Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 100 II 245



100 II 245

36. Urteil der II. Zivilabteilung vom 11. Juli 1974 i.S. Nägeli gegen
Büchi Regeste

    Die Indexierung von Renten für geschiedene Ehegatten nach Art. 152
und Art. 151 Abs. 1 ZGB, soweit sie Ersatz für den verlorenen ehelichen
Unterhaltsanspruch darstellen, durch den Richter ist grundsätzlich
zulässig (Änderung der Rechtsprechung). Sie darf aber nur angeordnet
werden, wenn zu erwarten ist, dass der Pflichtige in den Genuss des vollen
Teuerungsausgleichs gelangt. Die Abänderungsklage gemäss Art. 153 Abs. 2
ZGB bleibt vorbehalten (Erw. 3-6).

    Ist die Scheidung in Rechtskraft erwachsen, bevor die
vermögensrechtlichen Folgen geregelt wurden, muss die Kapitalabfindung
nach Art. 151 ZGB erst verzinst werden, wenn ihre Höhe rechtskräftig
festgesetzt worden ist (Erw. 7).

Sachverhalt

    A.- Das Kantonsgericht Zug schied am 3. Juli 1970 die Ehe der Parteien
in Gutheissung der Klage des Ehemannes gestützt auf Art. 142 ZGB und
in Gutheissung der Widerklage der Ehefrau gestützt auf Art. 137 ZGB.
Das der Ehe entsprossene Kind wurde unter die elterliche Gewalt der
Beklagten gestellt, während ihre Begehren um Zusprache einer monatlichen
Dauerrente von Fr. 2000.-- sowie einer Entschädigung von Fr. 200 000.--
abgewiesen wurden.

    Die Beklagte erklärte Berufung an das Obergericht des Kantons Zug
und verlangte die Scheidung der Ehe gestützt auf ihr Begehren sowie die
Erhöhung der Unterhaltsbeiträge für den Sohn; ferner beantragte sie,
den Kläger zu verpflichten, ihr eine Dauerrente von monatlich Fr. 2000.--
sowie eine Entschädigung und Genugtuung von Fr. 200 000.-- zu bezahlen. Das
Obergericht hiess die Berufung mit Urteil vom 16. Februar 1971 bezüglich
der Unterhaltsbeiträge für das Kind gut; im übrigen wies es die Berufung
ab.

    Die Beklagte zog dieses Urteil an das Bundesgericht weiter, welches
die Berufung am 2. Dezember 1971 teilweise guthiess, die Scheidungsklage
des Ehemannes abwies und mit Bezug auf die Ansprüche der Beklagten aus
Art. 151 Abs. 1 ZGB die Sache zur Ergänzung und zur Ausfällung eines
neuen Entscheides an das Obergericht zurückwies. Das Bundesgericht nahm
im Gegensatz zum Obergericht an, die Beklagte sei schuldlos im Sinne von
Art. 151 ZGB.

    B.- Das Obergericht führte ergänzende Erhebungen zur Abklärung der
finanziellen Lage der Parteien durch und gab diesen Gelegenheit, sich
dazu schriftlich zu äussern. Am 4. Dezember 1972 forderte der Anwalt der
Beklagten in seiner Vernehmlassung:

    "a. monatliche Dauerrente von Fr. 2000.-- versehen mit der Indexklausel
gemäss geltender Gerichtspraxis,

    b. Entschädigung nach Art. 151 Abs. 1 ZGB Fr. 199 000.--, nachdem
die Genugtuungsforderung abgewiesen wurde (Reduktion demnach von Fr. 200
000.-- um Fr. 1000.-- auf Fr. 199 000.--) nebst Zins zu 5% seit 29.8.1971
(Rechtskraft des Scheidungsurteils)."

    Am 20. November 1973 fand vor Obergericht eine neue Verhandlung
statt. Die Beklagte liess dabei das Begehren stellen, es sei ihr eine
monatliche Dauerrente von Fr. 2000.--, versehen mit der Indexklausel
gemäss geltender Gerichtspraxis, d.h. eine jeweilige Anpassung bei einer
Erhöhung des Indexes um 10%, sowie eine Entschädigung von Fr. 199 000.--
nebst Zins zuzusprechen.

    Der Kläger beantragte unter anderem die Gewährung einer monatlichen
Rente von Fr. 750.-- und einer Kapitalabfindung von Fr. 50 000.-- an die
Beklagte. Er bezeichnete das Begehren um Indexierung als prozessual und
materiell unzulässig.

    Das Obergericht des Kantons Zug fällte am 8. Januar 1974 folgendes
Urteil:

    "In Abänderung des obergerichtlichen Urteils vom 16. Februar 1971 wird
der Berufungsbeklagte verpflichtet, der Berufungsklägerin ab Rechtskraft
dieses Urteils eine einmalige Kapitalabfindung im Betrage von Fr. 199
000.-- sowie eine monatliche Dauerrente von Fr. 2000.-- zu bezahlen.

    Der Betrag der Rente basiert auf dem Landesindex der Konsumentenpreise,
Stand Ende November 1973 (146.1 Punkte); er ist je auf den 1. Januar
jeden Jahres dem Landesindex Ende November des Vorjahres anzupassen,
erstmals auf den 1. Januar 1975."

    Das Obergericht nahm an, dass die Indexierung nicht nur für
Unterhaltsbeiträge an Kinder (BGE 98 II 257 ff.), sondern auch für
solche an den geschiedenen Ehegatten zulässig sein müsse, gehe es doch
darum, den künftigen Ausfall des ehelichen Unterhalts zu decken. Dies
wäre jedoch bei der heutigen galoppierenden Inflation ohne Indexierung
des Unterhaltsbeitrages nicht der Fall. Es könne nicht die Meinung
des Gesetzgebers gewesen sein, Renten im Sinne von Art. 151 ZGB einem
derartigen Kaufkraftschwund auszuliefern, wie er heute bestehe. Die
herrschende Inflation, verbunden mit der zahlenmässigen Erhöhung des
Einkommens des Klägers, das sich regelmässig der Teuerung anpasse, würde
zu einem derart stossenden Missverhältnis führen, dass die Ablehnung der
Indexierung der Rente als rechtsmissbräuchlich erscheinen müsste.

    Das Begehren der Beklagten um Verzinsung der Kapitalabfindung vom 29.
August 1971 bzw. vom 2. Dezember 1971 an wurde mit der Begründung
abgelehnt, die zugesprochenen Entschädigungsleistungen nach Art. 151
ZGB würden erst mit dem unbenützten Ablauf der Rechtsmittelfrist dieses
Verfahrens rechtskräftig.

    C.- Der Kläger legt gegen das Urteil des Obergerichts vom
8. Januar 1974 beim Bundesgericht Berufung ein. Er stellt den Antrag,
das angefochtene Urteil insoweit aufzuheben, als es den monatlichen
Unterhaltsbeitrag von Fr. 2000.-- für die Beklagte indexiert habe (Ziffer
1 Absatz 2 des Urteilsdispositivs).

    D.- Die Beklagte beantragt Abweisung der Berufung und erklärt
Anschlussberufung mit dem Begehren, das Urteil des Obergerichts vom
8. Januar 1974 sei in dem Sinne abzuändern, dass der Kläger die der
Beklagten zugesprochene Kapitalabfindung von Fr. 199000.-- mit 5% seit
dem 29. August 1971 bzw. 2. Dezember 1971 zu verzinsen habe.

    E.- Der Kläger stellt den Antrag, die Anschlussberufung abzuweisen.

Auszug aus den Erwägungen:

              Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- ...

Erwägung 2

    2.- 3. - Das Obergericht hat die der Beklagten zugesprochene Rente mit
einer Indexklausel versehen. Der Kläger macht mit seiner Berufung geltend,
die Vorinstanz habe dadurch Art. 151 in Verbindung mit Art. 153 Abs. 2 ZGB
verletzt. Er beruft sich auf die Rechtsprechung des Bundesgerichts, die
bisher weder zugelassen hat, dass die geschiedenen Ehegatten zugesprochenen
Renten bei veränderten Verhältnissen nachträglich erhöht, noch dass sie im
Scheidungsurteil selbst indexiert werden. Es stellt sich somit die Frage,
ob an dieser Praxis festzuhalten sei.

Erwägung 4

    4.- a) Gemäss Art. 153 Abs. 2 ZGB können Bedürftigkeitsrenten im
Sinne von Art. 152 ZGB auf Verlangen des pflichtigen Ehegatten aufgehoben
oder herabgesetzt werden, wenn die Bedürftigkeit nicht mehr besteht
oder in erheblichem Masse abgenommen hat sowie wenn die Verhältnisse
des Pflichtigen der Höhe der Rente nicht mehr entsprechen. Die dem
geschiedenen Ehegatten gestützt auf Art. 151 ZGB zugesprochene Rente
ist dagegen grundsätzlich unabänderlich. Zur Vermeidung von Härten hat
die bundesgerichtliche Rechtsprechung allerdings zugelassen, dass auch
eine Rente nach Art. 151 Abs. 1 ZGB herabgesetzt oder aufgehoben werden
kann, wenn die Lage des Pflichtigen sich wesentlich verschlechtert hat,
soweit diese Rente für den Verlust des Unterhaltsanspruches zuerkannt
wurde (BGE 71 II 7 ff. und 80 II 188). Eine weitergehende Anwendung von
Art. 153 Abs. 2 ZGB auf Renten nach Art. 151 ZGB wurde jedoch abgelehnt,
weil dies dem Schadenersatzcharakter dieser Rente widersprechen würde
(HINDERLING, Das schweizerische Ehescheidungsrecht, 3. Aufl., S. 144).

    b) Das Bundesgericht hat in seiner Rechtsprechung ausdrücklich
festgehalten, die Auslegung der Art. 151-153 ZGB führe zum Schluss, dass
sowohl die Bedürftigkeitsrente nach Art. 152 als auch die Unterhaltsrente
nach Art. 151 ZGB nur der nachträglichen Herabsetzung und Aufhebung
auf Verlangen des Pflichtigen, nicht aber der Erhöhung auf Verlangen
des Berechtigten unterliege (BGE 80 II 191). Es beruhe nicht auf einem
Versehen, dass Art. 153 Abs. 2 ZGB nur von der Herabsetzung und nicht auch
von der Erhöhung des Beitrages spreche. Das ergebe sich namentlich aus der
Regelung der Unterhaltsbeiträge für Kinder aus geschiedener Ehe und für
aussereheliche Kinder. In diesen beiden Fällen lasse das Gesetz gemäss Art.
157 und 320 ZGB eine Erhöhung zu, weil hier die der Unterhaltspflicht
zugrunde liegende Rechtsbeziehung, das Kindesverhältnis, fortbestehe. Nach
ausgesprochener Scheidung seien dagegen die durch die Ehe geschaffenen
Bande endgültig gelöst und würden keine Wirkungen mehr entfalten
(BGE 77 II 25). Dementsprechend hat es das Bundesgericht abgelehnt,
eine Rentenerhöhung zuzulassen, obwohl durch das Sinken der Kaufkraft
des Geldes die geschiedene Frau einen um 70% höheren Betrag aufwenden
musste, um ihre Bedürfnisse zu befriedigen, und der Pflichtige den vollen
Teuerungsausgleich erhielt (BGE 51 II 19 ff.). In BGE 77 II 28 Erw. 2
erklärte das Bundesgericht, das Gesetz habe absichtlich auch das Risiko
eines Kaufkraftschwundes des Geldes dem Rentenberechtigten überbunden.

    Eine Ausnahme vom erwähnten Grundsatz hat das Bundesgericht nur
zugelassen, wenn die Rente sich beim Eintritt eines bestimmten, nach
den Umständen des konkreten Falles sicher voraussehbaren Ereignisses auf
einen für diesen Fall zum voraus festgesetzten Betrag erhöhen soll. Diese
Möglichkeit, eine künftige, ziffernmässig fixierte Erhöhung der Unterhalts-
und Bedürftigkeitsrente anzuordnen, bleibt dem Scheidungsrichter
vorbehalten. So kann er beispielsweise eine bestimmte Erhöhung für den
Zeitpunkt vorsehen, da die rentenberechtigte Frau ihren Beruf nicht mehr
ausüben kann. Ein allgemeiner Vorbehalt, wonach die geschiedene Frau
bei wesentlicher Verschlechterung ihrer Erwerbsfähigkeit eine Erhöhung
ihrer Rente verlangen könne, ist indessen nach der Rechtsprechung nicht
zulässig (BGE 89 II 1 f., 80 II 191 f., 79 II 136 und 77 II 27). In diesem
Zusammenhang hat das Bundesgericht ausdrücklich erklärt, dass dem Richter
nicht die Befugnis zukomme, dem rentenberechtigten Ehegatten Anspruch
auf eine dem Lebenskostenindex automatisch folgende Rente zu gewähren. Im
konkreten Fall wurde die Anpassung der Rente bei Steigen oder Fallen des
Lebenskostenindex um je 10% abgelehnt (BGE 79 II 136; siehe auch das nicht
veröffentlichte Urteil des Bundesgerichts vom 27. Februar 1953 i.S. Pruschy
c. Kind, Erw. 4). Das Bundesgericht erblickte in der Indexierung der
Rente im Scheidungsurteil eine Umgehung von Art. 153 Abs. 2 ZGB.

    Dagegen wurde es von der Rechtsprechung als zulässig erachtet, dass die
Indexierung einer Unterhalts- oder Bedürftigkeitsrente oder ihre spätere
Erhöhung im Rahmen einer Scheidungskonvention von den Parteien vereinbart
und vom Gericht genehmigt wird (BGE 80 II 192/93 und 77 II 28 Erw. 3).

    c) In BGE 98 II 257 ff. hat das Bundesgericht die Indexierung von
Unterhaltsbeiträgen für eheliche oder aussereheliche Kinder durch den
Richter als grundsätzlich zulässig bezeichnet. Dabei ging es davon aus,
dass die Art. 157 und 320 ZGB im Falle einer Veränderung der Verhältnisse
nicht bloss eine Herabsetzung, sondern auch eine Erhöhung der Alimente
erlauben und das Rechtsverhältnis, auf dem die Pflicht zur Leistung
solcher Beiträge beruht, während der ganzen Dauer der Beitragspflicht
weiter besteht. Kann aber eine nachträgliche Erhöhung der Alimente verlangt
werden, muss auch die Aufnahme einer Indexklausel in das die Kinderalimente
festsetzende Urteil gestattet sein. Die Indexierung der Alimente vermag
eine spätere Abänderungsklage, die in der Regel mit erheblichen Kosten
und Umtrieben verbunden sein wird, in vielen Fällen unnötig zu machen,
so dass ihre Zulassung einem echten Bedürfnis entspricht. Voraussetzung
für die Indexierung ist aber in jedem Fall, dass der Pflichtige selber
auf seinem Einkommen den vollen Teuerungsausgleich erhält.

    Das Bundesgericht hat in diesem Urteil auch die Frage nach
der Indexierung der einem geschiedenen Ehegatten zugesprochenen
Unterhaltsbeiträge aufgeworfen (BGE 98 II 259 lit. c), jedoch dazu nicht
abschliessend Stellung genommen.

Erwägung 5

    5.- Die Rechtsprechung des Bundesgerichts zur Frage der Indexierung
der Unterhaltsbeiträge für den geschiedenen Ehegatten gemäss Art. 151/52
ZGB wurde in der Literatur mehrfach kritisiert.

    a) MERZ, N. 208 zu Art. 2 ZGB, verweist auf den Sondercharakter
der Unterhalts- und Unterstützungspflichten des Familienrechts, der
nicht dadurch verloren gehe, dass diese Pflichten im Hinblick auf
die Vollstreckbarkeit in Geld ausgedrückt werden. Es handle sich in
Wirklichkeit um Sachleistungspflichten, die nur die äussere Hülle
von Geldschulden trügen. Solche Ansprüche könnten regelmässig den
wechselnden Unterhaltskosten angepasst werden. Wo das nicht gesetzlich
vorgesehen sei, müsse die Anpassung obligationsgemäss gleichwohl gewährt
werden. Unter diesem Gesichtspunkt wäre die Praxis zur Bedürftigkeits-
und zur Unterhaltsrente bei Scheidungen neu zu überprüfen. Der
Ausschluss der Indexklausel sei bei zunehmender Geldentwertung kaum mehr
vertretbar. Einer Berufung auf Art. 153 Abs. 2 ZGB bedürfe es nicht,
soweit die Rente Ausdruck eines nachwirkenden Unterhaltsanspruchs sei und
damit Sachleistungscharakter habe (siehe auch MERZ, Die privatrechtliche
Rechtsprechung des Bundesgerichts im Jahre 1963, ZBJV 1964 S. 438/39).

    b) HINDERLING, aaO, führt auf S. 149/50 aus, stetes Schwinden
der Kaufkraft des Geldes, verbunden mit entsprechender zahlenmässiger
Erhöhung des Einkommens des Pflichtigen, könne zu einem derart stossenden
Missverhältnis führen, dass der Widerstand gegen die Erhöhung einer nach
Art. 152 oder auch - soweit es sich um Ersatz für ehelichen Unterhalt
handle - nach Art. 151 ZGB zugesprochenen Rente als rechtsmissbräuchlich
erscheine. Anschliessend kritisiert der Autor BGE 79 II 136, wo die
Indexierung einer Rente des geschiedenen Ehegatten für den Fall eines
Steigens oder Fallens des Lebenskostenindex um je 10% abgelehnt wurde.
Er befürwortet die Zulassung der Indexierung, sofern eine entsprechende
künftige Erhöhung des Einkommens des Pflichtigen mit Sicherheit
anzunehmen sei. In seinem Supplement (S. 94) vertritt HINDERLING die
Auffassung, es sei unbedenklich zu bejahen, dass auch Bedürftigkeits-
und Unterhaltsrenten im Verhältnis zwischen geschiedenen Ehegatten mit
entsprechenden Indexklauseln versehen werden dürften, auch wenn eine
nachträgliche Erhöhung solcher Renten unter keinem Gesichtspunkt zugelassen
werden sollte.

    c) EGGER, N. 8 zu Art. 153 ZGB, schliesslich bezeichnet die
Rechtsprechung des Bundesgerichts und der kantonalen Gerichte zu Art. 153
Abs. 2 ZGB als zu starr.

Erwägung 6

    6.- a) Nach seiner bisherigen Rechtsprechung hat das Bundesgericht die
Indexierung der dem geschiedenen Ehegatten gestützt auf Art. 151/52 ZGB
zugesprochenen Rente aus zwei Gründen abgelehnt, nämlich einerseits im
Hinblick auf Art. 153 Abs. 2 ZGB, der unter bestimmten Voraussetzungen
lediglich die Aufhebung oder Herabsetzung einer Bedürftigkeitsrente
gestattet, und anderseits auf Grund der Tatsache, dass die Pflicht zur
Leistung von Unterhaltsbeiträgen an einen geschiedenen Ehegatten auf
einem nicht mehr bestehenden Rechtsverhältnis beruht (BGE 98 II 258
lit. a). Das Bundesgericht hat daraus den Schluss gezogen, dass eine
Rente nach Art. 151/52 ZGB, abgesehen vom Vorbehalt des Art. 153 Abs. 2
ZGB, nachträglich nicht mehr geändert und damit auch nicht mit einer
Indexklausel versehen werden dürfe.

    Diese Betrachtungsweise hält einer erneuten Prüfung nicht stand. Die
Antwort auf die Frage, ob eine dem geschiedenen Ehegatten zugesprochene
Rente indexiert werden darf, hängt wesentlich von der Natur dieser
Rente ab. Es trifft zu, dass die Rente nach Art. 151 Abs. 1 ZGB primär
eine Schadenersatzleistung ist, indem sie einen Ersatz für die durch
die Scheidung entgangenen Vermögensrechte und Anwartschaften bilden
soll. Daneben kann sie aber auch die Funktion haben, der geschiedenen
Frau Ersatz für den verlorenen Unterhaltsanspruch durch den Mann zu
gewähren. Soweit die Rente in diesem Sinne Ausdruck eines nachwirkenden
Unterhaltsanspruches ist, kommt ihr Sachleistungscharakter zu, wie
MERZ, N. 208 zu Art. 2 ZGB, richtig festgehalten hat. Das Bundesgericht
hat den Sachleistungscharakter der Entschädigung und damit der Rente
nach Art. 151 Abs. 1 ZGB in BGE 80 II 102 ff. ebenfalls bejaht. Diese
Sachleistung, bestehend im wenigstens teilweisen Ersatz des entgangenen
Unterhaltsanspruchs, würde jedoch durch eine starke Geldentwertung
innerlich ausgehöhlt. Wird die Rente mit einer Indexklausel versehen,
so bedeutet dies nur eine nominale Veränderung, materiell wird die Rente
lediglich wertbeständig gestaltet und damit in ihrer Substanz erhalten.
So betrachtet liegt in der Indexierung kein Verstoss gegen Art. 153
Abs. 2 ZGB. Diese Bestimmung behält ihre Bedeutung, indem eine reale
Änderung in den wirtschaftlichen Verhältnissen der Ehegatten nicht zu
einer Erhöhung der Rente führen darf. Es bleibt auch der Unterschied
zu den Kinderalimenten, die im Gegensatz zu den Ehegattenrenten bei
Veränderung der Verhältnisse nicht nur herabgesetzt, sondern auch erhöht
werden dürfen, weil das Rechtsverhältnis, auf dem die Leistungspflicht
beruht, während deren ganzen Dauer weiterbesteht (BGE 98 II 259 lit. d).

    MERZ (N. 208 zu Art. 2 ZGB) war schon im Jahre 1962 der Auffassung,
der Ausschluss der Indexklausel sei bei zunehmender Geldentwertung kaum
mehr vertretbar. Nachdem die jährliche Inflationsrate in den letzten
Jahren gegen 10% betrug, entspricht die Zulassung der Indexierung
für Scheidungsrenten ebenso einem Bedürfnis wie diejenige der
Kinderalimente. Eine Unterhaltsrente würde ihre Bedeutung und Funktion
weitgehend verlieren, wenn sie in wenigen Jahren auf einen Bruchteil
ihres Wertes sinken und möglicherweise nicht einmal mehr den Notbedarf
des Berechtigten decken würde, worauf dieser, sofern der Pflichtige
leistungsfähig ist, Anspruch hat (BGE 96 II 304).

    Zulässig ist eine Indexierung der Rente gegen den Willen des
Verpflichteten allerdings nur, wenn die bestimmte Voraussicht besteht, dass
auch das Einkommen des Pflichtigen der Teuerung laufend angeglichen wird.
Andernfalls müsste der Pflichtige einen verhältnismässig grösseren Teil
seines Einkommens für die Rente aufwenden, als dies ursprünglich der
Fall war. Das käme einer unzulässigen Erhöhung der Rente gleich. Erhält
dagegen ein Arbeitnehmer oder Selbständigerwerbender regelmässig
den vollen Teuerungsausgleich, wie dies in den letzten Jahren üblich
war, so wird durch die Bindung der Rente an den Lebenskonstenindex
lediglich eine Entwicklung berücksichtigt, die auf Grund der Erfahrung
mit einiger Sicherheit vorauszusehen ist. Besonderen Fällen kann durch
Ablehnung oder eine andere Gestaltung der Indexklausel Rechnung getragen
werden. Vorbehalten bleibt in allen Fällen die nachträgliche Änderung
des Urteils im Rahmen von Art. 153 Abs. 2 ZGB bei realen Veränderungen
der Verhältnisse.

    Solange in der gesamten übrigen Wirtschaft die Teuerung voll
ausgeglichen wird, ist nicht einzusehen, weshalb die Renten für
geschiedene Ehegatten davon ausgenommen sein sollen. Beispielsweise
werden sämtliche Renten der SUVA und der Militärversicherung sowie die
Renten der staatlichen Pensionsversicherungen regelmässig der Teuerung
angepasst. Selbst den Rentnern der AHV und der Invalidenversicherung
wird - abgesehen von dem in den letzten Jahren erfolgten Ausbau dieser
Sozialwerke - ein gewisser Teuerungsausgleich gewährt. Dass sich die
Geldentwertung für Sparer und einzelne Rentnerkategorien ungerecht
auswirkt, ist kein Grund, auch die Bezüger von Scheidungsrenten dem
gleichen Unrecht auszusetzen. Wenn im übrigen Schadenersatzrecht
bisher die Indexierung von Renten nicht üblich war, so ist darauf
hinzuweisen, dass in diesem Rechtsgebiet selten Renten, sondern viel
häufiger Kapitalentschädigungen gewährt werden, bei deren Festsetzung
übrigens bereits heute auf die künftige Einkommensentwicklung, soweit
sie voraussehbar ist, Rücksicht genommen wird (BGE 89 II 399; OFTINGER,
Haftpflichtrecht, Bd. I S. 183). Fällt jedoch die Zusprechung von Renten
in Betracht, so wird sich auch bei diesen die Frage nach der Indexierung
stellen (MERZ, N. 209 zu Art. 2 ZGB).

    Gewiss bestünde an sich die Möglichkeit, im Einzelfall die Berufung
auf die Unabänderlichkeit der Rente als rechtsmissbräuchlich zu erklären,
wenn durch das Schwinden der Kaufkraft des Geldes einerseits und die
Gewährung des Teuerungsausgleichs an den Pflichtigen anderseits ein
krasses Missverhältnis entstanden ist (HINDERLING, aaO S. 149). Bei
ständig fortschreitender Teuerung und allgemeiner Anpassung der Einkommen
müsste dies jedoch zu einer grossen Zahl von Prozessen führen, die den
Rentenberechtigten kaum zuzumuten wären. Die Indexierung der Rente wird
im Regelfall vorzuziehen sein. Ändern sich die Verhältnisse entgegen
den bei der Urteilsfällung gehegten Erwartungen, z.B. weil die Teuerung
nicht mehr zunimmt oder wegen rückläufiger Konjunktur nicht mehr voll
ausgeglichen wird, so ist eine Anpassung des Urteils immer noch auf dem
Wege der Abänderungsklage gemäss Art. 153 Abs. 2 ZGB möglich.

    b) Nach dem Ausgeführten erscheint es als angezeigt, die bisherige
Rechtsprechung in dem Sinne zu ändern, dass die Indexierung von Renten
für geschiedene Ehegatten als zulässig erklärt wird. Allerdings gilt dies
nur für Bedürftigkeitsrenten nach Art. 152 ZGB und für Renten nach Art.
151 Abs. 1 ZGB, soweit sie Ersatz für ehelichen Unterhalt darstellen.
Ausserdem darf die Indexierung nur angeordnet werden, wenn zu erwarten
ist, dass der Pflichtige in den Genuss des vollen Teuerungsausgleichs
gelangt. Es dürfte dem Richter in aller Regel nicht schwer fallen,
sich bei der Festsetzung von Unterhaltsbeiträgen im einzelnen Fall ein
Urteil darüber zu bilden, ob der Pflichtige zu den Personen gehört, die in
Zukunft mit einer regelmässigen, die Teuerung ausgleichenden Erhöhung ihres
Einkommens rechnen können (BGE 98 II 261 lit. f). Der Klarheit halber ist
auch festzuhalten, dass die Indexklausel sowohl den Anstieg wie auch das
Absinken des Lebenskostenindex berücksichtigen muss. Um Schwierigkeiten
bei der Eintreibung der Rente zu vermeiden, muss die Indexklausel sodann
möglichst einfach und klar abgefasst sein.

    c) Im vorliegenden Fall ist der Beklagten eine monatliche Rente
von Fr. 2000.-- zugesprochen worden, welche nach den Feststellungen im
angefochtenen Urteil gestützt auf Art. 151 Abs. 1 ZGB Ersatz für den durch
die Scheidung verlorenen ehelichen Unterhaltsanspruch darstellt. Ferner
hat die Vorinstanz für das Bundesgericht verbindlich festgestellt,
dass der Kläger mit einer regelmässigen Anpassung seines Einkommens
an die Teuerung rechnen darf. Das Obergericht hat die Indexklausel im
angefochtenen Urteil in dem Sinne formuliert, dass die Rente je auf den
1. Januar eines jeden Jahres dem Landesindex der Konsumentenpreise auf Ende
November des Vorjahres anzupassen ist. Damit ist die Vorinstanz nicht der
weit verbreiteten Indexklausel gefolgt, welche eine Anpassung der Rente
um 10% vorsieht, sobald sich der Lebenskostenindex um die entsprechende
Punktzahl verändert hat, und die auch dem Urteil in BGE 98 II 257 zugrunde
liegt. Die von der Vorinstanz getroffene Lösung hat demgegenüber den
Vorteil, dass die Anpassung jährlich erfolgt, wie dies bei den Löhnen der
Angestellten die Regel ist. Sie berücksichtigt zudem den Anstieg wie auch
das Sinken des Lebenskostenindex. Auf jeden Fall kann der Vorinstanz
nicht vorgeworfen werden, sie habe Bundesrecht verletzt, weil die von
ihr gewählte Methode zu kompliziert sei und geringfügige Schwankungen im
Lebenskostenindex auf diese Weise nicht unberücksichtigt bleiben könnten.

    Die Berufung ist demnach abzuweisen.

Erwägung 7

    7.- a) Mit der Anschlussberufung verlangt die Beklagte, dass die
ihr zugesprochene Kapitalabfindung von Fr. 199 000.-- mit Wirkung ab
29. August 1971 bzw. 2. Dezember 1971 mit 5% zu verzinsen sei. Sie
macht geltend, die Vorinstanz habe Art. 151 ZGB verletzt, indem sie
die Verzinsung des Entschädigungsbetrages erst mit dem Eintritt der
Rechtskraft des angefochtenen Urteils vorsehe. Die Ehe der Parteien sei
bereits mit Urteil vom 16. Februar 1971, welches am 30. August 1971 in
Rechtskraft erwachsen sei, geschieden worden. Zwar habe die Beklagte im
Scheidungspunkt appelliert, nicht aber der Kläger. Jedenfalls sei die
Frage der Scheidung mit dem bundesgerichtlichen Urteil vom 2. Dezember
1971 endgültig erledigt worden. Spätestens von diesem Zeitpunkt an
seien die Ansprüche der Beklagten aus Art. 151 ZGB fällig geworden. Das
Obergericht habe nur noch deren Höhe festsetzen müssen. Die Frage der
Kapitalabfindung habe nichts zu tun mit den Unterhaltsleistungen, die nach
Art. 145 ZGB für die Dauer des Prozesses verfügt werden. Richtigerweise
hätten die vermögensrechtlichen Folgen zusammen mit der Scheidungsklage
beurteilt werden müssen. Die Beklagte würde benachteiligt, wenn sie wegen
des späteren Urteils über die Nebenfolgen der Scheidung einen Zinsverlust
erleiden müsste.

    b) Die Vorinstanz hat das Begehren der Beklagten mit der
Begründung abgelehnt, die Beklagte erhalte bis zum rechtskräftigen
Abschluss des ganzen Verfahrens die nach Art. 145 ZGB zugesprochenen
Unterhaltsbeiträge. Die gestützt auf Art. 151 ZGB gewährten
Entschädigungsleistungen würden erst mit dem unbenützten Ablauf
der Rechtsmittelfrist dieses Verfahrens rechtskräftig, weshalb die
Kapitalabfindung im Betrage von Fr. 199 000.--, wie übrigens auch die
Rente von monatlich Fr. 2000.--, erst ab diesem Termin geschuldet werde.

    Der Beklagten ist beizupflichten, dass die ihr gemäss Art. 145 ZGB
zugesprochenen Unterhaltsleistungen rechtlich mit der Frage der Verzinsung
der Kapitalabfindung nichts zu tun haben, da diese Entschädigung nicht
zur Abgeltung der Unterhaltsansprüche, sondern als Ersatz für erb- oder
versicherungsrechtliche Vermögensvorteile gewährt wurde. Richtig ist auch,
dass in der Regel die vermögensrechtlichen Folgen der Scheidung zusammen
mit der Scheidungsklage behandelt und beurteilt werden. Doch können nach
der Rechtsprechung aus praktischen Gründen Ausnahmen von diesem Grundsatz
zugelassen werden (BGE 69 II 213, 80 II 8 und 81 II 399). Im vorliegenden
Fall entstand die Aufteilung der Behandlung von Klage und Nebenfolgen
durch die Berufung der Beklagten und die Rückweisung der Sache an die
Vorinstanz zur Neuregelung der Ansprüche aus Art. 151 ZGB.

    Dass der Beklagten Ansprüche aus Art. 151 ZGB grundsätzlich zustehen,
ergab sich aus dem Urteil des Bundesgerichts vom 2. Dezember 1971. Über
die Höhe dieser Ansprüche wurde jedoch erst im angefochtenen Urteil
vom 8. Januar 1974 entschieden. Bevor die Höhe der Leistung vom Richter
festgelegt wurde, konnte diese nicht erfüllt und damit auch nicht fällig
werden. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist die Fälligkeit nicht
schon mit der Aussprechung der Scheidung der Ehe der Parteien eingetreten,
sondern die Kapitalabfindung wird erst vom Datum des vorliegenden Urteils
(Art. 38 OG) an geschuldet (vgl. das nicht veröffentlichte Urteil des
Bundesgerichts vom 28. Februar 1969 i.S. Apothéloz c. Zanchi, S. 8). Die
Rechtslage ist hier insofern anders als im übrigen Schadenersatzrecht, wo
die Schadenersatzansprüche mit dem Eintritt des schädigenden Ereignisses
fällig werden. Die Entschädigung nach Art. 151 ZGB wird demgegenüber für
entgehende Anwartschaften, also einen zukünftigen Schaden, gewährt. Die
Beklagte kann daher die Verzinsung der ihr zugesprochenen Kapitalabfindung
erst vom 11. Juli 1974 an verlangen.

    Die Anschlussberufung erweist sich damit ebenfalls als unbegründet.

Entscheid:

Demnach erkennt das Bundesgericht:

    Die Berufung und die Anschlussberufung werden abgewiesen, und das
Urteil des Obergerichts des Kantons Zug vom 8. Januar 1974 wird bestätigt.