Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 100 IV 200



100 IV 200

50. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 11. Juli 1974 i.S. van
Laer gegen Generalprokurator des Kantons Bern. Regeste

    Art. 41 Ziff. 3 Abs. 4, Art. 44 Ziff. 1 Abs. 1 StGB; Art. 2 Abs. 8
VStGB 1.

    Verhältnis von ambulanter Behandlung der Trunksucht und Strafvollzug.

Sachverhalt

    A.- Am 31. August 1971 auferlegte das Amtsgericht Balsthal Hannelore
van Laer wegen Fahrens in angetrunkenem Zustand und Widerhandlung gegen
Verkehrsregeln eine Gefängnisstrafe von drei Wochen sowie eine Busse. Es
gewährte ihr den bedingten Strafvollzug auf eine Probezeit von zwei Jahren.

    Das Obergericht des Kantons Bern verurteilte sie am 5. März 1974 wegen
Führens in angetrunkenem Zustand und Nichtbeherrschens des Fahrzeugs zu
einem Monat Gefängnis, zur an den Strafvollzug anschliessenden ambulanten
Behandlung der Trunksucht und zur Veröffentlichung des Urteils im Amtsblatt
des Kantons Bern.

    Ebenfalls am 5. März 1974 ordnete das Obergericht des Kantons Bern den
Vollzug der vom Amtsgericht Balsthal ausgesprochenen Gefängnisstrafe an.

    B.- Diesen Entscheid ficht die Verurteilte mit Nichtigkeitsbeschwerde
an. Sie beantragt Rückweisung der Sache an die Vorinstanz, damit sie den
bedingten Strafvollzug nicht widerrufe, eventuell den Vollzug der Strafe
bis nach Vollzug der ambulanten Behandlung aufschiebe.

Auszug aus den Erwägungen:

Aus den Erwägungen:

Erwägung 4

    4.- Die ambulante Behandlung, die die Vorinstanz bei der Beurteilung
der neuen Tat angeordnet hat, kann nicht zu einem weitern Aufschub der
durch Widerruf des bedingten Strafvollzugs vollstreckbar gewordenen
dreiwöchigen Gefängnisstrafe führen. Denn die am 5. März 1974
ausgesprochene Gefängnisstrafe ist vor der ambulanten Behandlung zu
vollziehen. Sie kann daher nicht den Strafvollzug hemmen, wie dies bei den
in Art. 41 Ziff. 3 Abs. 4 StGB aufgezählten Massnahmen stillschweigend
vorausgesetzt ist. Es wäre nicht sinnvoll, zwischen den Vollzug der
durch Widerruf des bedingten Strafvollzugs vollstreckbar gewordenen und
den Vollzug der später ausgesprochenen Strafe die ambulante Behandlung
einzuschieben und so den gemeinsamen Vollzug mehrerer Freiheitsstrafen
zu durchbrechen (vgl. Art. 2 Abs. 8 VStGB 1). Dies gilt besonders dann,
wenn die gemäss Art. 41 Ziff. 3 Abs. 1 StGB vollziehbar gewordene Strafe
mit dem Vollzug der neu ausgefällten Strafe zusammenfällt. In diesem
Falle konkurriert sie nicht mit einer der in Art. 41 Ziff. 3 Abs. 4 StGB
aufgezählten Massnahmen.