Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 101 IB 472



101 Ib 472

77. Auszug aus dem Urteil vom 12. Dezember 1975 i.S. Kanton Nidwalden gegen
Gemeinde Ennetbürgen und Verwaltungsgericht des Kantons Nidwalden Regeste

    Kantonale verwaltungsrechtliche Streitigkeiten, Zuweisung an das
Bundesgericht (Art. 114bis Abs. 4 BV, Art. 121 OG).

    Umfang der in Art. 28 Abs. 1 des Nidwaldner Gerichtsgesetzes dem
kantonalen Verwaltungsgericht und dem Bundesgericht als Beschwerdeinstanz
zugewiesenen Kompetenzen (Erw. 1).

    Streitigkeit zwischen dem Kanton Nidwalden und einer Gemeinde darüber,
ob ein Landsgemeindebeschluss von 1956, der Beiträge des Kantons an die
Kosten des Unterhalts und Ausbaus einer Gemeindestrasse vorsieht, durch
das kantonale Strassengesetz von 1966 aufgehoben worden sei.

    Der Entscheid der kantonalen Verwaltungsgerichts unterliegt der
Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht (Erw. 2).

    Das kantonale Verwaltungsgericht war befugt, die Streitfrage zu
beurteilen, auch wenn sie dem kantonalen Verfassungsgericht hätte
unterbreitet werden können (Erw. 3).

    Der umstrittene Landsgemeindebeschluss gilt weiterhin (Erw. 4).

Sachverhalt

    A.- An der Nidwaldner Landsgemeinde vom 29. April 1956 wurde
beschlossen: "Der Kanton wird der Bezirksgemeinde Ennetbürgen an den
im Einvernehmen und mit Gutheissung der zustehenden kantonalen Behörden
durchgeführten ordentlichen und ausserordentlichen Unterhalt sowie an den
Ausbau der Bürgenstockstrasse, vom Dorfe Ennetbürgen (435,2 m.ü.M.) bis
zur Honegg (892,6 m.ü.M.), Gesamtstrecke 4825 m, die Hälfte der jeweiligen
Kosten vergüten". Auf Grund dieses Beschlusses erbrachte der Kanton bis
einschliesslich 1972 entsprechende Leistungen.

    Im Jahre 1973 ersuchte der Gemeinderat von Ennetbürgen den Kanton,
die sofortige Korrektion der Bürgenstockstrasse im Bereich einer Einfahrt
im Dorfe nach einem mit Kosten von Fr. 65'000.-- rechnenden Projekt
zu bewilligen und den Kredit für den hälftigen Anteil des Kantons zur
Verfügung zu stellen. Der Regierungsrat trat auf das Gesuch nicht ein. Er
führte aus, durch das neue kantonale Gesetz vom 24. April 1966 über den Bau
und Unterhalt der Strassen (Strassengesetz), in Kraft getreten am 1. Januar
1967, seien alle ihm widersprechenden gesetzlichen Bestimmungen aufgehoben
worden. Damit sei auch der Landsgemeindebeschluss von 1956 hinfällig
geworden; denn nach Art. 75 Abs. 2 des neuen Gesetzes gingen die Kosten
des Ausbaus der Gemeindestrassen, zu denen die Bürgenstockstrasse gehöre,
grundsätzlich zulasten der Gemeinden.

    Die Gemeinde Ennetbürgen focht den Entscheid des Regierungsrates unter
Berufung auf Art. 28 des kantonalen Gerichtsgesetzes mit Beschwerde beim
Verwaltungsgericht Nidwalden an. Sie beantragte, es sei festzustellen,
dass der Landsgemeindebeschluss vom 29. April 1956 weiterhin in Geltung
- stehe, und der Kanton sei anzuhalten, seinen daraus sich ergebenden
finanziellen Verpflichtungen nachzukommen. Das Verwaltungsgericht hiess
die Beschwerde gut.

    Gegen diesen Entscheid erhebt der Kanton Nidwalden, vertreten durch
den Regierungsrat, beim Bundesgericht Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Er
macht geltend, das kantonale Verwaltungsgericht habe sich eine
Entscheidungsbefugnis angemasst, die nach Art. 31 Ziff. 2 des Nidwaldner
Gerichtsgesetzes dem kantonalen Verfassungsgericht zustehe. In der Sache
habe es unrichtig entschieden. Seine Auffassung, der Landsgemeindebeschluss
vom 29. April 1956 stelle einen "Sonderbeschluss" dar und sei daher durch
das neue Strassengesetz nicht aufgehoben worden, sei unhaltbar. Mit
diesem Gesetz habe man eine klare Ordnung schaffen und demgemäss
Sonderregelungen der in Frage stehenden Art, die unter dem alten Recht
als zulässig betrachtet worden seien, beseitigen wollen. Zu Unrecht
nehme das Verwaltungsgericht an, ein Finanzbeschluss wie jener der
Landsgemeinde vom 29. April 1956 könnte auch noch unter der Herrschaft
des neuen Strassengesetzes gefasst werden.

    Das Bundesgericht weist die Beschwerde des Kantons ab.

Auszug aus den Erwägungen:

                     Aus den Erwägungen:

Erwägung 1

    1.- Art. 28 Abs. 1 des Nidwaldner Gesetzes vom 28. April 1968 über
die Organisation und das Verfahren der Gerichte (des Gerichtsgesetzes)
ist in Art. 18 Ziff. 2 des kantonalen Gesetzes vom 25. April 1971 über
die Haftung des Gemeinwesens und seiner Funktionäre (des Haftungsgesetzes)
geändert worden und lautet nun:
      "Das Verwaltungsgericht beurteilt die vermögensrechtlichen

    Streitigkeiten öffentlichrechtlicher Natur zwischen Kanton, Gemeinden,

    Korporationen und übrigen juristischen Personen des kantonalen
   öffentlichen Rechts sowie zwischen diesen Gemeinwesen einerseits und
   ihren Funktionären anderseits; das Urteil kann gemäss Art. 114 bis

    Abs. 4 der Bundesverfassung an das Bundesgericht weitergezogen werden".

    Die Bundesversammlung hat die in der neuen Bestimmung enthaltene
Kompetenzzuweisung an das Bundesgericht genehmigt; sie hat die für
das Bundesgericht als Beschwerdeinstanz der Verwaltungsrechtspflege
vorgesehenen Verfahrensbestimmungen - Art. 103 ff. OG - anwendbar erklärt
(BB vom 14. März 1972, SR 173.114.13).

    In der Botschaft vom 19. Januar 1972, welche diese Kompetenzzuweisung
betrifft, hat der Bundesrat ausgeführt, sie schliesse "lediglich
Streitigkeiten zwischen Gemeinwesen im Sinne des Haftungsgesetzes und
Regressansprüche der Gemeinwesen gegenüber ihren Funktionären" ein (BBl
1972 I 527). Diese Erklärung steht indes offensichtlich im Widerspruch zum
Text des revidierten Art. 28 Abs. 1 des kantonalen Gerichtsgesetzes. Denn
dort werden dem kantonalen Verwaltungsgericht und dem Bundesgericht ganz
allgemein "die" vermögensrechtlichen Streitigkeiten öffentlichrechtlicher
Natur zwischen Kanton, Gemeinden, Korporationen und übrigen juristischen
Personen des kantonalen öffentlichen Rechts sowie zwischen diesen
Gemeinwesen und ihren Funktionären zur Beurteilung zugewiesen; der
klare Wortlaut der Bestimmung schliesst die Annahme aus, dass darunter
nur Streitigkeiten aus dem Haftungsgesetz fallen. Unzutreffend ist
auch die im Ständerat vom Berichterstatter der Kommission geäusserte
Auffassung, es handle sich nur um Haftpflichtansprüche Dritter gegen die
Gemeinwesen und um Regressansprüche der Gemeinwesen gegen ihre Funktionäre
(Amtl.Bull. S 1972 S. 157); sie widerspricht nicht bloss dem neuen Art. 28
Abs. 1 Gerichtsgesetz, sondern auch dem Art. 12 Abs. 1 Haftungsgesetz,
wonach für die Beurteilung der Haftung des Gemeinwesens die Behörden
der Zivilgerichtsbarkeit zuständig sind. Es unterliegt keinem Zweifel,
dass die von der Bundesversammlung genehmigte Kompetenzzuweisung die
Tragweite hat, die sich aus den klaren Texten des revidierten Art. 28
Abs. 1 Gerichtsgesetz und des Genehmigungsbeschlusses ergibt.

Erwägung 2

    2.- Es ist Streit darüber entstanden, ob die politische Gemeinde
Ennetbürgen gegenüber dem Kanton Nidwalden weiterhin Anspruch auf die im
Landsgemeindebeschluss vom 29. April 1956 vorgesehenen hälftigen Beiträge
an die Kosten des Unterhalts und des Ausbaues der Bürgenstockstrasse
erheben könne. Dieser Anstand ist offensichtlich eine vermögensrechtliche
Streitigkeit öffentlichrechtlicher Natur zwischen dem Kanton und der
Gemeinde und fällt daher unter Art. 28 Abs. 1 Gerichtsgesetz. Gegen das
Urteil des Nidwaldner Verwaltungsgerichts in der Angelegenheit ist somit
nach dieser Bestimmung und dem Genehmigungsbeschluss der Bundesversammlung
die Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht zulässig. Der
Kanton ist im Verfahren vor dem kantonalen Verwaltungsgericht unterlegen;
er ist deshalb zur Beschwerdeführung berechtigt. Auf seine Beschwerde
ist einzutreten.

    Die Vorinstanz äussert hinsichtlich der Eintretensfrage Zweifel. Sie
führt in der Vernehmlassung aus, da der Kanton ihre Zuständigkeit
bestreite, stelle sich vorerst die Frage, ob der kantonale Instanzenzug
in diesem Punkte erschöpft worden sei; denn nach Art. 31 Ziff. 3
Gerichtsgesetz (= Art. 69 Abs. 2 Ziff. 3 KV) seien Kompetenzkonflikte
zwischen kantonalen Instanzen vom kantonalen Verfassungsgericht
zu beurteilen, sofern es nicht selber Partei sei; der Kanton habe
aber keine "Kompetenzbeschwerde" beim Verfassungsgericht eingereicht.
Indes ist davon auszugehen, dass das angefochtene Urteil des Nidwaldner
Verwaltungsgerichts, wie erwähnt, eine Streitigkeit im Sinne des Art. 28
Abs. 1 Gerichtsgesetz zum Gegenstand hat. Es unterliegt daher gemäss der
in dieser Vorschrift enthaltenen, von der Bundesversammlung genehmigten
Kompetenzzuweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht,
und zwar unmittelbar und im vollen Umfange. Diese Beschwerde ist auch
das Rechtsmittel, mit dem der Kanton seinen Einwand, das kantonale
Verwaltungsgericht habe in den Kompetenzbereich des Verfassungsgerichts
übergegriffen, vorzubringen hatte. Die Annahme, dass er in diesem Punkte
zunächst eine "Kompetenzbeschwerde" hätte erheben müssen, ist mit der
in Art. 28 Abs. 1 Gerichtsgesetz getroffenen Ordnung des Instanzenzuges,
die hier massgebend ist, nicht vereinbar. (Da nach der Auffassung des
Regierungsrates die Zuständigkeit des Verfassungsgerichtes nach Art. 31
Ziff. 2 Gerichtsgesetz in Frage steht, könnte übrigens diese Instanz für
die Beurteilung eines allfälligen Kompetenzkonfliktes offenbar nicht
selber zuständig sein; bestimmt doch Art. 61 Ziff. 12 KV, dass über
Kompetenzkonflikte, in denen das Verfassungsgericht "Partei" ist, der
Landrat entscheidet). Das Bundesgericht hat demnach auch - und in erster
Linie - zu prüfen, ob die in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde vorgebrachte
Rüge der Kompetenzanmassung seitens des Verwaltungsgerichtes begründet sei.

Erwägung 3

    3.- Nach Art. 69 Abs. 2 Ziff. 2 KV und Art. 31 Ziff. 2
Gerichtsgesetz beurteilt das Verfassungsgericht "Streitigkeiten über die
Rechtmässigkeit von Gesetzen und Verordnungen des Kantons, der Gemeinden
und Korporationen". Anderseits bestimmt Art. 66 Abs. 2 KV: "Gesetze,
die gegen diese Verfassung verstossen oder bundesrechtswidrig sind, und
ebenso verfassungs- und gesetzwidrige Verordnungen sind für die Gerichte
unverbindlich". Aus dem Wortlaut dieser Vorschrift ergibt sich, dass sie
für sämtliche Gerichte des Kantons gilt. Jedes Nidwaldner Gericht ist
demnach im Bereich seiner sachlichen Zuständigkeit grundsätzlich zur
Prüfung befugt, ob ein kantonales Gesetz gegen die Kantonsverfassung
oder gegen Bundesrecht verstosse, und ob eine kantonale Verordnung
verfassungs- oder gesetzwidrig sei. Diese Befugnis steht den ausser dem
Verfassungsgericht eingesetzten kantonalen Gerichten jedenfalls dann
zu, wenn die Frage der Rechtmässigkeit des betreffenden Erlasses dem
Verfassungsgericht noch nicht durch Beschwerde (Art. 72 Gerichtsgesetz)
unterbreitet und von ihm entschieden worden ist (vgl. BGE 79 I 284 E. 3,
74 I 164 E. 9).

    Der Regierungsrat zählt den umstrittenen Landsgemeindebeschluss vom
29. April 1956 zu den Erlassen - Gesetzen und Verordnungen - im Sinne
von Art. 69 Abs. 2 Ziff. 2 KV und Art. 31 Ziff. 2 Gerichtsgesetz. Aber
selbst wenn dies zuträfe, wäre nach Art. 66 Abs. 2 KV anzunehmen, dass
im vorliegenden Fall das gemäss Art. 28 Abs. 1 Gerichtsgesetz sachlich
zuständige Verwaltungsgericht hat prüfen dürfen, ob der genannte
Landsgemeindebeschluss noch gelte oder durch das Strassengesetz von
1966 aufgehoben worden sei; denn ein Entscheid des Verfassungsgerichtes
über diese Frage ist nicht ergangen und auch nicht verlangt worden. Da
das kantonale Verwaltungsgericht auf jeden Fall befugt war, die
Frage zu prüfen, war es nicht etwa verpflichtet, einen Entscheid des
Verfassungsgerichtes abzuwarten oder gar selber zu veranlassen.

    Der Einwand des Kantons, dass die Vorinstanz in den
Zuständigkeitsbereich des Verfassungsgerichtes übergegriffen habe,
erweist sich somit als unbegründet.

Erwägung 4

    4.- In der Sache ist streitig, ob der Landsgemeindebeschluss vom
29. April 1956 über die Beteiligung des Kantons an den Kosten des
Unterhalts und des Ausbaus einer - als Honeggstrasse bezeichneten -
Teilstrecke der Bürgenstockstrasse durch Art. 91 des Strassengesetzes
vom 24. April 1966 (StrG) aufgehoben worden sei oder nicht. Es ist nicht
bestritten, dass er jedenfalls vor dem Inkrafttreten des genannten Gesetzes
gültig war, und auch nicht, dass er heute noch gilt, falls er durch dieses
Gesetz nicht aufgehoben worden ist.

    Art. 91 StrG hat folgenden Wortlaut:

    "Dieses Gesetz tritt auf den 1. Januar 1976 in Kraft.

    Alle mit ihm in Widerspruch stehenden Bestimmungen sind aufgehoben,
   insbesondere:

    1. Gesetz betreffend den Ausbau und Unterhalt der Kantonsstrassen
   vom 29. April 1951;

    2. Gesetz betreffend den Neubau der Hauptstrasse Nr. 4 im Abschnitt

    Kantonsgrenze Luzern bis Stansstad vom 25. April 1954;

    3. Gesetz betreffend den Bau der "Linksufrigen

    Vierwaldstättersee-Strasse" vom 24. April 1960;

    4. Gesetz über den Loskauf der Strassenbeschwerde vom 12. Mai

    1856;

    5. Gesetz über die Gemeindestrassen vom 30. April 1899;

    6. Gesetz betreffend die Landstrassen vom 26. April 1896".

    Wie die Parteien und die Vorinstanz übereinstimmend annehmen, sind
unter den "Bestimmungen" im Sinne des Art. 91 Abs. 2 StrG Rechtssätze zu
verstehen, d.h. Anordnungen genereller und abstrakter Natur (vgl. BGE 101
Ia 74). Wenn der umstrittene Landsgemeindebeschluss unter diesen Begriff
fiele und in Widerspruch mit dem Strassengesetz von 1966 stände, unterläge
keinem Zweifel, dass er durch dieses Gesetz aufgehoben worden ist, obwohl
er in dessen Art. 91 nicht erwähnt wird. Denn diese Vorschrift erklärt
"alle" dem neuen Gesetz widersprechenden Bestimmungen für hinfällig;
die in ihr enthaltene Aufzählung ist nicht abschliessend ("insbesondere").

    Die Gemeinde Ennetbürgen und das kantonale Verwaltungsgericht
betrachten den in Frage stehenden Landsgemeindebeschluss nicht als
einen Erlass generellen und abstrakten Charakters, sondern als einen
"Sonderbeschluss" (Finanzbeschluss) für eine "ganz konkrete Situation". Der
Regierungsrat bestreitet dies mit der Begründung, der Beschluss sei
"wie ein Gesetzeserlass allgemein und zeitlich unbegrenzt abgefasst",
stelle also offensichtlich "gewissermassen" eine Ergänzung des in Art. 1
des Gesetzes vom 29. April 1951 betreffend den Ausbau und Unterhalt der
Kantonsstrassen festgelegten Strassenbauprogrammes dar und könne daher
ohne weiteres den gesetzlichen Bestimmungen, die Art. 91 StrG ausdrücklich
für aufgehoben erkläre, gleichgestellt werden. Dieser Argumentation kann
nicht zugestimmt werden. Die Honeggstrasse ist nicht eine Kantonsstrasse,
sondern eine Gemeindestrasse. Das in Art. 1 des Gesetzes vom 29. April
1951 aufgestellte Programm des Ausbaues der Kantonsstrassen ist von der
Landsgemeinde erst am 26. April 1959 geändert und ergänzt worden. Die
Honeggstrasse ist weder im alten noch im neuen Programm aufgeführt. Der sie
betreffende Landsgemeindebeschluss vom 29. April 1956 ist ein selbständiger
Akt besonderer Art. Die Gemeinde Ennetbürgen hatte ihn in einem "Memorial"
vom 10. Februar 1956 beantragt, worin sie u.a. ausgeführt hatte:

    "... Nachdem sich jedoch Jahr für Jahr dieser öffentliche Verkehr in
   einem Masse steigert, durch den diese eigentliche Güterstrasse, die
   vornehmlich dem Zubringerdienst und dem landwirtschaftlichen Verkehr
   dienen sollte, ihren Charakter immer mehr verliert, ist es angebracht,
   dass die Bezirksgemeinde Ennetbürgen nicht mehr allein für den Unterhalt
   dieser Strasse aufzukommen hat. Vielmehr ist es angemessen, wenn der
   Kanton, in Würdigung der bestehenden Verhältnisse, an den

    Unterhalt dieser Strasse auf deren ganzen Länge einen hälftigen Anteil
   übernimmt".

    Die Landsgemeinde hat den Antrag zum Beschluss erhoben und damit den
von der Gemeinde geschilderten besonderen Umständen Rechnung getragen. Es
mag zutreffen, dass dieser Beschluss "zeitlich unbegrenzt" ist, jedenfalls
soweit er nicht nur den Ausbau, sondern auch den Unterhalt der Strasse
betrifft. Er hat aber nicht den Charakter eines generellen und abstrakten
Erlasses, sondern bezieht sich ausschliesslich auf den konkreten Einzelfall
der Honeggstrasse. Es handelt sich um eine Art Kreditbeschluss für diese
besondere Situation.

    Wie die Vorinstanz mit Recht annimmt, kann aber ein solcher Beschluss
nur durch einen ebenso konkreten, ausdrücklichen Aufhebungsbeschluss der
Landsgemeinde ausser Kraft gesetzt werden. Das hätte allerdings dadurch
geschehen können, dass der umstrittene Beschluss in Art. 91 Abs. 2 StrG
unter den "insbesondere" aufgehobenen Akten aufgeführt worden wäre. Die
Landsgemeinde hat ihn jedoch weder in dieser noch in anderer Weise
ausdrücklich für aufgehoben erklärt. Er ist somit nicht dahingefallen,
sondern gilt weiterhin.

    Ob er im Einklang mit den Bestimmungen des neuen Strassengesetzes
über die Tragung der Kosten der Erstellung und des Unterhalts der Kantons-
und der Gemeindestrassen stehe, mag zweifelhaft sein, ist aber hier nicht
zu prüfen. Es genügt festzustellen, dass der Beschluss nicht aufgehoben
worden ist.