Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 101 IA 269



101 Ia 269

45. Urteil vom 17. Juni 1975 i.S. Bachmann und Mitbeteiligte gegen
Kanton St. Gallen. Regeste

    St. Galler Gesetz über die Wasserfahrzeugsteuer vom 8. Mai 1974.

    Die Kantone sind auf Grund ihrer Steuerhoheit befugt, Wasserfahrzeuge
mit Standort in ihrem Gebiet zu besteuern (E. 2).

    Die am st. gallischen Bodensee-Ufer stationierten und von diesem Ufer
aus in Verkehr gesetzten Schiffe unterstehen der Steuerhoheit des Kantons
St. Gallen (E. 3).

    Das St. Galler Gesetz über die Wasserfahrzeugsteuer lässt sich mit
den internationalen und interkantonalen Verträgen vereinbaren (E. 4)
und verstösst weder gegen bundesrechtliche noch gegen kantonalrechtliche
Normen (E. 5-8).

Sachverhalt

    A.- Das Gesetz über die Wasserfahrzeugsteuer (WFStG) wurde am 8. Mai
1974 vom St. Galler Grossen Rat und - nach Ergreifung des Referendums -
am 20. Oktober 1974 von den St. Galler Stimmbürgern angenommen.

    Das WFStG bestimmt, dass der Staat von den Haltern von Wasserfahrzeugen
eine Steuer erhebt (Art. 1), umschreibt die besteuerten Fahrzeuge
(Art. 2/3) und regelt in Art. 4 die Grundlagen der Steuerbemessung.

    Art. 2 und 4 lauten wörtlich:

    Art. 2 "Der Steuer unterliegen die Wasserfahrzeuge:

    a) für deren Inverkehrsetzung eine Betriebsbewilligung des

    Kantons St. Gallen erforderlich ist:

    b) die im Kanton St. Gallen ihren gewöhnlichen Standort
   haben;

    c) die vom st. gallischen Ufer aus auf dem Bodensee, Zürichsee
   oder Walensee in Verkehr gesetzt werden (Wanderboote)."

    Art. 4 "Die Höhe der Steuer richtet sich nach:

    a) der Motorenleistung für Motorschiffe;

    b) der Segelfläche für Segelschiffe;

    c) der Nutzlast für Lastschiffe."

    In Art. 5 WFStG werden die Steuertarife im einzelnen festgelegt.

    Sechs Personen, welche als Halter von im Kanton St. Gallen
stationierten Segelbooten der Wasserfahrzeugsteuer unterliegen, sowie
der Yachtclub Rapperswil haben nach der Volksabstimmung fristgerecht
staatsrechtliche Beschwerde eingereicht mit dem Antrag, das Gesetz über
die Wasserfahrzeugsteuer sei vollumfänglich aufzuheben, eventuell sei
das Gesetz an den Grossen Rat des Kantons St. Gallen zurückzuweisen
"und es sei dieser einzuladen, ein neues Gesetz über die Erhebung von
Wasserfahrzeuggebühren nach dem Verursacher- und Kostendeckungsprinzip
zu erlassen".

    Das Bundesgericht hat die Beschwerde abgewiesen aus folgenden

Auszug aus den Erwägungen:

                          Erwägungen:

Erwägung 1

    1.- (Prozessuales).

Erwägung 2

    2.- Die Wasserfahrzeugsteuer ist eine Objektsteuer. Nach einem
andern Einteilungskriterium könnte die Abgabe auch als Besitzessteuer
bezeichnet werden (vgl. BLUMENSTEIN, System des Steuerrechts,
3. A. S. 162). Allerdings ist offenbar nicht der blosse Besitz, sondern
das Inverkehrsetzen eines Wasserfahrzeuges die eigentliche Grundlage der
Besteuerung. Ähnlich wie bei der Hundesteuer und der Motorfahrzeugsteuer
besteht der Zweck der fiskalischen Belastung nicht nur in der allgemeinen
Beschaffung von Geldmitteln; mindestens teilweise hat die Abgabe auch die
Funktion einer Gebühr, indem die Verursacher bestimmter Verwaltungskosten
(Seerettungsdienst, polizeiliche Überwachung usw.) zu finanziellen
Leistungen herangezogen werden sollen (Gemengsteuer).

    Die Kantone haben auf Grund ihrer Steuerhoheit die Möglichkeit, die
Halter von Schiffen nicht nur mit kostendeckenden Gebühren zu belasten,
sondern auch eine Objektsteuer zu erheben. Es bedarf hiefür keiner
bundesrechtlichen Ermächtigung. Art. 105 SVG, der das Recht der Kantone
zur Besteuerung von Strassenfahrzeugen ausdrücklich vorbehält, bestätigt
lediglich eine aus der Finanzhoheit der Kantone sich ergebende Kompetenz
und regelt gewisse Abgrenzungsfragen. Der Entwurf zu einem Bundesgesetz
über die Binnenschiffahrt enthält in Art. 59 eine ähnliche Bestätigung der
Steuerhoheit der Kantone (BBl 1974 I S. 1580, Amtl.Bull. N 1974 S. 1793
ff.); darnach können die Kantone Schiffe mit Standort in ihrem Gebiet
besteuern. Mit dieser Bestimmung wird eine auf Grund der originären
Steuerhoheit der Kantone bereits vorhandene Besteuerungsmöglichkeit
auch bei Einführung einer bundesrechtlichen Ordnung der Binnenschiffahrt
ausdrücklich gewahrt, aber nach dem ursprünglichen Entwurf auf Schiffe mit
Standort im Kantonsgebiet beschränkt, unter Ausschluss der sogenannten
Wanderboote (vgl. Art. 2 lit. c, Art. 6 WFStG). Ob die Einschränkung
in bezug auf die sogenannten Wanderboote schon de lege lata aus einer
bundesrechtlichen Norm abgeleitet werden kann, ist hier nicht zu prüfen,
da die Beschwerdeführer nicht geltend machen, Art. 2 lit. c WFStG sei
verfassungswidrig, weil die Steuerhoheit des Kantons sich nicht auf die
anderwärts stationierten, aber von einem st. gallischen Ufer aus in Verkehr
gesetzten Boote erstrecke. - Die Frage der interkantonalen Abgrenzung
des Rechtes zur Besteuerung von Wasserfahrzeugen wurde auch im Laufe der
noch nicht abgeschlossenen Beratung des eidgen. Binnenschiffahrtsgesetzes
diskutiert (vgl. Amtl.Bull. N 1974 S. 1793). Ob das WFStG mit der Lösung
übereinstimmt, die schliesslich in der Bundesgesetzgebung getroffen
wird, kann und muss hier nicht beurteilt werden. Das Bundesgericht hat
sich in diesem Verfahren darauf zu beschränken, die zur Begründung der
Verfassungswidrigkeit des angefochtenen Gesetzes vorgebrachten Rügen auf
Grund des geltenden Rechts zu prüfen.

    Die allgemein gegen die Erhebung einer kantonalen Wasserfahrzeugsteuer
erhobenen Einwendungen sind nicht stichhaltig. Aus dem Bundesrecht lässt
sich nicht ableiten, Wasserfahrzeuge dürften nur mit kostendeckenden
Gebühren belastet werden. Auch der Umstand, dass die Wasserfahrzeugsteuer,
deren Einführung in erster Linie mit den staatlichen Aufwendungen für die
private Schiffahrt begründet worden ist (Botschaft des Regierungsrates
im Amtsblatt vom 29. Oktober 1973 S. 1295 ff.), nicht als eigentliche
Zwecksteuer ausgestaltet wurde, verstösst weder gegen eine Verfassungsnorm
noch gegen eine andere bundesrechtliche Vorschrift. Auch wenn die
Erhebung einer Steuer mit bestimmten Staatsausgaben begründet wird,
so ergibt sich daraus keine Pflicht des Gesetzgebers, die Verwendung
der Erträge dieser Steuer durch gesetzliche Vorschrift zu regeln
und eine streng zweckgebundene Steuer zu schaffen. Das Fehlen einer
gesetzlichen Zweckbindung macht die angefochtene Wasserfahrzeugsteuer
nicht verfassungswidrig.

Erwägung 3

    3.- Die Steuerhoheit - die rechtliche und tatsächliche Möglichkeit
eines Gemeinwesens, Steuern zu erheben - ist ein Ausfluss der Gebietshoheit
(BLUMENSTEIN, aaO S. 32). Die Beschwerdeführer machen geltend, durch die
Besteuerung der auf dem Bodensee eingesetzten Boote greife der Kanton
St. Gallen über sein Territorium hinaus und verlange eine Steuer auf
Objekten, die seiner Steuerhoheit nicht unterstehen. Dieser Einwand
wird auf die sogenannte Kondominatstheorie gestützt, wonach der Bodensee
ein gemeinsames Herrschaftsgebiet (Kondominium) der Uferstaaten bilden
soll. Diese Theorie ist von der Schweiz nie anerkannt worden; Deutschland
hat sie während des ersten Weltkrieges aufgegeben (zur Entwicklung und zum
heutigen Stand der Kontroverse über die Gebietshoheit: SJK Nr. 466 REALE,
Bodensee; GUGGENHEIM, Lehrbuch des Völkerrechts I, S. 347).

    Selbst wenn man keine Realteilung des Sees, sondern ein Kondominium
der Uferstaaten annehmen würde, so wäre schon aus rein praktischen
Gründen ein begrenzter Uferstreifen der ausschliesslichen Herrschaft
des Anliegerstaates zuzuweisen. Auch Österreich als Verfechter der
Kondominatstheorie beansprucht und anerkennt das ausschliessliche
Hoheitsrecht des Uferstaates im sogenannten Haldengebiet, d.h. bis zu
einer bestimmten Wassertiefe (DIEZ, Probleme des internationalen
Nachbarrechts im Bodenseeraum, in: Festschrift Dr. Simon Frick 1974,
S. 109).

    Boote, die an einem st. gallischen Seeufer ihren gewöhnlichen
Standort haben oder für deren Inverkehrsetzung nach den polizeirechtlichen
Vorschriften eine Betriebsbewilligung des Kantons St. Gallen notwendig
ist, stehen zu diesem Kanton in einer so nahen Beziehung, dass eine auch
die Steuerhoheit umfassende tatsächliche und rechtliche Herrschaftsgewalt
angenommen werden darf. Ob dies auch für sogenannte Wanderboote zutrifft,
welche in einem andern Kanton immatrikuliert sind und nur vorübergehend
vom st. gallischen Ufer aus in Verkehr gesetzt werden, braucht hier -
wie bereits dargelegt - wegen Fehlens einer entsprechenden Rüge nicht
entschieden zu werden.

    Auf jeden Fall lässt sich aus der von der Schweiz nie anerkannten
Kondominatstheorie nicht ableiten, der Kanton St. Gallen dürfe die
am st. gallischen Bodenseeufer stationierten und von diesem Ufer
aus in Verkehr gesetzten Schiffe nicht besteuern. Es verletzt keine
Vorschrift des Verfassungsrechts, anzunehmen, die auf dem Bodensee
verwendeten Wasserfahrzeuge seien der Gebietshoheit und damit auch der
Steuerhoheit des Standortkantons oder subsidiär jenes Kantons, der die
Betriebsbewilligung erteilte, unterstellt. Indem der Kanton St. Gallen
die am st. gallischen Ufer des Bodensees stationierten Boote besteuert,
überschreitet er die ihm zustehende Steuerhoheit nicht.

Erwägung 4

    4.- Die Beschwerdeführer rügen, dass das WFStG den zur Zeit
noch geltenden Vertrag zwischen den Bodenseeuferstaaten betreffend
eine internationale Schiffahrts- und Hafenordnung auf dem Bodensee
vom 22. September 1867 (aISHO) verletze. Die Erhebung einer
Wasserfahrzeugsteuer verstosse überdies gegen die interkantonale
Vereinbarung über- die Schiffahrt auf dem Zürichsee und dem Walensee.

    Kantonales Recht muss den internationalen und interkantonalen
Vereinbarungen entsprechen. Mit staatsrechtlicher Beschwerde kann gemäss
Art. 84 lit. b und c OG auch die Verletzung von Konkordaten und von
Staatsverträgen gerügt werden.

    a) Der Kanton St. Gallen anerkennt, dass sich aus Art. 1 Abs. 1 der
aISHO vom 22. September 1867 (BS 13, S. 379 ff.) gegen die Erhebung von
Wasserfahrzeugsteuern rechtliche Bedenken ergeben (Botschaft zum WFStG,
Amtsblatt 1973, S. 1294); die Vertragsstaaten dürfen gemäss Art. 1
Abs. 1 nur die in der vertraglichen Ordnung vorgesehenen Abgaben und
Gebühren jeder Art erheben. Das neue Übereinkommen vom 1. Juni 1973,
das noch nicht in Kraft gesetzt wurde, enthält kein solches Verbot
anderer Abgaben (BBl 1973 S. 961 ff.). Der Regierungsrat erklärt in
seiner Vernehmlassung, er werde das WFStG nicht in Kraft treten lassen,
bevor die aISHO aufgehoben und durch das neue Übereinkommen vom 1. Juni
1973 ersetzt sei. Das entspricht auch der Stellungnahme in der bereits
erwähnten Botschaft zum WFStG.

    Bei dieser Sachlage erübrigt es sich, zu prüfen, ob die aISHO der
Erhebung einer Wasserfahrzeugsteuer entgegenstünde. Der für die Bestimmung
des Zeitpunktes des Vollzuges zuständige Regierungsrat (Art. 12 WFStG) hat
verbindlich erklärt, er werde die Wasserfahrzeugsteuer erst erheben, wenn
die aISHO aufgehoben sei. - Dass das neue Übereinkommen keine Vorschrift
enthält, welche die Wasserfahrzeugsteuer verbietet, ist unbestritten. Die
aISHO kann der Vorbereitung eines erst nach ihrer Aufhebung in Kraft
tretenden Steuererlasses nicht entgegenstehen. Auf Grund der Zusicherung
des Regierungsrates über den Zeitpunkt des Vollzugsbeginns des WFStG ist
ein Konflikt zwischen diesem Erlass und der aISHO ausgeschlossen. Dass das
WFStG möglicherweise mit dem jetzt noch geltenden, aber vor der Aufhebung
stehenden Vertrag von 1867 nicht im Einklang steht, führt nicht zu einer
Gutheissung der staatsrechtlichen Beschwerde, da der vom Volk angenommene
kantonale Erlass erst in Kraft tritt, wenn die allenfalls entgegenstehende
staatsvertragliche Bestimmung aufgehoben ist.

    b) Die Interkantonale Vereinbarung über die Schiffahrt auf dem
Zürichsee und dem Walensee vom 15. Februar 1966 enthält in Art. 158
die Bestimmung, dass die Erhebung von Gebühren und der Ersatz von
Barauslagen der Vollzugsorgane sich nach Vorschriften der Interkantonalen
Schiffahrtskommission richte. Die Schiffahrtskommission erliess ein
Reglement, in welchem u.a. auch das Gebührenwesen in den Art. 130
ff. geordnet wird. Bei den in dieser Weise festgelegten Abgaben handelt
es sich um eigentliche Gebühren für bestimmte amtliche Handlungen,
wie Schiffsuntersuchungen und Schiffsführerprüfungen. Die Frage einer
speziellen Besteuerung der Wasserfahrzeuge wird damit nicht berührt. Aus
dem auf Grund der interkantonalen Vereinbarung geschaffenen einheitlichen
Gebührentarif kann nicht der Schluss gezogen werden, damit habe man
jede anderweitige fiskalische Belastung der Wasserfahrzeuge durch die
beteiligten Kantone ausschliessen wollen.

    In der interkantonalen Vereinbarung selber ist im Zusammenhang mit
den Vorschriften über die Untiefenbezeichnung, den Sturmwarn- und den
Seerettungsdienst (Art. 129 Abs. 3 und 154) ausdrücklich vorgesehen,
dass die Kantone die Halter der Schiffe zur Entrichtung eines jährlichen
Beitrages an die Kosten dieser besondern Massnahmen verpflichten
können. Schon nach dem Wortlaut der Vereinbarung sind somit - neben den
Gebühren gemäss einheitlichem Tarif - nach kantonalem Recht abgestufte
jährliche Beiträge zulässig. Die Beschwerdeführer vertreten jedoch die
Auffassung, damit sei in der Vereinbarung der Kreis der möglichen Abgaben
abschliessend geordnet, und eine eigentliche Wasserfahrzeugsteuer verletze
daher dieses Konkordat.

    Der Aufbau der Interkantonalen Vereinbarung lässt den Schluss
nicht zu, die beteiligten Kantone hätten sich gegenseitig verpflichtet,
keine eigentliche Wasserfahrzeugsteuer zu erheben. Mit Art. 158 Abs. 1
wird eine Vereinheitlichung der Gebühren vereinbart. Art. 129 Abs. 3 und
Art. 154 verweisen die Uferkantone auf die Möglichkeit, zur Finanzierung
der Untiefenbezeichnung, des Sturmwarn- und Seerettungsdienstes Beiträge
zu erheben. Daraus kann nicht gefolgert werden, die fiskalische Belastung
mit einer Objektsteuer habe man ausschliessen wollen. Wahrscheinlich wurde
bei der Vorbereitung des Konkordates die Möglichkeit einer eigentlichen
Besteuerung des Bootsbesitzes gar nicht erörtert. Der interkantonale
Vertrag verfolgte in erster Linie polizeiliche Ziele. Trotz der
Vereinbarung einer einheitlichen Regelung der Gebühren bestehen keine
Anhaltspunkte dafür, dass man Unterschiede der fiskalischen Belastung
zwischen den auf den beiden Seen verkehrenden Booten verhindern
wollte. Art. 129 und 154 haben die Möglichkeit unterschiedlicher
Kostenüberwälzung auf die Bootshalter geschaffen. Das Fehlen einer
Vorschrift über die eigentliche Besteuerung von Wasserfahrzeugen lässt
sich nicht als Vereinbarung eines Besteuerungsverbotes interpretieren.

    c) Der Kanton St. Gallen hat bisher gestützt auf die erwähnten
Bestimmungen der Interkantonalen Vereinbarung (Art. 129 und Art. 154) zur
teilweisen Deckung der Kosten, die aus der Untiefenbezeichnung sowie aus
dem Sturmwarn- und Seerettungsdienst erwachsen, Kostenbeiträge erhoben
(Art. 29 ff. der Vollzugsverordnung zu den interkantonalen Vorschriften
über die Schiffahrt auf dem Zürichsee und dem Walensee vom 27. Mai
1968). Daraus, dass bisher nur ein Teil der anfallenden Kosten den
Besitzern von Motorbooten und Segelschiffen auferlegt wurde, ergibt
sich kein verfassungsrechtliches Argument gegen die Zulässigkeit der
Wasserfahrzeugsteuer. Das Bundesgericht hat nicht zu prüfen, ob mit der
bisherigen Ordnung eine gerechte Kostenverteilung erreicht wurde; denn,
wie bereits dargelegt, ist es den Kantonen grundsätzlich nicht verwehrt,
Wasserfahrzeuge ohne Beachtung des Verursacher- und Kostendeckungsprinzips
mit einer reinen Objektsteuer oder einer Gemengsteuer zu belegen. Ob
auch für eine andere Form und Ausgestaltung der fiskalischen
Belastung gewichtige Gründe angeführt werden können, ist für die
verfassungsrechtliche Überprüfung der vom kantonalen Gesetzgeber gewählten
Lösung nicht entscheidend. Nach Einführung der Wasserfahrzeugsteuer
soll auf die bisher von den Schiffshaltern am Zürichsee und am Walensee
erhobenen Kostenbeiträge (für den Seerettungsdienst usw.) verzichtet
werden. Dass dieser in der Botschaft zum WFStG zugesicherte Verzicht
im Gesetzestext selber nicht zum Ausdruck kommt, ist kein Grund zur
Aufhebung des Gesetzes. Das Versprechen kann zweckmässigerweise durch
eine entsprechende Abänderung der Vollzugsverordnung vom 27. Mai 1968
eingehalten werden.

Erwägung 5

    5.- a) Die Beschwerdeführer behaupten nicht ausdrücklich,
die Verfassung des Kantons St. Gallen verbiete die Erhebung einer
Wasserfahrzeugsteuer. In der von ihnen mehr beiläufig angeführten
Bestimmung von Art. 55 Ziff. 7 KV wird die Budgetkompetenz des Grossen
Rates umschrieben sowie die Kompetenz zur Erhebung der erforderlichen
Abgaben und Steuern "nach jeweiligen Gesetzen und Verordnungen" erwähnt.
Inwiefern sich aus dieser Vorschrift ein verfassungsrechtliches Argument
gegen das WFStG ableiten lassen soll, wird nicht dargetan. Falls die
Beschwerdeführer gestützt auf Art. 55 KV eine eigentliche Rüge erheben
wollten, so fehlt dieser Rüge auf jeden Fall die notwendige Substantiierung
(Art. 90 Abs. 1 lit. c OG).

    b) Art. 3 des Steuergesetzes (StG) des Kantons St. Gallen hat (in
der Fassung vom 23. Juni 1974) folgenden Wortlaut:

    "Der Staat erhebt jährlich zur Deckung der Ausgaben, die nicht aus
   andern Einnahmen bestritten werden können:

    a) von natürlichen Personen Einkommens-, Beteiligungsgewinn- und

    Vermögenssteuern;

    b) von juristischen Personen Reinertrags- und Eigenkapitalsteuern
   oder an deren Stelle Minimalsteuern;

    c) von natürlichen und juristischen Personen Grundstückgewinnsteuern."

    In der Beschwerde wird geltend gemacht, die Erhebung einer
Wasserfahrzeugsteuer verstosse gegen diesen Art. 3 StG, da weitere Steuern
ohne Abänderung dieser Bestimmung nicht erhoben werden dürften. Diese Rüge,
auf die lediglich unter dem Aspekt der Willkür eingetreten werden kann, ist
offensichtlich unbegründet. Art. 3 StG enthält schon seinem Wortlaut nach
keine abschliessende Aufzählung aller kantonalen Abgaben, die als Steuern
zu qualifizieren sind, sondern umschreibt nur die in jenem Abschnitt des
Steuergesetzes geregelten Staatssteuern. Dass unter den erwähnten "andern
Einnahmen" keine Steuern sein dürften, lässt sich dieser Bestimmung nicht
entnehmen. Zudem könnte der Gesetzgeber auf jeden Fall durch einen späteren
Erlass von Gesetzesrang eine neue Steuer einführen. Selbst wenn Art. 3
StG ursprünglich als abschliessende Aufzählung aller kantonalen Steuern
gemeint gewesen wäre, so stünde eine solche Vorschrift der Schaffung einer
neuen Steuer durch einen späteren Erlass der gleichen Stufe nicht entgegen.

Erwägung 6

    6.- Art. 27quinquies BV gibt dem Bund die Kompetenz zur Schaffung von
Vorschriften über Turnen und Sport der Jugend und verpflichtet ihn zur
Förderung von Turnen und Sport der Erwachsenen. Diese Verfassungsnorm
verbietet den Kantonen nicht, Einrichtungen und Fahrzeuge, welche
der Ausübung eines Sportes dienen, mit einer Objektsteuer zu belegen.
Ein solches Besteuerungsverbot ist auch dem Bundesgesetz über die Förderung
von Turnen und Sport vom 17. März 1972 nicht zu entnehmen. Wohl lassen sich
aus der verfassungsrechtlichen Verpflichtung des Bundes zur Förderung von
Turnen und Sport und aus den gestützt auf Art. 27quinquies BV erlassenen
bundesrechtlichen Vorschriften gewisse gesetzgebungspolitische Argumente
gegen eine kantonale Besteuerung von "Sportgeräten" ableiten; aber
das Bundesrecht verbietet die Erhebung einer solchen Objektsteuer an
sich nicht. In welchem Umfange die vom angefochtenen WFStG erfassten
Wasserfahrzeuge der Ausübung eines eigentlichen Sportes dienen,
ist hier nicht zu untersuchen; denn selbst der Nachweis, dass ein
Wasserfahrzeug ausschliesslich der Ausübung einer gemäss Art. 27quinquies
BV förderungswürdigen sportlichen Betätigung dient, hätte nicht die
Verfassungswidrigkeit der Erhebung einer kantonalen Objektsteuer zur Folge;
die bundesrechtlichen Vorschriften über Turnen und Sport schränken die
kantonale Besteuerungsmöglichkeit nicht ein.

Erwägung 7

    7.- In der Beschwerdeschrift wird die Ausgestaltung der
Wasserfahrzeugsteuer in verschiedener Hinsicht beanstandet, ohne dass
die Beschwerdeführer aber darlegten, inwiefern die getroffene Regelung
gegen Verfassungsnormen verstossen soll.

    a) Eine Steuer muss nicht nach dem Verursacher- und
Kostendeckungsprinzip erhoben werden, auch wenn einer ihrer Zwecke
darin besteht, die Verursacher oder Nutzniesser bestimmter staatlicher
Aufwendungen fiskalisch zu belasten. Erfolgt diese Belastung nicht
durch eine Gebühr oder Vorzugslast, sondern in der Form der eigentlichen
Besteuerung nach schematischen Kriterien, so sind gewisse Abweichungen
vom Verursacher- und Kostendeckungsprinzip verfassungsrechtlich nicht
zu beanstanden.

    b) Dass die Vorschriften des WFStG auslegungsbedürftig sind und
dass in einzelnen Punkten vielleicht eine klarere, präzisere Regelung
möglich wäre, ist kein Grund zur verfassungsrechtlichen Aufhebung des
Gesetzes. Sollte die Interpretation in willkürlicher Weise erfolgen oder
andere Verfassungsprinzipien verletzen, so können sich die Betroffenen mit
staatsrechtlicher Beschwerde zur Wehr setzen. Dass die gewählte gesetzliche
Ordnung als solche verfassungswidrig sei und nicht verfassungskonform
ausgelegt werden könne, wird in der Beschwerdeschrift nicht dargetan.
Insbesondere erscheinen die Kriterien der Steuerbemessung als sachlich
begründet. Wie die Segelfläche im einzelnen zu berechnen ist und nach
welcher Methode die Motorenleistung bestimmt werden soll, lässt sich
in einem Ausführungserlass noch näher umschreiben. Dass Segelschiffe
mit Hilfsmotor sowohl nach der Segelfläche als auch nach der Stärke des
Hilfsmotors besteuert werden, stellt keine unhaltbare "Doppelbesteuerung"
dar, obschon in der Regel nur die Segel oder nur der Motor und nicht beide
gleichzeitig zum Einsatz gelangen. Es ist sachlich durchaus vertretbar,
dass für die steuerliche Bewertung eines solchen Bootes Segelfläche und
Motorenstärke Berücksichtigung finden.

    c) Dass Wasserfahrzeuge besteuert werden, andere "Sportgeräte"
dagegen nicht, verstösst nicht gegen Art. 4 BV. Abgesehen davon, dass
die besteuerten Wasserfahrzeuge nicht alle und nicht ausschliesslich der
Ausübung eines eigentlichen Sportes dienen, bestehen für die fiskalische
Belastung der Boote ganz besondere Gründe - unerwünscht starke Zunahme der
Boote, Notwendigkeit besonderer staatlicher Vorkehren (Sturmwarnungs- und
Seerettungsdienst, Untiefenbezeichnung) -, welche für andere "Sportgeräte"
nicht gelten.

    d) Die sogenannten Optimistjollen (Segeljolle "Optimist"), kleine,
vorwiegend von Kindern verwendete Segelboote, werden zur Zeit am Bodensee
in Ufernähe toleriert, aber nicht formell bewilligt. Am Zürichsee kann
für den gleichen Bootstyp auf Gesuch eine eigentliche Betriebsbewilligung
erteilt werden (Auskunft des Justiz- und Polizeidepartementes St. Gallen
vom 29. Mai 1975). Aus dieser bisherigen unterschiedlichen Behandlung
unter dem Aspekt der formellen Bewilligungspflicht ist jedoch nicht
der Schluss zu ziehen, der Kanton St. Gallen werde bei der Besteuerung
zwischen Optimistjollen am Bodensee und solchen am Zürichsee einen
Unterschied machen. Das angefochtene Gesetz lässt die Möglichkeit offen,
Optimistjollen durch die Vollzugsverordnung gemäss Art. 3 lit. d als
kleines Wasserfahrzeug ohne Motor steuerfrei zu erklären oder sie gemäss
Art. 2 - ohne Rücksicht auf das Erfordernis einer Betriebsbewilligung
- zu besteuern. Auf jeden Fall ergibt sich aus dem Gesetz selber keine
unterschiedliche, rechtsungleiche Behandlung dieses Bootstyps. Es ist Sache
des Kantons, dafür zu sorgen, dass die Anwendung des Gesetzes einheitlich
erfolgt und dass nicht aus bisherigen Unterschieden der polizeilichen
Behandlung sich sachlich unbegründete steuerliche Differenzierungen
ergeben.

Erwägung 8

    8.- Die Beschwerdeführer bezeichnen die Wasserfahrzeugsteuer als eine
gegen Art. 31 BV verstossende Prohibitivsteuer.

    a) Obschon die Beschwerdeführer mit ihren Schiffen nicht einen Handel
oder ein Gewerbe betreiben, können sie als virtuell Betroffene einen Erlass
auch mit dieser Rüge anfechten. Sie sind legitimiert, geltend zu machen,
das WFStG würde sie in einer Art. 31 BV verletzenden Weise behindern, wenn
sie je im Gebiet der Wasserfahrzeuge sich wirtschaftlich betätigen möchten.

    b) Die Rüge ist jedoch materiell unbegründet. Die Wasserfahrzeugsteuer
ist keine Gewerbesteuer. Es handelt sich nicht um eine Abgabe, welche ein
einzelnes Gewerbe oder eine Betriebsform in besonderer Weise belastet. Nur
auf solche eigentliche Gewerbesteuern bezieht sich das Verbot der
sogenannten Prohibitivsteuern (AUBERT, Traité de droit constitutionnel
suisse, S. 692 ff., insbes. Ziff. 1945, 1948; BURCKHARDT, Kommentar BV,
S. 247 ff.).

    Einer der Zwecke der Wasserfahrzeugsteuer ist es zwar,
der schrankenlosen Ausbreitung des privaten Schiffsverkehrs
entgegenzuwirken. Wird dieses Ziel erreicht, so begrenzt dies auch
die Entwicklungsmöglichkeiten des Bootsgewerbes. Wegen dieser möglichen
Konsequenz auf einen Gewerbezweig ist aber die Steuer keine Gewerbesteuer,
welche unter dem Aspekt von Art. 31 BV zu prüfen wäre. Zudem besteht
nicht der geringste Anhaltspunkt dafür, dass diese steuerliche Belastung
der Wasserfahrzeuge das Bootsgewerbe in seiner Existenz bedrohen könnte.