Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 100 II 145



100 II 145

23. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 11. Juni 1974 i.S. A,
B und C gegen X und Y. Regeste

    Dokumenten-Akkreditiv mit aufgeschobener Zahlung.  Bedeutung der
Kenntnisse der fachkundigen Mitglieder der kantonalen Instanz für
die rechtliche Würdigung der Klausel (Erw. 3). Letztere bezweckt,
dem Akkreditivsteller Kredit zu verschaffen und ihn von der Pflichtzur
Erfüllung Zug um Zug zu befreien. Die Akkreditivbank kann daher - mangels
gegenteiliger Abrede - nach Art. 81 OR ihrer Zahlungspflicht gegenüber dem
Anweisungsempfänger (Begünstigtem) vor dem Verfalltag nachkommen (Erw. 4).

Sachverhalt

    A.- Im Dezember 1970 bestellte die C. in Panama, deren
Generalbevollmächtiger in Neapel wohnt, bei der Overseas Buying
Corp. Ltd. Hong Kong (Overseas) chinesische Stickereien und andere
wertvolle Textilien im Gesamtbetrage von rund 3 Mio. Fr. Der Kaufpreis
war sicherzustellen durch "100% irrevocable Letter of Credit 75 (bzw. 90)
days at sight". Demgemäss liess die C. durch mehrere italienische und
schweizerische Banken Dokumenten-Akkreditive eröffnen. So erteilten
A. und B. am 14. Januar 1971 der Bank X. in Zürich, für die C. den
Auftrag, zugunsten der Overseas ein unwiderrufliches Akkreditiv für den
Höchstbetrag von Fr. 1 109 450.-- zu eröffnen, "available at 90 DAYS
B. LADING". Am glei chen Tag verpfändeten sie der Bank X. zur Sicherung
aus dem Akkreditivverhältnis ihre dortigen sämtlichen Guthaben auf dem
gemeinsamen Konto Nr. ..., das einen Bestand von über einer Million
Franken aufwies.

    Am 18. Januar 1971 begründete die Bank X. das Akkreditiv
zugunsten der Overseas bis zum Höchstbetrag von Fr. 1 109 450.--,
"benützbar/available/payable 90 days from date of B/L". Sie beauftragte
weisungsgemäss vorerst die Bank Negara Indonesia, Hong Kong Branch, mit
der Eröffnung. Bald darauf wurde diese Bank auf Veranlassung der Overseas
durch die Chase Manhatten Bank, Hong Kong Branch, als Korrespondenzbank
(Avisbank) ersetzt.

    Am 15., 23. und 25. Februar 1971 gingen die Dokumente für drei
Teillieferungen von insgesamt Fr. 1 109 450.-- ein und wurden von
der C. in Ordnung befunden. Die Forderung wurde der Chase Manhatten
Bank auf Terminkonto kreditiert. In der Folge verlangte diese Bank
die Diskontierung und Überweisung der Summe auf ihr Konto bei der
Schweizerischen Bankgesellschaft (SGB) für die Overseas. Die Bank
X. überwies daher nach Abzug eines Diskontes von 63/4% mit Bankgiro den
Betrag von Fr. 1 093 082.20 der SBG, Wert 25. Februar 1971.

    Nachdem die Ware im März und April 1971 in Hamburg angekommen war,
wurde sie im Auftrag der C. durch die Handelskammer Hamburg geprüft. Der
Sachverständige stellte fest, dass es sich um unbearbeiteten, praktisch
wertlosen Ausschuss handelte ("nearly without value here"). Die C.
veranlasste sofort eine Strafuntersuchung und untersagte der Bank X. am 3.
April 1971, den Akkreditivbetrag auszuzahlen. Schon einige Tage zuvor hatte
die Bezirksanwaltschaft Zürich auf Rechtshilfegesuch der Staatsanwaltschaft
des Kantons Tessin vom 29. März 1971 das Konto von A. und B. bei der
Bank X. sperren lassen. Die Bank Y. m Zürich, welche inzwischen auf
1. März 1971 die Aktiven und Passiven der Bank X. übernommen hatte, teilte
ihr mit Schreiben vom 2. April 1971 mit, dass sie den Akkreditivbetrag
bereits auf Ersuchen der Chase Manhatten Bank diskontiert habe.

    B.- Am 6. Mai 1971 reichten A. und B. (Kläger 1 und 2) sowie die
C. (Klägerin 3) gegen die Bank X. (Beklagte 1) und die Bank Y. (Beklagte
2) beim Handelsgericht des Kantons Zürich Klage ein. Sie beantragten,
festzustellen, dass das Akkreditiv ungültig und nicht benützbar ist
(Rechtsbegehren 1); die Beklagten zu verpflichten, den Klägern 1 und 2
ihr Konto mit sämtlichen darauf befindlichen Werten ohne Belastung aus
dem Akkreditiv zur freien Verfügung zu halten und auf erstes Verlangen
herauszugeben (Rechtsbegehren 2); eventuell die Beklagten solidarisch zu
verpflichten, den Klägern Fr. 1 109 450.-- nebst 5% Zins ab 7.5.1971 zu
bezahlen (Rechtsbegehren 3).

    C.- Am 18. Dezember 1973 nahm das Handelsgericht Kenntnis davon, dass
die Kläger das Klagebegehren 2 nur noch gegen die Beklagte 2 richteten,
und wies die Klage ab.

    D.- Die Kläger beantragen mit der Berufung, das Urteil des
Handelsgerichts aufzuheben, die Klage gutzuheissen und die Beklagte 2
zu verpflichten, den Klägern 1 und 2 ihr Guthaben aus dem Konto Nr. ...
unbeschwert und ohne Verrechnung mit angeblichen Ansprüchen der Beklagten
1 auszuzahlen; die Beklagten für den Eventualfall zu verpflichten, den
Klägern Fr. 1 109 450.-- nebst 5% Zins ab 7.5.1971 zu bezahlen; eventuell
die Sache zur neuen Entscheidung an das Handelsgericht zurückzuweisen.

    E.- Die Beklagten beantragen, die Berufung abzuweisen.

Auszug aus den Erwägungen:

                       Aus den Erwägungen:

Erwägung 3

    3.- a) Das Handelsgericht stellt auf Grund der Ausführungen der Kläger
im Prozess und damit für das Bundesgericht verbindlich fest (vgl. BGE
94 II 266 erw. 1 und dort erwähnte Entscheide), dass die Kläger 1 -
3 gemeinsam gegenüber der Beklagten 1 als Auftraggeber aufgetreten
seien. Gestützt darauf geht es mit den Parteien zutreffend davon aus,
dass die Rechtsbeziehungen zwischen den Klägern und der Beklagten 1 - im
Rahmen der in der Akkreditivstellung liegenden Anweisung - als Auftrag
im Sinne der Art. 394 f. OR zu würdigen sind (vgl. BGE 78 II 48 Erw. 3
mit Hinweisen).

    b) Die Vorinstanz ist der Meinung, das Dokumenten-Akkreditiv mit
aufgeschobener Zahlung (Crédit documentaire à paiement différé; deferred
payment credit) habe den Sinn, dem Käufer die Finanzierung des Geschäftes
aus dem Verkaufserlös der Ware zu ermöglichen. Dieser Zweck werde nicht
etwa dadurch vereitelt, dass die Bank dem Begünstigten gegenüber die
Akkreditivsumme vor Eintritt der Fälligkeit auszahle, da sie den Käufer als
Auftraggeber im Akkreditivverhältnis nicht vor Ablauf der Zahlungsfrist
belangen dürfe. Sie kommt daher zum Schluss, dass die Beklagte 1 durch
Auszahlung der Akkreditivsumme vor Ablauf von 90 Tagen nach Ausstellung
der Verladedokumente den Auftrag richtig erfüllt hat.

    c) Das Handelsgericht stützt seinen Entscheid auf die Kenntnisse
seiner fachkundigen Mitglieder, die Entstehungsgeschichte und den
Zweck des Dokumenten-Akkreditives mit aufgeschobener Zahlung. Daraus
leiten die Beklagten ab, es handle sich um für das Bundesgericht
verbindliche Feststellungen über tatsächliche Verhältnisse. Dem kann
nicht beigepflichtet werden.

    Es ist unbestritten, dass die "Einheitlichen Richtlinien und
Gebräuche für Dokumenten-Akkreditive" der Internationalen Handelskammer
in Paris (ERG, Ausgabe 1962) kraft Verweisung im Auftragsschreiben
vom 14. Januar 1971 Bestandteil der vertraglichen Abmachungen der
Parteien sind. Die ERG enthalten jedoch keine besondern Bestimmungen
über Akkreditive mit aufgeschobener Zahlung (siehe EISEMANN, Recht und
Praxis des Dokumenten-Akkreditives, S. 80). Da das Handelsgericht den
Sinn der streitigen Klausel auch nicht etwa einem von ihm festgestellten
übereinstimmenden Parteiwillen entnehmen konnte, musste es ihn durch
Vertragsauslegung ermitteln. Es handelt sich also um den Entscheid über
eine Rechtsfrage, die vom Bundesgericht frei geprüft werden kann (BGE 87
II 236/7 Erw. 1). Da es sich aber um ein Spezialgebiet handelt, ist dabei
"den Gepflogenheiten der Praxis und den Anschauungen der Fachleute auch
für die rechtliche Beurteilung grosse Bedeutung beizumessen" (so BGE 90
II 306/7 Erw. 1). In diesem Entscheid hat denn auch das Bundesgericht
auf die übereinstimmende Auffassung der Bankfachleute abgestellt, die
vom Handelsgericht als sachverständige Zeugen einvernommen worden waren,
und erklärt, deren Würdigung des Sachverhaltes sei bei der Rechtsfindung
"wie ein eigentlicher Handelsbrauch auszuwerten".

    Im vorliegenden Fall liegen zwar über die streitige Frage weder
amtliche Gutachten noch Aussagen sachverständiger Zeugen vor. Das
Handelsgericht durfte jedoch vom Beizug solcher Beweismittel absehen,
falls seine fachkundigen Mitglieder die erforderlichen Kenntnisse auf
diesem Spezialgebiet besitzen. Die Kläger machen nicht geltend, in Kreisen
von Bankfachleuten oder von Spezialisten des Akkreditivrechtes bestehe
eine vom Handelsgericht abweichende Auffassung und es hätte deshalb ein
Gutachten solcher Fachleute eingeholt werden sollen. Dagegen hatten die
Beklagten dem Handelsgericht ein Gutachten der Professoren Schönle und
Stauder von der Universität Genf vorgelegt, das zu den gleichen Schlüssen
kommt wie seine Fachrichter.

Erwägung 4

    4.- Die Kläger halten die Auslegung der Akkreditivklausel durch das
Handelsgericht für bundesrechtswidrig. Sie sind nach wie vor der Meinung,
die Beklagte 1 habe die Akkreditivsumme erst 90 Tage nach Ausstellung
der Verladedokumente auszahlen dürfen; das ergebe sich nicht nur aus dem
Wortlaut der Aufschubklausel, sondern auch aus dem Wesen des Auftrages. Sie
behaupten sodann, dass der "längst vor Ablauf der 90 Tage aufgedeckte
Betrugsversuch keinerlei Nachteile" zur Folge gehabt hätte, wenn die
Zahlungsfrist eingehalten worden wäre. Damit kommen sie dem Sinne nach
auf die Argumentation vor Handelsgericht zurück, die Aufschubfrist habe
bezweckt, die Auszahlung der Akkreditivsumme von der Prüfung der Ware im
Bestimmungshafen Hamburg abhängig zu machen.

    a) Gemäss den ERG besteht die Funktion des Dokumenten-Akkreditives
darin, zum Schutze beider Kaufvertragsparteien die ordnungsgemässe
Erfüllung zu sichern. Der Käufer, bzw. die von ihm mit der
Akkreditivstellung beauftragte Bank, soll den Kaufpreis nur gegen
Übergabe von Dokumenten freigeben müssen, die das Vorhandensein
sowie die vertragsgemässe Beschaffenheit der Ware belegen und ihm die
Verfügungsgewalt über diese verschaffen (BGE 90 II 307, 93 II 342). Im
übrigen haben die Banken mit dem Grundgeschäft in keiner Weise etwas zu
tun (ERG, Allgemeine Regeln und Begriffsbestimmungen lit. c und Art. 8;
vgl. auch GAUTSCHI, N 26 a zu Art. 407 OR); alle Beteiligten befassen sich
nur mit Dokumenten, nicht mit Waren (ERG, Art. 8 Abs. 1); die Zahlung
und der Rembours haben nach Aufnahme der ordnungsgemässen Dokumente
bedingungslos zu erfolgen (ERG, Art. 8 Abs. 2, 3 und 4); die Banken
übernehmen u.a. keine Verantwortung für die Qualität und Beschaffenheit
der Ware (ERG, Art. 9). Aus diesen Grundsätzen der Abstraktheit und
der Dokumentenstrenge der Akkreditiv-Verpflichtung folgt, dass sich der
Käufer und Akkreditivsteller nur dadurch einigermassen gegen Lieferung
vertragswidriger Ware sichern kann, dass er im Eröffnungsauftrag
als Akkreditivbedingung die Vorlage eines Qualitätszeugnisses eines
Sachverständigen des Versand- oder Ankunftsortes oder entsprechend
feststehender Usanz die Aufnahme der Klausel "zahlbar nach Kontrolle oder
Abnahme durch den Käufer" verlangt.

    b) Das Akkreditiv mit aufgeschobener Zahlung bezweckt nicht,
dem Akkreditivsteller zu ermöglichen, innert der Zahlungsfrist
die Beschaffenheit der Ware zu prüfen und, falls sie nicht dem
Vertrag entspricht, die Akkreditivbank zu beauftragen, die Zahlung
zu verweigern. Dem steht schon entgegen, dass sich die Bank gemäss
den Akkreditivbedingungen gegenüber dem Begünstigten gegen Vorlage
der Dokumente unwiderruflich zur Zahlung verpflichtet (vgl. BGE 78 II
52). Sie darf deshalb einem nachträglichen, anderslautenden Auftrag des
Akkreditivstellers nicht entsprechen und muss ihrer Zahlungspflicht
spätestens nach Ablauf der Frist nachkommen. Eine Ausnahme gilt nur
bei betrügerischen Machenschaften. Da die Akkreditivbank mit solchen
aussergewöhnlichen Verhältnissen jedoch nicht zu rechnen braucht,
weil es Sache des Käufers ist, sich vertrauenswürdige Vertragspartner
auszusuchen, kann sie sich nur dann auf rechtsmissbräuchliches Verhalten
des Begünstigten berufen, wenn es bei Fälligkeit ihrer Verpflichtung
bewiesen ist. Dazu bedürfte es wohl einer rechtskräftigen einstweiligen
Verfügung des zuständigen Gerichtes auf Untersagung der Zahlung oder
sogar eines rechtskräftigen Urteils in der Sache selber, wozu jedoch in
der Regel die Zeit bei aufgeschobener Zahlungsfrist nicht ausreicht.

    Wesentlich aber ist vor allem, dass dem Akkreditiv mit aufgeschobener
Zahlung nach seiner Entstehungsgeschichte eine ganz andere Funktion
zukommt. Wie sich den Darlegungen des Handelsgerichts entnehmen lässt,
ist es erst seit ungefähr 10-15 Jahren im Gebrauch und trat weitgehend
an die Stelle des früher gebräuchlichen Rembourskredites, der vorher im
Überseehandel die übliche Kreditform bildete. Dabei stellte der inländische
Käufer zugunsten des überseeischen Verkäufers einen Wechsel aus, der
von einer international bekannten Bank gegen Übergabe der Warenpapiere
akzeptiert wurde und vom Verkäufer diskontiert werden konnte. Dadurch
musste der Käufer nicht sofort bezahlen und hatte den Zinsverlust während
der Dauer der Überfahrt der Ware nicht zu tragen (zum Rembourskredit
siehe: Der Grosse Brockhaus und ALBISETTI/BODMER/RUTSCHI, Handbuch des
Bank-, Geld- und Börsenwesens der Schweiz, beides unter dem Stichwort
"Rembours"; H. SCHÖNLE, Bank- und Börsenrecht, S. 143 ff.). Die ERG sehen
übrigens ebenfalls vor, dass die Akkreditivbank sich auch verpflichten
kann, vom Akkreditivsteller gezogene Wechsel zu akzeptieren, die der
Begünstigte dann diskontieren lassen kann (Dokumenten-Akkreditiv gegen
Akzept, vgl. ERG, Allgemeine Regeln und Begriffsbestimmungen lit. b und
Art. 3), womit ebenfalls der Zweck erreicht wird, dem Käufer Kredit zu
gewähren, statt ihn zur Zahlung Zug um Zug zu verpflichten. Diesen Zweck
verfolgt nun auch das Akkreditiv mit aufgeschobener Zahlung, eine Art, die
nach Eisemann (aaO S. 80) vornehmlich den Wünschen und Möglichkeiten der
Importeure in Entwicklungsländern entsprechen sollte. Eine grundsätzliche
Unvereinbarkeit mit dem Wesen des Akkreditives liegt darin nicht; denn, wie
auch im Gutachten SCHÖNLE/STAUDER ausgeführt wird, steht nichts entgegen,
dass auch im internationalen Kauf dem Käufer Kredit eingeräumt wird,
so dass sich der Verkäufer der Dokumente entäussert, bevor er von der
eröffnenden Bank Zahlung erhält. Dafür bleibt ihm die Möglichkeit gewahrt,
wie beim Rembourskredit oder beim Dokumenten-Akkreditiv gegen Akzept,
die Terminforderung diskontieren zu lassen.

    c) Den Klägern hilft auch die Berufung auf GAUTSCHI, Art.  468 OR
N 4a nicht, der an sich zutreffend ausführt, dass der Angewiesene dem
Anweisungsempfänger alle Einreden entgegenhalten kann, die sich aus dem
Inhalt der Anweisung ergeben. Da indessen das Dokumenten-Akkreditiv
mit aufgeschobener Zahlung dem Gesagten zufolge nur dazu dient, dem
Akkreditivsteller Kredit zu verschaffen und ihn von der Verpflichtung
zur Erfüllung Zug um Zug zu befreien, kann die Akkreditivbank -
mangels gegenteiliger Abrede - nach Art. 81 OR ihrer Zahlungspflicht
auf Wunsch des Anweisungsempfängers vor dem Verfalltag nachkommen. Eine
Verletzung der ihr nach Art. 397 OR obliegenden Pflicht, die Weisungen des
Akkreditivstellers genau zu befolgen, liegt darm nicht; denn dieser ist
unter allen Umständen erst nach Ablauf der Zahlungsfrist verpflichtet,
seinerseits die Akkreditivbank zu decken. Darin erschöpft sich sein
Interesse am Aufschub; es wird durch vorzeitige Erfüllung der Bank nicht
berührt.

    Wären die Kläger bei der Auftragserteilung über die Bedeutung
der streitigen Klausel anderer Meinung gewesen, dann hätten sie es der
Beklagten 1 ausdrücklich erklären und ihr eine Diskontierung der Forderung
des Anweisungsempfängers verbieten müssen. Ob sich freilich die Bank darauf
eingelassen hätte, steht dahin; denn eine solche Weisung widerspricht
dem Wesen des unwiderruflichen Dokumenten-Akkreditives und belastet die
durch Dokumente bedingte abstrakte Zahlungspflicht mit einem Merkmal
des Grundgeschäftes. Wie GAUTSCHI, Art. 466 OR N 7c, ausführt, kann zwar
eine gewöhnliche Anweisung mit der Bedingung, dass das Valutaverhältnis
zwischen Anweisendem und Anweisungsempfänger gültig sei, erteilt werden;
der Angewiesene nehme sie aber selten an, da er nicht in der Lage sei, das
Grundverhältnis zu prüfen. Das gilt umsomehr für das Dokumenten-Akkreditiv.

    Auch die Berufung auf die sogenannte Unklarheitsregel hilft den Klägern
nicht. Sie besagt, dass unklare Bestimmungen im Vertragstext zuungunsten
der Partei auszulegen sind, die sie geschrieben hat (BGE 97 II 74, 92
II 348, 87 II 95 mit Verweisung auf zahlreiche frühere Entscheide, 87
II 242). Die Beklagte 1 hat zwar das Eröffnungsschreiben vom 18. Januar
1971 verfasst. Die darin enthaltene Klausel über den Zahlungsaufschub geht
indessen nicht auf sie zurück, sondern beruht auf dem Auftrag der Kläger,
die sich ihrerseits an die "Order Confirmation" der Overseas hielt. Die
genannte Regel könnte schon deshalb nicht Platz greifen. Ausserdem wäre sie
erst anzuwenden, wenn die übrigen Auslegungsmittel versagten und bestehende
Zweifel nicht anders behoben werden könnten (vgl. SCHÖNENBERGER/JÄGGI,
Art. 1 OR N 489). Letzteres trifft jedoch, wie dargelegt, nicht zu.

Entscheid:

Demnach erkennt das Bundesgericht:

    Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des Handelsgerichts des
Kantons Zürich vom 18. Dezember 1973 bestätigt.