Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 100 V 70



100 V 70

18. Auszug aus dem Urteil vom 8. Juli 1974 i.S. Krankenkasse Gelterkinden
gegen Del Vecchio und Versicherungsgericht des Kantons Basel-Landschaft
Regeste

    Art. 12 Abs. 2 Ziff. 1 lit. a KUVG. Bewertung der zahnärztlichen
Behandlungen (hier von Parodontose und Gingivitis) in der
Krankenversicherung.

Auszug aus den Erwägungen:

       Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Gemäss BGE 98 V 70 Erw. 2 und RSKV 1974 S. 8 f. sind die
Krankenkassen befugt, die zahnärztlichen Verrichtungen ganz oder
teilweise von der Krankenversicherung auszunehmen. Daher ist im jeweiligen
Einzelfall zu prüfen, ob eine zahnärztliche Vorkehr unter den Begriff jener
zahnärztlichen Behandlung fällt, deren Kosten die betreffende Krankenkasse
auf Grund ihrer Statuten ganz oder teilweise übernimmt. Wird dies verneint,
so ist die Kasse dann eben deshalb nicht leistungspflichtig, weil die
Zahnärzte nicht zu den in Art. 21 KUVG erwähnten Ärzten, Chiropraktoren
oder medizinischen Hilfspersonen zählen und somit keine nach Art. 12 KUVG
zu Lasten der Krankenversicherung gehende Krankenpflege vorliegt.

Erwägung 2

    2.- Doch gibt es auch therapeutische Verrichtungen in der Mundhöhle,
die nicht zahnärztliche Vorkehren im engern Sinne sind und trotzdem
heute fast ausschliesslich von Zahnärzten vorgenommen werden. Bei jeder
derartigen Behandlung ist der Zahnarzt einem Arzte gleichzustellen und
die Krankenkasse somit im Rahmen des Art. 12 KUVG sowie des anwendbaren
ärztlichen Tarifs leistungspflichtig, wie das Eidg. Versicherungsgericht
in Ausfüllung einer gesetzlichen Lücke entschieden hat (BGE 98 V 72 ff.).

    Mit einer solchen Behandlung hat man es im vorliegenden Falle zu
tun. Antonio Del Vecchio hatte an "ausgesprochen schwerer" Parodontose
mit Gingivitis und eitrigen Zahnfleischtaschen gelitten. Diese
Zahnfleischkrankheiten (SAUERWEIN, Zahnerhaltungskunde, 2. Aufl., Stuttgart
1972, S. 199 ff. und 263 f.) waren im Dezember 1972 derart hochgradig,
dass der Versicherte von seinem Hausarzt der Zahnärztin Dr. F. zur
Weiterbehandlung überwiesen wurde. In der Folge hat die Zahnärztin die
betroffenen 18 Zähne extrahiert und dabei - rechtlich besehen - nach Art
einer Ärztin gehandelt.

    Bei diesem Sachverhalt geht die am 18. April 1973 gestellte Rechnung
für 11 Injektionen und 18 Extraktionen im Rahmen des vom Bundesamt für
Sozialversicherung erwähnten Tarifs und des Art. 14bis KUVG zu Lasten
der Krankenkasse.