Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 101 II 305



101 II 305

51. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 6. November 1975
i.S. R. gegen P. Regeste

    Anfechtung einer letztwilligen Verfügung, die einem Erbvertrag
widerspricht (Art. 494 Abs. 3 ZGB).

    1. Ein Erbvertrag kann neben Bestimmungen vertraglicher Natur auch
letztwillige Verfügungen enthalten, die frei widerruflich sind (Art. 509
ZGB) (Erw. 3a).

    2. Auf die Anfechtung einer letztwilligen Verfügung, die
einem Erbvertrag widerspricht, finden die Bestimmungen über die
Herabsetzungsklage (Art. 522 bis 533 ZGB) analoge Anwendung (Erw. 3b).

Sachverhalt

    A.- Die am 9. April 1966 in Basel verstorbene ledige Mathilde
R. hinterliess als gesetzliche Erben ihre beiden Schwestern Hedwig P. und
Suzanne R. Am 8. Juli 1961 hatte die Erblasserin von ihrer Mutter, Berta
R., das Haus ... Nr. 130 in Basel käuflich erworben. Am gleichen Tag traf
sie die folgende als Erbvertrag bezeichnete Verfügung von Todes wegen:

    "Erbvertrag

    Vor mir, dem unterzeichneten öffentlichen Notar zu Basel ist
   erschienen:

    Fräulein Mathilde R., ledig und mehrjährig, von und in Basel, mir,
   dem Notar, persönlich bekannt, und hat mir erklärt:

    Ich wünsche von Todes wegen folgendes zu verfügen:

    I.

    Sollte ich vor meiner Mutter sterben, sind meine beiden Schwestern,
   nämlich Frau Hedwig p. und Frau Suzanne R., oder deren Nachkommen,
   meine einzigen gesetzlichen Erben; ihr Erbrecht richtet sich nach den
   gesetzlichen Bestimmungen.

    Meiner Mutter vermache ich die lebenslängliche sicherstellungsfreie

    Nutzniessung an meinem Nachlass; vorbehalten bleibt das Legat gemäss
   nächstem Absatz.

    Meine beiden Neffen Samuel S., geboren 1938
   (neunzehnhundertachtunddreissig) und Stephan S., geboren 1941
   (neunzehnhunderteinundvierzig), den Kindern meiner vorverstorbenen

    Schwester Gertrud,
   vermache ich als Vermächtnisnehmern je einen Barbetrag in Höhe von

    Fr. 5'000.-- (fünftausend Franken).

    II

    Sollte meine Mutter vor mir sterben, so sind meine einzigen Erben
   die beiden sub I (eins) hievor genannten Schwestern, Frau Hedwig P.
   und Frau Suzanne R., oder deren Nachkommen; ihr Erbrecht richtet sich
   nach den gesetzlichen Vorschriften.

    Meine beiden Neffen, Samuel S., geboren 1938
   (neunzehnhundertachtunddreissig) und Stephan S., geboren 1941
   (neunzehnhunderteinundvierzig), den Kindern meiner vorverstorbenen

    Schwester Gertrud,
   vermache ich als Vermächtnisnehmern je einen Barbetrag von

    Fr. 5'000.-- (fünftausend Franken).

    III

    Ich unterstelle die Erbfolge in meinen Nachlass ausdrücklich dem

    Rechte des Kantons Basel-Stadt als meines Heimatkantons.

    IV

    Sollte ein Erbe oder Vermächtnisnehmer dieses Testament in irgend
   einer Form anfechten, verfüge ich, dass er vom Erbrecht vollständig
   (hier fehlen offenbar die Worte: ausgeschlossen sein soll).

    V

    Ich hebe hierdurch alle meine früheren Verfügungen von Todes
   wegen auf.

    Alsdann ist erschienen Frau Witwe Berta R., Hausfrau, von und in

    Basel, mir, dem Notar persönlich bekannt, und hat mir erklärt:

    Ich habe von den Erklärungen meiner Tochter Kenntnis genommen.

    Ich bin mit ihnen in allen Teilen einverstanden, insbesondere bin ich
   damit einverstanden, dass ich beim Vorabsterben meiner Tochter an
   deren Nachlass die lebenslängliche Nutzniessung erhalte."

    (Es folgen Beurkundungsformel und Zeugenbestätigung.)

    Die Mutter Berta R. starb vor ihrer Tochter Mathilde am 12. März
1965. Diese errichtete am 3. Dezember 1965 ein eigenhändiges Testament,
in welchem sie ihre Schwester, Frau Hedwig P., als einzige Erbin
einsetzte. Bei deren Vorabsterben sollten ihre Nachkommen zu gleichen
Teilen die Erbschaft antreten. In Ziffer 3 des Testaments verpflichtete die
Erblasserin Hedwig P. (oder deren Nachkommen), aus dem ihr zufallenden
Erbteil die 36 Aktien der X. AG mit ihren eigenen oder den ihrem
Ehemann gehörenden 37 Aktien der X. AG ihrer Schwester, Frau Suzanne
R., zu Eigentum zu übertragen, sofern sich diese bereit erkläre, ihren
Drittel-Anteil am Hause ... Nr. 127 Zug um Zug ohne Barausgleichung auf
Frau Hedwig P. oder deren Nachkommen zu übertragen. Sollte sich Frau
Suzanne R. hiezu innerhalb eines halben Jahres seit dem Ableben der
Erblasserin nicht bereit erklären, falle die zu Lasten von Frau Hedwig
P. aufgestellte Verpflichtung dahin. Für den Fall, dass dieser Abtausch
deshalb nicht zustande komme, weil sich Herr P. oder dessen Erben weigern,
die ihnen gehörenden Aktien der X. AG für den Abtausch zur Verfügung
zu stellen, bestimmte die Erblasserin, dass die Erbeinsetzung der Frau
Hedwig P. dahinfallen und das gesetzliche Erbrecht gelten solle. Mit
diesem Testament hob Mathilde R. alle ihre früheren Verfügungen von Todes
wegen auf.

    Nach dem Tode von Mathilde R. verhandelten ihre beiden Schwestern über
den im Testament vorgesehenen Abtausch, auf den sie schliesslich mit einer
Vereinbarung vom 31. Dezember 1969/7. Januar 1970 verzichteten. Hingegen
verkaufte Suzanne R. die ihr gehörenden Aktien der X. AG ihrer Schwester
Hedwig P. In Ziffer II der genannten Vereinbarung wurde folgendes
festgehalten:

    "Durch den vorstehenden Aktienverkauf ist der im Testament der

    Fräulein Mathilde R. vom 3. Dezember 1965 in Ziff. 3 vorgesehene

    Abtausch hinfällig geworden. Beide Parteien verzichten daher
   ausdrücklich auf diesen Abtausch. Sämtliche Korrespondenzen, die den

    Abtausch zum Gegenstand haben, sind somit gegenstandslos.

    Im Sinne einer Klarstellung verschiedener Differenzen wird bezüglich
   der im Gesamteigentum (intern zu 2/3 Frau Hedwig P. und zu

    1/3 Frau Suzanne R.) stehenden Liegenschaft ... Nr. 127 folgendes
   festgehalten:"

    (Es folgen eine Anzahl von Bestimmungen, die für das
   vorliegende Verfahren ohne Bedeutung sind.)

    B.- Am 6. November 1972 reichte Suzanne R. beim Zivilgericht des
Kantons Basel-Stadt gegen Hedwig P. Klage ein mit den folgenden Anträgen:

    "1. Hiemit fechte ich die letztwillige Verfügung (Testament) meiner

    Schwester Mathilde R. vom 3. Dezember 1965, die im Widerspruch
   zum Erbvertrag zwischen meiner Mutter Frau Wwe. Berta R. und meiner
   Schwester Fräulein Mathilde R. vom 8. Juli 1961 steht, auf

    Grund von Art. 494 Abs. 3 ZGB an.

    2. Diese Verfügung sei, soweit sie die Beklagte und mich betrifft
   und die Beklagte, meine Schwester, mir gegenüber begünstigt, in Analogie
   zu Art. 522 ZGB betr. Herabsetzungsklage herabzusetzen, und es sei
   die Beklagte zu verpflichten, mit mir den Aktivsaldo der Erbschaft
   von Mathilde R. zu gleichen Teilen, d.h. zur Hälfte, zu teilen.

    3. Es sei insbesondere festzustellen, dass das Haus ... Nr. 130 in

    Basel je zur Hälfte mir und meiner Schwester, der Beklagten, gehört.

    4. Es sei die Beklagte zu verpflichten, auch den übrigen Nachlass
   von Mathilde R. mit mir zu teilen.

    5. Es sei festzustellen, dass die Beklagte als bösgläubig Bedachte die
   ihr im Testament von Mathilde R. vom 3. Dezember 1965 zugedachten

    Vorteile für sich in Anspruch nimmt.

    6. Ferner sei die Beklagte zu verpflichten, das Inventar des Nachlasses
   von Mathilde R. zu edieren, welches Inventar ich bis jetzt nicht
   besass. Ich habe davon erst kürzlich nur den Betrag des Reinvermögens
   erfahren."

    Die Beklagte beantragte die vollumfängliche Abweisung der
Klage. Gleichzeitig erhob sie Widerklage, mit der sie die Feststellung
verlangte, dass die Parteien an der nach aussen in ihrem Gesamteigentum
stehenden Liegenschaft ... Nr. 127 in Basel im internen Verhältnis
wie folgt beteiligt seien: zu einem Drittel die Klägerin und zu zwei
Dritteln die Beklagte. Ferner beantragte die Beklagte, die Klägerin sei
zu verurteilen, ihr den Betrag von Fr. 8'876.95 nebst Zins zu 5% seit
19. März 1973 zu bezahlen.

    C.- Das Zivilgericht des Kantons Basel-Stadt wies die Klage mit Urteil
vom 19. August 1974 ab und hiess die Widerklage teilweise gut. Es stellte
fest, dass die Beklagte an der im Gesamteigentum stehenden Liegenschaft
... Nr. 127, Basel, intern zu zwei Dritteln und die Klägerin zu einem
Drittel beteiligt ist. Ferner verurteilte es die Klägerin zur Zahlung
von Fr. 8'074.45 nebst 5% Zins seit 19. März 1973 an die Beklagte und
wies die Mehrforderung ab.

    Das Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt, an welches die
Klägerin appelliert hatte, bestätigte das Urteil des Zivilgerichts am
23. Mai 1975. Es erachtete die Klage als verjährt. Hingegen war es der
Auffassung, dass die Klägerin den Herabsetzungsanspruch gemäss Art. 533
Abs. 3 ZGB gegenüber der Widerklage jederzeit einredeweise geltend machen
könne. Im vorliegenden Falle könne die Klägerin diese Einrede jedoch
aus materiellen Gründen nicht mehr erheben, weil sie das Testament vom
3. Dezember 1965 in voller Kenntnis des von ihr behaupteten Mangels
wiederholt ausdrücklich, zuletzt in der Vereinbarung vom 31. Dezember
1969/7. Januar 1970, anerkannt habe.

    D.- Die Klägerin führt Berufung an das Bundesgericht mit dem Antrag,
das Urteil des Appellationsgerichts des Kantons Basel-Stadt vom 23. Mai
1975 wegen Verletzung von Art. 533 Abs. 1 ZGB etc. aufzuheben.

    Die Beklagte beantragt, auf die Berufung nicht einzutreten, eventuell
sie abzuweisen.

    Das Bundesgericht weist die Berufung ab, soweit auf sie eingetreten
werden kann, und bestätigt das Urteil des Appellationsgerichts.

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 3

    3.- a) Zur Begründung ihrer Berufung macht die Klägerin zunächst
geltend, das Testament vom 3. Dezember 1965, in welchem die Beklagte von
der Erblasserin zur Alleinerbin eingesetzt worden ist, verletze den von
Mathilde R. mit ihrer Mutter abgeschlossenen Erbvertrag vom 8. Juli 1961.
Sinngemäss behauptet sie damit, das Testament sei ungültig, weil es neben
dem Erbvertrag nicht zu Recht bestehen könne. Wegen Unvereinbarkeit mit
erbvertraglichen Verpflichtungen kann das Testament zum vorneherein dann
nicht angefochten werden, wenn der entsprechende Teil des Erbvertrages
überhaupt nicht Bestimmungen vertraglicher Natur, sondern einseitige
testamentarische Verfügungen enthält. Es ist nämlich allgemein anerkannt,
dass Verfügungen von Todes wegen, die in der Form des Erbvertrages
errichtet werden, neben Bestimmungen vertraglicher Art auch letztwillige
Verfügungen enthalten können, die gemäss Art. 509 ZGB frei widerruflich
sind (BGE 96 II 281 Erw. 3 und die dort angeführten Zitate).

    Bei Auslegung des Erbvertrages vom 8. Juli 1961 ergibt sich,
dass die von der Klägerin angefochtene Ziffer II nicht vertraglicher
Natur ist, sondern eine letztwillige Verfügung darstellt. Vertraglicher
Natur ist nur Ziffer I, die der Mutter der Erblasserin anstelle ihres
Pflichtteilsanspruches die Nutzniessung am Nachlass zuweist. Diese
Anordnung bedurfte der Zustimmung der Mutter Berta R. Ziffer II des
Erbvertrages enthält neben zwei Vermächtnissen die Bestimmung, dass
bei Vorabsterben der Mutter die beiden noch lebenden Schwestern der
Erblasserin bzw. deren Nachkommen ihre einzigen Erben sein werden. Dass
diese Anordnungen vertraglicher Natur wären, ergibt sich aus der
Verfügung in keiner Weise. Die Annahme der Klägerin, ihre Mutter habe die
Liegenschaft ... Nr. 130 nur unter der Bedingung zu einem so günstigen
Preis ihrer Tochter Mathilde verkauft, dass diese sich verpflichte, ihre
beiden Schwestern zu gleichen Teilen als Erbinnen einzusetzen, findet
weder im Wortlaut noch im Sinn des Erbvertrages eine Stütze. Die Klägerin
behauptet auch nicht, eine solche Bedingung sei in dem am gleichen Tag wie
der Erbvertrag zwischen der Erblasserin und ihrer Mutter abgeschlossenen
Kaufvertrag enthalten. Das würde übrigens auch nicht genügen, weil eine
solche Bedingung erbvertraglicher Natur wäre und daher der Form des
Erbvertrages bedürfte. Ist demnach Ziffer II der Verfügung vom 8. Juli
1961 nicht erbvertraglicher Natur, sondern stellt sie eine letztwillige
Verfügung dar, so durfte die Erblasserin sie jederzeit gemäss Art. 509
ZGB durch eine spätere Verfügung aufheben und ersetzen. Damit fällt
eine Anfechtung gestützt auf Art. 494 Abs. 3 ZGB zum vorneherein ausser
Betracht.

    b) Selbst wenn man aber der angefochtenen Bestimmung des Erbvertrages
vom 8. Juli 1961 mit der Klägerin die vertragliche Natur zubilligen
wollte, wäre dieser nicht geholfen, weil die Anfechtung auf jeden Fall
verjährt wäre. Der Auffassung der Vorinstanz, der Klägerin stehe gegenüber
der Widerklage die unverjährbare Herabsetzungseinrede gemäss Art. 533
Abs. 3 ZGB zu, kann nicht gefolgt werden. Der Widerklage kommt nämlich,
soweit sie die Feststellung der internen Beteiligung der Parteien an
der Liegenschaft ... Nr. 127 zum Gegenstand hat, gar keine selbständige
Bedeutung zu. Materiell stellt sie vielmehr lediglich einen Antrag
auf Klageabweisung dar. Mit dem Widerklagebegehren auf richterliche
Feststellung der Beteiligungsverhältnisse an der Liegenschaft will die
Beklagte nur den bereits bestehenden Zustand sanktionieren lassen. Hiefür
hätte es jedoch genügt, wenn sie die Abweisung der Klage beantragt
hätte. Mit einem auf Klageabweisung lautenden Urteil wäre das Testament als
gültig erklärt und die Klägerin von der Erbschaft ausgeschlossen worden.

    Anderseits hätte die Beklagte bereits auf Grund des Testamentes vom 3.
Dezember 1965, gegen das innert Monatsfrist keine Einsprache erhoben worden
war, gestützt auf Art. 559 ZGB die Erbbescheinigung verlangen, den Besitz
der Erbschaft antreten und allfällige Grundbucheintragungen erwirken können
(Art. 18 GBV; TUOR/PICENONI, N. 23 ff. zu Art. 559 ZGB; BGE 98 Ib 92
ff., 82 I 188 ff. und 79 I 260 ff.). Tatsächlich war die Beklagte auch
im Besitze der Erbschaft, mit Einschluss des zwei-Drittel-Anteils an der
Liegenschaft ... Nr. 127. Die Klägerin hatte in den vergangenen Jahren
in sämtlichen Korrespondenzen, Abrechnungen etc. stets anerkannt, dass
die Beklagte Alleinerbin und als solche an der fraglichen Liegenschaft
zu zwei Dritteln (nämlich dem ihr ursprünglich zustehenden Drittel und
dem von der Schwester Mathilde R. geerbten Drittel) beteiligt sei. Die
Beklagte war also Besitzerin dieses zwei-Drittel-Anteils. Es ist die
Klägerin, die mit ihrer Anfechtungsklage diesen Besitz bestreiten will;
die Beklagte kann sich ihr gegenüber auf eine Abwehr beschränken und
braucht nicht selbst vorzugehen. Damit besteht aber auch kein Anlass,
der Klägerin eine unverjährbare Herabsetzungseinrede zuzugestehen
(vgl. dazu TUOR, N. 14 zu Art. 521 ZGB, und PICENONI, Die Verjährung der
Testamentsungültigkeits- und Herabsetzungsklage, SJZ 63/1967 S. 104/5). Es
stellt sich somit lediglich die Frage, ob die Anfechtungsklage verjährt
sei, was beide Vorinstanzen mit Recht bejaht haben.

    Die in Art. 494 Abs. 3 ZGB geregelte Anfechtung eines Testaments, das
mit Verpflichtungen des Erblassers aus einem Erbvertrag in Widerspruch
steht, wird in Lehre und Rechtsprechung nahezu einhellig als ein der
Herabsetzungsklage vergleichbarer Fall betrachtet, auf welchen die
Art. 522 bis 533 ZGB analoge Anwendung finden (TUOR, N. 11 und 19,
und ESCHER, N. 10 zu Art. 494 ZGB mit Hinweisen; BGE 73 II 10 und 62 II
133). Demgegenüber vertritt RASCHEIN, Die Ungültigkeit der Verfügungen
von Todes wegen, Diss. Bern 1954, S. 55, die Ansicht, ein Testament,
das mit einer vorher eingegangenen erbvertraglichen Verpflichtung des
Erblassers unvereinbar sei, unterliege der Ungültigkeitsklage gemäss
Art. 519 bis 521 ZGB. Dieser Auffassung kann jedenfalls insofern nicht
gefolgt werden, als der Autor Ungültigkeit des Testamentes im Sinne von
Art. 519 Ziff. 3 ZGB und damit Rechtswidrigkeit angenommen hat. Eine
nach Errichtung eines Erbvertrages getroffene letztwillige Verfügung
ist nicht schlechthin ungültig, sondern lediglich so weit anfechtbar,
als sie zum Erbvertrag in Widerspruch steht. Sie verstösst somit nicht
gegen das Gesetz, sondern gegebenenfalls gegen eine früher eingegangene
vertragliche Verpflichtung. Liegt aber keine Rechtswidrigkeit vor, so
ist auch die in Art. 521 Abs. 2 ZGB vorgesehene Verjährungsfrist von 30
Jahren ausgeschlossen. Die einjährige Verjährungsfrist ist aber sowohl
bei Anwendung von Art. 521 Abs. 1 als auch von Art. 533 Abs. 1 ZGB im
vorliegenden Fall bereits abgelaufen. Nach der erstgenannten Bestimmung
begann diese Frist von dem Zeitpunkt an zu laufen, in welchem die Klägerin
von der Verfügung und vom Ungültigkeitsgrund Kenntnis erlangte. Das
war nach der vom Appellationsgericht übernommenen und damit für das
Bundesgericht verbindlichen tatsächlichen Feststellung des Zivilgerichts
spätestens im Verlaufe des Monats Juli 1966 der Fall. Gleich verhält
es sich aber auch bezüglich der Frist des Art. 533 Abs. 1 ZGB. Diese
beginnt im Augenblick, da der betroffene Erbe von der Verletzung seiner
Rechte Kenntnis erhalten hat. Im vorliegenden Fall war dies ebenfalls
im Juli 1966. Die Höhe des Nachlasses spielt in diesem Zusammenhang
nur eine Rolle, wenn von ihr die Frage abhängt, ob eine Verletzung des
Pflichtteils oder anderer Rechte der Erben vorliegt. Steht aber mit der
Kenntnis vom Testament unzweifelhaft fest, dass der Pflichtteil bzw. eine
Verpflichtung aus einem früheren Erbvertrag verletzt ist, beginnt die
einjährige Verjährungsfrist von diesem Augenblick an zu laufen. Wohl mag
die Grösse des Nachlasses für den verletzten Erben insofern von Bedeutung
sein, als er sich darüber schlüssig zu werden hat, ob sich die Einreichung
einer Anfechtungs- bzw. Herabsetzungsklage lohne oder nicht. Das kann
aber für den Beginn der Verjährungsfrist nicht massgebend sein. Damit
steht fest, dass im vorliegenden Fall eine allfällige Anfechtungsklage
spätestens am 31. Juli 1967 verjährt wäre.

    c) Endlich müsste dem Appellationsgericht aber auch insofern
beigepflichtet werden, als dieses die Auffassung vertrat, die Klägerin
habe das Testament ausdrücklich anerkannt, auch nachdem ihr der angeblich
bestehende Widerspruch zum früheren Erbvertrag bekannt gewesen sei. Dieser
Schluss konnte bereits aus der Vereinbarung der Parteien vom 31. Dezember
1969/7. Januar 1970 gezogen werden, in welcher die Klägerin ausdrücklich
mit ihrer Unterschrift bestätigte, dass sie an der Liegenschaft ... Nr. 127
zu einem Drittel und die Beklagte zu zwei Dritteln beteiligt sei. Auf
die früheren Korrespondenzen hat die Vorinstanz nur im Sinne einer
Ergänzung hingewiesen. Es kann deshalb dahingestellt bleiben, ob diese
Korrespondenzen - wie die Klägerin behauptet - unbeachtlich seien, weil
die Vereinbarung vom 31. Dezember 1969/7. Januar 1970 den Satz enthält:
"Sämtliche Korrespondenzen, die den Abtausch zum Gegenstand haben, sind
somit gegenstandslos." Immerhin wäre dazu zu bemerken, dass die Klägerin
nicht nur in Korrespondenzen, die sich auf den im Testament vorgesehenen
Austausch bezogen, sondern auch in andern Briefen die Gültigkeit des
Testaments ausdrücklich anerkannt hat. Das gilt insbesondere für einen
Brief der Klägerin an die Beklagte vom 18. September 1969.

    Aus diesen Ausführungen folgt, dass sich die Berufung, soweit sie die
Hauptklage betrifft, materiell in dreifacher Hinsicht als offensichtlich
unbegründet erweist.