Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 100 IB 119



100 Ib 119

21. Auszug aus dem Urteil vom 1. April 1974 i.S. Mattenberger & Konsorten
gegen Gemeinderat Flühli und Regierungsrat des Kantons Luzern Regeste

    Zulässigkeit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde; Art. 97 ff.  OG.

    Das Vorbringen einer völlig neuen Rechtsbehauptung im
bundesgerichtlichen Verfahren ist - wie ein erstmals in der
Verwaltungsgerichtsbeschwerde gestelltes Begehren - unzulässig.

Auszug aus den Erwägungen:

    Das Bundesgericht beurteilt im verwaltungsgerichtlichen Verfahren
(Art. 97 ff. OG) nach Massgabe von Art. 97 Abs. 1 OG letztinstanzlich
Beschwerden gegen Verfügungen im Sinne von Art. 5 VwG. Als solche gelten
Anordnungen der Behörden im Einzelfall, die sich auf öffentliches Recht des
Bundes stützen. Der angefochtene Entscheid des Regierungsrates zählt nicht
zu derartigen Verfügungen. Dieser gründet ausschliesslich auf kantonales
Recht. Daran vermag auch die Rechtsmittelbelehrung nichts zu ändern;
sie schafft keinen gesetzlich nicht gegebenen Rechtsweg (BGE 92 I 77
Erw. 2; GYGI, Verwaltungsrechtspflege und Verwaltungsverfahren im Bund,
S. 41). Da jedoch auch die Rüge, es sei zu Unrecht Bundesrecht nicht
angewendet worden, Gegenstand der Verwaltungsgerichtsbeschwerde bilden
kann (BGE 98 V 4, 164; 92 I 72; GYGI, aaO, S. 131), muss grundsätzlich
die Verwaltungsgerichtsbeschwerde auch dann zulässig sein, wenn geltend
gemacht werden kann, dass die Vorinstanz den Sachverhalt der angefochtenen
Verfügung richtigerweise nach Bundesrecht hätte beurteilen und entscheiden
müssen (BGE 96 I 690, 760 f.).

    Die Beschwerdeführer bringen erstmals in der
Verwaltungsgerichtsbeschwerde vor, dass Bestimmungen des eidgenössischen
Gewässerschutzgesetzes (GSchG) verletzt seien. Es fragt sich daher, ob
es im vorliegenden Fall zulässig sein kann, dass die Beschwerdeführer
diesen Einwand für das bundesgerichtliche Verfahren aufsparen. Dies kann
jedenfalls dann nicht angehen, wenn im bundesgerichtlichen Verfahren
eine völlig neue Rechtsbehauptung aufgestellt wird (BGE 99 Ib 198; GYGI,
aaO, S. 51), wobei unter Rechtsbehauptung hier nicht das Vorbringen
einer andern Rechtsauffassung, sondern eine eigentliche Klageänderung
zu verstehen ist. Gegenstand der Eingabe der Beschwerdeführer an den
Gemeinderat Flühli vom 15. Juli 1968 bildete ein Gesuch um Aufnahme des
fraglichen Leitungsstranges in das öffentliche Kanalisationssystem. In
ihrem Rekurs vom 24. Februar 1969 versuchten sie, in Übereinstimmung
mit der Gemeinde Flühli, zu erreichen, dass ein Staatsbeitrag an die
Erstellungskosten dieses Teils der Sammelleitung zugesichert würde. In der
Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird nun aber die davon völlig verschiedene
Rechtsfolge begehrt, dass unabhängig von der kantonalen Subventionsregelung
gestützt auf Bundesrecht (GSchG) die Gemeinde Flühli verpflichtet werde,
die Sammelleitung als Teil des öffentlichen Kanalisationsnetzes in
das generelle Kanalisationsprojekt aufzunehmen. Dies bedeutet eine
Klageänderung durch Auswechslung des klagebegründeten Sachverhaltes
(vgl. KUMMER, Grundriss des Zivilprozessrechts, 2. Aufl., S. 99; GYGI,
aaO, S. 20) und ist wie ein erstmals im bundesgerichtlichen Verfahren
gestelltes Begehren unzulässig. Auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde
ist demnach nicht einzutreten.