermieters auf Rückschaffung heimlich oder gewaltsam
fortgeschaffter Gegenstände die Rechte gutgläubiger Dritter vorbehalten
bleiben.

    Dieser Vorbehalt betrifft nur Rechte, die jemand nach der Fortschaffung
der Gegenstände aus den Mieträumen erworben hat. Denn die vorher erworbenen
gehen gemäss Art. 273 OR grundsätzlich unbekümmert um den guten Glauben
des Berechtigten dem Retentionsrecht des Vermieters nach. Art. 284 SchKG,
der älter ist als Art. 273 OR, ändert an dieser Bestimmung nichts. Die
Rücksichtnahme auf den guten Glauben dessen, der ein Recht an der Sache
erst nach ihrer Fortschaffung erwirbt, rechtfertigt sich, weil sich die
Sache im Zeitpunkt des Erwerbes nicht mehr in den vermieteten Räumen
befunden hat.

    Art. 284 SchKG hilft daher der Beklagten nicht. Ihr Eigentum am
Stapler bestand schon, als dieser sich noch in den Ausstellungshallen
befand, ja sogar schon, als er in diese eingebracht wurde. Die Beklagte
hätte den Kläger beim Einbringen auf ihr Eigentum aufmerksam machen
sollen. Hätte sie das getan, so könnte er ihr gemäss Art. 273 Abs. 1 OR
das Retentionsrecht nicht entgegenhalten. Wer dagegen eine bereits aus den
Mieträumen weggeschaffte Sache zu Eigentum erwirbt, hat keinen Anlass,
sein Recht dem Vermieter anzuzeigen, wenn er gutgläubig ist, d.h. von
der Miete und der heimlichen Wegschaffung der Sache weder Kenntnis hat
noch haben muss. Die Unterscheidung, ob der Dritte sein Recht vor oder
erst nach der Wegschaffung erworben hat, ist sachlich gerechtfertigt.

Erwägung 4

    4.- Die Beklagte bestreitet die ihr für den Fall der Nichtrückschaffung
des Staplers auferlegte Schadenersatzpflicht mit der Begründung,
es treffe sie kein Verschulden, denn auf Grund der Entscheide des
Gerichtspräsidenten von Baden vom 18. März 1971 und der Schuldbetreibungs-
und Konkurskommission des Obergerichtes vom 26. August 1971 habe sie
annehmen dürfen, die Wegschaffung des Staplers sei nicht heimlich erfolgt
und sie dürfe diesen deshalb verkaufen.

    Dieser Einwand hält schon deshalb nicht stand, weil die Wegschaffung
in Wirklichkeit heimlich erfolgte und der Beklagten, wie dargelegt wurde,
zum Vorwurf gereicht. Die Behauptung, der Gerichtspräsident habe eine
andere Meinung vertreten, widerspricht Erw. 7 seines Entscheides. Die
Schuldbetreibungs- und Konkurskommission sodann führte nur aus,
von einem heimlichen Wegschaffen könne "wohl" nicht die Rede sein
(Erw. 3a). Sie erklärte ausdrücklich, die Beurteilung materiellrechtlicher
Rechtsfragen bleibe dem Richter im beschleunigten Verfahren vorbehalten;
im betreibungsrechtlichen Beschwerdeverfahren sei nur zu entscheiden, ob
die beiden Betreibungsämter bei der Aufnahme der Retentionsurkunde richtig
vorgegangen seien oder nicht (Erw. 2). Die Beklagte musste also mit der
vorliegenden Klage rechnen. Die Klageschrift vom 30. Dezember 1971 wurde
ihr dann freilich erst am 19. Januar 1972 zugestellt, während der mit
Buser & Cie. abgeschlossene Kaufvertrag über den Stapler das Datum des
18. Januar 1972 trägt. Die Lieferung des Staplers erfolgte jedoch erst
am 27. März 1972. Indem die Beklagte sich an diesem Tage der Streitsache
entäusserte, handelte sie erneut schuldhaft.

Entscheid:

              Demnach erkennt das Bundesgericht:

    Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des Obergerichts (1.
Zivilabteilung) des Kantons Aargau vom 20. September 1974 bestätigt.