Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 101 IB 178



101 Ib 178

33. Auszug aus dem Urteil vom 29. Mai 1975
i.S. Schweiz. Detaillistenverband gegen Generaldirektion PTT Regeste

    Postverkehrsgesetz: Beförderung von Zeitungen und Zeitschriften.

    Keine Überprüfung der Tragbarkeit der Posttaxen.

    Überprüfung der Gesetzmässigkeit einer Verordnungsbestimmung, die einen
Gesetzesbegriff präzisiert (Art. 20 Abs. 2 lit. a PVG und Art. 58 PVV).

    Legitimation zur Anfechtung von Verfügungen, die angeblich Konkurrenten
rechtswidrig begünstigen.

    Gewichtung zwischen dem nicht auf Werbung und dem auf Werbung
ausgerichteten Textteil einer Veröffentlichung (Art. 20 Abs. 4 PVG).

Sachverhalt

    A.- Im Anschluss an das Urteil vom 21. September 1973 (BGE 99 Ib 283),
worin sich das Bundesgericht zum Problem der rechtsgleichen Anwendung von
Bestimmungen über die Beförderungstaxen für Zeitungen, Zeitschriften und
Drucksachen äusserte, verfügte der Direktor der Postdienste am 28. Februar
1974, dass die Zeitschrift "PRO", die zurzeit im 24. Jahrgang steht, ab 1.
April 1975 nicht mehr zur Zeitungstaxe, sondern zur Drucksachentaxe zu
befördern sei. Er stellte in Anlehnung an das zitierte bundesgerichtliche
Urteil fest, dass bei der Zeitschrift "PRO" kein Abonnementsverhältnis
zwischen Herausgeber und Bezüger vorliege; die Zeitschrift werde vielmehr
an alle Haushaltungen der deutschen Schweiz versandt; das Blatt diene
überwiegend Geschäfts- und Reklamezwecken.

    Der Schweiz. Detaillistenverband focht diesen Entscheid bei der GD
PTT an und machte geltend, die Zeitschrift "PRO" müsse zur Zeitungstaxe
versandt werden, mindestens solange die Publikationen "Genossenschaft" der
COOP Schweiz und "Wir Brückenbauer" des Migros-Genossenschafts-Bundes zur
Zeitungstaxe befördert würden. Die Beschwerde wurde mit der Begründung
abgewiesen, der unterschiedliche Charakter der Zeitschrift "PRO"
einerseits, der Zeitungen "Genossenschaft" und "Wir Brückenbauer"
anderseits rechtfertige eine unterschiedliche Behandlung. Die
letztgenannten Zeitungen seien zur sog. "Mitgliedschaftspresse" gemäss
Art. 58 Abs. 1 lit. b PVV zu rechnen, die im Sinne von Art. 20 Abs. 2
lit. a PVG als abonniert gelte; sie dienten überdies nicht überwiegend
Geschäfts- und Reklamezwecken.

    Der Schweiz. Detaillistenverband erhebt gegen diesen Entscheid
Verwaltungsgerichtsbeschwerde.

    Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab.

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 1

    1.- Das Postverkehrsgesetz unterscheidet zwischen einer gewöhnlichen
Drucksachentaxe (Art. 17 PVG) und einer reduzierten Taxe für Zeitungen und
Zeitschriften (Art. 20 PVG). Innerhalb der Zeitungs- und Zeitschriftentaxe
wird unterschieden zwischen der einfachen Zeitungs- und Zeitschriftentaxe
gemäss Art. 20 Abs. 1 PVG und der erhöhten Zeitungs- und Zeitschriftentaxe
gemäss Art. 20 Abs. 3 PVG und Art. 61 PVV.

    Die einfache Zeitungstaxe ist nur anwendbar auf Zeitungen und
Zeitschriften, die kumulativ die sechs Erfordernisse des Art. 20 Abs. 2 PVG
erfüllen. Als "abonnierte Veröffentlichungen" im Sinne des Erfordernisses
der lit. a von Art. 20 Abs. 2 PVG gelten nach Art. 58 PVV einerseits
die eigentlichen abonnierten Blätter. Das sind Veröffentlichungen, die
aufgrund eines Abonnementsvertrages versandt werden, wobei der Bezüger
grundsätzlich den Abonnementspreis selber entrichtet; durch Dritte
bezahlte Abonnemente sind zulässig, sofern es sich um einzelne persönliche
Geschenkabonnemente handelt (Art. 58 lit. a PVV). Anderseits zählt auch
die Mitgliedschaftspresse zu den "abonnierten Veröffentlichungen". Es
sind dies Blätter, die eine Körperschaft aufgrund eines Beschlusses des
zuständigen Organs ihren Mitgliedern zukommen lässt (daselbst lit. b).

    Zur erhöhten Zeitungstaxe gemäss Art. 20 Abs. 3 PVG können Zeitungen
und Zeitschriften versandt werden, die - entgegen Art. 20 Abs. 2 lit. d
PVG - überwiegend Geschäfts- oder Reklamezwecken dienen, sofern sie
monatlich wenigstens einmal herausgegeben werden und mindestens 15%
redaktionell verarbeiteten Textteil aufweisen sowie die Bedingungen von
Art. 20 Abs. 2 lit. a, c und e erfüllen, also insbesondere im Sinne von
Art. 20 Abs. 2 lit. a PVG und Art. 58 PVV "abonniert" sind.

    Gemäss Art. 20 Abs. 4 PVG ist jedoch weder die einfache noch die
erhöhte Zeitungstaxe, sondern die gewöhnliche Drucksachentaxe anwendbar
auf Zeitungen und Zeitschriften, "die von einzelnen Personen, Betrieben,
Unternehmungen oder Organisationen oder von Gruppen solcher selber oder
in ihrem Auftrag herausgegeben werden und hautptsächlich der Empfehlung
ihrer geschäftlichen Tätigkeit oder der von ihnen angebotenen Produkte
oder Dienstleistungen dienen".

Erwägung 2

    2.- Das Bundesgericht hat in seinem Urteil vom 21. September 1973
festgestellt, dass bei richtiger Anwendung der geltenden Bestimmungen
die gesetzlichen Voraussetzungen für die postalische Beförderung der
Zeitschrift "PRO" zur Zeitungstaxe nicht vorhanden sind; bei dieser
Zeitschrift fehle das Abonnement (Art. 20 Abs. 2 lit. a PVG) und zudem
diene sie überwiegend Geschäfts- und Reklamezwecken (Art. 20 Abs. 2
lit. d PVG). Die Weigerung der PTT-Betriebe, die Zeitschrift "PRO" zur
Zeitungstaxe zu befördern, ist somit - abgesehen von der Problematik
eines allfälligen Anspruchs auf Gleichbehandlung im Unrecht - gesetzmässig.

    Der Schweiz. Detaillistenverband behauptet, dass die postalische
Beförderung seines Blattes zur Drucksachentaxe die Existenz der
Veröffentlichung in Frage stelle. Ob dies zutrifft, hat das Bundesgericht
nicht zu entscheiden; seine Überprüfungsbefugnis beschränkt sich auf die
richtige Rechtsanwendung; die Tragbarkeit der Posttaxen ist keine Frage
der Rechtsanwendung. Welche Möglichkeiten Art. 68 PVG dem Bundesrat
einräumt, um gesetzlich festgesetzte Taxen allenfalls herabzusetzen,
ist im vorliegenden Verfahren nicht abzuklären.

Erwägung 3

    3.- Zu prüfen ist dagegen, ob der Schweiz.  Detaillistenverband
als Herausgeber der Zeitschrift "PRO" fordern kann, die PTT-Betriebe
müssten ihm - weil gleiche Verhältnisse vorlägen - hinsichtlich des für
die Beförderung der Zeitschrift zu entrichtenden Entgelts die selbe
Rechtsstellung einräumen wie den Herausgebern der Wochenzeitungen
"Genossenschaft" und "Wir Brückenbauer".

    a) Diesbezüglich bezweifelt der Schweiz. Detaillistenverband vorab,
ob es überhaupt angeht, die sog. Mitgliedschaftspresse generell unter den
Begriff der "abonnierten Zeitungen und Zeitschriften" zu subsumieren. Er
wirft damit die Frage nach der Gesetzmässigkeit der PVV, namentlich des
Art. 58 PVV auf.

    Art. 67 Abs. 2 PVG ermächtigt den Bundesrat, die zum Vollzug des
Gesetzes "erforderlichen Vorschriften" zu erlassen. Anders als Art. 68
PVG verleiht diese Bestimmung dem Bundesrat nicht die weitgehende
Kompetenz zum Erlass von gesetzesändernden Verordnungsbestimmungen; sie
gestattet lediglich den Erlass von Vollzugsvorschriften präzisierenden
Charakters. Art. 58 PVV, der die Anwendbarkeit der Zeitungstaxe bei
"abonnierten Zeitungen und Zeitschriften" regelt, ist - wie sich aus
seinem Wortlaut, seinem Sinn und Zweck und seiner Stellung innerhalb der
Verordnung ergibt - eine Vollzugsvorschrift im Sinne von Art. 67 Abs. 2 PVG
und nicht eine aufgrund des Änderungsvorbehalts (Art. 68 PVG) getroffene,
vom Gesetz abweichende Taxregelung. Es ist daher zu prüfen, ob er sich -
soweit die Beantwortung dieser Frage für die Beurteilung des vorliegenden
Rechtsstreites von Bedeutung ist - im Rahmen der materiellen Grundnorm
(Art. 20 Abs. 2 lit. a PVG) hält.

    Der Begriff der "abonnierten Zeitungen und Zeitschriften"
ist Teil eines Rechtssatzes auf Gesetzesstufe, dessen Auslegung im
verwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren Aufgabe des Richters
ist. Der Richter überprüft bei ihm angefochtene Verwaltungs- und
Verwaltungsjustizentscheide nach dieser Richtung hin vollumfänglich
und uneingeschränkt, da er im selben Masse wie die vorinstanzlichen
Behörden in der Lage ist, diesem auslegungsbedürftigen Begriff
den dem Willen des Gesetzgebers entsprechenden Sinn zu geben. Die
Gesetzmässigkeit einer Verordnungsbestimmung, die einen solchen
auslegungsbedürftigen Gesetzesbegriff präzisiert, überprüft der Richter
im verwaltungsrechtlichen Beschwerdeverfahren voll und ganz, sofern
die Kompetenz des Verordnungsgebers bloss ausführender Natur ist und
nicht auch die Zuständigkeit zu gesetzesergänzender, -vertretender oder
gar -abändernder Rechtssetzung in sich schliesst (BGE 99 Ib 62 E. 2;
Urteil Politische Gemeinde Oberuzwil vom 28. Februar 1975, E. 2b; Urteil
Fareast Knitwear vom 29. Mai 1975, E. 3a). Als gesetzmässig erscheint
eine solche aufgrund einer blossen Präzisierungskompetenz erlassene
Verordnungsvorschrift dann, wenn sie auf überzeugender Auslegung
beruht. Nicht als gesetzmässig müsste eine Verordnungsvorschrift
jedenfalls dann betrachtet werden, wenn sie dazu führte, dass für die
postalische Beförderung von Zeitungen und Zeitschriften ohne Vorliegen
rechtlich relevanter Unterschiede verschiedene Taxen entrichtet werden
müssten. Die Frage des Rechtsbestandes einer ungleichen Behandlung
kann - wie der Schweiz. Detaillistenverband zu Recht hervorhebt - im
Konkurrenzverhältnis von grosser Bedeutung sein; die Forderung, dass die
Vollzugsbestimmung durch die gesetzliche Grundlage gedeckt sei und nicht
zu einer vom Gesetz nicht vorgesehenen rechtsungleichen Behandlung bei
gleichgelagerten Verhältnissen führen darf, ist berechtigt.

    b) Der Zeitungs- oder Zeitschriftenabonnementsvertrag ist an sich
ein entgeltlicher Sukzessivlieferungsvertrag. Doch offerieren auch
zahlreiche Vereine ihren Mitgliedern ein regelmässig erscheinendes
Druckerzeugnis, ihr eigenes Vereinsblatt an. Die Vereinsbeiträge dienen
häufig, zum Teil in erster Linie, dazu, die Kosten der Vereinsblätter
zu bestreiten. In diesem Sinne kann der Vereinsbeitritt den Willen des
Beitretenden ausdrücken, regelmässig das Publikationsorgan des Vereins zu
erhalten. Solche Vereinsblätter werden zu Recht als abonnierte Zeitungen
oder Zeitschriften betrachtet.

    Die hier interessierenden Blätter "Genossenschaft" und
"Wir Brückenbauer" werden an Personen versandt, die an sich
keine Vereinsbeiträge bezahlen. Empfänger der Blätter sind
Genossenschafter, deren Zugehörigkeit zum Verband - COOP Schweiz
oder Migros-Genossenschafts-Bund - nicht von der Leistung irgendeines
Mitgliederbeitrages abhängig ist. Es kann sich daher fragen, ob unter
solchen Umständen bei diesen beiden Blättern trotzdem noch von abonnierten
Zeitungen im Sinne von Art. 20 Abs. 2 lit. a PVG gesprochen werden kann
oder ob angesichts der losen Beziehung zwischen den Herausgebern und den
Bezügern der Wochenzeitungen und der Unentgeltlichkeit des Erwerbs der
Mitgliedschaft keine Rechtsbeziehung besteht, die den Charakter eines
Abonnements erfüllt.

    c) Der Schweiz. Detaillistenverband bestreitet grundsätzlich,
dass die Empfänger der beiden Blätter als "Mitglieder" im Sinne
von Art. 58 Abs. 1 lit. b PVV betrachtet werden dürfen. Das ist
unzutreffend. Wiewohl die Beziehungen der Genossenschafter zum Verband
bei der COOP Schweiz und beim Migros-Genossenschafts-Bund im allgemeinen
äusserst lose sind, von einem Willen zur gemeinsamen Selbsthilfe, einem
sog. Genossenschaftsbewusstsein, kaum viel zu spüren sein dürfte und
der Einfluss des einzelnen Genossenschafters auf die Geschäftspolitik
unbedeutend sein mag, besteht bei beiden Verbänden doch rechtlich eine -
mehrstufige - körperschaftliche Struktur. Das geltende Recht begnügt sich
nun einmal für den Erwerb der Mitgliedschaft mit einer schriftlichen
Beitrittserklärung (Art. 840 Abs. 1 OR). Für die Verwaltungsbehörde,
die von den vorgegebenen Rechtsstrukturen auszugehen hat, besteht keine
Pflicht, das Ausmass der Bindung der einzelnen Genossenschafter an ihren
Verband näher zu ergründen. Besteht rechtlich zwischen dem Empfänger der
Blätter "Genossenschaft" und "Wir Brückenbauer" und den Körperschaften,
die diese Blätter aufgrund einer statutarischen Pflicht herausgeben
(vgl. Art. 2 lit. b Statuten COOP Schweiz und Art. 3 lit. c Statuten
Migros-Genossenschafts-Bund), ein Genossenschaftsverhältnis im Sinne
des geltenden Obligationenrechts, kann es für die Postverwaltung mit
dem Schluss sein Bewenden haben, dass es sich bei den Publikationen um
Mitgliedschaftspresse im Sinne von Art. 58 Abs. 1 lit. b PVV handelt.

    d) Für die Auffassung der PTT, auch eine unentgeltlich erworbene
Mitgliedschaft könne ein Abonnementsverhältnis zwischen dem herausgebenden
Verband und seinen Mitgliedern begründen, spricht sodann die konstante
Auslegung der Bestimmung in der Vergangenheit und die Zustimmung
des Parlaments zu dieser Auslegung: Für "abonnementsweise bezogene
Zeitungen und Zeitschriften" besteht seit 1849 eine Sonder-Posttaxe. Die
"Genossenschaft" steht im 73. Jahrgang, die Zeitung "Wir Brückenbauer"
im 37. Jahrgang; die eine der beiden Wochenzeitungen wird also seit 1902,
die andere seit 1938 zur Zeitungstaxe befördert. Die Subsumtion der sog.
Mitgliedschaftspresse unter die abonnierten Zeitschriften war seit 1939
ausdrücklich im Verordnungsrecht verankert (vgl. Art. 40 Abs. 1 Postordnung
vom 15. August 1939).

    Das Problem, dass ein Blatt wie die Zeitschrift "PRO" postrechtlich
anders behandelt werden muss als die Wochenzeitungen "Genossenschaft" und
"Wir Brückenbauer", beschäftigte das Parlament vor allem bei der Revision
des PVG von 1966, wobei damals freilich nicht mit der Zeitschrift
"PRO", sondern mit dem gleich gelagerten Kundenblatt "Du und ich"
der Einkaufsgenossenschaft USEGO exemplifiziert wurde. Damals hat der
Berichterstatter im Ständerat ausdrücklich festgehalten, dass das PVG
den Versand der beiden Organe des Verbandes schweizerischer Konsumvereine
(heute COOP Schweiz) und des Migros-Genossenschafts-Bundes zur Zeitungstaxe
gestatte, während diese Taxe auf blosse Kundenblätter nicht anwendbar
sei (vgl. Sten.Bull. S 1966 S. 292). Trotz der klaren Darstellung der
Rechtslage im Rat wurden keine Abänderungsanträge gestellt. Dementsprechend
haben weder die Revision des PVG vom 21. Dezember 1966 noch jene vom
30. Juni 1972 an dem seit langem anerkannten Rechtszustand etwas geändert.

    Das Bundesgericht hat in BGE 100 II 57 erneut präzisiert, welche
Bedeutung den Vorarbeiten für die Auslegung eines Gesetzes zukommt. Im
vorliegenden Falle geht es jedoch nicht darum, eine neue gesetzliche
Bestimmung im Lichte der Vorarbeiten auszulegen; es ist im Gegenteil der
Sinn einer alten gesetzlichen Regel zu ermitteln, über deren Anwendung
sich die Eidg. Räte anlässlich einer späteren Gesetzesrevision äussern
konnten. Wenn dabei die bisherige Auslegung und Anwendung zur Sprache
kam und von den Räten nicht beanstandet wurde, darf angenommen werden,
dass die Beibehaltung der gebilligten Praxis dem Willen des Gesetzgebers
entspricht, soweit nicht Sinn und Zweck der Norm einer Weiterführung der
bisherigen Handhabung klar entgegenstehen.

    Massgebend für die Subsumtion der zwei Wochenzeitungen "Wir
Brückenbauer" und "Genossenschaft" ist somit nicht, ob die Empfänger
eine Gegenleistung für die Publikation erbringen müssen, sondern
einzig, dass sie persönlich den Willen bekundet haben, sie wünschten
regelmässig die Publikation zu erhalten. Diese Willenserklärung ist
in den Beitrittserklärungen der Migros- und COOP-Genossenschafter
miteingeschlossen. Bei der Zeitschrift "PRO" fehlt dagegen ein derartig
bekundeter Wille der Empfänger, die Zeitschrift regelmässig zu erhalten. Es
besteht somit zwischen der an alle Haushaltungen gesandten Zeitschrift
"PRO" und den Wochenzeitungen "Genossenschaft" und "Wir Brückenbauer"
ein rechtlich relevanter Unterschied. Die Berufung auf rechtsgleiche
bzw. unrechtsgleiche Behandlung erweist sich für den Schweiz.
Detaillistenverband in diesem Sinne als unbehelflich.

Erwägung 4

    4.- Der Schweiz. Detaillistenverband macht weiter geltend, selbst
wenn "Genossenschaft" und "Wir Brückenbauer" abonnierte Zeitungen wären,
dürften sie nicht zur Zeitungstaxe versandt werden, weil die beiden
Wochenzeitungen, gleich wie das Blatt "PRO", überwiegend zu Geschäfts-
und Reklamezwecken herausgegeben würden (Art. 20 Abs. 2 lit. d PVG),
beziehungsweise dass diese Wochenzeitungen hauptsächlich der Empfehlung
der Geschäftstätigkeit ihrer Herausgeber und der von ihnen angebotenen
Produkte und Dienstleistungen dienten (Art. 20 Abs. 4 PVG). Es fragt
sich, ob auf diese Rügen einzutreten ist, nachdem feststeht, dass der
Migros-Genossenschafts-Bund und die COOP Schweiz sich nicht in einer
rechtsgleichen Lage wie der Schweiz. Detaillistenverband befinden.

    a) Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist keine Popularbeschwerde. Nicht
jedermann kann sich mit diesem Rechtsmittel darüber beschweren, dass
einem Mitbürger angeblich ein rechtswidriger Vorteil eingeräumt wird. Wer
dies tun will, muss durch die einen andern begünstigende Verfügung in
höherem Masse als jedermann, besonders oder unmittelbar berührt sein;
erforderlich ist nach der Rechtsprechung eine beachtenswert nahe Beziehung
des Beschwerdeführers zur Streitsache (BGE 99 Ib 107), wobei der Kreis
der Berechtigten bei konkurrenzierenden Gewerbegenossen zur Anfechtung
von Verwaltungsverfügungen, welche angeblich Konkurrenten rechtswidrig
begünstigen, nicht zu weit gespannt werden darf (vgl. BGE 100 Ib 337).

    b) Im vorliegenden Fall vertritt der Schweiz. Detaillistenverband
die seinem Verband angeschlossenen Detaillisten, die ihrerseits direkte
Konkurrenten der COOP Schweiz und des Migros-Genossenschafts-Bundes
sind. Diese Detaillisten sind mehr als jedermann und in hohem Masse
daran interessiert, dass ihre direkten Konkurrenten nicht dadurch
einen Wettbewerbsvorteil erlangen, dass sie ihre Wochenzeitungen, die
unbestrittenermassen auch Werbefunktionen erfüllen, in ungesetzlicher
Weise zur niedrigeren Zeitungstaxe versenden können, während sie für die
postalische Beförderung ihres Mitteilungsblattes die Drucksachentaxe
entrichten müssen. Es rechtfertigt sich daher, auf die Rüge der
gesetzwidrigen Begünstigung der Konkurrenten einzutreten, wiewohl
rechtsrelevante Unterschiede zwischen der Lage des Beschwerdeführers und
der angeblich begünstigten Konkurrenten bestehen. Für das Eintreten auf
die Rüge spricht überdies auch der Umstand, dass dem Beschwerdeführer
eine bisher zugestandene privilegierte Behandlung - Versand des
Mitteilungsblattes zur Zeitungstaxe - entzogen, während sie den
Konkurrenten - angeblich rechtswidrig - weiterhin gewährt wird.

    c) Art. 20 Abs. 2 lit. d PVG bezieht sich auf die
sog. Inseratenblätter, die "überwiegend" Inserate und Reklame von einer
unbestimmten Vielzahl von Firmen publizieren. Er steht in Beziehung zu
Art. 20 Abs. 2 lit. f PVG. Für den Versand zur Zeitungstaxe muss der
Zeitungsverleger die Bedingungen beider Bestimmungen, also der lit. d
und f, kumulativ erfüllen. Der "redaktionnell verarbeitete Textteil"
im Gegensatz zu den Inseraten einerseits und andern redaktionell nicht
verarbeiteten Textteilen darf 30% nicht unterschreiten. Demgegenüber
bezieht sich Art. 20 Abs. 4 PVG auf Druckerzeugnisse, die hauptsächlich
der Empfehlung der Geschäftstätigkeit ihres Herausgebers und der von ihm
angepriesenen Produkte und Dienstleistungen dienen.

    Soweit "Genossenschaft" und "Wir Brückenbauer" Inserate
enthalten, zielen sie im wesentlichen auf Empfehlungen für die eigene
geschäftliche Tätigkeit ihrer Herausgeber, der COOP Schweiz und des
Migros-Genossenschafts-Bundes ab.

    Die Bestimmung, deren angebliche Verletzung geprüft werden muss,
ist demnach Art. 20 Abs. 4 PVG, und es fragt sich, ob bei den beiden
Wochenzeitungen die darin enthaltenen "Empfehlungen ihrer geschäftlichen
Tätigkeit und der von ihnen angebotenen Produkte und Dienstleistungen"
"die Hauptsache" der Veröffentlichungen ausmachen.

    Zwischen dem Begriff "überwiegend" in Art. 20 Abs. 2 lit. d PVG
und dem in Art. 20 Abs. 4 PVG verwendeten Ausdruck "hauptsächlich"
besteht kein erheblicher Unterschied. Beide Begriffe setzen im Einzelfall
voraus, dass zwischen dem nicht auf Werbung ausgerichteten Textteil und
dem der Werbung und Geschäftsempfehlung dienenden Teil einer Zeitung
oder Zeitschrift gewichtet wird. Dabei sind Zweck und Gesamteindruck
in Betracht zu ziehen. Was der Herausgeber überwiegend "bezweckt",
ist aufgrund der Gesamtheit der Umstände zu ermitteln. Darüber hinaus
ist zu berücksichtigen, dass beinahe jede Tages- oder Wochenzeitung
Werbung betreiben muss, um bestehen zu können. Die Frage ist daher, ob
die Werbung betrieben wird, um die Information bieten zu können, oder ob
die Information geboten wird, "um mit der Werbung beim Leser anzukommen".

    Wenn der Schweiz. Detaillistenverband monatlich sein Mitteilungsblatt
"PRO" an alle Haushaltungen der deutschen Schweiz verteilen lässt, ist der
Werbecharakter offensichtlich, auch wenn die darin gebotene Information
durchaus gehaltvoll ist. Der statutarische Zweck des Beschwerdeführers
lässt - wie das Bundesgericht dies bereits erklärt hat (BGE 99 Ib 289) -
darüber keinen Zweifel aufkommen. Der Gesamteindruck des "PRO" bestätigt
diese Auffassung. Bei den zwei Genossenschaftsverbänden COOP Schweiz
und Migros-Genossenschafts-Bund liegen die Verhältnisse anders. Beide
verfolgen zwar vorwiegend, jedoch nicht ausschliesslich, wirtschaftliche
Zwecke. Dies ergibt sich aus den Statuten (vgl. Art. 2 und 3 Statuten COOP
Schweiz sowie Art. 2 und 3 Statuten Migros-Genossenschafts-Bund). Aus ihnen
wird ersichtlich, dass sich beide Genossenschaftsverbände nicht nur die
möglichst günstige Deckung des Warenbedarfes ihrer Kundschaft zum Ziele
setzen, sondern auch kulturelle Zwecke, der Migros-Genossenschafts-Bund
darüber hinaus noch politische Ziele, verfolgen. Dieser weitgespannten
Zielsetzung entspricht es denn auch, dass die Herausgabe der beiden
Wochenzeitschriften, die zu den statutarischen Pflichten der beiden
Genossenschaftsverbände gehört, beiden Zwecken, dem wirtschaftlichen und
dem kulturellen Zweck, dient. Diese Ausrichtung auf beide Zwecke schliesst
die Anwendung der Zeitungstaxe grundsätzlich solange nicht aus, als die
Geschäftsempfehlungen bzw. die Reklame nicht im Sinne von Art. 20 Abs. 4
PVG zur Hauptsache werden.

    Eine Durchsicht der bei den Akten liegenden Nummern der
"Genossenschaft" und des "Wir Brückenbauer" erhellt, dass dies nicht der
Fall ist. Der Inseratenteil überschreitet den Umfang nicht, der auch
bei grösseren meinungsbildenden Tageszeitungen erreicht wird (Art. 20
Abs. 2 lit. f PVG). Die beiden Wochenzeitungen befolgen - wesentlich
ausgeprägter als die Zeitschrift "PRO" - eine gewisse sinnweise Trennung
zwischen Text- und Inseratenteil und lehnen sich in der Aufmachung an
die meinungsbildenden Tageszeitungen an. Es braucht daher hier nicht
näher untersucht zu werden, ob die Herausgeber der beiden Wochenzeitungen
ebensoviel, mehr oder weniger Sorgfalt auf den informativen Teil ihrer
Zeitschrift verwenden wie der Herausgeber des "PRO". Zur Beurteilung
der Frage, ob die Werbefunktion oder die nicht geschäftlich orientierte
Informationsfunktion überwiegt, ist die Qualität des informativen Teils
an sich nicht wesentlich. Entscheidend ist auch nicht, dass bei der
statutarischen Zwecksetzung der beiden Genossenschaftsverbände der
Warenverkauf Hauptzweck, die Unterstützung kultureller Bedürfnisse
der Genossenschafter nur Nebenzweck ist. Massgebend ist, dass die von
diesen Verbänden herausgegebenen Wochenzeitungen hauptsächlich oder
überwiegend auf diesen Nebenzweck ausgerichtet sind. Dies wird zwar
vom Schweiz. Detaillistenverband bestritten; jedoch zu Unrecht, denn er
übersieht, dass bei beiden Genossenschaftsverbänden wirtschaftliche und
kulturelle Zwecke eine Einheit bilden. Wohl ist anzunehmen, dass die
beiden Wochenzeitungen, hätten sie keine Werbewirkung, möglicherweise
gar nicht herausgegeben würden. Indes ändert dies postrechtlich nichts
daran, dass die beiden Publikationen, anders als das vom Beschwerdeführer
herausgegebene Mitteilungsblatt "PRO", vom Leser her betrachtet überwiegend
Informationen vermitteln und damit nicht hauptsächlich der Werbung dienen.