Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 100 V 164



100 V 164

41. Auszug aus dem Urteil vom 6. November 1974 i.S. Ausgleichskasse des
Kantons Aargau gegen Suter und Obergericht des Kantons Aargau Regeste

    Art. 22ter und 25 Abs. 2 AHVG. Wann hat ein Unterbruch der Ausbildung
den Unterbruch im Anspruch auf Kinderrente zur Folge?

Auszug aus den Erwägungen:

       Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Versicherte, denen eine Altersrente zusteht, haben gemäss
Art. 22ter AHVG für jedes Kind, das im Fall ihres Todes eine Waisenrente
beanspruchen könnte, Anspruch auf eine Kinderrente. Dieser Anspruch
besteht - in sinngemässer Anwendung des Art. 25 Abs. 2 AHVG - für
Kinder, die in Ausbildung begriffen sind, auch nach Vollendung des 18.
Altersjahres, und zwar bis zum Abschluss ihrer Ausbildung, längstens
jedoch bis zum vollendeten 25. Altersjahr.

    Dem Sinn dieser Bestimmung entspricht es, dass ein Unterbruch der
Ausbildung unter Umständen auch einen Unterbruch der Anspruchsberechtigung
zur Folge hat. Dies trifft aber nach der Rechtsprechung jedenfalls
dann nicht zu, wenn eine Ausbildung durch obligatorischen Militärdienst
unterbrochen wird.

    In dem in ZAK 1967 S. 550 publizierten Fall hatte das Eidg.
Versicherungsgericht zu prüfen, ob dies auch gilt, wenn durch die Leistung
obligatorischen Militärdienstes nicht ein bereits begonnenes Studium
unterbrochen, sondern bloss die Aufnahme des Studiums hinausgeschoben
wird. Das Gericht hatte diese Frage grundsätzlich bejaht, weil die
Ausbildung mit dem Maturitätsexamen in der Regel nicht abgeschlossen
wird. Anders wäre nur zu entscheiden, wenn Anhaltspunkte dafür
vorliegen, dass die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit nach bestandener
Matura beabsichtigt ist, sei es definitiv oder bloss in erheblicher
Unterbrechung der Ausbildung. Im übrigen hat das Gericht erklärt, dass
der Begriff der Ausbildung weit ausgelegt werden muss. In diesem Sinn
erachtete es im erwähnten Urteil das Studium als nicht rechtserheblich
unterbrochen, wenn zwischen Matura und Hochschulstudium zwei Semester
liegen, während derer der Sohn teils obligatorischen Militärdienst leistet,
teils deshalb zwischen zwei Militärdiensten die Hochschule nicht besuchte,
weil der Militärdienst ihm den Besuch während des ganzen Semesters ohnehin
nicht erlaubt hätte. Dabei liess das Gericht dahingestellt, ob in der
Zwischenzeit möglicherweise eine bescheidene Erwerbstätigkeit ausgeübt
worden ist.

Erwägung 2

    2.- Im vorliegenden Fall befindet sich Benjamin Suter seit anfangs
Februar 1974 im obligatorischen Militärdienst, nachdem er im September
1973 das Maturitätsexamen bestanden und in der Zeit zwischen Matura und
Militärdienst gegen Entschädigung in der Land- und Forstwirtschaft sich
betätigt hatte.

    Nach der in der Rentenwegleitung festgelegten und von der
Ausgleichskasse angerufenen Verwaltungspraxis wäre ein Rentenanspruch
für die Zeit vom Oktober 1973 hinweg nicht mehr gegeben, weil Rz. 198
voraussetzt, dass der Sohn sich "bis zum Eintritt in den Militärdienst in
Ausbildung befand". Mit andern Worten bestände nach der Wegleitung kein
Rentenanspruch, "wenn der Rentenbezüger in der Zeit zwischen Militärdienst
und Ausbildung einem Erwerb nachgegangen ist". Mit Recht vertreten heute
der kantonale Richter und das Bundesamt für Sozialversicherung selbst
den Standpunkt, dass dies offensichtlich nicht gilt für den Fall, da in
der Zeit zwischen Ende des Dienstes und Beginn des nächsten Semesters
bzw. zwischen zwei Dienstleistungen oder zwischen Semesterende und
Beginn des Militärdienstes eine lückenfüllende Erwerbstätigkeit ausgeübt
wird. Ebensowenig wird die Ausbildung durch eine Erwerbstätigkeit, welche
der Rentenansprecher nach bestandener Matura ausübt, um lediglich die
Zeit bis zum Beginn des obligatorischen Militärdienstes gewinnbringend
zu überbrücken, unterbrochen, vorausgesetzt, dass das Hochschulstudium
oder eine -andere Berufsausbildung nach Beendigung des Militärdienstes
aufgenommen wird.

    Daraus folgt für den vorliegenden Fall, dass die Ausgleichskasse
die Kinderrente für Benjamin Suter vom Oktober 1973 hinweg weiterhin
auszurichten hat.