Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 100 II 52



100 II 52

11. Urteil der I. Zivilabteilung vom 20. März 1974 i.S. AFIT
Aktiengesellschaft für Internationale Investment-Trusts und Mitbeteiligte
gegen Schweizerische Treuhandgesellschaft. Regeste

    Liquidation eines Anlagefonds, Aktivlegitimation des Sachwalters.

    1.  Art. 12, 45 und 46 AFG. Berechtigung des Sachwalters, zum
Anlagefonds gehörende Schadenersatzforderungen gerichtlich geltend zu
machen. Auslegung des Gesetzes nach seinem Wortlaut, Sinn und Zweck;
Bedeutung der Gesetzesmaterialien (Erw. 1-3).

    2.  Befugnis des Sachwalters, Prozesse über Ansprüche, die durch
Schädigung des Anlagefonds entstehen, im eigenen Namen zu führen (Erw. 4).

Sachverhalt

    A.- Am 22. September 1960 beschloss der Verwaltungsrat der AFIT
Aktiengesellschaft für Internationale Investment- Trusts in Zürich
(abgekürzt AFIT), unter dem Namen INTERGLOBE einen internationalen
Immobilien- und Wertschriftenanlage-Fonds zu gründen. Gleichzeitig
genehmigte er einen Werbeprospekt, in dem die Schweizerische
Treuhandgesellschaft als Kontrollstelle, die UNIVERSA Treuhand und
Revisions AG (abgekürzt UNIVERSA) als Treuhänderin aufgeführt war. Die
Schweizerische Treuhandgesellschaft wollte bereits ab Ende des ersten
Geschäftsjahres nicht mehr verpflichtet sein; an ihre Stelle trat die
REVISA Treuhand AG (abgekürzt REVISA).

    Durch Vertrag vom 22. September 1960/15. Juni 1961 übertrug die
AFIT ihre Geschäftsführung der DENNER AG, die sich damals noch Import
und Grosshandels AG nannte. Die DENNER AG sollte diese Aufgabe unter
der Firma AFIT auf eigene Rechnung und Gefahr besorgen, dafür die der
AFIT zufallenden Erträge und Einnahmen erhalten, der AFIT aber jährlich
mindestens Fr. 300 000.-- und höchstens Fr. 600 000.-- vergüten.

    Nach dem Erlass des Bundesgesetzes vom 1. Juli 1966 über die
Anlagefonds (AFG), das am 1. Februar 1967 in Kraft trat, beschloss die
AFIT Ende Mai 1967, den INTERGLOBE-Fonds aufzulösen.

    Durch Verfügung vom 26. September 1969 entzog die
Eidg. Bankenkommission der AFIT die Bewilligung zur Geschäftstätigkeit
und ernannte die Schweizerische Treuhandgesellschaft als Sachwalterin
des in Liquidation stehenden Anlagefonds. Die AFIT führte dagegen
Verwaltungsgerichtsbeschwerde, die vom Bundesgericht am 26. September
1970 abgewiesen wurde (BGE 96 I 474).

    B.- Die Schweizerische Treuhandgesellschaft fand, die AFIT als
bisherige Fondsleitung, die DENNER AG, die UNIVERSA und die REVISA sowie
31 Personen, insbesondere Verwaltungsräte und Mitglieder der Fondsleitung,
hätten die Anleger durch täuschende Angaben, liederliche Geschäftsführung
und schlechte Kapitalanlagen um Millionen geschädigt. Im Dezember 1971
klagte sie beim Handelsgericht des Kantons Zürich namentlich gegen die
vier Gesellschaften auf Schadenersatz. Sie machte geltend, die AFIT, die
UNIVERSA und die DENNER AG, schuldeten dem INTERGLOBE-Fonds solidarisch
Fr. 17 000 000.--, wobei die REVISA für Fr. 12 750 000.-- mithafte.

    Die beklagten Gesellschaften bestritten, dass die Schweizerische
Treuhandgesellschaft als Sachwalterin des INTERGLOBE-Fonds sie auf
Schadenersatz belangen dürfe. Sie beantragten dem Handelsgericht, das
Verfahren einstweilen auf diese Streitfrage zu beschränken und hierüber
einen Vorentscheid zu fällen.

    Mit Entscheid vom 5. Juli 1973 bejahte das Handelsgericht die Frage
und wies die Einrede der mangelnden Aktivlegitimation ab.

    Das Handelsgericht gelangt nach einlässlicher Prüfung der
Gesetzesmaterialien zum Schluss, in den Vorberatungen sei bewusst darauf
verzichtet worden, eine Versammlung der Inhaber von Anteilscheinen
vorzusehen; diese Lösung sei ursprünglich zwar in Aussicht genommen,
dann aber als unwirksam fallengelassen worden, weil die Anteilhaber
sich bei den grossen Anlagefonds nicht erfassen, folglich auch nicht
zu einer repräsentativen Versammlung aufbieten liessen. Der einzelne
Anleger sei zudem, wie aus der Entstehungsgeschichte erhelle, nicht zur
körperschaftlichen Mitwirkung bereit, sondern wolle die Vermögensverwaltung
Fachleuten überlassen. Da jeder Anleger mit der Fondsleitung selbständig
einen Vertrag schliesse, könne er auch selbständig gegen sie auf Erfüllung
oder Schadenersatz klagen oder sich zu diesem Zwecke mit anderen Anlegern
in Schutzkomitees zusammenschliessen.

    Das Handelsgericht führt sodann aus, dass diese Überlegungen
auch für den Sachwalter gälten, sei den Materialien jedoch nicht zu
entnehmen. Die Gliederung des Gesetzes, das die Bestimmungen über den
Kollektivanlagevertrag (Art. 8 bis 36) und die Vorschriften über die
öffentliche Aufsicht (Art. 40 bis 47) klar auseinanderhalte, weise
vielmehr darauf hin, dass man den ursprünglich vorgesehenen Vertreter
nicht mit dem Sachwalter gleichsetzen wollte; dieser sei ein Hilfsorgan
der Aufsichtsbehörde, während jener als privatrechtlicher Stellvertreter
zu betrachten wäre. Worin die Aufgabe des Sachwalters genau bestehe, werde
im Gesetz freilich nicht gesagt und sei auch bei den Beratungen nicht
zur Sprache gekommen. Nach dem Sinn und Zweck des Gesetzes könne jedoch
nicht zweifelhaft sein, dass er die Interessen der Anleger zu wahren,
sich insbesondere auch um deren Ansprüche gegenüber der Fondsleitung
wegen Verletzung vertraglicher Pflichten zu kümmern habe; er müsse
notwendigerweise gegen alle Schuldner vorgehen und alles herausverlangen
können, was wirtschaftlich zum Fondsvermögen gehöre. Die Aktivlegitimation
der Klägerin, von den Beklagten Schadenersatz zu verlangen, sei deshalb
zu bejahen.

    C.- Die Beklagten haben gegen dieses Urteil die Berufung erklärt. Sie
beantragen, es aufzuheben und die Klage mangels Aktivlegitimation der
Klägerin abzuweisen. Die UNIVERSA findet zudem, auf die Klage könne
mangels Prozessführungsbefugnis der Treuhandgesellschaft überhaupt nicht
eingetreten werden. Diese Befugnis wird der Klägerin auch von der REVISA
abgesprochen.

    Die Beklagten halten dem Handelsgericht vor allem entgegen, nach
den Materialien, dem Sinn und Wortlaut des Gesetzes seien einzig die
einzelnen Anleger zur Klage berechtigt. Mit dem ausdrücklichen Verzicht
auf die Möglichkeit, Erfüllungs- und Schadenersatzansprüche der Anleger
kollektiv durch einen gemeinsamen Vertreter geltend machen zu lassen, habe
der Gesetzgeber auch bewusst eine entsprechende Befugnis des Sachwalters
ausgeschlossen. Jeder Anleger solle selber entscheiden können, ob und gegen
wen er klagen wolle. Die Vorinstanz setze sich darüber unter Berufung auf
den Zweck des Gesetzes hinweg. Der Schutz der Anleger erfordere jedoch
kein Klagerecht des Sachwalters, dürfe folglich nicht dazu führen, sie
zu entrechten. Es liege auch keine Gesetzeslücke vor, die vom Richter zu
schliessen wäre.

    Die Beklagten wenden ferner, sei es einzeln oder zusammen, insbesondere
ein, aus der öffentlichrechtlichen Bestellung des Sachwalters lasse sich
ebenfalls kein Klagerecht zu dessen Gunsten ableiten. Der Sachwalter
sei zwar Treuhänder der Anleger, aber nicht deren Vertreter, sondern
derjenige der geschäftsunfähigen Fondsleitung. Nach Art. 43 der
Vollziehungsverordnung (AFV) habe er das vorhandene Fondsvermögen
zu verwalten und zu liquidieren (Abs. 1), eine allfällige Haftung der
Fondsleitung oder anderer Personen jedoch nur abzuklären und die Anleger
darüber zu unterrichten (Abs. 2). Alsdann könnten die Anleger selber
entscheiden, ob sie auf eigene Gefahr und Kosten klagen oder auf einen
Prozess verzichten wollten. Der Sachwalter könne übrigens nicht auf Zahlung
gegen sich selber klagen, da er nicht Eigentümer des Fondsvermögens werde;
Schadenersatzansprüche der Anleger gehörten zudem nicht zu diesem Vermögen.

    D.- Die Klägerin beantragt, die Berufungen der vier Beklagten
abzuweisen und das angefochtene Urteil zu bestätigen.

Auszug aus den Erwägungen:

              Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Nach Art. 45 AFG ernennt die Aufsichtsbehörde für die
geschäftsunfähige Fondsleitung oder Depotbank einen Sachwalter (Abs. 1),
der ihr innerhalb eines Jahres Antrag auf Bezeichnung einer neuen Leitung
oder Bank oder auf Auflösung des Fonds zu stellen hat (Abs. 2). Was
der Sachwalter ferner genau zu tun hat, ergibt sich aus dem Text
der Vorschrift nicht. Art. 46 AFG sodann bestimmt bloss, dass der
Sachwalter im Liquidationsverfahren die Aufgabe der geschäftsunfähigen
Fondsleitung oder Depotbank zu übernehmen hat, wenn ein erhebliches
Interesse der Anleger an der Fortführung des Fonds nach der Auffassung
der Aufsichtsbehörde zu verneinen ist und sich keine geeignete neue
Leitung oder Bank findet (Abs. 1 und 2). Worin diese Aufgabe besteht,
ist dem Wortlaut der Bestimmung nicht zu entnehmen. Ähnlich verhält es
sich mit Art. 25 Abs. 1 AFG, der bloss sagt, dass mit der Sachwalterschaft
betraute Personen dem Anleger für getreue und sorgfältige Ausführung der
ihnen übertragenen Aufgaben haften.

    In Art. 12 Abs. 1 AFG schliesslich, aus dem die Klägerin ihre
Aktivlegitimation zu Schadenersatzklagen ableitet, ist vom Sachwalter
nicht die Rede. Die Bestimmung befasst sich mit Pflichten der Fondsleitung,
die insbesondere den Anlagefonds für Rechnung der Anleger selbständig und
in eigenem Namen zu verwalten sowie alle zum Fonds gehörenden Rechte,
inbegriffen Schadenersatzansprüche ("ycompris d'éventuelles actions en
dommages-intérêts", "compreso quello di promuovere azioni di risarcimento
del danno"), geltend zu machen hat. Da der Sachwalter anstelle der
geschäftsunfähigen Fondsleitung ernannt wird (Art. 45 Abs. 1) und im
Liquidationsverfahren deren Aufgabe zu übernehmen hat (Art. 46 Abs. 1),
lässt sich indes nicht bestreiten, dass der Wortlaut des Gesetzes für die
Auffassung der Klägerin spricht, auch das Recht, Schadenersatzansprüche
geltend zu machen, gehe bei Absetzung der Leitung auf den Sachwalter über.
Für die Fragen, gegen wen und auf Ersatz welchen Schadens er klagen dürfe,
ist dem Gesetzestext freilich nichts zu entnehmen. Die Antwort wird im
Gegenteil noch dadurch erschwert, dass in Art. 23 und 24 AFG insbesondere
zwischen Klagen gegen die Fondsleitung auf Einwerfung widerrechtlich
entzogener oder vorenthaltener Vermögenswerte einerseits sowie Klagen
auf Schadenersatz wegen Pflichtverletzungen anderseits unterschieden wird.

Erwägung 2

    2.- Angesichts dieser recht dürftigen Bestimmungen über die Aufgaben
des Sachwalters ist zu verstehen, dass die Beklagten sich seit Beginn
des Prozesses auf die Entstehungsgeschichte des Gesetzes berufen, um die
Klage mit der Einrede der mangelnden Aktivlegitimation zu Fall zu bringen.

    a) Das Gesetz ist in erster Linie aus sich selbst, d.h.  nach seinem
Wortlaut, Sinn und Zweck sowie nach den ihm zugrunde liegenden Wertungen
auszulegen. Die Vorarbeiten sind weder verbindlich noch für die Auslegung
unmittelbar entscheidend; insbesondere sind Äusserungen von Stellen oder
Personen, die bei der Vorbereitung mitwirkten, nicht massgebend, wenn sie
im Gesetzestext selber nicht zum Ausdruck kommen (BGE 84 II 103 Erw. c,
87 II 331 Erw. d, 88 I 212, 98 Ib 380). Dies gilt selbst für Äusserungen,
die unwidersprochen geblieben sind (BGE 98 Ia 184). Als verbindlich für
den Richter können nur die Normen selber gelten, die von der gesetzgebenden
Behörde in der hiefür vorgesehenen Form erlassen worden sind.

    Das heisst nicht, die Gesetzesmaterialien seien methodisch
unbeachtlich. Bei unklaren oder unvollständigen Bestimmungen können
sie vielmehr ein wertvolles Hilfsmittel sein, den Sinn einer Norm zu
erkennen und damit falsche Auslegungen zu vermeiden (BGE 97 I 823/4, 98
Ia 184, 98 Ib 380). Lässt der Wortlaut einer Bestimmung verschiedene,
sich widersprechende Auslegungen zu, so kann es sogar geboten sein, die
Entstehungsgeschichte heranzuziehen, zumal wenn nach dem Text offen ist, ob
der Gesetzgeber eine Neuerung oder Änderung befürwortet oder ausdrücklich
abgelehnt habe und die Materialien hierauf eine klare Antwort geben (BGE 92
I 309 und dort angeführte Urteile). Dasselbe gilt für den Fall, dass der
Wortlaut einer Bestimmung auf eine echte Gesetzeslücke schliessen lässt,
dies nach der Entstehungsgeschichte aber offensichtlich nicht zutrifft
(BGE 76 II 62, 97 IV 139). Anders verhält es sich dagegen, wenn die
Materialien keinen eindeutigen Schluss zulassen, sie dem Richter also
auch bei unklaren oder unvollständigen Bestimmungen nicht weiterhelfen
(BGE 82 II 485, 86 IV 94 mit Zitaten).

    b) Im vorliegenden Fall stimmen die Parteien mit dem Handelsgericht
darin überein, dass der Gesetzgeber nach den Vorarbeiten nicht nur eine
Versammlung der Inhaber von Anteilscheinen, sondern auch einen von dieser
Versammlung zu wählenden gemeinsamen Vertreter der Anleger bewusst von
der Regelung ausgenommen hat. Sie streiten sich bloss darüber, ob diese
Ausnahme auch auf das Klagerecht des Sachwalters zu beziehen sei, was
von den Beklagten bejaht, von der Klägerin und dem Handelsgericht dagegen
verneint wird.

    Die Beklagten berufen sich insbesondere auf den Vorentwurf (VE)
I vom 1. Mai 1961, der in Art. 49 bestimmte, dass die Aufsichtsbehörde
einen ihr unterstehenden (gemeinsamen) Vertreter der Anteilhaber ernennen
sollte, wenn ein Verantwortlichkeitsfall vorlag; war bereits ein Sachwalter
bestellt, so hatte sie diesen als Vertreter zu bezeichnen (Abs. 1). Der
Vertreter hätte nach eigenem Ermessen und in seinem Namen auf Leistung
an den Fonds klagen dürfen (Abs. 2). Diese Bestimmungen wurden in der
Folge indes zusammen mit weiteren Vorschriften über einen gemeinsamen
Vertreter und über eine Anteilhaberversammlung gestrichen. Im Bericht zum
VE III vom 30. Juni 1964 wurde dazu namentlich ausgeführt (S. 5), dass
auf eine Notgemeinschaft der Gläubiger, ähnlich der Gläubigergemeinschaft
bei Anleihensobligationen, verzichtet werden könne, weil die Einsetzung
eines Sachwalters durch die Aufsichtsbehörde genüge, wenn Fondsleitung
oder Depotbank nicht mehr fähig seien, ihre Aufgaben zu erfüllen.

    Man entschied sich also deutlich für den Sachwalter und gegen einen
Vertreter der Anleger, weshalb aus den weiteren Beratungen weder auf
ein qualifiziertes Schweigen des Gesetzes geschlossen werden darf, noch
sich sagen lässt, mit dem Verzicht seien die dem gemeinsamen Vertreter
eingeräumten Klagerechte auch dem Sachwalter abgesprochen worden. Dies
folgt auch nicht daraus, dass im Bericht ferner ausgeführt wird (S. 7),
der Anleger könne für sich allein auf Erfüllung oder Schadenersatz klagen,
da jeder selbständig einen Vertrag mit der Fondsleitung schliesse und es
keine Gemeinschaft der Anleger gebe. Die Folgerung liefe im einen wie im
andern Fall darauf hinaus, Aufgaben des Sachwalters mit Befugnissen zu
verwechseln, die einem Vertragspartner oder seinem Vertreter zustehen. Das
Handelsgericht hält den Beklagten denn auch mit Recht entgegen, dass der
ursprünglich vorgesehene Vertreter der Anteilhaber schon nach dem VE I
und der Gliederung des Gesetzes nicht mit dem Sachwalter gleichgesetzt
werden darf.

    Ebensowenig lässt sich der Botschaft des Bundesrates vom 23. November
1965 zum Gesetzesentwurf (BBl 1965 III 258 ff.) in schlüssiger Weise
entnehmen, der Gesetzgeber habe mit dem Verzicht auf einen gemeinsamen
Vertreter auch über Aufgaben des Sachwalters entschieden. Die Ausführungen
des Bundesrates über den Verzicht decken sich weitgehend mit Erläuterungen
zu den Vorentwürfen. Dies gilt insbesondere für die von den Beklagten
angerufene Stelle der Botschaft (S. 298/9). Dort wird unter Hinweis
auf die Vorgeschichte dargetan, dass und warum man von der Möglichkeit
absah, Erfüllungs- und Schadenersatzansprüche durch einen Vertreter der
Anleger kollektiv geltend machen zu lassen. Damit meinte man wiederum,
wie aus der Begründung und den Verweisen geschlossen werden muss, bloss
den zunächst vorgesehenen Vertreter der Anteilhaber. Vom Sachwalter ist
in diesem Zusammenhang überhaupt nicht die Rede.

    Auch die übrigen Gesetzesmaterialien enthalten keine zuverlässigen
Anhaltspunkte dafür, der Gesetzgeber habe den Sachwalter in seine
Überlegungen über den gemeinsamen Vertreter nicht bloss einbezogen,
sondern ihn wie diesen behandelt, ihm folglich mit dem Verzicht auf
den Vertreter kein kollektives Klagerecht mehr zubilligen wollen. Das
gilt insbesondere von den Verhandlungsprotokollen, soweit sie über
die weitere Beratung der Frage, ob die kollektive Durchsetzung von
Ansprüchen der Anleger einem gemeinsamen Vertreter zu überlassen sei,
überhaupt Auskunft geben; der Sachwalter wird auch dort mit keinem Wort
erwähnt (vgl. insbes. Prot. Kom. NR S. 8, 13/14, 16 und 18; StR S. 7,
11, 12/13). Es fällt gegenteils auf, dass in den gesamten Materialien
vom Sachwalter nur selten die Rede ist, dass weder seine Stellung noch
seine Aufgaben je näher erörtert worden sind, was ihre dürftige Regelung
im Gesetz denn auch wenigstens teilweise erklärt. Umsoweniger vermag der
Einwand zu überzeugen, der Gesetzgeber habe ihm eine bestimmte Befugnis
bewusst versagen wollen. Die Materialien sprechen eher für die Annahme
des Handelsgerichtes, man habe Aufsichtsbehörde und Sachwalter einerseits
sowie fakultative Anteilhaberversammlung und gemeinsamen Vertreter der
Anleger anderseits zunächst als parallele Institutionen in Aussicht
genommen, die privatrechtliche Institution dann aber zugunsten der
öffentlichrechtlichen aufgegeben.

Erwägung 3

    3.- Ist somit über die Klageberechtigung des Sachwalters auch den
Materialien keine klare Antwort zu entnehmen, so kann sich nur fragen,
wie es sich damit nach dem Grundgedanken und den Wertungen verhält,
auf denen das Gesetz beruht.

    a) Das AFG ist, was von keiner Seite bestritten wird, zum Schutz der
Anleger erlassen worden. Es erwies sich als notwendig, weil Anlagefonds
sich, gleich wie Banken, an das breite Publikum wenden und sich durch
rege Propaganda zur Annahme von Geldern empfehlen. In der Vorbereitung
wurde wiederholt darauf hingewiesen, dass der Schutz des Anlegers aber
ganz andere Probleme stellt und andere Massnahmen erfordert als der Schutz
des Sparers, der sein Geld einer Bank anvertraut und eine Nominalforderung
gegen sie erwirbt. Dazu kommt, dass es nach der Erfahrung vor allem kleine
Sparer sind, die ihr Geld in Anteilscheine anzulegen pflegen. Wie aus der
Entstehungsgeschichte ferner erhellt, soll der Schutz der Anleger vor allem
durch die staatliche Aufsicht gewährleistet werden, die ihrerseits zur
öffentlichrechtlichen Aufgabe des Gesetzes gehört (vgl. insbes. Botschaft
aaO S. 269/70, 280/81 und 306; Prot. Kom. StR S. 11; Sten-Bull 1966 NR S.
256).

    Das ist vorweg dem von allen Beklagten erhobenen Einwand
entgegenzuhalten, der Schutz der Anleger erfordere die Klageberechtigung
des Sachwalters nicht, diese beschränke die Anleger vielmehr in
ihren eigenen Rechten und setze selbst solche, die mit Klagen gegen
verantwortliche Organe nicht einverstanden seien, der Gefahr von
Prozesskosten aus; es müsse deshalb dem einzelnen Anteilhaber überlassen
werden, ob und gegen wen er klagen wolle. Es ist offensichtlich, dass
der Schutz der Anleger dadurch nicht gewährleistet, sondern erheblich
geschwächt würde; der einzelne Anteilhaber wäre im Streit mit der
mächtigen Fondsleitung und anderen haftpflichtigen Organen sich selbst,
seiner Hilflosigkeit und Unerfahrenheit überlassen. Dass die Anleger sich
in Schutzkomitees zusammenschliessen können, hilft darüber nicht hinweg;
so oder anders ist zu erwarten, dass viele von ihnen, die sich in ihrem
Vertrauen in die Vermögensverwaltung enttäuscht sehen, nicht mitmachen
werden, weil sie das wirtschaftliche Interesse für zu klein oder das
Prozesskostenrisiko für zu gross halten. Die von den Beklagten verfochtene
Lösung liefe daher im Ergebnis auf einen verkappten Schutz fehlbarer
Organe hinaus, womit der Zweck des Gesetzes in sein Gegenteil verkehrt
würde. Auch würde dem Gesetzgeber unterstellt, er habe sich bewusst mit
einem schwachen Schutz begnügt, einen wirksamen also bloss vorgegeben.

    Der wohlverstandene Schutz der Anleger schliesst somit die
Klageberechtigung des Sachwalters nicht aus, sondern gebietet sie.

    Dasselbe muss nach der Stellung und Aufgabe angenommen werden, die
der Sachwalter nach den öffentlichrechtlichen Bestimmungen des Gesetzes
beanspruchen darf (Art. 40 ff. AFG), selbst wenn sie darin nicht genau zum
Ausdruck kommen. Nach diesen Bestimmungen ist der Sachwalter ein Hilfsorgan
der Aufsichtsbehörde, die ihn einsetzt, damit er anstelle der abgesetzten
Fondsleitung den Fonds verwalte und, falls die Voraussetzungen gegeben
sind, liquidiere. Entsprechend der Treuepflicht der Fondsleitung hat er
dabei ausschliesslich die Interessen der Anleger zu wahren (vgl. Art. 14
Abs. 1 AFG). Der Sachwalter tut dies aber nicht als Stellvertreter
der einen oder anderen Partei des Kollektivanlagevertrages, sondern aus
Auftrag der Aufsichtsbehörde und kraft seines Amtes; er hat namentlich im
Falle einer Liquidation also eine ähnliche Stellung und Aufgabe wie ein
Konkursverwalter, Willensvollstrecker oder Nachlassverwalter, die unter
Ausschluss des Eigentümers für fremde Interessen handeln (vgl. BGE 99 Ib
438/39 mit Hinweisen; ferner BGE 94 II 142 Erw. 1). Soll der Sachwalter
aber wie die Fondsleitung alle zum Anlagefonds gehörenden Rechte wahren,
so muss er unmittelbar auf Schädigung des Fonds beruhende Ersatzansprüche
auch geltend machen, folglich in seinem Namen klagen können.

    Dass das Klagerecht des Sachwalters den einzelnen Anleger in
seinen Rechten behindere und individuellen Klagen entgegenstehe, lässt
sich übrigens nicht allgemein sagen. Ersatzansprüche, die nicht der
Gesamtheit, sondern bloss einzelnen zustehen, werden davon zum vorneherein
nicht berührt. Und wenn der Sachwalter verzichtet, können Anleger
ebenfalls klagen. Beim System des AFG, das neben privatrechtlichen auch
öffentlichrechtliche Normen enthält, sind Eingriffe der Aufsichtsbehörde
oder des Sachwalters in die Entscheidungsfreiheit des einzelnen zudem nicht
zu beanstanden, wenn sie im Interesse aller Anleger liegen und nach dem
Zweck des Gesetzes gerechtfertigt sind. Das Gesetz sieht solche Eingriffe
denn auch selber vor, z.B. wenn es darum geht, ob das Vertragsverhältnis
durch eine Liquidation des Anlagefonds zu beenden oder mit einem Dritten
fortzusetzen sei (Art. 46 AFG).

    b) Gegen die Befugnis des Sachwalters, zum Anlagefonds gehörende
Schadenersatzforderungen geltend machen zu können, ist auch mit dem
Hinweis auf Art. 43 Abs. 2 AFV nicht aufzukommen. Die darin enthaltene
Einschränkung, wonach der Sachwalter eine allfällige Haftung der
Fondsleitung oder anderer Personen bloss abzuklären und die Anleger darüber
zu unterrichten hat, wird dem Zweck des Gesetzes offensichtlich nicht
gerecht; sie läuft ihm aus bereits angeführten Gründen vielmehr stracks
zuwider. Dass dem Anleger diesfalls mit einer individuellen Klage besser
gedient sei als mit einer kollektiven Durchsetzung der Ansprüche durch den
Sachwalter, ist schlechterdings nicht zu ersehen (vgl. AMONN, Die Aufgaben
des Sachwalters nach dem BG über die Anlagefonds, in Wirtschaft und Recht
1970 S. 64 N 13 und S. 67). Die Einschränkung leuchtet umsoweniger ein,
als der Sachwalter nach der gleichen Bestimmung gegen die Fondsleitung
auf Einwerfung der dem Fonds widerrechtlich entzogenen oder vorenthaltenen
Vermögenswerte klagen darf. Die davon abweichende Regelung, dass er andere
Schädigungen des Fonds nur zu erforschen, die Klage also den Anlegern
zu überlassen habe, entbehrt jeder Rechtfertigung; denn im einen wie im
andern Fall wirkt sich der Schaden zum Nachteil aller Anleger aus.

    Die Berechtigung des Sachwalters zu Schadenersatzklagen ist daher zu
bejahen, wenn er unmittelbar zum Anlagefonds gehörende Forderungen und
damit (mittelbare) Ansprüche nicht bloss einzelner, sondern sämtlicher
Anleger geltend macht. Soweit Art. 43 Abs. 2 AFV etwas anderes bestimmt,
schränkt er den Schutzbereich des Gesetzes in unzulässiger Weise ein und
ist daher unbeachtlich (BGE 97 II 272 mit Zitaten). Die Klägerin verlangt
nach ihren Ausführungen in der Berufungsantwort bloss Ersatz von Schaden,
der unmittelbar im Fonds entstanden sei. Da eine solche Schädigung die
Kapitalanlage sämtlicher Anleger betrifft, macht sie auch Ansprüche der
Gesamtheit, nicht bloss einzelner geltend. Bei dieser Sachlage erübrigt
es sich im vorliegenden Fall, zu der in Art. 23 und 24 AFG enthaltenen
Unterscheidung zwischen Klagen auf Einwerfung widerrechtlich entzogener
oder vorenthaltener Vermögenswerte einerseits und Schadenersatzklagen
wegen Pflichtverletzung anderseits näher Stellung zu nehmen.

Erwägung 4

    4.- Die UNIVERSA und die REVISA versuchen, der Klägerin neben der
Klageberechtigung auch die Befugnis zur Prozessführung streitig zu machen.

    Wie es sich damit nach kantonalem Prozessrecht verhält, hat das
Bundesgericht auf Berufung hin nicht zu überprüfen (Art. 43 Abs. 1,
55 Abs. 1 lit. c OG). Nach Bundesrecht aber ergibt sich die Befugnis
des Sachwalters, einen Prozess über streitige Schadenersatzansprüche,
wie hier, im eigenen Namen zu führen, ebenfalls aus seiner Stellung und
Aufgabe. Gewiss geht das Eigentum am Anlagefonds mit der Ernennung des
Sachwalters nicht auf diesen über. Er darf im Interesse der Anleger aber
darüber verfügen, da er den Fonds insbesondere zu verwalten und, falls die
Aufsichtsbehörde dessen Auflösung beschliesst, ihn zu liquidieren hat. Dazu
gehört auch, dass er Prozesse über Ansprüche, die durch Schädigung des
Fonds entstehen, selber führen kann. Dass er eine zum Fonds gehörende
Leistung verlangt, wenn er als Kläger auftritt, versteht sich angesichts
seiner Stellung und Aufgabe von selbst; denn auch dabei handelt er aus
eigenem Recht, aber für fremde Interessen.

    Im vorliegenden Fall lautet das Klagebegehren freilich auf Zahlung
an die Klägerin. Dass damit zum Anlagefonds gehörende Forderungen
gemeint sind, kann indes nicht zweifelhaft sein, da die Klägerin sich im
Ingress der Klage ausdrücklich als die von der Aufsichtsbehörde ernannte
Sachwalterin des INTERGLOBE-Fonds ausgibt. Als solche hat sie aber,
wie den Beklagten bereits vom Handelsgericht auseinandergesetzt worden
ist, einen allfälligen Prozessgewinn auf Rechnung des Fondsvermögens
entgegenzunehmen und zu verwalten.

Entscheid:

Demnach erkennt des Bundesgericht:

    Die Berufungen der vier Beklagten werden abgewiesen und das Urteil
des Handelsgerichtes des Kantons Zürich vom 5. Juli 1973 wird bestätigt.