Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 100 IB 339



100 Ib 339

59. Auszug aus dem Urteil vom 26. September 1974 i.S. Soland gegen
Eidg. Justiz- und Polizeidepartement. Regeste

    Fürsorgeleistungen an Auslandschweizer

    Zulässigkeit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde, weil ein subjektiver
Rechtsanspruch des Auslandschweizers auf Fürsorgeleistungen des Bundes
besteht (Art. 22 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 1 BG über Fürsorgeleistungen
an Auslandschweizer und Art. 99 lit. h OG).

Auszug aus den Erwägungen:

                       Aus den Erwägungen:

    Der angefochtene Entscheid erging in Anwendung der Bundesgesetzgebung
über Fürsorgeleistungen an Auslandschweizer (Bundesgesetz und dazu
gehörende Verordnung vom 26. November 1973). Nach Art. 22 Abs. 2 dieses
Bundesgesetzes unterliegen Beschwerdeentscheide der Polizeiabteilung
und des EJPD der Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht. Die
vorliegende Beschwerde, die sich gegen den Beschwerdeentscheid des EJPD
richtet, ist also zulässig.

    Dem steht Art. 99 lit. h OG wonach die Verwaltungsgerichtsbeschwerde
unzulässig ist gegen die Bewilligung oder Verweigerung von Beiträgen,
Krediten, Garantien, Entschädigungen und andern öffentlichrechtlichen
Zuwendungen, auf die das Bundesrecht keinen Anspruch einräumt, nicht
entgegen. Es kann offen bleiben, ob Art. 22 des Bundesgesetzes über
Fürsorgeleistungen an Auslandschweizer als späteres Recht die Anwendbarkeit
des Ausnahmegrundes von Art. 99 lit. h OG schlechthin ausschliesst;
jedenfalls kommt die Ausnahmebestimmung deshalb überhaupt nicht zum
Zuge, weil die Entstehungsgeschichte des Bundesgesetzes erhellt, dass
der Gesetzgeber den Auslandschweizern einen subjektiven Rechtsanspruch
auf Fürsorgeleistungen des Bundes einräumen wollte. Der Bundesrat
ging in der Gesetzesvorlage zwar davon aus, dass kein Rechtsanspruch
auf Fürsorgeleistungen bestehe, sondern, dass unter bestimmten
Voraussetzungen eine Unterstützung gewährt, abgelehnt oder entzogen
werden könne. Entsprechend regelte er auch in Art. 21 der Vorlage den
Beschwerdeweg. Dieser sollte an das Bundesgericht nur dann geöffnet sein,
wenn es um den ganzen oder teilweisen Widerruf begünstigender Verfügungen
sowie die Rückerstattung ausbezahlter Zuwendungen geht (Botschaft in
BBl 1972 II 559 und 562 sowie Gesetzesentwurf in BBl 1972 II 570). Der
Ständerat, namentlich seine Kommission, hat Ziel und Sinn des Gesetzes
so interpretiert, dass gemäss Art. 1 des Gesetzes ein subjektiver
Rechtsanspruch auf Fürsorge und Hilfe besteht. Dementsprechend fasste er
auch den Artikel über die Rechtsmittel neu (Sten Bull StR 1972/907 f. und
910). Der Bundesrat, die nationalrätliche Kommission und der Nationalrat
haben sich dieser Interpretation und der Neufassung des Art. 21 der
Vorlage (Art. 22 des geltenden Gesetzes) angeschlossen (Sten Bull NR
1973/886 und 99). Das Bundesgericht hat gegen diese Kompetenzzuweisung
keine Einwendungen erhoben (Schreiben an den Vorsteher des Eidg. Justiz-
und Polizeidepartements vom 25. Januar 1973). Ist Art. 1 des Bundesgesetzes
über Fürsorgeleistungen an Auslandschweizer dahingehend zu interpretieren,
dass ein subjektiver Rechtsanspruch auf Fürsorgeleistungen besteht,
muss die Verwaltungsgerichtsbeschwerde nach Art. 22 Abs. 2 des Gesetzes
ohne Einschränkung zulässig sein. Der Ausnahmegrund des Art. 99 lit. h
OG trifft nicht zu.

    Nachdem die übrigen prozessualen Voraussetzungen als erfüllt
betrachtet werden dürfen, ist auf die Beschwerde einzutreten. Dabei prüft
das Bundesgericht die angefochtene Verfügung nach Art. 104 OG nur auf die
Verletzung von Bundesrecht einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch
des Ermessens (lit. a) sowie auf eine unrichtige oder unvollständige
Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts (lit. b), nicht aber
auf die Angemessenheit der getroffenen Massnahmen. Die ständerätliche
Kommission hat zwar die Frage erwogen, dem Bundesgericht die Überprüfung
der Angemessenheit einer diesbezüglich angefochtenen Verfügung zu
übertragen; sie hat jedoch von einer solchen Ausdehnung abgesehen, weil
sie - wie der Bundesrat - zur Auffassung gelangte, dass das Bundesgericht
mit solchen Ermessensentscheiden nicht belastet werden sollte.