Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 100 IB 233



100 Ib 233

37. Urteil vom 31. Mai 1974 i.S. Schweiz. Eidgenossenschaft gegen
Stadt Zürich. Regeste

    Garantiegesetz.

    1.  Zulässigkeit der verwaltungsrechtlichen Klage (Erw. 1).

    2.  Die zürcherische Grundstückgewinnsteuer ist eine der unter das
Verbot von Art. 10 GarG fallenden Steuern (Erw. 2a).

    3.  Der Gewinn aus dem Verkauf einer Liegenschaft, der einem unter
Verwaltung des Bundes stehenden und unmittelbar für einen Bundeszweck
bestimmten Fonds zukommt, darf nach Art. 10 GarG nicht mit der
zürcherischen Grundstückgewinnsteuer belegt werden (Erw. 2b und c).

Sachverhalt

                          Sachverhalt:

    A.- Im Jahre 1938 schenkte Professor Dr. Aurel Stodola der
Eidgenössischen Technischen Hochschule einen Teil seines Vermögens. Die
Schenkung erhielt den Namen "Donationsfonds zur Förderung der
maschinentechnischen und elektrotechnischen Wissenschaften an der
ETH". Mit ihrer Verwaltung wurde die Eidgenössische Finanzverwaltung
betraut. Die am 14. Mai 1969 verstorbene Tochter von Professor Stodola,
Frau Professor Olga Emma Krause, hat mit letztwilliger Verfügung vom
24. Februar 1964 bestimmt, dass ihr gesamtes Vermögen nach Bezahlung
verschiedener Rechnungen und Erfüllung von Auflagen in diesen Fonds fallen
solle. Aufgrund dieser Verfügung hat die Eidgenossenschaft mit dem Tode von
Frau Professor Krause u.a. das Eigentum an der Einfamilienhausliegenschaft
Witikonerstrasse 360 in Zürich erworben. Sie hat diese Liegenschaft auf
den 1. Mai 1973 veräussert. Am 16. August 1973 hat die Kommission für
die Grundsteuern der Stadt Zürich beschlossen, ihr für diesen Verkauf
eine Grundstückgewinnsteuer von Fr. 46670.-- aufzuerlegen.

    B.- Mit verwaltungsgerichtlicher Klage vom 3. September 1973 beantragt
die Eidgenössische Finanzverwaltung für die Eidgenossenschaft:

    "Es sei festzustellen, dass der Klägerin aus der Veräusserung der
Liegenschaft Witikonerstrasse 360 in Zürich (Witikon Kat. Nr. 644) keine
Grundstückgewinnsteuer auferlegt werden darf."

    Zur Begründung macht sie geltend, der Donationsfonds, aus dem
die Liegenschaft verkauft wurde, sei ein unter der Verwaltung des
Bundes stehender Fonds im Sinne von Art. 10 des Bundesgesetzes über die
politischen und polizeilichen Garantien zugunsten der Eidgenossenschaft
vom 26. März 1934 (GarG), der von den Kantonen nicht mit direkten Steuern
belegt werden dürfe. Die zürcherische Grundstückgewinnsteuer sei eine
direkte Steuer im Sinne von Art. 10 GarG.

    C.- Das Steueramt der Stadt Zürich beantragt für die Stadt Zürich
Abweisung der Klage und Bestätigung des Beschlusses der städtischen
Kommission für die Grundsteuern vom 16. August 1973. Es führt aus,
die Liegenschaft habe keinem Bundeszweck dienstbar gemacht werden
können. Einem Bundeszweck werde lediglich ihr Erlös zugutekommen. Dies
führe zur Abweisung der Klage.

Auszug aus den Erwägungen:

                           Erwägungen:

Erwägung 1

    1.- Streitigkeiten aus dem Verwaltungsrecht des Bundes über die
Befreiung von kantonalen Abgaben sind nach Art. 116 lit. f OG grundsätzlich
im Verfahren der verwaltungsrechtlichen Klage vor Bundesgericht
auszutragen. Die zürcherische Grundstückgewinnsteuer zählt zu den
kantonalen Abgaben im Sinne von Art. 116 lit. f OG, obschon sie gemäss §
154 des kantonalen Steuergesetzes von den Gemeinden erhoben wird (vgl. BGE
99 I/b 228 Erw. 1a). Der vorliegende Fall wird von Art. 117 OG nicht
erfasst. Die verwaltungsrechtliche Klage des Bundes ist somit zulässig,
was Art. 15 Abs. 1 GarG bestätigt. Die Eidgenössische Finanzverwaltung
ist gemäss Art. 33 Abs. 3 des Bundesgesetzes über den eidgenössischen
Finanzhaushalt vom 18. Dezember 1968 befugt, die Eidgenossenschaft
"zur Abwehr unbegründeter vermögensrechtlicher Ansprüche vor Gericht zu
vertreten" (Art. 119 Abs. 1 OG). Auf die Klage ist einzutreten.

Erwägung 2

    2.- Nach Art. 10 GarG dürfen die Bundeskasse und alle unter der
Verwaltung des Bundes stehenden Fonds sowie diejenigen Liegenschaften,
Anstalten und Materialien, die unmittelbar für Bundeszwecke bestimmt sind,
von den Kantonen nicht mit einer direkten Steuer belegt werden.

    a) Die zürcherische Grundstückgewinnsteuer ist unbestrittenermassen
eine direkte Steuer im Sinne von Art. 10 GarG, wird mit ihr doch
nicht die Handänderung als Vorgang des Rechtsverkehrs, sondern deren
vermögensrechtliche Folge erfasst (BGE 99 I/b 232; vgl. auch BGE 83 I
138 ff.). Unbestritten ist auch, dass sich das Besteuerungsverbot von
Art. 10 GarG nicht nur an die Kantone, sondern auch an die Gemeinden
richtet, mithin auch die Auferlegung der von den Gemeinden erhobenen
zürcherischen Grundstückgewinnsteuer ausschliesst (vgl. BGE 99 I/b 229
Erw. 3 a). Streitig ist hingegen, ob die dem Bunde von der Stadt Zürich
auferlegte Grundstückgewinnsteuer einen Vermögensteil des Bundes trifft,
der nach Art. 10 GarG nicht mit einer solchen Steuer belegt werden darf.

    b) Mit der Grundstückgewinnsteuer wird der bei Veräusserung einer
Liegenschaft erzielte Gewinn besteuert, nicht ein Recht an der Liegenschaft
oder die Liegenschaft selbst (§ 161 des zürcherischen Steuergesetzes). Ob
die Liegenschaft Witikonerstrasse 360 als solche im Sinne von Art. 10 GarG
unmittelbar für Bundeszwecke bestimmt war, ist hier deshalb belanglos, wird
ja jedenfalls nicht sie mit einer direkten Steuer belegt. Gleichgültig
ist für den Entscheid im vorliegenden Falle auch, ob Liegenschaften,
die zu einem vom Bunde verwalteten Fonds gehören, grundsätzlich dieselbe
Steuerfreiheit geniessen wie der Fonds selbst. BGE 54 I 425 ff., der
sich insbesondere mit dieser zweiten Frage befasst und ausserdem eine auf
Liegenschaften und nicht auf Verkaufsgewinnen erhobene Steuer betrifft,
bleibt hier somit bedeutungslos.

    c) Der Gewinn aus dem Verkauf der Liegenschaft Witikonerstrasse 360 in
Zürich fiel in den in "Aurel Stodola Fonds" umbenannten Donationsfonds. Die
Besteuerung des Verkaufsgewinns würde diesen unter Verwaltung des
Bundes stehenden Fonds schmälern. Der Fonds soll aber der Förderung
der maschinentechnischen und elektrotechnischen Wissenschaften an der
ETH dienen; er ist also unmittelbar für einen Bundeszweck bestimmt,
was übrigens unbestritten ist. Selbst wenn man entgegen BGE 54 I 427
annehmen wollte, ein unter Verwaltung des Bundes stehender Fonds geniesse
auch bezüglich seines beweglichen Vermögens nur dann Steuerfreiheit
nach Art. 10 GarG, wenn er unmittelbar für einen Bundeszweck bestimmt
sei, wären die Voraussetzungen der Steuerfreiheit im vorliegenden Fall
erfüllt. Die Klage ist deshalb gutzuheissen.